Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusammenhängendes Arbeitsverhältnis bei Besatzungsmitgliedern von Handelsschiffen
Leitsatz (redaktionell)
- § 41a Abs. 4 EStG ist eine Subventionsnorm zur Förderung der Seeschifffahrt. Derartige Normen sind entsprechend ihrem Begünstigungszweck restriktiv auszulegen.
- Die Norm ist unter Berücksichtigung des Regelungszwecks, der systematischen Stellung im Lohnsteuerrecht und ihrer Entstehungsgeschichte dahin auszulegen, dass sich die entsprechenden Arbeitnehmer in einem aktiven Arbeitsverhältnis von mehr als 183 Tagen befinden müssen.
- Zum Begriff des zusammenhängenden Arbeitsverhältnisses i.S.d. § 41a Abs. 4 EStG.
Normenkette
EStG § 41a Abs. 4
Streitjahr(e)
1999, 2000, 2001
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin für Lohnsteuer, die sie von ihren Arbeitnehmern einbehalten und nach § 41 a Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht angemeldet und abgeführt hat, nach § 42 d Abs. 1 Nr. 1 EStG zur Haftung herangezogen werden kann.
Die Klägerin betreibt das Seeschiff MS "M” unter deutscher Flagge in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft. Ihr Komplementär M ist nach dem Gesellschaftsvertrag mit der Bereederung des Schiffes beauftragt. Neben seiner Beteiligung an der Klägerin ist M. auch Komplementär der MS "D” M KG (KG), die ebenfalls ein entsprechendes Schiff unter deutscher Flagge unterhält.
Anlässlich einer Lohnsteuer-Außenprüfung durch den Beklagten für den Zeitraum 1. Januar 1999 bis 30. September 2001 stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin für die von ihr beschäftigten Seeleute bei der Abführung der Lohnsteuer den Kürzungsbetrag nach § 41 a Abs. 4 EStG in Anspruch genommen hatte. Die vorgelegten Heuerscheine wiesen die Klägerin als Arbeitgeberin der Seeleute aus. Nach den vorgelegten Dokumenten waren teilweise befristete Arbeitsverhältnisse von drei bzw. sechs Monaten zwischen der Klägerin und ihren Beschäftigten vereinbart worden, teilweise waren die Arbeitsverhältnisse unbefristet.
Der Prüfer stellte fest, dass einige der Seeleute nicht durchgehend auf dem Schiff der Klägerin tätig gewesen waren. Tatsächlich wurden die Seeleute auch auf dem Schiff der KG eingesetzt und erhielten für diese Zeiten von dieser KG die entsprechende Heuer. Nach einer derartigen Unterbrechung wurden die Seeleute dann wieder bei der Klägerin auf ihrem Schiff beschäftigt, ohne dass ein neuer Heuerschein ausgestellt wurde. Schriftliche Kündigungen der Klägerin oder ihrer Seeleute bei einem bevorstehenden Wechsel fand der Prüfer nicht vor. Die während der Zeit auf der MS "M” entstandenen Ansprüche auf Urlaubsgeld wurden bei einem Wechsel auf die MS "D” nicht abgegolten.
Der Prüfer ging davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Kürzung der einbehaltenen Lohnsteuer nach § 41 a Abs. 4 EStG bei diesen Seeleuten nicht erfüllt seien, sofern die ununterbrochene tatsächliche Beschäftigungsdauer auf der MS "M” nicht mehr als 183 Tage betragen hatte.
Auf der Grundlage des Prüfungsberichts nahm der Beklagte die Klägerin als Arbeitgeberin nach § 42 d Abs. 1 Nr. 1 EStG als Haftende in Anspruch und erließ einen entsprechenden Haftungsbescheid. Zur Begründung seines Entschließungsermessens verwies er auf den Umstand, dass die Klägerin die einbehaltene Lohnsteuer nicht vollständig abgeführt habe. Die Inanspruchnahme anstelle der Arbeitnehmer wurde auf die Erwägung gestützt, dass die betreffenden Lohnsteuerbeträge bei diesen nicht nachgefordert werden könnten.
Gegen den Haftungsbescheid erhob die Klägerin Einspruch. Zur Begründung verwies sie zunächst darauf, dass M mit der Bereederung beider Schiffe beauftragt worden und daher als Arbeitgeber der Besatzungsmitglieder anzusehen sei. Zwischen ihm und den Seeleuten sei ein zusammenhängendes Arbeitsverhältnis begründet worden, das durch den Einsatz der Arbeitskräfte auf den beiden Schiffen nicht unterbrochen worden sei. Selbst wenn man die beiden Gesellschaften als Arbeitgeberinnen ansehen würde, läge ein so genannter Gruppenheuervertrag vor, den die beiden Gesellschaften gemeinsam mit den Seeleuten abgeschlossen hätten. Dies folge schon daraus, dass nur bei der erstmaligen Begründung des jeweiligen Arbeitsverhältnisses ein Heuerschein ausgestellt worden sei. Bei einem Schiffwechsel sei das Arbeitsverhältnis deshalb nicht beendet und ein neues begründet worden; vielmehr sei dieser nur als unschädliche Unterbrechung anzusehen. Zumindest müssten die Kürzungsbeträge bei Arbeitsverhältnissen gewährt werden, die sich erst nach dem Prüfungszeitraum auf einen Zeitraum von mehr als 183 Tagen verlängert hätten.
Der Einspruch hatte nur teilweise Erfolg. Der Beklagte erkannte für die Monate Juli bis September 2001 Kürzungsbeträge in Höhe von xxx DM nachträglich an. Im Übrigen wurde der Einspruch zurückgewiesen.
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie macht ergänzend zur ihrer bisherigen Begründung geltend, der Beklagte habe keinen Haftungsbescheid erlassen dürfen. Vielmehr hätte ihre Inanspruchnahme analog zur Regelung bei der pauschal...