Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld: Absenkung der Altersgrenze für Kinder in Berufsausbildung auf 25 Jahre ist verfassungsgemäß
Leitsatz (redaktionell)
Die Absenkung der Altersbegrenzung für berücksichtigungsfähige Kinder in der Berufsausbildung von 27 auf 25 Jahre durch Art. 1 Nr. 11 StÄndG vom 19.7.2006 ist nicht verfassungswidrig. Auch Art. 6 Abs. 1 GG steht der Einführung der Altersgrenzenabsenkung nicht entgegen.
Normenkette
EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG §§ 62-63
Streitjahr(e)
2007, 2008
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Kindergeld für ein Kind für den Zeitraum, nachdem dieses sein 25. Lebensjahr vollendet hat.
Die Klägerin ist als Beamtin des gehobenen Dienstes in der Steuerverwaltung des Landes Niedersachsen tätig. Sie ist die leibliche Mutter ihres Sohnes X, geboren am xx.xx. 1983. Dieser absolvierte in der Zeit vom 1. August 2000 bis 31. Juli 2003 eine Ausbildung […]. Im Anschluss daran besuchte er bis Mitte des Jahres 2005 die Berufsbildende Schule […] und erlangte auf diese Weise die Fachhochschulreife. Seit dem Wintersemester 2005/2006 ist das Kind X. an der Hochschule X. immatrikuliert und studiert dort im Studiengang […].
Nachdem die Beklagte zuletzt mit Bescheid vom 7. Dezember 2005 gegenüber der Klägerin Kindergeld für das Kind X. für den Zeitraum 1. Januar 2006 bis 31. August 2009 festgesetzt hatte, hob sie mit Bescheid vom 23. November 2007 die Kindergeldfestsetzung gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab dem 1. Februar 2008 auf. Zur Begründung verwies die Beklagte auf die Absenkung der Altersgrenze in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG durch Artikel 1 Nr. 11 des Steueränderungsgesetzes 2007 vom 19. Juli 2006 (Bundesgesetzblatt – BGBl – I 2006, 1652).
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin form- und fristgerecht Einspruch ein. Zu dessen Begründung trug sie vor, die Begründung der Gesetzesänderung durch das Steueränderungsgesetz 2007 in der Bundestagsdrucksache 16/1545 überzeuge nicht. Demzufolge solle mit der Absenkung der Altersgrenze einer künftig veränderten Bildungsstruktur mit schnell zu erreichenden Schulabschlüssen Rechnung getragen werden und gleichzeitig gewisse Anreize geschaffen werden, ein aufgenommenes Studium zügiger zu beenden. Eine solch veränderte Bildungsstruktur sei allerdings noch nicht schulische Realität, da der erste Jahrgang, der nach zwölf Jahren das Abitur ablegen werde, der Abiturjahrgang 2011 sei. Es wäre erforderlich gewesen, hinreichende Übergangsregelungen für Studenten zu schaffen, die aufgrund der schulischen und universitären Gegebenheiten nicht die Möglichkeit besessen hätten, schneller ihre Ausbildung zu absolvieren.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg; die Beklagte wies diesen durch Einspruchsbescheid vom 4. Februar 2008 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 10. März 2008 Klage erhoben mit dem Begehren, die Beklagte zu verpflichten, Kindergeld für ihren Sohn X. ab Februar 2008 ihr gegenüber festzusetzen. Zur Begründung trägt sie vor:
Die gesetzliche Neuregelung verstoße gegen das in Art. 20 des Grundgesetzes (GG) verankerte Vertrauensschutzprinzip. Sie enthalte eine unechte Rückwirkung für Studierende, die ihr Studium vor dem Tag des Gesetzesbeschlusses aufgenommen hätten. Diese Rückwirkung sei verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen. Der Gesetzgeber habe ohne Übergangsregelung das schutzwürdige Vertrauen der Klägerin verletzt.
Die Klägerin trägt vor, ihr Sohn sein kein „Bummelstudent”. Er werde aller Voraussicht nach in der Regelstudienzeit seine Diplom-Prüfung ablegen können. Insofern treffe die Begründung des Steueränderungsgesetzes 2007 auf den vorliegenden Fall nicht zu.
Im Übrigen habe sich ihr Sohn zu Beginn des Studiums entscheiden müssen, ob er sich im Rahmen der gesetzlichen studentischen Krankenversicherung absichern oder im Rahmen des Beihilfesystems bleiben wolle. Diese Entscheidung sei nach § 8 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V) unwiderruflich. Die vom Sohn X. damals im Vertrauen auf die Gewährung des Kindergeldes getroffene Entscheidung könne er somit nicht mehr rückgängig machen. Insofern verweist die Klägerin auf eine Bekanntmachung des Niedersächsischen Finanzministeriums vom 21. Juni 2006 (Niedersächsisches Ministerialblatt 2006, 615).
Außerdem verstoße die Neuregelung gegen das auch vom Gesetzgeber zu beachtende Übermaßverbot. Der Verlust der Kindergeldberechtigung habe ebenfalls Auswirkungen auf die Gewährung von Beihilfen sowie den Familienzuschlag nach dem Bundesbesoldungsgesetz, so dass insgesamt in einem Zeitraum von zwei Jahren mit einer Mehrbelastung von 7.536 EUR bei studierenden männlichen Kindern bzw. 9.456 EUR bei studierenden weiblichen Kindern zu rechnen sei.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids vom 23. November 2007 und der Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2008 die Beklagten zu verpflichten, gegenüber der Klägerin Kindergeld für ihren Sohn X. für den Zeitraum über de...