Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Bildung von Rückstellungen für drohenden Aufwand, der mit zukünftigen Erträgen zusammenhängt
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Bildung von Rückstellungen in der Steuerbilanz für ungewisse Verbindlichkeiten nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 249 HGB.
- Auch für Verpflichtungen, die sich aus öffentlichem Recht ergeben, können Rückstellungen gebildet werden, wenn die Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist, weil sie auf bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmten Zeitraums zielt.
- Rückstellungen für die Zulassung von sog. Pflanzenschutzmitteln sind im Zusammenhang mit dadurch entstehenden Kostenschulden nach § 11 Abs. 1 VwKostG zulässig. Die Zulassungskosten müssen indes im Jahr der Rückstellungsbildung wirtschaftlich verursacht sein.
- Wirtschaftlich verursacht oder entstanden ist eine Verpflichtung, wenn der Tatbestand, an den das Gesetz die Verpflichtung knüpft, im Wesentlichen verwirklicht ist.
- Ist Aufwand im laufenden Geschäftsjahr noch nicht realisiert, kommt seine Berücksichtigung nur in Betracht, wenn er auf andere Weise mit dem Gewinnermittlungszeitraum verknüpft ist.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1, §§ 249, 252
Streitjahr(e)
1999, 2000
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von Zuführungen zu Rückstellungen für Zulassungskosten von Produkten. Weitere Streitpunkte waren zunächst die Behandlung von Aufwendungen der Klägerin für eine an einem Dachfenster eines Betriebsgebäudes angebrachte Sonnenschutzmarkise und Zuführungen zu Rückstellungen für Sicherheitsauflagen. Gegenstand des Verfahrens sind die im Klageverfahren ergangenen geänderten Bescheide über die gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellungen für 1999 und 2000 und die Gewerbesteuermessbescheide für diese Feststellungszeiträume vom ….
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen zur Herstellung und zum Vertrieb von Pflanzenschutzmitteln. Das beklagte Finanzamt (Finanzamt) führte für die Jahre 1998 bis 2001 eine Außenprüfung bei der Klägerin durch. Danach blieben drei Punkte strittig, die auch im Feststellungs- und Einspruchsverfahren nicht einvernehmlich beigelegt werden konnten.
Im Verlauf des Klageverfahrens erzielten die Beteiligten wegen zweier dieser Punkte Einvernehmen. In den geänderten Bescheiden vom … behandelte das Finanzamt die Aufwendungen auf die Markise entsprechend dem Begehren des Klägers und auf einen Hinweis des Gerichts hin als sofort abziehbaren Erhaltungsaufwand. Wegen der Rückstellungen für Sicherheitsauflagen hatten sich die Beteiligten aufgrund eines Hinweises des Gerichts dahin geeinigt, dass aufgrund von bislang nicht bei der Rücklagenbildung berücksichtigten drohenden Aufwendungen wegen behördlicher Sicherheitsauflagen im Umfang eines Drittels der zunächst gebildeten Rückstellungen tatsächlich die Voraussetzungen für deren Bildung gegeben waren. Das Finanzamt berücksichtigte die sich aus dieser Behandlung der beiden Streitpunkte ergebenden Veränderungen des festgestellten Gewinns einschließlich der Anpassung der Gewerbesteuerrückstellungen.
In dem nach Ergehen der Änderungsbescheide noch verbliebenen Streitpunkt begehrt die Klägerin mit ihrer Klage die Berücksichtigung von Zuführungen zu einer Rückstellung für Zulassungskosten. Dem liegt zugrunde, dass die von der Klägerin vertriebenen Pflanzenschutzmittel einer Zulassung durch die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) bedürfen. Die Zulassungen für zwei Wirkstoffe liefen im Jahr 2002 aus. Außerdem hatte die Klägerin einen dritten, neuen Wirkstoff entwickelt, der erstmals zugelassen werden sollte. Die Klägerin stellte daher im Feststellungszeitraum 1999 Anträge auf Zulassung dieser Produkte. Die hierfür anfallenden Gebühren schätzte sie nach dem Gebührenverzeichnis, welches als Anlage zu § 2 der Verordnung über Kosten der BBA ergangen ist (BBA-KostV vom 5. Oktober 1998, BGBl I 1998, 3140), und passivierte sie als Rückstellung. Die Rückstellung entwickelte sich zu den Bilanzstichtagen der Streitjahre wie folgt:
31.12.1998 |
… DM |
31.12.1999 |
… DM |
31.12.2000 |
… DM |
Der Prüfer erkannte die Zuführungen nicht als Betriebsausgaben an und erhöhte dementsprechend den festzustellenden Gewinn für die Streitjahre 1999 und 2000 um … DM und um … DM.
Die Klägerin vertritt den Standpunkt, dass die Zuführungen zu der Rückstellung für Zulassungskosten als Betriebsausgaben abziehbar seien, weil die lediglich in ihrer Höhe unklare Gebührenverpflichtung mit der Antragstellung auf Zulassung der Wirkstoffe bereits rechtlich wirksam entstanden sei.
Die Klägerin beantragt,
die Einkünfte und Gewerbesteuermessbeträge der Klägerin wie folgt festzustellen:
|
1999 |
2000 |
Einkünfte |
… DM |
… DM |
Gewerbesteuermessbeträge |
… DM |
… DM |
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Zulassungskosten seien in den Streitjahren noch nicht wirtschaftlich verursacht worden. Soweit sich die Klägerin hier auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 27. Juni 2001 berufe, sei aus der Sicht der Finan...