Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahlrechtausübung zur Pauschalversteuerung von Zuwendungen nach § 37b EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Der von der FinVerw herausgegebene VIP-Logen-Erlass kann (ohne Rechtsgrundlage) weder allgemein verbindliche Regelungen schaffen noch kann er selbst Rechtsgrundlage sein.
- Die Anwendung des § 37b EStG und die Übernahme der Steuer durch den Zuwendenden hat abgeltende Wirkung, durch welche die (nochmalige) Versteuerung der Zuwendung beim Empfänger entfällt.
- Die Ausübung des Wahlrechts stellt eine Willenserklärung dar und ist Verfahrensvoraussetzung für die Pauschalierung.
- Das Wahlrecht zur Pauschalversteuerung nach § 37b EStG ist grundsätzlich bis zum Eintritt der Bestandskraft auszuüben und die einmal getroffene Entscheidung zur Pauschalversteuerung bis zu diesem Zeitpunkt auch widerruflich.
Normenkette
EStG § 37b Abs. 1 S. 1, § 40 Abs. 2
Streitjahr(e)
2008
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Nachforderungsbescheids über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge, mit dem der Beklagte Aufwendungen der Klägerin nach § 37b EStG nachversteuert hat.
Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der durch formwechselnde Umwandlung aus der A entstandenen B.
Die Rechtsvorgängerinnen der Klägerin geben regelmäßig monatliche Lohnsteuer-Anmeldungen ab.
Wegen Nicht-Arbeitnehmern im Streitjahr 2008 zugewendeter Wein- und Blumenpräsente wählte die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit der - im Januar 2009 eingereichten - Lohnsteuer-Anmeldung Dezember 2008 für das Streitjahr 2008 die Pauschalversteuerung nach § 37b EStG. Sie versteuerte einen Zuwendungsbetrag in Höhe von 870 €, so dass sich 261 € an Lohnsteuer (30 % von 870 €) sowie 14 € an Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer ergaben (5,5 % von 261 €). Die Klägerin unterrichtete, entgegen der Regelung in § 37b Abs. 3 Satz 3 EStG, die Zuwendungsempfänger von der Steuerübernahme nicht.
Diese nach § 168 AO einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehenden Steueranmeldungen wurden bestandskräftig.
Der Beklagte führte im Jahr 2010, die Lohnsteuer-Anmeldungszeiträume Januar 2005 bis Dezember 2009 betreffend, bei der Klägerin eine Lohnsteuer-Außenprüfung durch. Für die Kalenderjahre 2005 und 2009 kam es zu keinen Feststellungen, so dass sich die Klage nur gegen Feststellungen hinsichtlich der Streitjahre 2006 bis 2008 richtet. Dabei griff die Prüferin folgende Sachverhalte auf:
- Die Klägerin gewährte in den Streitjahren 2007 und 2008, hinsichtlich des Streitjahrs 2008 über die bisher schon unter Anwendung des § 37b EStG versteuerten Zuwendungen hinaus, an eine Vielzahl von Nicht-Arbeitnehmern Sachzuwendungen in Form von Wein- und Blumenpräsenten. Die Aufwendungen für diese Zuwendungen, die z.T. nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG wegen des Überschreitens der 35 €-Freigrenze nicht zum Betriebsausgabenabzug berechtigten, betrugen im Streitjahr 2007 5.812,67 € und im Streitjahr 2008 6.512,56 € (Weinpräsente).
Der Beklagte versteuerte diese Beträge nach § 37b EStG nach, wobei er in die Nachversteuerung auch die auf die Sachzuwendungen entfallenden Versand- und Verpackungskosten einbezog.
- In den Streitjahren 2006 bis 2008 hatte die Klägerin mit einem Eishockey-Team Werbeverträge abgeschlossen.
Laut Werbevertrag Saison 2006/07 zahlte die Klägerin für Werbung, 4 VIP-Karten und Parkausweise einen Gesamtpreis von 29.000 € brutto.
Laut Werbevertrag Saison 2007/08 zahlte die Klägerin für Werbung, 4 VIP-Karten, Parkausweise und 10 "normale" Karten (Preiskategorie 2) einen Gesamtpreis von 29.750 € brutto.
Laut Werbevertrag Saison 2008/09 zahlte die Klägerin für 5 VIP-Karten, 25 "normale" Karten (Preiskategorie 2, Einzelpreis/Karte 6 € netto, mithin 7,14 € brutto), das Tragen von Jubeltrikots und Bandenwerbung (5 Meter) einen Gesamtpreis von 30.000 € netto/35.700 € brutto, wobei die Rechnung einen Einzelausweis in folgender Weise erhielt:
5 VIP-Karten inkl. Parkausweis 8.400 € netto (9.996 € brutto)
25 "normale" Karten 8.400 € netto (9.996 € brutto)
Tragen von Jubeltrikot/Bandenwerbung 13.200 € netto (15.708 € brutto)
30.000 € netto (35.700 € brutto)
Bei VIP-Karteninhabern waren Speisen und Getränke im Leistungsumfang enthalten.
Der Beklagte ging, der Prüferin folgend, davon aus, dass für die Streitjahre 2006 und 2007 mangels gesonderten Ausweises der einzelnen Komponenten der Werbeverträge eine Aufteilung des Gesamtpreises auf die Bereiche Werbung, Bewirtung und Geschenke nach dem sog. VIP-Logen-Erlass (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BdF-Schreiben) vom 22. August 2005 IV B 2 - S 2144 - 41/05, BStBl I 2005, 845) vorzunehmen sei. Danach sei der Gesamtpreis wie folgt aufzuteilen und zuzuordnen:
40 % des Gesamtbetrags entfällt auf Werbung
30 % des Gesamtbetrags entfällt auf Bewirtung
30 % des Gesamtbetrags entfällt auf Geschenke
Nach § 37b EStG nachversteuert wurde nur der auf die Geschenke entfallende Anteil des Gesamtbetrags, mithin 30 % von 29.000 € = 8.700 € im St...