rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Werbungskostenabzug bei Abgeordnetenentschädigung mit Abgeltungscharakter; Abgeordnetenentschädigung; Werbungskosten; Abgeltungscharakter; Aufwandsentschädigung; Landtagsmandat
Leitsatz (redaktionell)
- Werden zur Abgeltung des durch das Landtagsmandat veranlassten Aufwandes Aufwandsentschädigungen gezahlt, dürfen die durch das Mandat veranlassten Aufwendungen nicht als Werbungskosten abgezogen werden, § 22 Nr. 4 Satz 2 EStG.
- Seit dem 01.01.1978 gelten diese Regelungen auch für Entschädigungen an Abgeordnete des Niedersächsischen Landestages aufgrund des Nds. AbgG.
- Das Abzugsverbot des § 22 Nr. 4 Satz 2 EStG korrespondiert mit der Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 12 EStG.
- Die von den Abgeordneten zu beanspruchenden Aufwandsentschädigungen haben Abgeltungscharakter und zwar unabhängig davon, ob die gewährten Aufwandsentschädigungen im Einzelfall die aufgewendeten Beträge der Art oder der Höhe nach decken.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 4 Sätze 1-2, § 3 Nr. 12, Nds. AbgG § 7 Abs. 1 S. 1; AbgG § 7 Abs. 2
Streitjahr(e)
1995
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger seine mandatsveranlassten Aufwendungen als Werbungskosten von seinen Abgeordnetenbezügen abziehen kann, soweit diese Aufwendungen die gewährten steuerfreien Aufwandsentschädigungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nds. Abgeordnetengesetz (Nds. AbgG) übersteigen.
Der Kläger war im Jahr 1995 (Streitjahr) u.a. Abgeordneter des Niedersächsischen Landtags (Nds. LT). In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte er bei seinen Abgeordnetenbezügen durch das Mandat veranlasste Aufwendungen in Höhe von ..... DM als Werbungskosten geltend. Es handelt sich dabei um den Betrag, um den die mandatsbedingten Aufwendungen die nach § 7 Nds. AbgG gewährten Entschädigungen in Höhe von ..... DM übersteigen.
Das beklagte Finanzamt (FA) lehnte – entgegen der Handhabung in den Vorjahren - den begehrten Werbungskostenabzug unter Hinweis auf § 22 Nr. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) ab.
Dagegen richtet sich nach erfolglos gebliebenem Vorverfahren die Klage. Das Abzugsverbot des § 22 Nr. 4 Satz 2 EStG greife nicht. Die nach § 7 Nds. AbgG gewährten Aufwandsentschädigungen hätten keinen Abgeltungscharakter, so daß der überschießende Aufwand als Werbungskosten zu berücksichtigen sei. Im übrigen würden durch eine strikte Anwendung des Abzugsverbots des § 22 Nr. 4 Satz 2 EStG die Abgeordneten des Nds. LT im Vergleich zu Landtagsabgeordneten anderer Länder, wie zum Beispiel zu denen des Freistaates Bayern, wo weit höhere steuerfreie Aufwandsentschädigungen gewährt werden, ungleich stärker belastet.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Einspruchsbescheid vom 26.02.1997 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid vom 02.12.1996 in der Weise zu ändern, daß unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von ..... DM bei den sonstigen Einkünften die Einkommensteuer 1995 anderweitig festgesetzt wird.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hält an seiner Entscheidung fest. Nach dem Erlass des Nds. Ministers der Finanzen vom 04.05.1994 – S 2337 – 55 – 351 – (DStR 1994, 825; FR 1994, 549) sei die Abzugssperre des § 22 Nr. 4 Satz 2 EStG ab 01.01.1995 auch auf steuerfreie Aufwandsentschädigungen der Abgeordneten des Nds. LT anzuwenden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Das FA hat zutreffend den vom Kläger begehrten Werbungskostenabzug bei seinen Abgeordnetenbezügen abgelehnt.
Die Bezüge aufgrund des Abgeordnetengesetzes des Bundes oder aufgrund der entsprechenden Gesetze der Länder unterliegen als sonstige Einkünfte der Einkommensteuer (§ 22 Nr. 4 Satz 1 EStG). Werden zur Abgeltung des durch das Mandat veranlassten Aufwandes Aufwandsentschädigungen gezahlt, so dürfen die durch das Mandat veranlassten Aufwendungen nicht als Werbungskosten abgezogen werden (§ 22 Nr. 4 Satz 2 EStG). Diese Regelungen gelten seit dem 01.01.1978 auch für Entschädigungen an Abgeordnete des Nds. LT aufgrund des Nds. AbgG (§ 52 Abs. 22 a.F. i.V. mit § 38 Nds. AbgG - Nds. GVBl 1978, 101 -).
Das Abzugsverbot des § 22 Nr. 4 Satz 2 EStG korrespondiert systemgerecht mit der Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 12 EStG. Während einerseits nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG die Aufwandsentschädigungen aufgrund der Abgeordnetengesetze des Bundes und der entsprechenden Gesetze der Länder steuerfrei sind, dürfen anderseits die durch das Mandat eines Abgeordneten veranlaßten und durch die Aufwandsentschädigung als abgegolten geltenden Aufwendungen nicht als Werbungskosten abgezogen werden. In Konsequenz zu dieser Regelung geht § 22 Nr. 4 Satz 2 EStG über das Abzugsverbot des § 3 c EStG hinaus. Während nach der letztgenannten Vorschrift der Abzug nur verboten ist, “soweit” die Ausgaben mit steuerfreien Einnahmen zusammenhängen, schließt § 22 Nr. 4 Satz 2 EStG den Abzug jeglicher abgegoltener mandatsveranlasster Aufwendungen aus. Dies gilt unabhängig davon, ob die gewährten Aufwandsentschädigungen im Einzelfall die aufgewendeten Beträge der Art oder der Höhe nach deckt oder nicht...