BMF, Schreiben v. 20.5.2009, IV C 6 - S 2134/07/10005, BStBl I 2009, 671
Mit Urteil vom 17.7.2008, I R 77/06 (BStBl 2009 II S. 464) hat der BFH entschieden, dass
- die Einbringung eines Wirtschaftsguts als Sacheinlage in eine KG auch ertragsteuerlich insoweit als Veräußerungsgeschäft anzusehen sei, als ein Teil des Einbringungswerts in eine Kapitalrücklage eingestellt wird,
- eine das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft kein Teilbetrieb im Sinne von § 24 Abs. 1 UmwStG 1995 sei und
- die so genannte Theorie der finalen Entnahme keine ausreichende gesetzliche Grundlage habe und auf einer unzutreffenden Beurteilung der Besteuerungshoheit bei ausländischen Betriebsstätten inländischer Stammhäuser beruhe.
zu 1. – Sacheinlage auch bei teilweiser Einbuchung in eine Kapitalrücklage als Veräußerungsgeschäft
Die Entscheidung des BFH widerspricht der unter Tz. 2b geäußerten Auffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 26.11.2004, BStBl 2004 I S. 1190), wonach bei Buchung auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto eine verdeckte Einlage vorliegt.
zu 2. – 100 %ige Beteiligung an Kapitalgesellschaft ist kein Teilbetrieb im Sinne von § 24 Abs. 1 UmwStG 1995
Die Entscheidung des BFH widerspricht der Auffassung der Finanzverwaltung in Rz. 24.03 des BMF-Schreibens vom 25.3.1998 (BStBl 1998 I S. 268 – UmwSt-Erlass), wonach eine das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft einen Teilbetrieb im Sinne des § 24 Abs. 1 UmwStG darstellt.
zu 3. – Aufgabe der finalen Entnahmetheorie
Die Entscheidung des BFH widerspricht der bis zum Veranlagungszeitraum 2006 geltenden Auffassung der Finanzverwaltung in Rz. 2.6.1 des BMF-Schreibens vom 24.12.1999 (BStBl 1999 I S. 1076 – sog. Betriebsstätten-Erlass), wonach bei der Überführung von Wirtschaftsgütern aus dem inländischen Betrieb eines Steuerpflichtigen in seine ausländische Betriebsstätte eine Entnahme vorliegt, wenn der Gewinn der ausländischen Betriebsstätte aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens nicht der inländischen Besteuerung unterliegt.
Die Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder hat zur Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils vom 17.7.2008 (a.a.O.) Folgendes ergeben:
zu 1. – Sacheinlage auch bei teilweiser Einbuchung in eine Kapitalrücklage als Veräußerungsgeschäft
Die Rechtsauffassung des BFH, wonach ein vollentgeltlicher Vorgang anzunehmen ist, wenn die Sacheinlage zum Teil auf dem Kapitalkonto und zum Teil auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto gebucht wird, ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Sofern die Rechtsauffassung des BFH für den Steuerpflichtigen zu einer Verschärfung gegenüber der bisher geltenden Auffassung der Finanzverwaltung führt, kann auf Antrag die bisherige Verwaltungsauffassung in Tz. 2b des BMF-Schreibens vom 26.11.2004 (BStBl 2004 I S. 1190) für Übertragungsvorgänge bis zum 30.6.2009 weiterhin angewendet werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der das Wirtschaftsgut Übertragende und der Übernehmer des Wirtschaftsguts einheitlich verfahren und dass der Antragssteller damit einverstanden ist, dass die Anwendung der Übergangsregelung z.B. die Rechtsfolge des § 23 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 EStG auslöst. Bei Anwendung der Übergangsregelung liegt, soweit eine Gegenbuchung teilweise auch auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto erfolgt, ein unentgeltlicher Vorgang (verdeckte Einlage) vor; ein entgeltlicher Vorgang liegt insoweit vor, als die Gegenbuchung auf dem Kapitalkonto erfolgt.
zu 2. – 100 %ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist kein Teilbetrieb im Sinne von § 24 Abs. 1 UmwStG 1995
Die Rechtsauffassung des BFH ist im Vorgriff auf eine gesetzliche Regelung zur Wiederherstellung der bisherigen Verwaltungsauffassung zum UmwStG 1995 (also Behandlung einer 100 %igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Teilbetrieb i.S. des § 24 UmwStG 1995) sowie im zeitlichen Anwendungsbereich des SEStEG nicht anzuwenden. Bis zu dieser gesetzlichen Regelung ist eine 100 %ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Teilbetrieb i.S. des § 24 UmwStG 1995 bzw. des UmwStG i.d.F. des SEStEG zu behandeln.
zu 3. – Aufgabe der finalen Entnahmetheorie
Die Grundsätze des BFH-Urteils sind über den entschiedenen Einzelfall nicht anzuwenden.
Der BFH hat die jahrzehntelang von Rechtsprechung und Verwaltung angewendete sog. Theorie der finalen Entnahme ausdrücklich aufgegeben. Er begründet seine geänderte Rechtsauffassung im Ergebnis mit einer geänderten Auslegung des Abkommensrechts, wonach die Überführung eines Wirtschaftsguts aus dem Inland in eine ausländische Betriebsstätte nicht (mehr) zu einem Verlust des Besteuerungsrechts an den im Inland entstandenen stillen Reserven führen soll. Deshalb bestehe kein Bedürfnis, den Vorgang als Gewinnrealisierungstatbestand anzusehen und es fehle an einer Rech...