Entscheidungsstichwort (Thema)
Abhängigkeit eines Umsatzsteuer-Rückforderungsbescheids gem. § 37 Abs. 2 AO von der Aufhebung der materiellen Steuerfestsetzung. keine Haftung nach § 69 AO für USt-Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO bei fehlender Wirksamkeit der Umsatzsteueraufhebungsbescheide
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Erlass eine Rückforderungsbescheides nach § 37 Abs. 2 AO wegen zu Unrecht ausgezahlter Vorsteuerüberschüsse erfordert, dass nach materieller Rechtslage als auch aufgrund der ergangenen Steuerbescheide feststeht, dass das Umsatzsteuerguthaben für den jeweiligen Besteuerungszeitraum nicht bestanden hat, der Empfänger die Zahlungen also ohne Rechtsgrund erhalten hat.
2. Sind die Umsatzsteueraufhebungsbescheide einer GmbH nicht wirksam bekannt gegeben (hier: Bestreiten des Zugangs, kein Empfangsnachweis, keine Anhaltspunkte für Zugang des Schriftstücks), besteht kein Rückforderungsanspruch des FA gegenüber der GmbH aus zu Unrecht erstatteter Umsatzsteuer gem. § 37 Abs. 2 AO.
3. Damit scheidet auch eine Haftung des Geschäftsführers der GmbH für den Rückforderungsanspruch gem. § 69 AO i. V. m. § 34 AO aus.
Normenkette
AO §§ 69, 34, 37 Abs. 2, §§ 124, 122 Abs. 2, § 191 Abs. 1; UStG § 18; AO § 168
Nachgehend
Tenor
1. Der Haftungsbescheid vom 11. Oktober 2006, zuletzt geändert am 28. März 2007, sowie die Einspruchsentscheidung vom 28. März 2007 werden aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe vor der Vollstreckung leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist seit dem 10. Juli 2003 Geschäftsführer der … GmbH (im Folgenden nur GmbH), die mit Gesellschaftsvertrag vom 1. Juni 2003 gegründet wurde. Gegenstand der Gesellschaft ist die Vermietung von Baugerüsten sowie der Alleinvertrieb von … Baugerüsten in ….
Der Beklagte erließ am 18. Juni 2004 Bescheide über die Umsatzsteuervorauszahlung für die Monate Juli bis Oktober 2003 an die GmbH. Am 31. Mai 2005 erging der Umsatzsteuerbescheid 2003, die Umsatzsteuer 2003 setzte der Beklagte auf ./. EUR 4.200 fest. Nachdem der Beklagte bereits Vorsteuern in Höhe von EUR 9.639,11 ausbezahlt hatte, ergab sich ein Zahlungsanspruch der GmbH in Höhe von EUR 5.439,11. Gegen den Bescheid legte der Bevollmächtigte Dr. K., … Str. 9 in X am Einspruch ein. Mit Bescheiden vom 26. Mai 2006 hob der Beklagte die Umsatzsteuervoranmeldungen der GmbH für die Monate Juni bis Dezember 2003 auf. Diese wurden an Dr. K., … Str. 9 in X gesendet. Die Bescheide waren nicht zustellbar, daher gab sie der Beklagte am 8. Juni 2006 öffentlich bekannt. Mit Bescheid vom 1. Dezember 2006 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer 2003 auf EUR 0 fest. Am 11. Dezember 2006 erließ der Beklagte einen Abrechnungs- und Zinsbescheid zur Umsatzsteuer 2003, den er an Dr. K bekanntgab. Dieser legte im Namen der GmbH Einspruch ein, wobei seine Kanzleianschrift nunmehr …str. 46 in Y lautete. Die Umsatzsteuervoranmeldungen für das Jahr 2004 hob der Beklagte mit Bescheid vom 12. September 2005 auf und erteilte Abrechnungsbescheide über überzahlte Umsatzsteuer. Diese Bescheide gab er an Dr. K in X, … Str. 9 bekannt. Am 22. Juli 2005 hob der Beklagte den Bescheid über die Umsatzsteuervorauszahlung für das I. Quartal 2005 auf, die Bekanntgabe erfolgte an Dr. K. Dieser legte am 12. Juli 2005 dagegen Einspruch ein, wobei seine Anschrift Absender … Str. 9 in X lautet.
Der Beklagte nahm den Kläger mit Haftungsbescheid vom 11. Oktober 2006 für Umsatzsteuerschulden der GmbH für die Voranmeldungszeiträume Juni 2003, Oktober bis Dezember 2003, Februar, April, Juni bis September und Dezember 2004 sowie die Umsatzsteuer 2003 mit insgesamt EUR 10.463,55 in Anspruch. Ferner zog er den Kläger für Säumniszuschläge heran, sodass die Haftungssumme insgesamt EUR 11.501,98 betrug. Als Begründung führte der Beklagte an, dass der Kläger als Geschäftsführer der GmbH die Steuern der GmbH nicht abgeführt habe. Die Tilgungsquote betrage 100%. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 28. März 2007 nahm der Beklagte den Haftungsbescheid teilweise zurück und setzte die Haftungssumme auf EUR 922,37 fest. Dabei verneinte er die Haftung hinsichtlich der Umsatzsteuer Juni und Oktober bis Dezember 2003 sowie für das Jahr 2003, da die entsprechenden Abrechnungen der GmbH nicht bekanntgegeben worden seien. Die Aufhebungsbescheide für die Voranmeldungszeiträume des Jahres 2003 seien am 26. Mai 2006 zur Post gegeben worden, diese seien nicht zustellbar gewesen. Im Übrigen wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück, da für 2004 eine Bekanntgabe wirksam erfolgt sei.
Der Kläger trägt vor, dass etwaige Umsatzsteuerbescheide für 2004 mangels Zustellung nicht wirksam geworden seien. Der Beklagte habe private Zustelleinrichtungen benutzt, die die Zustellungen auf d...