Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Vererblichkeit des Verlustabzuges gem. § 10d EStG
Leitsatz (redaktionell)
(1) Einem Hoferben nach § 7 HöfeO steht der nicht verbrauchte Verlustabzug des Erblassers nach § 10d EStG weder anteilig in Höhe seiner Erbteilquote am hoffreien Vermögen noch in in voller Höhe zu, da negativen Einkünften als unselbstständige Besteuerungsgrundlagen (§ 157 Abs. 2 AO) der Vermögenswert-Charakter und damit – ohne gesonderte ausdrückliche gesetzliche Anordnung – die Vererblichkeit fehlt.
(2) Erklärungen des Finanzamtes über die steuerliche Beurteilung bereits abschlossener Sachverhalte entfalten – anders als die begriffsnotwendig auf künftige, noch nicht verwirklichte Sachverhalte gerichtete verbindliche Zusage – als schlichte Auskunft keine rechtliche Bindungswirkung.
Normenkette
EStG § 10d; HöfeO § 7; AO § 157 Abs. 2, § 204
Nachgehend
Tatbestand
In dem Rechtsstreit geht es darum, ob dem Kläger (Kl.) als Hoferben die vom Erblasser nicht verbrauchten Verluste in voller Höhe oder nur anteilig in Höhe seiner Erbteilquote am hof-freien Vermögen zustehen.
Der Kl. ist selbständiger Landwirt. Er ermittelt den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Der Kl. hat den Hof von seinem am … Oktober 1983 verstorbenen Vater geerbt. Dieser hatte den Kl. testamentarisch zum alleinigen Hoferben bestimmt. Der Erbteil des Kl. am hoffreien Vermögen beträgt 10 %. Die restlichen Erbteile entfallen auf seine Mutter und seine vier Geschwister.
In den Jahren 1980 bis 1982 waren bei dem Erblasser Verluste in Höhe von insges. 10 × DM entstanden, von denen im Wege des Verlustabzugs im Kalenderjahr 1983 lediglich 1 × DM berücksichtigt werden konnten. Danach verblieb ein nicht ausgeglichenes Verlustvolumen von 9 × DM.
In den Einkommensteuer(ESt)-Erklärungen für die Kalenderjahre 1983 bis 1986 beantragte der Kl., die beim Erblasser nicht ausgeglichenen Verluste im Wege des Verlustabzuges gemäß § 10 d EStG zu berücksichtigen. Das Finanzamt (FA) veranlagte erklärungsgemäß und berücksichtigte die folgenden Verlustabzüge:
für 1983: |
0,9 × DM |
für 1984:\ |
0,1 × DM |
für 1985: |
2 × DM |
für 1986: |
6 × DM |
Die Veranlagung für 1986 stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO).
Im Rahmen der im April 1990 für die Wirtschaftsjahre 1986/87 bis 1988/89 durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, daß der Kl. nur 10 % des vom Erblasser nicht verbrauchten Verlustes hätte geltend machen dürfen. Im Streitjahr sei deshalb kein Verlustvortrag mehr zu berücksichtigen. Das FA schloß sich dieser Rechtsauffassung an und erließ am 29. September 1992 einen entsprechend geänderten ESt-Bescheid für 1986, in dem es die ESt nach der Splittingtabelle auf ….DM festsetzte.
Hiergegen erhob der Kl. Einspruch, den er durch seinen damaligen Steuerberater … im wesentlichen wie folgt begründete:
Vor der schriftlichen Beantragung des Verlustvortrages bei Abgabe der ESt-Erklärung 1983 sei eine fernmündliche Anfrage an das FA gestellt worden. Von dem zuständigen Sachbearbeiter – Herrn … – sei bei genauer Kenntnis des Sachverhaltes ein Vortrag der Verluste vom Erblasser auf den Kl. als Hoferben zugesagt worden. Die Veranlagungen erfolgten nach dieser Zusage in den nächsten Jahren entsprechend. Betriebliche Investitionen mit der Möglichkeit von Sonderabschreibungen seien daher auf Veranlagungszeiträume nach Absetzung der Verlustvorträge verlagert worden. Aufgrund der erteilten Zusage sei die Änderung des Steuerbescheides 1986 rechtsfehlerhaft.
Des weiteren halte er an seiner Rechtsauffassung fest, daß der nach der Höfeordnung bestimmte Hoferbe einen alleinigen Anspruch auf Verlustvortrag habe. Wie aus verschiedenen Urteilen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ersichtlich sei, sei der Gesetzgeber verpflichtet, jeden Steuerpflichtigen nur nach seiner Leistungsfähigkeit zu besteuern. Die Höfeordnung bestimme den Hoferben, der die gesamten Vermögenswerte des Hofes übernehme. Bei einer Verteilung der Verluste nach dem Verhältnis des hoffreien Vermögens wäre das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit durchbrochen. Verluste des Erblassers seien nur im Bereich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft angefallen. Der Kapitaldienst für die aus den Verlusten resultierenden Schulden müsse aus den Erträgen der Landwirtschaft erbracht werden. Daher würde eine Anknüpfung an den Übernehmer der verlustverursachenden Einkunftsquelle den vom Verfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen entsprechen.
Aus den Steuerakten ergibt sich, daß die ESt-Erklärung 1983 am 21. Februar 1985 beim FA abgegeben worden ist. Ein Aktenvermerk über eine telefonische Auskunft zur Behandlung des Verlustvortrages findet sich in den Akten nicht.
Am 14. Oktober 1987, dem Datum der Unte...