Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 31
Scheidet ein Mitunternehmer aus einer mehrgliedrigen Mitunternehmerschaft aus oder überträgt er bei einer zweigliedrigen Mitunternehmerschaft seinen Anteil auf einen neu eintretenden Gesellschafter, bleibt die Identität der Mitunternehmerschaft gewahrt. Der Ausscheidende ist daher am Feststellungsverfahren für den Feststellungszeitraum des Ausscheidens noch beteiligt. In dieses Verfahren ist sein Veräußerungsgewinn einzubeziehen. Das gilt auch, wenn er nur kurze Zeit im Feststellungszeitraum (1 Tag) beteiligt war. Es kommt also nicht zu einer Feststellung auf den Zeitpunkt des Ausscheidens unter Abkürzung des normalen Feststellungszeitraums.
Eine wirtschaftliche Mitbeteiligung liegt auch vor, wenn ein ausscheidender Gesellschafter bei der GbR nach § 740 BGB noch am Gewinn und Verlust der schwebenden Geschäfte nach dem Wirtschaftsjahr des Ausscheidens beteiligt ist. Es handelt sich dann nicht lediglich um schuldrechtliche Ansprüche (wie die Beteiligung am Verlust zeigt), sondern um Nachwirkungen des Gesellschaftsverhältnisses. Es liegt eine – auf die schwebenden Geschäfte beschränkte – wirtschaftliche Mitberechtigung vor, die in die gesonderte Gewinnfeststellung aufzunehmen ist. Scheidet bei einer Zwei-Mann-Personengesellschaft ein Gesellschafter aus und führt der verbleibende Gesellschafter die Geschäfte weiter, ist in diesen Fällen für die Zeit nach dem Ausscheiden eine Gewinnfeststellung, beschränkt auf die schwebenden Geschäfte, vorzunehmen.
Für einen Zeitraum, für den der Ausgeschiedene nicht mehr an der Gesellschaft beteiligt ist, auch nicht an schwebenden Geschäften, bzw. für den die Gesellschaft nicht mehr besteht, ist keine gesonderte Feststellung mehr vorzunehmen. Das hat Bedeutung insbesondere für nachträgliche Betriebsausgaben und -einnahmen; diese werden nicht mehr "gemeinsam" erzielt und sind daher nicht in eine Feststellung einzubeziehen.
Rz. 32
Bei einer KGaA ist keine gesonderte Gewinnfeststellung vorzunehmen, jedoch ist das bestritten. Die KGaA ist Kapitalgesellschaft, keine Personengesellschaft. An ihren Einkünften sind daher nicht "mehrere beteiligt". Soweit bestimmte Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter der KGaA als gewerbliche Einkünfte eines Gesellschafters behandelt werden, bilden diese Einkünfte bei der KGaA nach § 9 Nr. 2 KStG Betriebsausgaben. Es erfolgt also nicht etwa eine Verteilung des Gesamtgewinns der KGaA, sondern ein Abzug von Betriebsausgaben bei der KGaA. Der Gewinn der KGaA ist also um die Vergütungen für den persönlich haftenden Gesellschafter gemindert. Der BFH ist, ohne auf die Frage näher einzugehen, davon ausgegangen, dass eine einheitliche Feststellung der Gewinnverteilung zwischen KGaA und Komplementär vorzunehmen ist.
Man könnte zwar die Auffassung vertreten, dass der Komplementär am Gewinn der KGaA beteiligt ist und gemeinschaftliche Einkünfte vorliegen, also dem Grunde nach die Voraussetzungen des § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO vorliegen. Dem steht jedoch die Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG entgegen, die es ausschließt, gemeinschaftliche Einkünfte anzunehmen. Der Gewerbebetrieb wird ausschließlich und allein von der KGaA betrieben, nicht gemeinschaftlich von der KGaA und dem Komplementär. Diese materielle Regelung geht der verfahrensrechtlichen Regelung des § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO aber vor und schließt (ggf. fiktiv) die Annahme gemeinschaftlicher Einkünfte aus. Eine gesonderte Feststellung kommt nur in Betracht, wenn mehrere persönlich haftende Gesellschafter der KGaA vorhanden sind. Dann sind die Einkünfte der persönlich haftenden Gesellschafter einheitlich festzustellen. Da diese Frage aber nicht geklärt ist, ist ggf. ein negativer Feststellungsbescheid zu erlassen.
Wird eine einheitliche Feststellung vorgenommen, sind nur die Gewinnanteile, die der Komplementär in dieser Eigenschaft erhält, einschließlich etwaiger Sondervergütungen, festzustellen. Nicht als Gewinnanteil des Komplementärs festzustellen sind die Dividenden, die er in seiner Eigenschaft als Kommanditaktionär erhält.
Rz. 33
Ein Beziehen von gemeinsamen Einkünften liegt auch nicht vor, wenn ein Stpfl. unmittelbare, der andere nur mittelbare Nutzungen zieht (z. B. wenn das Grundstück des einen Stpfl. mit der Reallast belastet ist, aus den Erträgen dem anderen eine Rente zu zahlen; Untervermietung von Wohnungen). Es liegen dann nicht einheitliche Einkünfte vor, die aus einer Quelle fließen und auf mehrere zu verteilen wären, sondern mehrere jeweils einer einzelnen Person zuzurechnende Einkunftsquellen.
A ist Eigentümer eines Mietshauses. An der Wohnung 1 hat er dem B ein entgeltliches Wohnrecht bestellt; dieser hat die Wohnung vermietet. Die Wohnung 2 ist an C vermietet; dieser hat die Wohnung untervermietet.
In beiden Fällen bezieht A die Einkünfte aus den Wohnungen nicht "gemeinsam" mit B bzw. C. Es liegen jeweils den einzelnen Personen zuzuordnende selbstständige Einkunftsquellen vor, keine gemeinsame Einkunf...