Rz. 52
Der Übergang zur Fortsetzungsfeststellungsklage ist nur möglich, wenn der Kläger an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit ein berechtigtes Interesse hat. Obwohl nach der Erledigung des angefochtenen Verwaltungsakts der Kläger durch die behauptete Rechtswidrigkeit nicht mehr in seinen Rechten verletzt werden kann, handelt es sich bei dem geltend zu machenden berechtigten Interesse nicht lediglich um ein Korrelat für die Rechtsverletzung, sondern um ein zusätzliches Erfordernis. Es ist also zu prüfen, ob der Kläger, hätte der Verwaltungsakt sich nicht erledigt, durch dessen Rechtswidrigkeit in seinen Rechten verletzt worden wäre. Nur wenn das der Fall ist und der Kläger zusätzlich ein berechtigtes Interesse an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts hat, kann die Fortsetzungsfeststellungsklage Erfolg haben. Es muss also ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis vorliegen. Das Feststellungsinteresse liegt nicht vor, wenn die Folgenbeseitigung, auf die die Fortsetzungsfeststellungsklage zielt, nicht erwirkt werden kann.
Rz. 53
Das besondere Rechtsschutzbedürfnis muss vom Kläger im Einzelnen substanziiert dargelegt werden, wenn es nicht bereits offensichtlich ist. Es ist gegeben, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Dazu reicht jedes konkrete schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher, aber auch ideeller Art. Eine Rechtsposition muss damit nicht verbunden sein. Das Interesse ist berechtigt, wenn durch die begehrte Feststellung die Position des Klägers gebessert wird, wenn z. B. zu erwarten ist, dass die Behörde ohne gerichtliche Entscheidung die erledigte, als rechtswidrig bekämpfte Regelung wiederholen wird. Ein Feststellungsinteresse wird bejaht, wenn anzunehmen ist, dass sich die Beteiligten bei unveränderter Sachlage der Auffassung des Gerichts anschließen werden. Ob ein Feststellungsinteresse vorliegt, kann der BFH in eigener Zuständigkeit, insbesondere anhand der ihm vorliegenden Akten, prüfen.
Rz. 54
"Berechtigtes Interesse" i. S. d. § 100 Abs. 1 S. 4 FGO ist jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende Interesse rechtlicher, tatsächlicher oder wirtschaftlicher Art. Dieses kann sich daraus ergeben, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit die Voraussetzung für den Eintritt einer vom Kläger erstrebten weiteren Rechtsfolge ist, oder dass ein konkreter Anlass für die Annahme besteht, das FA werde die vom Kläger für rechtswidrig erachtete Maßnahme in absehbarer Zukunft wiederholen. Es kann auch unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitierung sowie deshalb bestehen, weil die begehrte Feststellung voraussichtlich in einem beabsichtigten und nicht völlig aussichtslosen Schadensersatzprozess erheblich sein wird. Die Voraussetzungen hierfür sind substanziiert darzulegen. Ein Rehabilitationsinteresse genügt, wenn etwa der Vorwurf der Steuerhinterziehung erhoben oder die Zulassung zur Steuerberaterprüfung verweigert wurde. Es muss sich allerdings um einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Stpfl. handeln. Ein Feststellungsinteresse kann vorliegen, wenn ein Verwertungsverbot erreicht werden soll und hierzu die Rechtswidrigkeit einer erledigten Betriebsprüfungsanordnung festgestellt werden muss. Ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung besteht allerdings nur dann, wenn der Kläger die auf der Betriebsprüfung beruhenden Bescheide nicht hat unanfechtbar werden lassen. Im Übrigen kann ein Feststellungsinteresse nach einem erledigten Auskunftsersuchen vorliegen, wenn ein qualifiziert materielles Verwertungsverbot bei schwerwiegenden Verfahrensverstößen hinsichtlich der erteilten Auskünfte geltend gemacht werden soll. Ein qualifiziertes materielles Verwertungsverbot liegt vor, wenn die Ermittlung der Tatsachen einen verfassungsrechtlich geschützten Bereich des Stpfl. verletzt. Die so ermittelten Tatsachen sind ohne Ausnahme unverwertbar. Ein Feststellungsinteresse wird im Allgemeinen auch bei hinreichend konkreter Wiederholungsgefahr angenommen.