Rz. 3
Bei Entscheidungen aufgrund mündlicher Verhandlung liegt es im freien Ermessen des Gerichts, ob die Entscheidung verkündet oder zugestellt werden soll. Die Worte "i. d. R." in § 104 Abs. 1 FGO beziehen sich nur auf den Zeitpunkt der Verkündung. Ein entsprechender Beschluss ist am Schluss jeder mündlichen Verhandlung durch den Vorsitzenden zu verkünden. Der Beschluss kann im schriftlichen Verfahren nachgeholt werden. Unterblieb der Beschluss, ist dieser Verfahrensfehler i. d. R. unerheblich. Hat das Gericht ein Urteil verkündet, so ist das vollständige Urteil später außerdem zuzustellen. Die Rechtsmittelfristen laufen für jeden Beteiligten getrennt erst ab Zustellung.
Rz. 4
Verkündet wird durch Verlesung der Urteilsformel. Dazu muss der Tenor vorher schriftlich festgehalten worden sein. Die Urteilsgründe können, werden aber normalerweise nicht verkündet. Wegen des weiteren Verfahrens s. § 105 Abs. 4 FGO. Die Verkündung soll am Tag der mündlichen Verhandlung erfolgen. In der Praxis werden häufig mehrere mündliche Verhandlungen an einem Tag in einer Sitzung anberaumt. Der gesetzlichen Regelung wird genügt, wenn am Schluss einer jeden mündlichen Verhandlung beschlossen und verkündet wird, dass eine Entscheidung am Schluss der Sitzung ergeht. Eine Verkündung sämtlicher Urteile am Ende der Sitzung ist damit ebenso von § 104 Abs. 1 FGO gedeckt wie die Urteilsverkündung nach Schluss einer jeden mündlichen Verhandlung. Das Gericht kann auch beschließen, einen gesonderten Termin zur Verkündung anzuberaumen, der spätestens zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung liegen soll ("Termin zur Verkündung einer Entscheidung …"), wenn es nicht überhaupt die Zustellung nach § 104 Abs. 2 FGO vorzieht. Soweit vertreten wird, dass sich die Zwei-Wochen-Frist im Revisionsverfahren wegen der größeren Richterbank ohne Weiteres auf vier Wochen verlängert, ist dies nicht recht nachvollziehbar. Zwar handelt es sich bei § 104 Abs. 1 S. 1 FGO um eine "Soll-Bestimmung". Dies rechtfertigt es m. E. jedoch nicht, eine grundsätzliche Ausnahme hiervon für Revisionsverfahren anzunehmen. Allenfalls wäre eine Abweichung von dem gesetzlich geregelten Grundfall in Ausnahmefällen möglich.
Rz. 5
Wird am Schluss der mündlichen Verhandlung verkündet, liest der Vorsitzende – nach (nochmaligem) Aufruf der Sache – im Beisein der an der Entscheidung beteiligten Richter den Tenor der Entscheidung vor. Wird ein besonderer Verkündungstermin angesetzt (s. Rz. 4), kann der Vorsitzende allein oder im Beisein der dann nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter verkünden. Die Richter, die das Urteil fällen, und diejenigen, die es (in einem gesonderten Termin) verkünden, müssen nicht identisch sein. Die Verkündung ist öffentlich. Die Anwesenheit der Beteiligten ist für die Wirksamkeit der Verkündung nicht erforderlich. Erscheint von den Beteiligten niemand zur Verkündung – was die Regel ist –, kann durch Bezugnahme auf den Tenor verkündet werden. Auch das verkündete Urteil ist den Beteiligten zuzustellen. Die nachträgliche fehlerfreie Zustellung heilt eine mangelhafte Verkündung.