Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlust der Gemeinnützigkeit bei dauerhaften geringen Verlusten des Vereins aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb
Leitsatz (redaktionell)
1. Vereine, die dauerhaft geringe Verluste aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben mit Mitteln aus dem ideellen Bereich ausgleichen, verlieren ihre Gemeinnützigkeit auch dann, wenn es sich nicht um planmäßige Subventionen der wirtschaftlichen Tätigkeit handelt (hier: Aberkennung der Gemeinnützigkeit eines Sportvereins, bei dem sich der Aufbau und Betrieb eines eigenen Vereinslokals aufgrund einer Fehlkalkulation als dauerhaft verlustträchtig herausgestellt haben).
2. Ein Ausgleich von Verlusten eines Nicht-Zweckbetriebes mit Mitteln des ideellen Tätigkeitsbereichs stellt nach der BFH-Rechtsprechung nur dann keinen Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot dar, wenn die Verluste auf einer Fehlkalkulation beruhen und die Körperschaft bis zum Ende des dem Verlustentstehungsjahr folgenden Wirtschaftsjahrs dem ideellen Tätigkeitsbereich wieder Mittel in entsprechender Höhe zuführt. Die wieder zugeführten Mittel dürfen weder aus Zweckbetrieben oder dem Bereich der steuerbegünstigten vermögensverwaltenden Tätigkeiten noch aus Beiträgen oder anderen Zuwendungen stammen, die zur Förderung der steuerbegünstigten Zwecke der Körperschaft bestimmt sind.
Normenkette
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9; AO § 52 Abs. 2 Nr. 2, § 55 Abs. 1 Nr. 1 S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger noch gemeinnützig ist.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein und gemäß seiner Gründungssatzung von 1994 als gemeinnützig anerkannt worden. Er hatte im Streitzeitraum um die 40 bis 50 Mitglieder. Sein satzungsmäßiger Zweck ist die Förderung des Sports, die Pflege und Wahrung von Sitten, Brauchtum und Tradition des Schützentums und die Liebe zur Heimat. Im Jahre 1996 beschloss er, ein Vereinslokal aufzubauen, in dem auch gelegentliche Tanzveranstaltungen stattfinden können. Zum 1. November 1997 meldete der Kläger als Gewerbe den Betrieb eines Vereinslokals mit gelegentlichen Tanzveranstaltungen an (Bl. 13 KSt-Akte). Er verfügt auch über eine Gestattung gemäß § 12 des Gaststättengesetzes zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft (Bl. 5 KSt-Akte). Mit Schreiben vom 3. November 1997 (Bl. 11 KSt-Akte) wies der Beklagte auf verschiedene steuerliche Besonderheiten hin, insbesondere darauf, dass Erträge ausschließlich für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden dürfen. Erfolge keine entsprechende Mittelverwendung, könne dies zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit führen. In einer Anlage zum Freistellungsbescheid für das Jahr 1998 vom 14.08.2000 (Bl. 71 KSt-Akte) wies der Beklagte darauf hin, es sei nicht zulässig, Mittel des ideellen Bereichs (insbesondere Mitgliedsbeiträge, Spenden, Zuschüsse, Rücklagen) zum Ausgleich von Verlusten des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zu verwenden. Der Kläger erklärte folgende wirtschaftliche Ergebnisse:
Jahr |
wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb |
Zweckbetrieb |
Vermögensverwaltung |
|
|
|
|
|
|
|
|
1996 |
0,00 DM |
855,00 DM |
0,00 DM |
1997 |
- 2.649,34 DM |
- 8.932,62 DM |
0,00 DM |
1998 |
- 23.933,00 DM |
keine Angaben |
keine Angaben |
1999 |
- 4.340,85 DM |
4.145,24 DM |
62,27 DM |
2000 |
108,33 DM |
1.078,67 DM |
290,00 DM |
2001 |
- 2.467,20 DM |
62,15 DM |
0,00 DM |
Der Beklagte war der Ansicht, dass der Kläger die Verluste aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb mit Mitteln des gemeinnützigen Vereins ausgleiche und dies gegen § 55 der Abgabenordnung (AO) verstoße. Daher erließ er am 15. Januar 2003 zunächst Körperschaftsteuerbescheide, in denen ein Einkommen von 0 DM festgestellt wurde und er hob die Anerkennung der Gemeinnützigkeit auf. Mit Einspruchsentscheidung vom 11.07.2005 (Bl. 3 KSt-Akte) änderte er die Körperschaftsteuerbescheide und die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer für die
Jahre 1999 bis 2001. Diese sind der Höhe nach nicht streitig. Der Kläger meint jedoch, die mit dem Erlass der Körperschaftsteuerbescheide ausgesprochene Aberkennung der Gemeinnützigkeit sei rechtswidrig.
Der Kläger trägt vor, er habe kein hinreichendes rechtliches Gehör gefunden, insbesondere sei eine vor Erlass der Einspruchsentscheidung gewünschte Erörterung unterblieben. Da die Besteuerungsgrenze des § 64 Abs. 3 AO von 60.000 DM in der im Streitjahr geltenden Fassung unterschritten sei, werde die Feststellung eines Gewinns oder Verlustes überflüssig. Es sei auch kein Verlust festzustellen. Schon deswegen lägen die Voraussetzungen für die Aberkennung der Gemeinnützigkeit nicht vor. Es liege kein Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO vor. Es habe eine positive betriebswirtschaftliche Prognose für die Gaststätte gegeben. Die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich leide...