Gründe
Die Spendenbescheinigungen waren unzutreffend. Richtig ist zwar, daß diese in sich vollständig und durchaus geeignet waren, als absetzbare Sonderausgaben steuerlich berücksichtigt zu werden. Spendenbescheinigungen haben aber nicht konstitutive Wirkung, sondern dienen lediglich der Beweiserleichterung (BFH, BStBl 1976 II, 338 [340]; Volk, wistra 1983, 220). Der Steuerpflichtige kann sich nur dann auf den Inhalt der Spendenbescheinigung und eine darin eventuell enthaltene Erklärung des Spendenempfängers über zweckgerichtete und satzungsgemäße Verwendung der Gelder berufen, wenn er keine Anhaltspunkte dafür hat, daß diese Erklärung nicht zutreffend ist. Wie stark diese Verdachtsmomente sein müssen, um neben der Einreichung der Spendenerklärung gem. §§ 33, 149, 150 AO Näheres erklären zu müssen, bedarf hier keiner Erörterung. Der Angekl. hat gewußt, daß die unmittelbaren Spendenempfänger Sammelorganisationen der A-Partei waren und die Gelder von diesen Vereinen an die A-Partei direkt oder auf weiteren Umwegen weitergeleitet wurden. Er durfte es daher nicht bei dem Erklärungsinhalt der Spendenbescheinigungen belassen, wonach die Gelder gemeinnützigen oder staatspolitischen Zwecken zugute gekommen wären, sondern war aufgrund seines Wissens verpflichtet, die Bestimmung der Spenden für eine politische Partei ausdrücklich darzustellen. ...
(c) Der Angekl. kann sich nicht darauf berufen, die Finanzbehörden hätten um den Charakter der Vereinigungen als Sammelorganisationen der A-Partei gewußt oder dies wissen müssen. Zwar geht das Gericht ebenso wie die Verteidigung davon aus, daß die für die Vereinigung zuständigen Veranlagungs-Finanzämter ihrer Kontrollfunktion offensichtlich nicht hinreichend nachgekommen sind. ... Nach Auffassung des Gerichts kommt es auf ein solches Wissen der Finanzverwaltung, selbst wenn es gegeben wäre, nicht an.
Weiß ein Steuerpflichtiger um den Charakter der Sammelorganisation, will er selbst sogar die Gelder auf diesem Umweg der Partei direkt zukommen lassen, so trifft hier in erster Linie die Erklärungspflicht den Steuerpflichtigen. Da, wo umfassende Kenntnisse der Tatsachen gegeben sind, kann es gegen diese Kenntnisse keinen Vertrauensschutz geben; dies auch dann nicht, wenn eine jahrelange Übung unbeanstandet bleibt. ...
Der Angekl. handelte auch vorsätzlich. Er wollte durch Vorlage unzutreffender Spendenquittungen Steuervorteile für sich und die Mitgesellschafter erzielen. Der Vorsatz des Angekl. ist nicht etwa durch einen Tatbestands- oder Verbotsirrtum ausgeschlossen. Das Gericht ist aufgrund der Hauptverhandlung davon überzeugt, daß der Angekl. zur Tatzeit wußte, daß Spenden an politische Parteien steuerlich nur im Rahmen des § 10 b Abs. 2 EStG 1967 abzugsfähig waren. Er wußte aufgrund seiner Gespräche und des geführten Schriftwechsels auch, daß die Vereinigungen den Zweck hatten, Spenden für politische Parteien entgegenzunehmen und an die Parteien weiterzuleiten, und diese Vereinigungen hier nur zu diesem Zweck zwischengeschaltet waren. Unter diesen Umständen bleibt kein Raum für einen strafrechtlich relevanten Irrtum, denn die Erzielung der Steuervergünstigungen war bei dem eingeschlagenen Zahlungsweg nicht nur ein willkommener, sondern auch ein erwünschter Nebeneffekt.
(d) Der Angekl. ist gem. § 370 AO i. V. m. § 10 b Abs. 2 EStG zu bestrafen, denn die Blankettnorm des § 370 AO stellt zusammen mit der genannten Steuernorm ein Zeitgesetz i. S. des § 2 Abs. 4 StGB dar. § 2 Abs. 3 StGB kommt .. nicht zur Anwendung. Kennzeichnend für ein Zeitgesetz ist, wenn seine Geltungsdauer nicht kalendermäßig begrenzt oder nicht durch ein bestimmtes künftiges Ereignis festgelegt ist, daß das Gesetz erkennbar nur als vorübergehende Regelung für wechselnde Zeitverhältnisse gedacht ist (vgl. Dreher-Tröndle, StGB, 41. Aufl. [1983], § 2 Anm. 13 m. w. Nachw.), daß sich die Regelungen ›auf sich ändernde wirtschaftliche oder sonstige zeitbedingte Verhältnisse beziehen‹ (amtl. Begr. zum EGStGB, BT-Dr. 7/550, S. 206, zit. nach Kohlmann, SteuerstrafR). ...
Stehen jedoch § 370 AO i. V. mit § 10 b Abs. 2 EStG als Zeitgesetz fest, kommt es auf die neuerliche Gesetzesänderung im Jahre 1983 nicht mehr an. ...‹
Im Ergebnis ebenso AG Bochum, Urteil Ä 29 Cs 42 Js 542/82 AK 405/84 Ä v. 13. 2. 1984, in NJW 1985 Heft 33 S. 1968 [auszugsweise abgedruckt vorst. zu a] sowie AG Düsseldorf, Urteil Ä 105 Cs 42 Js 660/82 Ä v. 20. 9. 84. in NJW 1985 Heft 33 S. 1971; abl. Urteilsbesprechung von Prof. Dr. Dr. Klaus Ulsenheimer, München, Aufsatz in NJW 1985 Heft 33 S. 1929.
Fundstellen
Haufe-Index 2994257 |
DB 1985, 369 |
NJW 1985, 1037 |
DRsp III(380)217b-d |