Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
301 Für ausländische Versicherungsunternehmen, die im Inland das Versicherungsgeschäft betreiben, gelten folgende versicherungsaufsichtsrechtlichen Regelungen:
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Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem EU- bzw. EWR-Mitgliedstaat können im Inland das Versicherungsgeschäft im Dienstleistungsverkehr oder durch eine Niederlassung ausüben (§ 61 Absatz 1 VAG [§ 110a Absatz 1 VAG a.F.] bzw. für Rückversicherungsunternehmen § 169 Absatz 1 VAG [§ 121h Absatz 1 VAG a.F.]); |
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Erstversicherungsunternehmen mit Sitz in einem Drittstaat können das Versicherungsgeschäft nur durch eine Niederlassung ausüben (§ 67 Absatz 1 Satz 1 i.V.m. § 68 Absatz 1 Satz 1 VAG [§ 106 Absatz 2 VAG a.F.]); |
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Rückversicherungsunternehmen mit Sitz in einem Drittstaat dürfen das Versicherungsgeschäft im Inland durch eine Niederlassung (§ 67 Absatz 1 Satz 1 i.V.m. § 68 Absatz 1 Satz 1 VAG) oder unter bestimmten Voraussetzungen auch von ihrem Sitz aus betreiben (§ 67 Absatz 1 Satz 2 VAG [§ 121i Absatz 1 Satz 3 VAG a.F.]). |
302 Begründet ein ausländisches Versicherungsunternehmen im Inland nach versicherungsaufsichtsrechtlichen Regelungen eine Niederlassung, gilt die widerlegbare Vermutung des § 24 Absatz 5 Satz 1 BsGaV, dass die unternehmerische Risikoübernahmefunktion hinsichtlich derjenigen Versicherungsverträge, die durch die Niederlassung abgeschlossen werden, in der Versicherungsbetriebsstätte ausgeübt wird (s. auch OECD-Betriebsstättenbericht, Teil IV Tz. 96).
303 Die widerlegbare Vermutung des § 24 Absatz 5 Satz 1 BsGaV gilt nicht, wenn ein Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem EU- bzw. EWR-Mitgliedstaat das Versicherungsgeschäft im Inland im Dienstleistungsverkehr ausübt. Begründet das ausländische Unternehmen in diesen Fällen eine inländische Versicherungsbetriebsstätte, gelten die Zuordnungsregelungen des § 24 Absatz 1 bis 4 BsGaV (s. Rn. 283 bis 300).
Fall – Dienstleistungsverkehr:
Das in der EU ansässige Versicherungsunternehmen X (X) betreibt im Inland das Versicherungsgeschäft im Versicherungszweig Feuer im Dienstleistungsverkehr gem. § 61 Absatz 3 VAG (§ 110a Absatz 2a VAG a.F.). Eine Niederlassung nach § 61 Absatz 1 i.V.m. § 68 Absatz 2 VAG (§ 110a Absatz 1 i.V.m. § 106 Absatz 2 VAG a.F.) besteht nicht.
Lösung:
Die widerlegbare Vermutung des § 24 Absatz 5 Satz 1 BsGaV ist nicht anzuwenden.
Fallvariante – Dienstleistungsverkehr:
Das in der EU ansässige Versicherungsunternehmen X (X) betreibt im Inland das Versicherungsgeschäft im Versicherungszweig Feuer im Dienstleistungsverkehr gem. § 61 Absatz 3 VAG (§ 110a Absatz 2a VAG a.F.). Außerdem hat X im Inland eine Niederlassung A (A) nach § 61 Absatz 1 i.V.m. § 68 Absatz 2 VAG (§ 110a Absatz 1 i.V.m. § 106 Absatz 2 VAG a.F.) errichtet und einen Hauptbevollmächtigten ernannt. A betreibt das Versicherungsgeschäft in den Versicherungszweigen Allgemeine Unfall und Kraftfahrt.
Lösung:
Die widerlegbare Vermutung des § 24 Absatz 5 Satz 1 BsGaV ist für A anzuwenden, soweit das Versicherungsgeschäft in den Versicherungszweigen Allgemeine Unfall und Kraftfahrt betroffen ist. Die im Dienstleistungsverkehr durch X abgeschlossenen Versicherungsverträge im Versicherungszweig Feuer sind der Niederlassung nicht zuzurechnen, da diese nicht als vom Hauptbevollmächtigten abgeschlossen gelten.
304 Zur Unterscheidung zwischen der Ausübung des Versicherungsgeschäfts im Dienstleistungsverkehr oder durch eine Niederlassung wird auf die Mitteilung der Kommission 2000/C 43/03 vom 16. Februar 2000 zu Abgrenzungsfragen zwischen Dienstleistungsfreiheit und Niederlassungsrecht in den Versicherungsrichtlinien hingewiesen.
305 Die Vermutung des § 24 Absatz 5 Satz 1 BsGaV (s. Rn. 302) kann widerlegt werden, wenn das ausländische Versicherungsunternehmen nachweist, dass die unternehmerische Risikoübernahmefunktion für den unter Beteiligung der inländischen Versicherungsbetriebsstätte erfolgten Abschluss eines Versicherungsvertrags tatsächlich nicht in der inländischen Versicherungsbetriebsstätte ausgeübt wird. Vor dem Hintergrund, dass die Ausübung des Versicherungsgeschäfts mittels einer Niederlassung das Vorhandensein eines Mittelpunkts der geschäftlichen Tätigkeit erfordert, bedeutet dies, dass das ausländische Versicherungsunternehmen nachweist, welche Personalfunktionen des Zeichnungsprozesses mit Bezug zum Versicherungsvertrag einerseits in der inländischen Versicherungsbetriebsstätte (Niederlassung) und welche andererseits im übrigen Versicherungsunternehmen ausgeübt werden.
306 Weiterhin hat das ausländische Versicherungsunternehmen nachzuweisen,
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dass den in der Versicherungsbetriebsstätte ausgeübten Personalfunktionen des Zeichnungsprozesses – entsprechend § 24 Absatz 3 BsGaV – nicht die größte Bedeutung für den Abschluss des Versicherungsvertrags zukommt (s. Rn. 294), |
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dass die Ausgliederung einer Personalfunktion des Zeichnungsprozesses aus der Versicherungsbetriebsstätte ohne Beteiligung des Hauptbevollmächtigten aufgrund einer aktiven unternehmerischen Entscheidung, die im übrigen Unternehmen ausgeübt und ... |