Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
80 Überwiegt die Bedeutung einer anderen, im übrigen Unternehmen ausgeübten Personalfunktion für ein materielles Wirtschaftsgut eindeutig gegenüber der Nutzung (Personalfunktionenkonkurrenz, s. Rn. 43), so ist die betreffende andere Personalfunktion nach § 5 Absatz 2 Satz 1 BsGaV entgegen der Vermutungsregelung des § 5 Absatz 1 BsGaV für die Zuordnung des materiellen Wirtschaftsguts maßgeblich. Andere Personalfunktionen, die die Bedeutung der Nutzung im Einzelfall überwiegen können, sind insbesondere solche, die in Zusammenhang mit der Anschaffung, Herstellung, Verwaltung oder Veräußerung des materiellen Wirtschaftsguts stehen. Die Verwaltung allein wird im Regelfall kaum die Zuordnung eines materiellen Wirtschaftsguts (wie auch anderer Zuordnungsgegenstände) rechtfertigen.
Fall – Lohnfertiger:
Ein Produktionsunternehmen X (X) in Staat A hat eine Produktionsbetriebsstätte B (B) in Staat B, die ausschließlich Erzeugnisse für X fertigt. In der Geschäftsleitungsbetriebsstätte in Staat A wird darüber entschieden, welche Maschinen für B angeschafft werden, wie und wann sie von wem gewartet werden, wie sie weiterverwertet oder ob sie verschrottet werden. Das Personal des übrigen Unternehmens gibt auch vor, welches Material von B verwendet wird. Sämtliche von B hergestellten Produkte werden von Personal des übrigen Unternehmens weiterverwertet bzw. vermarktet.
Lösung:
Die von B ausgeübten Personalfunktionen (Nutzung) sind für die Zuordnung der verwendeten Maschinen, des Produktionsmaterials und der hergestellten Produkte nicht maßgeblich, da von B keine Entscheidungen im Hinblick auf diese Zuordnungsgegenstände getroffen werden. Die Bedeutung der Nutzung tritt entgegen der Vermutungsregelung des § 5 Absatz 1 BsGaV nach qualitativen Gesichtspunkten (s. Rn. 43) eindeutig hinter die Bedeutung der Personalfunktionen, die im übrigen Unternehmen ausgeübt werden, zurück. Die Maschinen sind gem. § 5 Absatz 2 BsGaV dem übrigen Unternehmen zuzuordnen. Ungeachtet dessen sind die tatsächlich von B ausgeübten Funktionen (fiktiver Lohnfertiger) angemessen zu vergüten (im Regelfall nach der Kostenaufschlagsmethode oder nach einer kostenorientierten transaktionsbezogenen Nettomargen-Methode).
81 Ein materielles Wirtschaftsgut kann einer Betriebsstätte auch aufgrund einer anderen Personalfunktion i.S.d. § 5 Absatz 2 BsGaV zuzuordnen sein, ohne dass die Nutzung eine Rolle spielt. Es kann darüber hinaus auch aufgrund anderer Personalfunktionen, die in verschiedenen Betriebsstätten ausgeübt werden, zu einer Zuordnungsänderung kommen.
Fall – Zuordnung aufgrund anderer Personalfunktionen:
Das inländische Unternehmen X (X) hat in Staat P eine Produktionsbetriebsstätte P (P), in der Waren zum Verkauf für eine Vertriebsbetriebsstätte V (V) in Staat V gefertigt und dorthin geliefert werden.
Lösung:
Die Waren sind nach § 5 Absatz 2 BsGaV wegen der Herstellung P zuzuordnen. Werden die Waren an V geliefert, liegt eine fiktive Veräußerung von P an das übrige Unternehmen vor (§ 16 Absatz 1 Nummer 1 BsGaV), denn P übt im Regelfall nach der Lieferung keine Personalfunktionen hinsichtlich der Waren mehr aus (s. Rn. 47). Nach der Lieferung an V übt nur noch V eine Personalfunktion i.S.d. § 5 Absatz 2 BsGaV aus: Vermarktung der Waren. Deshalb sind V die Waren nach der Lieferung zuzuordnen, sie gelten als vom übrigen Unternehmen an V fiktiv veräußert. Dafür ist ein Verrechnungspreis anzusetzen, der dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht (§ 16 Absatz 2 BsGaV).
82 Unbewegliches Vermögen, in dem die Geschäftstätigkeit der Betriebsstätte ausgeübt wird, ist nach § 5 Absatz 2 Satz 3 BsGaV immer dieser Betriebsstätte zuzuordnen, da das Besteuerungsrecht für unbewegliches Vermögen dem Staat zusteht, in dem die Betriebsstätte liegt (s. auch Artikel 6 OECD-MA).
Fall – Grundvermögen der Betriebsstätte:
Das inländische Unternehmen X hat eine Betriebsstätte A (A) in Staat A, die in eigenen Räumlichkeiten Produkte des Unternehmens X vertreibt.
Lösung:
Die zum Vertrieb genutzten eigenen Räumlichkeiten in Staat A sind nach § 5 Absatz 2 Satz 3 BsGaV der A zuzuordnen.