BMF, Schreiben v. 22.5.2008, IV B 8 - S 7100/07/10007, BStBl I 2008, 632
Bezug: BMF-Schreiben vom 20.2.2006, IV A 5 – S 7100/07/0010
Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Ausgleichszahlungen im Zusammenhang mit der Beendigung von Leasingverträgen Folgendes:
Für die umsatzsteuerliche Beurteilung kommt es auf die zivilrechtliche Einordnung als Primär- oder Sekundäranspruch nicht entscheidend an. Ihr kann allenfalls indizielle Wirkung bei der Frage nach dem Vorliegen eines umsatzsteuerlichen Leistungsaustauschverhältnisses oder eines echten Schadensersatzes beigemessen werden.
Entscheidend ist, ob der Zahlung für den jeweiligen „Schadensfall” eine mit ihr eng verknüpfte Leistung gegenübersteht. Für die Annahme eines Leistungsaustauschs müssen Leistung und Gegenleistung in einem wechselseitigen Zusammenhang stehen.
Es kann aufgrund vertraglich vereinbarter Kündigungsrechte (z.B. im Falle eines Totalschadens, des Zahlungsverzuges oder der Insolvenz des Leasingnehmers) zu einer vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages kommen. In diesen Fällen sehen die Leasingverträge einen Ersatz für künftige Leasingraten und einen möglichen Minderwertausgleich für Beschädigungen oder für einen über den vertraglich vereinbarten Gebrauch des Leasinggegenstandes hinausgehenden Gebrauch vor.
1. Ausgleich für künftige Leasingraten
Soweit Zahlungen für künftige Leasingraten geleistet werden, handelt es sich um einen echten Schadensersatz. Durch die Kündigung ist die vertragliche Hauptleistungspflicht des Leasinggebers – Nutzungsüberlassung des Leasinggegenstands – beendet und deren Erbringung tatsächlich nicht mehr möglich. Eine Zahlung, die der Leasingnehmer für den Ausfall künftiger Leasingraten zu erbringen hat, steht daher nicht mehr im Austauschverhältnis mit einer Leistung des Leasinggebers.
2. Minderwertausgleich
Soweit Zahlungen zum Ausgleich eines Minderwerts geleistet werden, handelt es sich hingegen um Entgelt für eine bereits erfolgte Leistung in Form der Gebrauchsüberlassung und Duldung der Nutzung über den vertragsgemäßen Gebrauch hinaus. Im Rahmen der für einen auf volle Amortisation abzielenden Leasingvertrag typischen Mischkalkulation stellt der Minderwertausgleich eine leasingtypische vertragliche Gegenleistung für die Überlassung des Leasinggegenstands durch den Leasinggeber dar. Dementsprechend hat der Leasingnehmer – anders als der Mieter – auch für diejenigen Veränderungen und Verschlechterungen einzutreten, die auf Zufall und höherer Gewalt beruhen. Der für den Leasingnehmer verbrauchbare Vorteil liegt in der „übervertraglichen” substanzbeeinträchtigenden Nutzung. Der erforderliche Leistungswille des Leasinggebers ergibt sich insofern aus der vertraglichen Wertminderungsklausel. In dieser ist die konkludente Zustimmung zu dem entsprechenden „übervertraglichen Gebrauch” zu sehen.
Auch im Falle des planmäßigen Verlaufs eines Leasingvertrags gilt, dass der Minderwertausgleich eine leasingtypische vertragliche Gegenleistung für die Überlassung des Leasinggegenstands durch den Leasinggeber darstellt, der durch die vereinbarte Wertminderungsklausel seine dahingehende Leistungs- bzw. Duldungsbereitschaft manifestiert hat. Gleiches gilt für Zahlungen zum Ausgleich für die Überschreitung von Kilometervereinbarungen. Es handelt sich jeweils um Entgelte für bereits geleistete Vertragsverpflichtungen seitens des Leasinggebers.
Denn es kann nach den oben genannten Grundsätzen bei der umsatzsteuerlichen Beurteilung von Minderwertausgleichszahlungen keinen Unterschied machen, ob der Leasinggeber den Vertragsgegenstand vorzeitig in nicht vertragsgemäßen Zustand zurück gibt oder erst am Ende einer regulär beendeten Vertragsbeziehung. Grundsätzlich gilt, dass die Zahlung eines Minderwertausgleichs nicht als echter Schadensersatz im Sinne des Abschnitts 3 Absatz 1 Sätze 1 – 3 UStR 2008 zu beurteilen ist, wenn der wertgeminderte Gegenstand zum Gebrauch im Rahmen eines Leasingvertrags überlassen wurde. Auf die Art des Leasingvertrags und des überlassenen Leasinggegenstands sowie die Ursache für die Wertminderung kommt es dabei nicht an.
Die hier aufgestellten Grundsätze finden keine Anwendung auf Fälle des Finanzierungsleasings, bei denen gem. Abschnitt 25 Abs. 4 Sätze 1 und 2 UStR 2008 eine Lieferung an den Leasingnehmer vorliegt.
Dieses Schreiben tritt an die Stelle des BMF-Schreibens vom 20.2.2006, IV A 5 – S 7100 – 23/06.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Besprechung zu dieser Verwaltungsanweisung
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1
UStG § 3 Abs. 1
Fundstellen
BStBl I, 2008, 632