Zusammenfassung
Die Einkommensteuer belastet aus verfassungsrechtlichen Gründen grundsätzlich allein das frei verfügbare Einkommen. Einnahmen in Höhe des sog. Existenzminimums sind deshalb von der Besteuerung ausgenommen. Bei mehr oder weniger klar abgegrenzten privaten Aufwendungen sieht das Gesetz unter diesem Gesichtspunkt den Abzug als außergewöhnliche Belastungen vor. Dabei sind 2 Gruppen zu unterscheiden:
- Außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art grenzt das Gesetz (§ 33 EStG) nach den zu erfüllenden Voraussetzungen ab (insbesondere Zwangsläufigkeit und Außergewöhnlichkeit). Hier sieht das Gesetz eine Kürzung um die sog. zumutbare Belastung vor.
- An anderer Stelle (§§ 33a, 33b EStG) regelt das Gesetz die Voraussetzungen und die Höchst- oder Pauschbeträge für einzelne, herausgegriffene Gruppen von Aufwendungen, z. B. Unterhaltsleistungen und bestimmte Pflegekosten. Da die Höhe des zulässigen Abzugs für jede Gruppe von Aufwendungen einzeln begrenzt ist, verzichtet das Gesetz hier auf den Abzug einer zumutbaren Belastung.
Hinzugekommen sind im Laufe der Zeit Regelungen, die den Abzug bestimmter Aufwendungen von genauen Nachweisen abhängig machen (Krankheitskosten, § 64 EStDV) bzw. durch strenge Anforderungen einzuschränken suchen (Prozesskosten, § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG).
Seit vielen Jahren sind Aufwendungen für Diätverpflegung vom Abzug ausgeschlossen (§ 33 Abs. 2 Satz 3 EStG). In Sonderfällen, wenn die Präparate als Arzneimittel i. S. d. § 2 Arzneimittelgesetz anerkannt sind und ärztlich verordnet wurden, sind entsprechende Aufwendungen als Krankheitskosten zum Abzug zuzulassen (z. B. bei einer Stoffwechselstörung, BFH, Urteil v. 14.4.2015, VI R 89/13, BStBl 2016 II S. 703).
Die abschließenden gesetzlichen Regelungen finden sich in §§ 33, 33a und 33b EStG sowie in §§ 64, 65 EStDV. Eine wertvolle Hilfestellung bieten die ausführlichen Verwaltungsanweisungen (R 33.1 bis R 33b EStR), die zugleich auf die umfangreiche Rechtsprechung des BFH hinweisen.
1 Allgemeine Grundsätze
1.1 Ist ein Abzug an anderer Stelle möglich?
Da nur private Lebenshaltungskosten als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden sollen, schließt das Gesetz die Aufwendungen aus, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten und Sonderausgaben gehören. Soweit diese Aufwendungen sich dort steuermindernd auswirken, steht einer Zuordnung zu den außergewöhnlichen Belastungen bereits der Gesichtspunkt der unzulässigen Doppelbegünstigung entgegen.
Ausgeschlossen bleiben derartige Aufwendungen selbst dann, wenn sie sich wegen eines Abzugsverbots oder wegen geltender Höchstbeträge nicht oder nur teilweise als Betriebsausgaben, Werbungskosten und Sonderausgaben auswirken können. Ausnahmen sieht das Gesetz lediglich bei den Kosten einer eigenen Berufsausbildung und bei Kosten von Privatschulen für ein Kind vor.
1.2 Beschränkt Steuerpflichtige
Im Rahmen der Veranlagung als beschränkt Steuerpflichtiger versagt das Gesetz den Abzug von außergewöhnlichen Belastungen. Die Rechtfertigung liegt im Regelfall darin, dass es bei beschränkt Steuerpflichtigen Aufgabe des auswärtigen Wohnsitzstaates ist, derartige Belastungen bei der Besteuerung abzugelten. Dieser Gedanke ist möglichweise nicht mehr anwendbar, wenn der Steuerpflichtige zwar überwiegend inländische Einkünfte bezieht, seine ausländischen Einkünfte jedoch nur knapp über dem deutschen Grundfreibetrag liegen. Dann kann er sich zwar nicht als unbeschränkt steuerpflichtig behandeln lassen. Die bescheidenen ausländischen Einkünfte geben dem ausländischen Wohnsitzstaat aber keinen Spielraum, hohe außergewöhnliche Belastungen durch eine Steuerermäßigung abzugelten. Ob die deutsche gesetzliche Regelung in derartigen Fällen als Verstoß gegen EU-Recht beanstandet werden würde, lässt sich nicht zuverlässig abschätzen.
1.3 Veranlagungszeitraum des Abzugs
Außergewöhnliche Belastungen sind grundsätzlich in dem Jahr steuerlich zu berücksichtigen, in dem die Aufwendungen geleistet worden sind (Abflussprinzip). In dem Regelfall der Überweisung ist – bei ausreichender Kontendeckung – der Zeitpunkt der Erteilung des Überweisungsauftrags (Eingang bei der Bank) maßgeblich. In Sonderfällen kann der Steuerpflichtige die steuerlichen Auswirkungen der Aufwendungen erhöhen, insbesondere wegen der zumutbaren Belastung, wenn er die Zahlung in ein anderes Jahr vor- oder zurückschiebt.
Die Sonderregelung für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben kommt bei außergewöhnlichen Belastungen eher selten zur Anwendung, z. B.bei regelmäßig fällig werdenden Unterhaltsleistungen (Abzug in dem Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit).
Verteilung auf mehrere Jahre oder Verschiebung in ein anderes Jahr
Können sich hohe außergewöhnliche Belastungen im Jahr der Zahlung nur zu einem kleinen Teil steuerlich auswirken, kam nach einer Entscheidung des FG des Saarlandes aus Billigkeitsgründen eine Verteilung auf bis zu 5 Jahre in ...