Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträgliche Anerkennung einer Schulungs- und Bildungsveranstaltung
Leitsatz (redaktionell)
1. Über einen rechtzeitig gestellten Antrag auf Anerkennung einer Schulungs- und Bildungsveranstaltung nach § 37 Abs 7 BetrVG kann die zuständige oberste Arbeitsbehörde eines Landes auch nach Veranstaltungsbeginn entscheiden.
2. Eine Schulungs- und Bildungsveranstaltung, die sich mit Fragen des betrieblichen Umweltschutzes befaßt, kann iS des § 37 Abs 7 BetrVG geeignet sein.
Normenkette
BetrVG §§ 88, 106; VwGO § 42 Abs. 1; BetrVG § 37 Abs. 7, § 87 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG München (Entscheidung vom 20.07.1994; Aktenzeichen 7 TaBV 36/93) |
ArbG München (Entscheidung vom 25.02.1993; Aktenzeichen 7 BV 315/92) |
Gründe
A. Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Anerkennung einer Schulungs- und Bildungsveranstaltung nach § 37 Abs. 7 BetrVG streitig.
Mit Schreiben vom 7. Mai 1992 beantragte die Evangelische Akademie Tutzing bei dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit, Familie und Sozialordnung (nunmehr: Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit - Staatsministerium -) die Anerkennung einer vom 6. bis 8. Juli 1992 stattfindenden Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 7 BetrVG mit dem Thema: "... zum Wohle des Betriebes - Ökobilanzen als Instrument betrieblicher Umweltpolitik". Zur Begründung führte der Veranstalter an, die Tagung habe ausschließlich Fragen des betrieblichen Umweltschutzes zum Inhalt. Die gestiegene Zahl der von den Betrieben zu beachtenden umweltrechtlichen Normen beeinflusse auch die Arbeit des Betriebsrats über die Fragen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes hinaus. Von den Betriebsräten werde in zunehmendem Maße eine Zusammenarbeit mit betrieblichen Umweltbeauftragten verlangt. Ökobilanzen und Produktlinienanalysen seien von ihnen sachkundig zu beurteilen.
Nach Durchführung des Anhörungsverfahrens hat das zuständige Bayerische Staatsministerium dem Antrag durch Bescheid vom 7. August 1992 nachträglich entsprochen. Bestandteil der Anerkennung ist nachfolgender Themenplan:
Montag, 6. Juli 1992
14.00 Uhr Beginn der Tagung mit Stehkaffee/-tee
14.30 Uhr Jede(r) ist für Umweltschutz] - Ist je-
de(r) für Umweltschutz?
Begrüßung und Einführung in die Thema-
tik Umwelt und betriebliche Interessen-
vertretung
14.45 Uhr "Jetzt kommen die noch mit der Umwelt,
wo wir sowieso schon kaum nachkommen]"
Umweltvorsorge - Erfahrungsberichte aus
der betrieblichen Praxis
16.45 Uhr Ökologische Kompetenz gewinnen
Ökobilanz, Ökocontrolling,
Produktlinienanalyse, Umwelt-Auditing
... - Was ist das?
Grundinformationen für eine
zukunftsgerichtete betriebliche
Interessenvertretung
19.30 Uhr Diskussion im Plenum
Dienstag, 7. Juli 1992
8.00 Uhr Morgenandacht in der Schloßkapelle
9.00 Uhr "Früher waren das für uns grüne Spin-
ner"
Warum und wie engagieren sich die
Gewerkschaften heute für Umweltfragen?
Hierzu hat der Veranstalter auf
Anfrage des Staatsministeriums
erläuternd mitgeteilt, es handele
sich um
- "Rahmenempfehlung für einen
ökologischen Tarifvertrag - welche
Aufgaben stellen sich damit den
Betriebsräten"
- "Betriebsvereinbarungen zum
Umweltschutz in Betrieben der
chemischen Industrie - Aufgaben für
die Betriebsräte"
11.00 Uhr Umweltschutz ist (ausschließlich?)
Chefsache
Gemeinsame und unterschiedliche
Interessen
Diskussion
15.00 Uhr Umwelt und betriebliche Interessenver-
tretung
Arbeitsgruppen zu den Themenfeldern:
(1) Arbeitssicherheit,
Gesundheitsschutz, Umgang mit
gefährlichen Stoffen, Vermeidung von
Un- und Störfällen
(2) Ökobilanzen, Ökocontrolling,
Produktlinienanalyse, Auditing ...
Wie macht man das? Wie interpretiert
man Ergebnisse? Wie kann man sie
konkret nutzen?
(3) Umwelorientierte Unternehmens-
politik: Was kann man über die ge-
setzlichen Rahmenbedingungen hinaus
machen?
Entscheidungen aller betrieblichen
Bereiche haben Umweltauswirkungen
(4) Zusammenarbeit der betrieblichen
Umweltbeauftragten und Betriebsräte
Laufender Austausch, Informationen im
Wirtschaftsausschuß, Einrichtung eines
Umweltausschusses, Betriebsvereinbarun-
gen ...
(5) Sünden der Vergangenheit
Aufarbeiten von Altlasten, um Arbeits-
plätze in der Zukunft zu sichern
abends: Möglichkeiten zum Erfahrungs-
austausch in kleinen Gruppen und infor-
melle Gespräche
Mittwoch, 8. Juli 1992
8.00 Uhr Morgenandacht in der Schloßkapelle
9.00 Uhr Berichte über die Ergebnisse der Ar-
beitsgruppen im Plenum
10.30 Uhr Von reaktiven Maßnahmen zu aktiver be-
trieblicher Umweltpolitik
Perspektiven und Folgerungen - Die
nächsten konkreten Schritte
12.30 Uhr Ende der Tagung mit dem Mittagessen
Die Vereinigung der Arbeitgeberverbände in Bayern ist der Ansicht, die Veranstaltung habe nicht als geeignet anerkannt werden dürfen. Dem Veranstaltungsthema fehle jeder Bezug zu den gesetzlichen Aufgabenstellungen der Betriebsräte. Die Veranstaltung habe der Durchsetzung gewerkschaftspolitischer Zielsetzungen gedient. Ihr Ziel sei es gewesen, den Abschluß ökonomischer Tarifverträge oder freiwilliger Betriebsvereinbarungen zu fördern mit dem Ziel, die gesetzlichen Beteiligungsrechte der Betriebsräte zu erweitern. Eine Anerkennung habe schon deswegen nicht erfolgen dürfen, weil die Veranstaltung am Dienstagvormittag nicht i.S.v. § 37 Abs. 7 BetrVG geeignet gewesen sei. Im übrigen komme eine nachträgliche Anerkennung ohnehin nicht in Betracht.
Die Vereinigung der Arbeitgeberverbände in Bayern hat beantragt,
den Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums
für Arbeit, Familie und Sozialordnung vom 7. Au-
gust 1992 aufzuheben.
Der beteiligte Freistaat sowie die Beteiligten zu 3) bis 5) haben beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Der beteiligte Freistaat hat vorgetragen, die Themen der Veranstaltung seien für die Betriebsratstätigkeit förderlich und somit geeignet gewesen. Ökologische Gesichtspunkte seien bei zahlreichen Entscheidungen des Arbeitgebers zu beachten. Das wirke sich auch auf die Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte des Betriebsrats aus. Die sinnvolle Ausübung seiner Beteiligungsrechte erfordere ein fundiertes Hintergrundwissen auch in Fragen des betrieblichen Umweltschutzes. Die Möglichkeiten freiwilliger Betriebsvereinbarungen könnten im Rahmen einer geeigneten Schulungsveranstaltung behandelt werden. Deswegen handele es sich nicht schon um eine gewerkschaftspolitische Veranstaltung.
Die übrigen Beteiligten haben keine Anträge gestellt.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Arbeitgeberverbandes zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Arbeitgeberverband sein ursprüngliches Antragsziel.
B.I. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Obwohl die Veranstaltung, um deren Anerkennung es vorliegend geht, bereits durchgeführt ist, besteht für den Antrag auf Aufhebung des Anerkennungsbescheides ein Rechtsschutzinteresse. Denn nach § 37 Abs. 7 BetrVG ist der Vergütungsanspruch eines Betriebsratsmitglieds für die Zeit seiner Teilnahme an einer Schulungs- und Bildungsveranstaltung davon abhängig, daß die Veranstaltung von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes als geeignet anerkannt ist. Dieses anspruchsbegründende Tatbestandsmerkmal entfällt jedoch erst mit der gerichtlichen Aufhebung des Anerkennungsbescheids. Insoweit hat der Anerkennungsbescheid über den Veranstaltungszeitpunkt hinaus noch Rechtswirkungen zu Lasten der Arbeitgeber (Bundesarbeitsgericht ständige Rechtsprechung, Beschluß vom 11. August 1993, BAGE 74, 72, 78 = AP Nr. 92 zu § 37 BetrVG 1972, zu B I 4 der Gründe, m.w.N.).
II. Die Rechtsbeschwerde des beteiligten Arbeitgeberverbandes ist unbegründet. Der Anerkennungsbescheid des Bayerischen Staatsministeriums ist rechtmäßig. Die von der Evangelischen Akademie Tutzing in der Zeit vom 6. bis 8. Juli 1992 durchgeführte Veranstaltung mit dem Thema "... zum Wohle des Betriebes - Ökobilanzen als Instrument betrieblicher Umweltpolitik" erfüllt die Anerkennungsvoraussetzungen des § 37 Abs. 7 BetrVG.
1. Das Bayerische Staatsministerium hat über den Antrag des beteiligten Veranstalters erst nach Durchführung der Veranstaltung entschieden. Die nachträgliche Erteilung eines Anerkennungsbescheides auf einen rechtzeitig gestellten Antrag hin verstößt weder gegen § 37 Abs. 7 BetrVG noch gegen höherrangiges Recht.
a) § 37 Abs. 7 BetrVG gewährt jedem Betriebsratsmitglied während seiner Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für den Besuch von Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde eines Landes nach Beratungen mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden als geeignet anerkannt sind. Der Antrag ist an keine Form gebunden; eine Frist schreibt das Betriebsverfassungsgesetz nicht vor (Wiese, GK-BetrVG, 5. Auflage, § 37 Rz 200 ff.; Fitting/Auffahrt/Kaiser/Heither, BetrVG, 17. Auflage, § 37 Rz 117 ff.; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 4. Auflage, § 37 Rz 161 f.).
Allerdings räumt § 37 Abs. 7 BetrVG den jeweiligen Spitzenorganisationen ein Beratungsrecht ein. Dadurch soll den beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden die Möglichkeit gegeben werden, die von ihnen repräsentierten Interessen in das Anerkennungsverfahren einzubringen und zu verdeutlichen, wie sich die Eignungsfrage aus der Sicht ihrer Mitglieder darstellt. Das erfordert grundsätzlich eine gemeinsame mündliche Erörterung des Anerkennungsantrags (Wiese, aaO, § 37 Rz 201).
Zur Sicherstellung dieser Beteiligungsrechte muß den Spitzenorganisationen auch ein angemessener Zeitraum zur Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen eingeräumt werden (BAG Beschluß vom 30. August 1989, BAGE 63, 35 = AP Nr. 73 zu § 37 BetrVG 1972). Dafür wird eine Antragstellung unter Vorlage entsprechender Unterlagen innerhalb einer Frist von acht Wochen vor Veranstaltungsbeginn allgemein für ausreichend gehalten (Wiese, aaO, § 37 Rz 202; Hess/Schlochauer/Glaubitz, aaO, § 37 Rz 162; Fitting/Auffahrt/Kaiser/Heither, aaO, § 37 Rz 118). Vorliegend hat der Veranstalter die Anerkennung der in der Zeit vom 6. bis 8. Juli 1992 durchgeführten Veranstaltung am 7. Mai 1992 und damit acht Wochen vor Veranstaltungsbeginn beantragt. Diese Frist ist im Regelfall für eine sachgerechte Beurteilung der Geeignetheitsfragen angemessen und ausreichend.
b) Die Durchführung des Anerkennungsverfahrens und die Beteiligung der Spitzenverbände ist Aufgabe der zuständigen obersten Arbeitsbehörde eines Landes. Die Verfahrensdauer wird dabei auch durch die Einwendungen und die geäußerten Bedenken der zu beteiligenden Spitzenorganisationen bestimmt. Auf die Prüfungsdauer hat der Veranstalter - außer in Fällen zögerlicher Mitwirkung - keinen Einfluß. Einer Untätigkeit der Behörde kann er allenfalls mit einem Verpflichtungsantrag nach § 42 Abs. 1 VwGO analog begegnen (Wiese, aaO, § 37 Rz 274).
Hinweise darauf, bis zu welchem Zeitpunkt ein Anerkennungsbescheid vorliegen muß, enthält § 37 Abs. 7 BetrVG nicht. Dem Wortlaut nach regelt die Vorschrift die Rechtsfolgen einer als geeignet anerkannten Schulungs- und Bildungsveranstaltung. Entgegen der Rechtsbeschwerde stehen Sinn und Zweck des Anerkennungsverfahrens einer nachträglichen Anerkennung nicht entgegen (vgl. BAG Beschluß vom 18. Dezember 1973, BAGE 25, 452 = AP Nr. 7 zu § 37 BetrVG 1972). Durch das behördliche Anerkennungsverfahren soll für die betroffenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber Rechtssicherheit geschaffen und Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten vorgebeugt werden (BAG Beschluß vom 30. August 1989, aaO, zu B III 2 der Gründe). Rechtssicherheit und Rechtsklarheit kann das Anerkennungsverfahren indes nicht in jedem Falle gewährleisten. Denn die den beteiligten Spitzenorganisationen von Verfassungs wegen eröffnete Möglichkeit der gerichtlichen Inhaltskontrolle der behördlichen Anerkennung oder deren Verweigerung hat zur Folge, daß auch eine vor Veranstaltungsbeginn getroffene Behördenentscheidung Rechtssicherheit erst mit Rechtskraft einer gerichtlichen Bestätigung schaffen kann. Gemessen daran wird die Rechtssicherheit für die Betriebsparteien durch eine Nachanerkennung nicht wesentlich beeinträchtigt. Denn § 37 Abs. 7 BetrVG macht den Freistellungsanspruch des Betriebsratsmitglieds und die daran knüpfende Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers nicht von dem Besuch einer geeigneten, sondern vom Besuch einer als geeignet anerkannten Veranstaltung abhängig. Daraus folgt, daß sich der Arbeitgeber auf die Rechtsfolgen des § 37 Abs. 7 BetrVG erst einlassen muß, wenn ein bestandskräftiger Anerkennungsbescheid vorliegt. In diese Rechtslage wird durch eine nachträgliche Anerkennung nicht eingegriffen. Das verkennt die Rechtsbeschwerde. Ihre Ansicht, § 37 Abs. 7 BetrVG setze stets das Vorliegen eines bestandskräftigen Anerkennungsbescheides vor Veranstaltungsbeginn voraus, hätte zur Folge, daß die Organisation und Durchführung von zeitnahen und aktuellen Schulungsveranstaltungen insgesamt erschwert, wenn nicht gar verhindert würde. Das wäre mit dem Sinn und Zweck des Anerkennungsverfahrens unvereinbar.
Entgegen der Rechtsbeschwerde hat sich der Senat im Beschluß vom 11. August 1993 (aaO, zu B II 2 a der Gründe) nicht zur Notwendigkeit einer vorherigen oder der Unwirksamkeit einer nachträglichen Anerkennung geäußert. Die von der Rechtsbeschwerde genannten Ausführungen waren lediglich Teil der rechtssystematischen Erwägungen zur Definition des Geeignetheitsbegriffs i.S. des § 37 Abs. 7 BetrVG.
c) Eine nachträgliche Anerkennung berührt auch nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Danach hat die zuständige Arbeitsbehörde sicherzustellen, daß auf einer Schulungs- und Bildungsveranstaltung nur solche Themen behandelt werden, die in vollem Umfang geeignet i.S. des § 37 Abs. 7 BetrVG sind. Bei einer Nachanerkennung läßt sich ein gesetzmäßiger Zustand nicht durch die Anordnung von Nebenbestimmungen erreichen; vielmehr muß die Behörde beim Vorliegen ungeeigneter Themen die Anerkennung insgesamt verweigern.
2. Das Landesarbeitsgericht hat die Geeignetheit der Schulungsveranstaltung vom 6. bis 8. Juli 1992 mit eingehender Begründung und Würdigung der dem Betriebsrat zugewiesenen gesetzlichen Aufgaben bejaht. Seine Ausführungen lassen keine Rechtsfehler erkennen.
a) Die Würdigung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Geeignetheit einer Schulungs- und Bildungsveranstaltung i.S. des § 37 Abs. 7 BetrVG durch das Beschwerdegericht unterliegt im Rechtsbeschwerdeverfahren nur einer eingeschränkten Nachprüfung. Seine Entscheidung kann nur daraufhin überprüft werden, ob der Rechtsbegriff verkannt oder bei der Einzelfallprüfung wesentliche Umstände außer Acht gelassen worden sind (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. BAGE 14, 117, 120 f. = AP Nr. 8 zu § 37 BetrVG, zu 2 der Gründe; zuletzt BAG Beschluß vom 11. August 1993, aaO, zu B II 2 der Gründe, m.w.N.).
b) Ein derartiger Rechtsfehler wird weder von der Rechtsbeschwerde aufgezeigt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Das Landesarbeitsgericht hat bei seiner Würdigung der Geeignetheit die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zugrunde gelegt. Danach müssen die auf einer Schulungs- und Bildungsveranstaltung i.S. des § 37 Abs. 7 BetrVG vermittelten Themen einen hinreichenden Bezug zu den gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats aufweisen. Wie sich anhand der systematischen Stellung dieser Vorschrift und dem von ihr begünstigten Personenkreis ergibt, dient der Freistellungsanspruch letztlich dazu, die Qualifikation des Betriebsrats zu fördern. Daher muß zwischen dem Inhalt der Veranstaltung und der ordnungsgemäßen Erfüllung gesetzlicher Aufgaben des Betriebsrats ein ausreichender Zusammenhang bestehen. Dafür genügt, wenn die vermittelten Kenntnisse nach Zielsetzung und Inhalt darauf angelegt sind, für eine sach- und fachgerechte Bewältigung der im geltenden Recht vorgesehenen Betriebsratsaufgaben zu sorgen. Schließlich muß die Veranstaltung auch in vollem Umfange geeignet sein. Gewerkschaftspolitischen, allgemeinpolitischen oder allgemeinbildenden Zwecken darf sie nicht dienen (BAG Beschluß vom 11. August 1993, aaO, zu B II 2 c der Gründe, m.w.N.).
c) In Anwendung dieser Grundsätze ist das Landesarbeitsgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß die vom 6. bis 8. Juli 1992 durchgeführte Veranstaltung einen hinreichenden Bezug zu gesetzlichen Aufgabenstellungen des Betriebsrats aufweist.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat zunächst ausgeführt, Aufgabe des Betriebsrats sei es nicht, die im Interesse der Allgemeinheit liegenden Belange des Umweltschutzes zu verfolgen. Der Betriebsrat könne sich jedoch mit betriebsbezogenen Fragen des Umweltschutzes befassen, in deren Mittelpunkt der Schutz der von ihm vertretenen Arbeitnehmer und die Wahrung deren Interessen stehe. Diese dem innerbetrieblichen Umweltschutz zuzuordnenden Aufgaben habe er im Rahmen der ihm zugewiesenen Überwachungs-, Unterrichtungs-, Beratungs- oder Mitbestimmungsrechte sowie aufgrund einzelgesetzlicher Umweltvorschriften, die dem Schutz der Arbeitnehmer dienten, wahrzunehmen. Dazu könne er sich auch freiwilliger Betriebsvereinbarungen bedienen.
bb) Diese Würdigung läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Das Landesarbeitsgericht hat richtig erkannt, daß der Betriebsrat gegenüber dem Arbeitgeber aufgrund seiner betriebsverfassungsrechtlichen Stellung kein Mandat hat, sich mit umweltschutzrelevanten Fragestellungen zu befassen, die ausschließlich dem Interesse Dritter oder der Allgemeinheit dienen. Auch der betriebliche Umweltschutz im Sinne einer Einflußnahme auf umweltgerechte und umweltschützende Arbeits- und Betriebsbedingungen (vgl. Froschauer, Arbeitsrecht und Umweltschutz, S. 5 f.) ist als Aufgabe des Betriebsrats im Betriebsverfassungsgesetz nicht ausdrücklich normiert. Eine darauf bezogene gesetzliche Aufgabenstellung des Betriebsrats ergibt sich nach Inhalt und Umfang jedoch mittelbar aus der Wahrnehmung anderer gesetzlicher Aufgaben (Trümner, AiB 1991, 522, 523; Salje, BB 1988, 73, 74; Froschauer, aaO, S. 161, 191; Teichert, AiB 1994, 229, 232).
Maßnahmen des innerbetrieblichen Umweltschutzes werden sich regelmäßig außerhalb des Betriebes mittelbar oder unmittelbar auswirken. Dadurch geht der Bezug zu der betriebsverfassungsrechtlichen Aufgabenstellung nicht verloren. Denn diese Folge beruht auf einer Wechselwirkung von Arbeitnehmerschutz und Umweltschutz, die der Gesetzgeber mittlerweile auch in zahlreichen Fällen anerkannt hat. Beispielhaft seien insoweit genannt die Regelungen des Chemikaliengesetzes (§§ 1, 19), der Gefahrstoffverordnung (§§ 1, 21) und der Störfallverordnung, nach deren § 11 Abs. 4 der Betreiber auch den Betriebsrat von einem eingetretenen Störfall zu unterrichten hat. Darüber hinaus sind die Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei der Bestellung des Immissionsschutzbeauftragten (§ 55 Abs. 1 a BImSchG) und des Störfallbeauftragten (§ 58 c BImSchG) sowie die Pflicht des Strahlenschutzbeauftragten zur Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat geregelt (vgl. Meißner/Schran, AiB 1991, 475 ff.; MünchArbR/Wlotzke § 199 Rz 43, § 201 Rz 19 ff.).
cc) Dagegen wendet die Rechtsbeschwerde im wesentlichen ein, das Landesarbeitsgericht habe verkannt, daß die Rechte des Betriebsrats auf Abschluß freiwilliger Betriebsvereinbarungen zu umweltbezogenen Regelungsgegenständen keine über das BetrVG hinausgehende gesetzliche Aufgabenstellung begründen könnten. Dieser Angriff der Rechtsbeschwerde ist schon deswegen unbegründet, weil das Landesarbeitsgericht das Recht des Betriebsrats, mit dem Arbeitgeber in Verhandlungen über den Abschluß einer freiwilligen Betriebsvereinbarung zu treten, auf die ihm nach dem Betriebsverfassungsgesetz zugewiesenen arbeitnehmerschutzdienenden Aufgabenstellungen bezogen hat. Es ist dem Betriebsrat unbenommen, im Rahmen seiner Befugnisse nach § 88 BetrVG über den Abschluß freiwilliger Betriebsvereinbarungen betriebs- und damit arbeitnehmerschutzbezogene Umweltmaßnahmen zu erreichen. Dadurch wird er nicht zum Wahrer von Dritt- oder Allgemeininteressen. Die in diesem Zusammenhang von der Rechtsbeschwerde unter Hinweis auf Loritz (NZA 1993, 2, 9 f.) geäußerte Befürchtung, über die Befugnisse aus § 88 BetrVG könne jeder denkbare Gegenstand einer freiwilligen Betriebsvereinbarung Schulungsthema i.S. des § 37 Abs. 7 BetrVG werden, teilt der Senat aufgrund der notwendigen Anknüpfung an betriebsverfassungsrechtliche Zuständigkeiten nicht (vgl. Salje, aa0, S. 75).
3. Auch bei den einzelnen Schulungsthemen hat das Landesarbeitsgericht zu Recht einen ausreichenden Bezug zu den gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats angenommen. In diesem Zusammenhang weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, die auf der Veranstaltung am Dienstagvormittag behandelten Themen hätten ausschließlich gewerkschaftspolitischen Zielen gedient und damit keine nach § 37 Abs. 7 BetrVG zulässigen Schulungsinhalte vermittelt. Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Existenz von Gewerkschaften und ihre in § 2 Abs. 1 BetrVG normierte betriebsverfassungsrechtliche Unterstützungsfunktion bringen es mit sich, bei Betriebsratsschulungen auch gewerkschaftliche Ideen und Ansätze miteinzubringen, um als Bestandteil von Überlegungen des Betriebsrats bei der Verfolgung von Arbeitnehmerinteressen angemessen berücksichtigt zu werden. Zwar streben die Gewerkschaften eine Erweiterung der Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte des Betriebsrats und dessen Einflußmöglichkeiten auch im Bereich des allgemeinen Umweltschutzes an (Trümner, Die Mitbestimmung 1988, 356, 360; Sommer/Trümner in: Apitzsch/Klebe/Schumann, BetrVG '90, S. 96). Daraus ergibt sich jedoch nicht zwangsläufig eine gewerkschaftspolitische Zielsetzung der behandelten Thematik. Denn nach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Schulungsinhalt ging es um die Vermittlung von Gestaltungsmöglichkeiten des innerbetrieblichen Umweltschutzes durch freiwillige Betriebsvereinbarungen und die Auswirkung entsprechender tarifvertraglicher Regelungen. Die Rechtsbeschwerde hat insoweit keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben. Sie verkennt, daß im Schulungszeitpunkt nicht nur Tarifvertragsentwürfe vorhanden waren, sondern entsprechende Tarifverträge schon existierten (Teichert, aaO, S. 229; Salje, aaO, S. 76). Somit war ein praktischer Nutzen für die Betriebsratsarbeit bereits gewährleistet.
Nicht gefolgt werden kann der Rechtsbeschwerde in ihrer Auffassung, Kenntnisse von Ökobilanzen, Ökocontrolling, Produktlinienanalyse, Auditing etc. gehörten nicht zu nützlichem Wissen, das auf einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 7 BetrVG vermittelt werden könne. Bei diesen Themen handelt es sich um Elemente von unternehmens- oder produktbezogenen Umweltinformationssystemen, die regelmäßig dazu dienen, Kosten zu reduzieren, ökologische Belastungen zu verringern und das Image von Unternehmen zu verbessern (Teichert, aa0, S. 231 f.). Die durch sie zu gewinnenden Erkenntnisse und deren Umsetzung beeinflussen die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens. Angesichts dieses Gewichts des Umweltschutzes für ein Unternehmen haben sie nicht nur im Rahmen der Beratungen des Wirtschaftsausschusses nach § 106 BetrVG, sondern auch für die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG (Froschauer, aa0, S. 184 f.) Bedeutung. Es liegt auf der Hand, daß die in diesem Zusammenhang vermittelten Kenntnisse einer sach- und fachgerechten Aufgabenerfüllung des Betriebsrats förderlich sind.
Steckhan Schmidt Düwell
Koch Metzinger
Fundstellen
BAGE 00, 00 |
BAGE, 157 |
BB 1996, 1444 |
BB 1996, 1444 (L1-2) |
AiB 1997, 53-55 (LT1-2) |
BetrVG, (7) |
ARST 1996, 187 (L1-2) |
JR 1997, 132 |
JR 1998, 527 |
NZA 1996, 934 |
NZA 1996, 934-937 (LT1-2) |
Quelle 1996, Nr 10, 24 (L1-2) |
RdA 1996, 317 (L1) |
ZTR 1996, 522 (L1-2) |
AP § 37 BetrVG 1972 (LT1-2), Nr 115 |
AR-Blattei, ES 530.8.1 Nr 76 (LT1-2) |
ArbuR 1996, 311 (LT1-2) |
EzA-SD 1996, Nr 14, 12 (L1-2) |
EzA § 37 BetrVG 1972, Nr 131 (LT1-2) |
ZBVR 1997, 3 (L) |
ZUR 1996, 326-328 (LT) |