Die Beteiligten streiten im Beschlußverfahren über die Wirksamkeit der am 21. November 2002 beim Staatlichen Schulamt C… durchgeführten Wahl der Schwerbehindertenvertretung und hierbei vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs.
Die Antragstellerin ist wahlberechtigte Mitarbeiterin beim Staatlichen Schulamt C… des zu 3) beteiligten Landes. Sie war Mitglied des Wahlvorstands für die Wahl der zu 2) beteiligten Schwerbehindertenvertretung beim Staatlichen Schulamt C…. Die Wahl fand am 21. November 2002 statt.
Mit am 2. Dezember 2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat die Antragstellerin die Nichtigkeit, hilfsweise Unwirksamkeit der Wahl der Schwerbehindertenvertretung vom 21. November 2002 geltend gemacht. Das Arbeitsgericht hat die Gerichte für Arbeitssachen für nicht zuständig gehalten und das Beschlußverfahren nach Anhörung der Beteiligten an das Verwaltungsgericht Potsdam verwiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Mit der für die Antragstellerin zugelassenen Rechtsbeschwerde macht diese weiterhin die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen geltend.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen zulässig. Diese Entscheidung kann der Senat ohne Anrufung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes treffen.
1. Nach § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG in der seit dem 1. Juli 2001 geltenden Fassung des Art. 23 Nr. 2 des Gesetzes vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046) sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für Angelegenheiten aus den §§ 94, 95, 139 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX). Dazu gehört auch das in § 94 Abs. 6 SGB IX genannte Verfahren über die Anfechtung der Wahl zur Schwerbehindertenvertretung. Das gilt auch dann, wenn die Wahl der Schwerbehindertenvertretung im Bereich des öffentlichen Dienstes angefochten wird. Das folgt aus dem Wortlaut des § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG. Angesichts dessen sind Überlegungen zum alten Recht und zur Sachnähe ohne Bedeutung.
a) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts (BVerwG 17. März 1983 – 6 P 30/82 – ZBR 1983, 278; 2. Juni 1987 – 6 P 10/85 – ZBR 1987, 349; BAG 21. September 1989 – 1 AZR 465/88 – BAGE 62, 382 = AP SchwbG § 25 Nr. 1) war zum inzwischen außer Kraft getretenem § 24 Abs. 6 Satz 2 SchwbG anerkannt, daß sich die gerichtliche Zuständigkeit für eine Wahlanfechtung ebenso wie die Anfechtungsbefugnis und die materiellen Grundlagen der Anfechtung nach den bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften richtete, die für die Wahl des Betriebs-, Personal- oder Richterrats gelten. Diese Rechtsprechung beruhte allerdings darauf, daß seinerzeit eine ausdrückliche gesetzliche Regelung fehlte, die die Anfechtung der Wahl einer Schwerbehindertenvertretung den Arbeits- oder Verwaltungsgerichten zuwies. So ergänzte die Rechtsprechung die Vorschriften der Personalvertretungsgesetze sinngemäß dahin, daß die Verwaltungsgerichte über die Anfechtung der Wahl einer Schwerbehindertenvertretung zu entscheiden haben, die einem Personalrat zugeordnet ist. Entsprechend waren die Arbeitsgerichte zuständig, wenn die Schwerbehindertenvertretung in einem Betrieb gewählt wurde. Mit der Einführung des § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG, der die Angelegenheit aus den §§ 94, 95, 139 SGB IX ausschließlich den Arbeitsgerichten zuweist, ist die Grundlage für die sinngemäße Ergänzung der Vorschriften der Personalvertretungsgesetze und des Betriebsverfassungsgesetzes entfallen: Der Gesetzgeber hat eine verbindliche Zuweisung dieser Streitigkeiten an die Arbeitsgerichte vorgenommen (Düwell in LPK-SGB IX § 95 Rn. 31; ErfK/Koch 3. Aufl. § 2a ArbGG Rn. 4; Düwell BB 2000, 2570). Seither kommt es für die Frage der Rechtswegzuständigkeit nicht (mehr) darauf an, ob die Schwerbehindertenvertretung in einem Betrieb oder in einer Dienststelle gewählt wurde.
b) Der Wortlaut der Norm hindert auch die Annahme, § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG bestätige nur den früheren Rechtszustand (so aber Schaub NZA 2000, 344; wohl auch Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge-Matthes ArbGG 4. Aufl. § 2a Rn. 23, der ohne nähere Begründung in Bezug auf die Anfechtung der Wahl der Schwerbehindertenvertretung die bisherige Rechtslage darstellt). Hätte der Gesetzgeber lediglich die bisherige Rechtsprechung bestätigen wollen, so hätte er dies durch eine einschränkende Formulierung dahingehend zum Ausdruck gebracht, daß die Gerichte für Arbeitssachen allein die Wahl in der Privatwirtschaft überprüfen sollten. Die uneingeschränkte Formulierung zeigt, daß alle Angelegenheiten aus den §§ 94, 95, 139 SGB IX in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte fallen sollen.
c) Auch unter dem Gesichtspunkt der Sachnähe ergibt sich nicht die Unzuständigkeit der Arbeitsgerichte. Danach sollen möglichst die Gerichte entscheiden, die die für die Rechtsmaterie besondere Sachkunde besitzen. Zudem soll hierdurch die Einheitlichkeit der Rechtsprechung bestmöglich erreicht werden (Zöller/Gummer ZPO 23. Aufl. § 13 GVG Rn. 21). Der Gesichtspunkt der Sachnähe kann jedoch nur dann ergänzend herangezogen werden, wenn es an einer ausdrücklichen Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt (BAG 28. Juni 1989 – 5 AZR 274/88 – BAGE 62, 210 = AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 13). Eine solche liegt mit § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG inzwischen aber vor.
2. Der Senat ist nicht gehindert, über die Zulässigkeit des Rechtswegs bei der Anfechtung einer Wahl zur Schwerbehindertenvertretung in einer Dienststelle zu entscheiden. Die Rechtsfrage ist nicht nach § 2 Abs. 1 RsprEinhG dem Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Entscheidung vorzulegen. Das ist geboten, wenn ein oberster Gerichtshof in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats abweichen will. Voraussetzung hierfür ist, daß sich die zur Entscheidung vorgelegte Rechtsfrage im Anwendungsbereich derselben Rechtsvorschrift stellt oder daß sie auf der Grundlage von Vorschriften aufgeworfen wird, die zwar in verschiedenen Gesetzen stehen, in ihrem Wortlaut aber im wesentlichen und in ihrem Regelungsinhalt gänzlich übereinstimmen und deswegen nach denselben Prinzipien auszulegen sind (Beschluß des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 12. März 1987 – GmS-OGB 6/86 – BVerwGE 77, 370 = AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 35; Beschluß des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 6. Februar 1973 – GmS-OGB 1/72 – AP RsprEinhG § 4 Nr. 1). Daran fehlt es. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Wahlanfechtungsverfahren bezüglich der Schwerbehindertenvertretung ergibt sich aus der neuen gesetzlichen Regelung des § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG. Allein auf dieser Vorschrift beruht die Entscheidung des Senats. Dazu liegt keine Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats vor.