Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung beim Radiohören im Betrieb
Leitsatz (redaktionell)
Die Frage, ob im Betrieb während der Arbeitszeit Radio gehört werden darf, betrifft die Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Der Betriebsrat hat daher nach § 87 Abs 1 Nr 1 BetrVG mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber das Radiohören verbieten will. Ein ohne Beteiligung des Betriebsrats ausgesprochenes Verbot ist unwirksam.
Normenkette
BetrVG §§ 75, 87 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 02.08.1983; Aktenzeichen 13 TaBV 4/83) |
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 08.03.1983; Aktenzeichen 11 BV 15/82) |
Gründe
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Betriebsrat mitzubestimmen hat, wenn der Arbeitgeber das Radiohören im Betrieb verbieten will.
Der Arbeitgeber betreibt einen geographischen Verlag, in dem Landkarten hergestellt werden. Anfang 1982 waren etwa 100 Arbeitnehmer beschäftigt, 35 davon in der Abteilung Kartographie. Hier werden nach Vorlagen Karten gezeichnet und Schriften eingetragen. Die Arbeitnehmer arbeiten überwiegend zu zweit in einem Zimmer, ein Arbeitnehmer besitzt ein Einzelzimmer, in einem Fall teilen sich drei Arbeitnehmer einen Arbeitsraum.
In dieser Abteilung Kartographie wurde seit etwa 13 Jahren während der Arbeitszeit mit Wissen des Arbeitgebers Radio gehört. In jedem Arbeitsraum war ein privates Transistorradiogerät aufgestellt. Gehört wurde das volle Programm, Musik und auch Sprechsendungen. Dabei wurde von den Arbeitnehmern eine sogenannte "freiwillige Selbstkontrolle" geübt. Das Radio wurde jeweils ausgeschaltet, sobald ein Mitarbeiter Arbeiten zu verrichten hatte, die eine hohe Konzentration erforderten.
In den anderen Abteilungen des Betriebs wurde nicht Radio gehört. Welche Arbeiten dort erledigt werden, wie die Arbeitsräume besetzt sind und ob dort Kundenverkehr stattfindet, ist nicht vorgetragen worden.
Am 29. Januar 1982 brachte der Arbeitgeber in den einzelnen Abteilungen folgenden Aushang an:
...
Liebe Mitarbeiter,
bitte haben Sie Verständnis, wenn ich darum
bitte, ab 1. Februar 1982 im Zuge einer
Gleichbehandlung aller in den Firmen tätigen
Mitarbeiter während der Arbeitszeit nicht mehr
Radio zu hören.
...
Der Betriebsrat widersprach dieser Maßnahme. Der Arbeitgeber antwortete ihm noch am 29. Januar 1982 wie folgt:
Notiz an den Betriebsrat
...
Ich möchte es bei meiner Bitte, ab 1. Februar
das Radiohören einzustellen, belassen.
Unabhängig von den im einzelnen schon darge-
legten Gründen habe ich mich davon überzeugt,
daß in anderen Bereichen (z.B. Versand, Kopie,
Montage) aufgrund der Bitte, nicht mehr Radio
zu hören, dies respektiert wird.
Ich sehe schon von dieser Seite her - im Rah-
men der sicherlich auch von Ihnen gewünschten
Gleichbehandlung aller Mitarbeiter - keine
Möglichkeit, hier etwas zu ändern.
Da Ihnen die Frage offensichtlich wichtig er-
scheint, habe ich angeboten, dies auch in der
Kartographie insgesamt zu erläutern. Ich tue
das gerne, da ich der Meinung bin, daß sich un-
sere Mitarbeiter in der Kartographie den Argu-
menten nicht verschließen.
Der Arbeitgeber wiederholte daraufhin am 1. Februar 1982 in der Kartographie mündlich seine Bitte, nicht mehr Radio zu hören.
Der Betriebsrat ist der Ansicht, ihm stehe bei der Frage, ob im Betrieb Radio gehört werden dürfe oder nicht, ein Mitbestimmungsrecht zu. Die ausgesprochenen Verbote seien unwirksam, weil sie ohne seine Beteiligung ergangen seien. Das gelte auch für die Kartographie. Hier sei wegen der relativ stumpfsinnigen und monotonen Arbeit das Radiohören stets erlaubt gewesen. Die geschuldete Arbeit könne auch während des Radiohörens erbracht werden und sei in den vergangenen Jahren auch erbracht worden.
Der Betriebsrat hat beantragt
festzustellen,
1. daß das am 29. Januar 1982 ausgesproche-
ne Verbot des Radiohörens im Betrieb
rechtsunwirksam ist,
2. daß das am 1. Februar 1982 in der Kar-
tographie ausgesprochene Radiohörverbot
unwirksam ist.
Der Arbeitgeber hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Er ist der Ansicht, das Verbot, Radio zu hören, sei mitbestimmungsfrei, weil es eine arbeitsnotwendige Maßnahme darstelle. Das Radiohören am Arbeitsplatz beeinträchtige die Konzentrationsfähigkeit und damit das Arbeitsergebnis. Das gelte auch für die Kartographie. Hier würden die Arbeitnehmer durch das Radiohören gestört, was schon die freiwillige Selbstkontrolle zeige.
Das Arbeitsgericht hat den Anträgen des Betriebsrats stattgegeben, das Landesarbeitsgericht sie abgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Betriebsrat die Wiederherstellung der Entscheidung des Arbeitsgerichts, während der Arbeitgeber um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bittet.
B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Der Betriebsrat hat mitzubestimmen, wenn im Betrieb das Radiohören während der Arbeitszeit verboten werden soll.
1. Der Arbeitgeber hat mit dem Aushang vom 29. Januar 1982 in allen Abteilungen des Betriebs das Radiohören während der Arbeitszeit verboten. Zwar wird nur eine Bitte ausgesprochen, der Inhalt läßt aber keinen Zweifel daran aufkommen, daß eine verbindliche Anordnung gewollt war. Das macht auch das Schreiben des Arbeitgebers an den Betriebsrat deutlich. Das Verbot ist am 1. Februar 1982 in der Kartographie mündlich wiederholt worden. Daß der Betriebsrat gleichwohl die Unverbindlichkeit beider Verbote gesondert zur Entscheidung gestellt hat, ist unschädlich, zumal die besonderen Verhältnisse in der Kartographie eine unterschiedliche rechtliche Wertung des Verbots möglich erscheinen lassen.
2. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Das Verbot, Radio zu hören, gestaltet die betriebliche Ordnung und betrifft das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb.
a) Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 24. März 1981 (BAG 35, 150 = AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitssicherheit) Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bejaht sowohl bei der Gestaltung der Ordnung des Betriebs durch die Schaffung allgemeingültiger verbindlicher Verhaltensregeln als auch bei jeder Maßnahme des Arbeitgebers, durch die das Verhalten der Arbeitnehmer in bezug auf diese betriebliche Ordnung berührt wird. Der Senat hat dabei die mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen, die das Ordnungsverhalten des Arbeitnehmers zum Gegenstand haben, unterschieden von denjenigen Maßnahmen, die auf das Arbeitsverhalten des Arbeitnehmers bezogen sind oder in sonstiger Weise lediglich das Verhältnis Arbeitnehmer und Arbeitgeber betreffen. An dieser Rechtsprechung hat der Senat in den Entscheidungen vom 24. November 1981 (BAG 37, 112 = AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes), vom 8. Dezember 1981 (BAG 37, 212 = AP Nr. 6 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung) und vom 10. April 1984 (- 1 ABR 69/82 - AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes) festgehalten. Er hat diese Rechtsprechung, die auch in der Literatur weitgehend Zustimmung gefunden hat, mit seiner Entscheidung vom 23. Oktober 1984 (- 1 ABR 2/83 - zur Veröffentlichung vorgesehen), bestätigt und sich mit der Kritik von Weiss und Pfarr auseinandergesetzt. Auf diese Kritik braucht der Senat im vorliegenden Falle jedoch nicht näher einzugehen, weil diese Autoren eine noch weitergehende Auslegung des Begriffs der mitbestimmungspflichtigen betrieblichen Ordnung vertreten. Das Verbot, Radio zu hören, ist schon bei Zugrundelegung der vom Senat vorgenommenen Abgrenzung zwischen Ordnungsverhalten und Arbeitsverhalten mitbestimmungspflichtig.
b) Das Arbeitsverhalten wird bestimmt, wenn der Arbeitgeber in Ausübung seiner Organisations- und Leitungsmacht näher bestimmt, welche Arbeiten in welcher Weise auszuführen sind (Entscheidung des Senats vom 23. Oktober 1984, aa0, zu B II 2 der Gründe). Das Arbeitsverhalten betreffen Anordnungen des Arbeitgebers, die dieser in Ausübung seines Direktionsrechts trifft, d.h. des Rechtes, die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers zu konkretisieren. Diese Anordnungen sind nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Ein Mitbestimmungsrecht bei der Ausübung des Direktionsrechts kann sich nur aus anderen Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes ergeben, wie z.B. aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 5 BetrVG (Festlegung der täglichen Arbeitszeit und des Urlaubs).
c) Das Verbot, Radio zu hören, betrifft nicht die Frage, in welcher Weise bestimmte Arbeiten auszuführen sind. Zu Unrecht leitet das Landesarbeitsgericht einen Bezug dieses Verbots zur Arbeitsleistung daraus her, daß das Radiohören während der Arbeit die Konzentrationsfähigkeit des Arbeitnehmers beeinträchtigt und damit das Arbeitsergebnis gefährdet.
Der Arbeitnehmer ist schon aufgrund seines Arbeitsvertrags verpflichtet, die übertragene Arbeit unter Anspannung der ihm möglichen Fähigkeiten ordnungsgemäß zu verrichten, d.h. konzentriert und sorgfältig zu arbeiten und die Arbeit nicht zu unterbrechen, um privaten Interessen nachzugehen. Der Arbeitnehmer, der seine Arbeit konzentriert, zügig und fehlerfrei verrichtet, erfüllt seine Arbeitspflicht, auch wenn er daneben Radio hört. Arbeitet er ohne die erforderliche Konzentration und deshalb fehlerhaft, verstößt er gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Die Feststellung einer solchen Pflichtverletzung ist nicht davon abhängig, ob das fehlerhafte Arbeiten auf das Radiohören zurückzuführen ist.
Es bedarf daher keiner im Direktionsrecht des Arbeitgebers begründeten Weisung an den Arbeitnehmer, konzentriert, zügig und sorgfältig zu arbeiten, um eine entsprechende Pflicht des Arbeitnehmers zu begründen. Auf diese Pflicht kann der Arbeitgeber bei Beanstandung der Arbeit hinweisen, er kann aufgrund seines Direktionsrechts dem Arbeitnehmer aber nicht verbindliche Weisungen des Inhalts erteilen, wie der Arbeitnehmer die Ursachen seiner schlechten Leistung zu beseitigen hat. Wäre der Arbeitgeber dazu befugt, könnte er einen Arbeitnehmer, der übermüdet zur Arbeit kommt und deswegen seine Arbeitspflicht nicht vertragsgemäß erfüllt, auch anweisen, früher schlafen zu gehen.
Die Anordnung, während der Arbeit kein Radio zu hören, betrifft daher jedenfalls nicht deswegen das Arbeitsverhalten des Arbeitnehmers, weil damit ein konzentriertes, zügiges und fehlerfreies Arbeiten ermöglicht werden soll.
d) Doch sind andererseits Fälle denkbar, in denen die Anordnung, während der Arbeit kein Radio zu hören, auch die Art und Weise betrifft, wie die Arbeit zu verrichten ist. So kann zur Kundenberatung oder -bedienung gehören, daß dabei nicht Radio gehört wird, weil dies unmittelbar die zu erbringende Dienstleistung, deren Form und Inhalt der Arbeitgeber zu bestimmen hat, berührt. Um solche Fälle handelt es sich jedoch in dem vorliegenden Verfahren nicht. Weder für die Arbeitnehmer der kartographischen Abteilung noch für die anderen Arbeitnehmer ist vorgetragen worden oder ersichtlich, daß das Nichthören von Radiosendungen bei der Arbeit zum Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung gehört oder gehören kann. Solche Fälle würden im übrigen auch kein generelles Verbot, Radio zu hören, rechtfertigen. Sie würden dem Arbeitgeber nur erlauben, die Tätigkeiten zu bestimmen, bei denen kein Radio gehört werden darf.
3. Da jeder Arbeitnehmer selbst dafür verantwortlich ist, daß er die geschuldete Arbeitsleistung ordnungsgemäß erbringt, muß er selbst darüber entscheiden, ob er während der Arbeit Radio hört oder nicht. Erbringt er seine Arbeitsleistung ordnungsgemäß, obwohl er dabei Radio hört, verstößt er nicht gegen seine Vertragspflicht.
Gleichzeitig kann aber das Radiohören selbst bei ordnungsgemäßer eigener Arbeitsleistung andere Arbeitnehmer stören, sei es, daß diese dadurch an der ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Arbeitspflicht gehindert werden, sei es, daß sie sich aus anderen Gründen durch die Radiosendung gestört fühlen. Damit wird deutlich, daß die Frage des Radiohörens während der Arbeit das Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer im Betrieb und damit die betriebliche Ordnung berührt. Es gilt insoweit grundsätzlich nichts anderes als etwa bei der Frage der Kleidung oder der Haartracht eines Arbeitnehmers. Diese wird zwar nur in Ausnahmefällen die ordnungsgemäße Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung beeinträchtigen, kann aber gleichwohl andere Arbeitnehmer stören.
Die betriebliche Ordnung zu gestalten ist Aufgabe der einvernehmlichen Regelung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat und Inhalt des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Der Arbeitgeber soll sie nicht durch einseitige Anordnungen allein nach seinen Vorstellungen und Interessen bestimmen. Zweck des Mitbestimmungsrechts ist es, den Arbeitnehmern eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gestaltung des betrieblichen Zusammenlebens zu gewähren. In der mitbestimmten Gestaltung der betrieblichen Ordnung sollen die unterschiedlichen Interessen der Arbeitnehmer und des Arbeitgebers zu einem sinnvollen und angemessenen Ausgleich gebracht werden. Bei dieser gemeinsamen Gestaltung der Ordnung sind dann auch die unterschiedlichen Interessen der Arbeitnehmer - entweder Radio hören zu können oder durch Radiosendungen nicht gestört zu werden -, zum Ausgleich zu bringen. Der Arbeitgeber wird ein Interesse daran haben, daß Arbeitnehmer durch das Radiohören nicht an der ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben - letztlich schuldlos - gehindert werden, auch wenn der radiohörende Arbeitnehmer selbst ordnungsgemäß arbeitet.
Daß die Frage des Radiohörens bei der Arbeit eine Frage der Gestaltung der betrieblichen Ordnung ist, kommt auch dadurch sinnfällig zum Ausdruck, daß die Arbeitnehmer der kartographischen Abteilung stets eine freiwillige Selbstkontrolle geübt haben. Der radiohörende Arbeitnehmer stellte das Radio nicht nur dann ab, wenn er sich bei seiner Arbeitsleistung gestört fühlte, sondern gerade auch dann, wenn andere Mitarbeiter sich gestört fühlten.
Das Verbot, Radio zu hören, betrifft daher das Zusammenleben der Arbeitnehmer im Betrieb und damit die betriebliche Ordnung.
4. Das einseitig vom Arbeitgeber erlassene Verbot, Radio zu hören, ist schließlich nicht damit zu rechtfertigen, daß in den anderen Abteilungen bisher kein Radio gehört wurde und daher um der Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer willen das Radiohören auch in der kartographischen Abteilung untersagt werden sollte. Warum in den anderen Abteilungen kein Radio gehört wurde, ist nicht festgestellt und von den Beteiligten nicht vorgetragen worden. Es mag sein, daß dort kein Interesse daran bestand oder daß die dort zu leistende Arbeit keine Gelegenheit oder keinen Anlaß zum Radiohören bot. Daß es dort ausdrücklich schon verboten war, kann angesichts des ausdrücklichen allgemeinen Verbots vom 29. Januar 1982 für alle Abteilungen nicht angenommen werden. Es hätte dann lediglich eines Verbots für die kartographische Abteilung bedurft. Warum das Verbot im Interesse der Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer erforderlich war, ist damit nicht ersichtlich.
Die Frage, ob mit Rücksicht darauf, daß Arbeitnehmer anderer Abteilungen aus welchen Gründen auch immer kein Radio hören oder kein Radio hören können, auch den Arbeitnehmern der kartographischen Abteilung diese Möglichkeit genommen werden soll, ist darüber hinaus vom Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsam zu entscheiden. Die den Betriebspartnern nach § 75 BetrVG obliegende Aufgabe, für eine an den Grundsätzen von Recht und Billigkeit und damit auch für eine am Gleichbehandlungsgrundsatz orientierte Behandlung aller Arbeitnehmer zu sorgen, fordert keine schematische Regelung dahin, daß allen Arbeitnehmern das Radiohören während der Arbeit verboten wird. Auch insoweit besteht vielmehr ein Regelungsspielraum, der von den Betriebspartnern gemeinsam auszufüllen ist.
5. Das Verbot des Arbeitgebers, im Betrieb Radio zu hören, unterlag damit dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Es ist ohne Beachtung dieses Mitbestimmungsrechts vom Arbeitgeber einseitig ausgesprochen worden und damit unwirksam. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts war daher aufzuheben und die Beschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts zurückzuweisen.
Dr. Kissel Dr. Heither Matthes
Moser Blanke
Fundstellen
BAGE 50, 330-337 (LT) |
BAGE, 330 |
DB 1986, 1025-1026 (LT1) |
NJW 1986, 1952 |
NJW 1986, 1952-1953 (LT1) |
AuB 1987, 66-67 (T) |
BetrR 1986, 593-595 (LT) |
ARST 1987, 35-36 (LT1) |
NZA 1986, 125 |
NZA 1986, 435-436 (LT1) |
RdA 1986, 139 |
SAE 1987, 40-42 (LT1) |
AP § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes (LT1), Nr 10 |
ArbuR 1986, 87-88 (T) |
EzA § 87 BetrVG 1972 Betriebliche Ordnung, Nr 11 (LT1) |
MDR 1986, 698-698 (LT1) |