Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung bei Schichtdauer für Arbeitnehmer bei NATO-Truppen
Leitsatz (redaktionell)
Aus dem Mitbestimmungsrecht der Betriebsvertretung bei der Festlegung des Beginns und des Endes der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen nach Art 56 Abs 9 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut ergibt sich, daß die Betriebsvertretung auch über die Dauer der Tagesschichten mitzubestimmen hat.
Orientierungssatz
Nach § 83a ArbGG, der im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend gilt (§ 95 Satz 4 ArbGG), kann das Verfahren beendet werden durch eine übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten (§ 83a Abs 1 ArbGG) oder durch eine einseitige Erledigungserklärung des Antragstellers (§ 83a Abs 3 ArbGG). Die Erledigungserklärung eines anderen Beteiligten als des Antragstellers ist dagegen für die Beendigung des Verfahrens ohne Bedeutung.
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 21.03.1990; Aktenzeichen 15 TaBV 11/90) |
ArbG Mönchengladbach (Entscheidung vom 20.12.1989; Aktenzeichen 2 BV 20/89) |
Gründe
A. Antragstellerin ist die bei dem Hauptquartier der Royal Air Force Germany (im folgenden nur Hauptquartier) gebildete Hauptbetriebsvertretung (im folgenden nur HBV). Dem Hauptquartier zugeordnet ist die Dienststelle Royal Air Force B (im folgenden nur Dienststelle B ), die u. a. zivile Feuerwehrleute beschäftigt. Diese wurden seit mindestens 1979 in 24-Stunden-Schichten eingesetzt, bestehend aus je acht Stunden Arbeitszeit, Bereitschaft und Ruhezeit. Dabei wurde an allen Tagen der Woche gearbeitet. Die Arbeitnehmer hatten nach einer 24-Stunden-Schicht 48 Stunden frei. In einer "Vereinbarung der Arbeitszeitregelung in der Fire-Section Royal Air Force B " zwischen Dienststelle B und der örtlichen Betriebsvertretung vom 18. Juni 1979 heißt es:
"Für den Schichtbetrieb gemäß Dienstplan:
Von Not- und Sonderfällen abgesehen, soll sich
der Arbeitseinsatz innerhalb einer Schicht auf
folgende Zeiten beschränken:
8.00 Uhr bis 9.30 Uhr
10.00 Uhr bis 12.00 Uhr
13.30 Uhr bis 15.00 Uhr
15.30 Uhr bis 16.30 Uhr
17.00 Uhr bis 19.00 Uhr
Für den Tagesdienst gilt die 40-Stunden-Woche wie
folgt:
8.00 Uhr bis 12.00 Uhr
13.00 Uhr bis 17.00 Uhr
von Montags bis Freitags."
Mit Schreiben vom 1. März 1989 teilte die Dienststelle B der örtlichen Betriebsvertretung mit, es sei beabsichtigt, ab 1. Oktober 1989 die Schichten für die Feuerwehrleute "laut beiliegendem Schichtplan" umzustellen. Danach sollten für Oktober bis Dezember 1989 12-Stunden-Schichten eingeführt werden. Die in drei Gruppen - A, B, C - aufgeteilten Feuerwehrleute wechseln danach gruppenweise zwischen Tagschicht (7.00 Uhr bis 19.00 Uhr), Nachtschicht (19.00 Uhr bis 7.00 Uhr) und einer "Freischicht", wobei für jeden Tag der Woche eine Tag- und Nachtschicht vorgesehen ist.
Die örtliche Betriebsvertretung lehnte mit Schreiben vom 9. März 1989 die Schichtplanänderung ab, worauf die Dienststelle B die Angelegenheit dem Hauptquartier als übergeordneter Dienststelle vorlegte. In der Folgezeit fanden Gespräche zwischen der Hauptbetriebsvertretung und dem Delegated Military Representative (DMR) statt, die jedoch zu keiner Einigung führten. Mit Schreiben vom 24. Oktober 1989 teilte der DMR der HBV schließlich mit:
"1. Nach eingehender Überprüfung der Sach- und
Rechtslage bin ich nunmehr zu der Auffassung
gelangt, daß die o. g. Angelegenheit nicht
als mitbestimmungspflichtig einzuordnen ist,
soweit sie sich auf die jeweilige Schichtdau-
er bezieht.
2. Die Dienststelle RAF B beabsichtigt, im
Rahmen der geltenden tariflichen Bestimmungen
die derzeitigen 24-Stunden-Schichten auf 12
Stunden zu verkürzen. Dies soll, wie Ihnen
bekannt ist, hauptsächlich im Interesse der
Arbeitssicherheit geschehen.
3. Wie Ihnen weiterhin bekannt ist, sieht das
Unterzeichnungsprotokoll zu Art. 56 (9) Zu-
satzabkommen zum Nato-Truppenstatut in
Abs. (6) (a) vor, daß das im Gesetz (BPersVG)
enthaltene Mitbestimmungsrecht bei der Fest-
legung des Beginns und des Endes der täg-
lichen Arbeitszeit und der Pausen Anwendung
findet. Die Verteilung der Arbeitszeit auf
die einzelnen Wochentage unterliegt lediglich
der Mitwirkung.
4. Daher verweise ich diese Angelegenheit an die
Dienststelle RAF B zurück mit der
Maßgabe, das Mitwirkungsverfahren
entsprechend einzuleiten."
Daraufhin machte die Hauptbetriebsvertretung das vorliegenden Beschlußverfahren anhängig. Nach ihrer Auffassung steht ihr auch bei der Festlegung der Dauer der Schicht ein Mitbestimmungsrecht zu. Außerdem sei es der Dienststelle B nach den Sonderbestimmungen P für Feuerwehrpersonal, Werkschutzpersonal und Wachpersonal (= Anhang P) zum Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TVAL II) verwehrt, für Feuerwehrleute überhaupt eine Schicht- oder Wechselschichtarbeit und deshalb auch die vorgesehene 12-Stunden-Schicht einzuführen.
Die Hauptbetriebsvertretung hat zuletzt beantragt,
festzustellen, daß die Änderung der Schichtpläne
"Zivile Feuerwehrleute RAF B ", Antrag der
Dienststelle Royal Air Force B vom 1. März
1989 dem Mitbestimmungsrecht der Hauptbetriebs-
vertretung unterliegt;
hilfsweise,
festzustellen, daß die Änderung von Schichtplänen
nicht nur bezüglich der Regelungen Beginn und
Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen dem
Mitbestimmungsrecht der Hauptbetriebsvertretung
unterliegt, sondern auch bezüglich der Verlänge-
rung oder Verkürzung der jeweiligen Tagesschich-
ten und der Verteilung der Arbeitszeit der ein-
zelnen Arbeitnehmer auf die einzelnen Wochentage.
Das Hauptquartier hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Nach seiner Auffassung hat die HBV kein Mitbestimmungsrecht bei der Schichtdauer, weil Abs. 6 a des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 des Zusatzabkommens zum Nato-Truppenstatut nur ein Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung des Beginns und des Endes der täglichen Arbeitszeit und der Pausen, nicht aber bei der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage vorsehe.
Das Arbeitsgericht hat dem bei ihm allein gestellten Hauptantrag stattgegeben. Die Beschwerde des Hauptquartiers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt das Hauptquartier seinen Abweisungsantrag weiter. Die Hauptbetriebsvertretung beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
In der Rechtsbeschwerdeinstanz hat das Hauptquartier ein vom Air Commodore G unterzeichnetes Schreiben vom 4. Juli 1990 vorgelegt, in dem es in der deutschen Übersetzung auszugsweise heißt:
"...
2. Die Frage der Schichtarbeit für Feuerwehrleu-
te in diesem Befehlsbereich ist schon seit
langem ein strittiges Problem, besonders die
von einigen Feuerwehrleuten gearbeitete oder
gewünschte 24-Stunden-Schicht. Eine derartig
lange Schicht ohne die Zusicherung einer an-
gemessenen Ruhezeit während des Flugbetriebes
spricht gegen die Fähigkeit von Feuerwehrleu-
ten, den Erfordernissen bei Flugzeugabstür-
zen/Rettungen gerecht zu werden. Gemäß
Abs. 6 a der o. a. Bezugsstelle habe ich ent-
schieden, daß im Interesse der Erfüllung der
Verteidigungspflichten der Royal Air Force
Germany 24-Stunden-Schichten nicht auf DECL
Feuerwehrleute, die bei der RAF Germany bei
Flugzeugabstürzen/Rettungsaufgaben eingesetzt
werden, anwendbar sind. Gleichzeitig gibt es
anerkannte organisatorische Beschränkungen,
die die Übernahme einer einfachen 12-Stunden-
Schicht nicht zulassen.
3. Daher darf mit Wirkung vom 1. August 1990
kein Feuerwehrmann eine planmäßige Schicht
von mehr als 15 Stunden arbeiten; wo kein
Flugbetrieb herrscht und wo örtliche Verhält-
nisse es zulassen, kann eine 24-Stunden-
Schicht an Samstagen, Sonntagen und Feierta-
gen ausnahmsweise gearbeitet werden."
Das Hauptquartier ist der Ansicht, damit sei das vorliegende Beschlußverfahren gegenstandslos geworden. Es fehle das Rechtsschutzinteresse der HBV an der begehrten Entscheidung. Das Verfahren sei deshalb erledigt. Die antragstellende HBV hat das Verfahren nicht für erledigt erklärt und meint, das Schreiben vom 4. Juli 1990 lasse weder ihr Rechtsschutzinteresse noch ihr Mitbestimmungsrecht entfallen.
B. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
I. Der Senat hatte in der Sache selbst zu entscheiden. Die Erledigungserklärung des Hauptquartiers und sein diesbezüglicher Antrag "das Verfahren ist erledigt" sind rechtlich unbeachtlich. Nach § 83 a ArbGG, der im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend gilt (§ 95 Satz 4 ArbGG), kann das Verfahren beendet werden durch eine übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten (§ 83 a Abs. 1 ArbGG) oder durch eine einseitige Erledigungserklärung des Antragstellers (§ 83 a Abs. 3 ArbGG, vgl. dazu Senatsbeschluß vom 26. April 1990 - 1 ABR 79/89 - EzA § 83 a ArbGG 1979 Nr. 1, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt). Die Erledigungserklärung eines anderen Beteiligten als des Antragstellers ist dagegen für die Beendigung des Verfahrens ohne Bedeutung (Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 83 a Rz 24; Grunsky, ArbGG, 6. Aufl., § 83 a Rz 9; vgl. auch Senatsbeschluß vom 6. Oktober 1978 - 1 ABR 75/76 - AP Nr. 2 zu § 101 BetrVG 1972, zu II 3 der Gründe, mit zust. Anm. Dütz).
II. Der Hauptantrag der HBV ist zulässig.
1. Die HBV ist berechtigt, im Beschlußverfahren vor den Arbeitsgerichten die Feststellung zu beantragen, daß ihr in einer bestimmten Angelegenheit ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Ist das Mitbestimmungsverfahren gemäß § 69 Abs. 3 BPersVG in den Zuständigkeitsbereich der Stufenvertretung gelangt, so entscheiden die Stufenvertretungen im Mitbestimmungsverfahren kraft eigenen Rechts über den Inhalt der mitbestimmten Regelung im Falle einer Einigung mit der übergeordneten Dienststelle, der sie zugeordnet sind, sowie im Falle einer Nichteinigung darüber, ob die nächsthöhere Dienststelle angerufen werden soll und ob bei Abweisung des Antrages durch die oberste Dienststelle die Einigungsstelle anzurufen ist (Senatsbeschluß vom 7. August 1990 - 1 ABR 58/89 - PersR 1990, 367). Das Mitbestimmungsverfahren ist vorliegend nach Art. 56 Abs. 9 des Zusatzabkommens zum Nato-Truppenstatut ( ZA-NTS ), das auch nach der Herstellung der Einheit Deutschlands in Kraft geblieben ist (vgl. die Verordnung zu dem Notenwechsel vom 25. September 1990 zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen vom 19. Juni 1951 und zu dem Zusatzabkommen zu diesem Abkommen vom 3. August 1959 nebst zugehörigen Übereinkünften vom 28. September 1990, BGBl. II S. 1250), in Verbindung mit § 69 Abs. 3 BPersVG durch die Vorlage des Leiters der Dienststelle B an das Hauptquartier in den Zuständigkeitsbereich der HBV gelangt. Daran ändert die "Zurückverweisung" der Angelegenheit an die Dienststelle B durch den DMR zum Zwecke der Einleitung eines Mitwirkungsverfahrens nichts, da das Mitbestimmungsrecht der HBV davon unberührt bleibt. Ist zwischen HBV und der obersten Dienstbehörde streitig, ob ein Mitbestimmungsrecht besteht, entscheidet darüber nach Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS in Verbindung mit § 69 Abs. 4 BPersVG die Einigungsstelle, gegebenenfalls die Gerichte für Arbeitssachen (§ 83 BPersVG i. Verb. m. Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS , Abs. 9 des Unterzeichnungsprotokolls dazu, nicht jedoch das Hauptquartier.
Voraussetzung eines eigenen Rechts der Stufenvertretung ist allerdings, daß dem örtlichen Personalrat in der betreffenden Angelegenheit ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Der Senat hat dementsprechend in dem Beschluß vom 7. August 1990 (aaO) ein Antragsrecht der HBV auf Feststellung, daß der örtlichen Betriebsvertretung in einer bestimmten Angelegenheit ein Mitbestimmungsrecht zusteht, bejaht (ebenso BVerwG Beschluß vom 4. April 1985 - 6 P 37.82 - PersV 1987, 155). Die HBV kann aber auch ihr eigenes Mitbestimmungsrecht isoliert feststellen lassen, wenn das Mitbestimmungsverfahren in die Stufe der HBV gelangt ist. Die Voraussetzung für das Mitbestimmungsrecht der HBV, das Mitbestimmungsrecht der örtlichen Betriebsvertretung, ist dann als Vorfrage in dem Beschlußverfahren zwischen HBV und übergeordneter Dienststelle zu prüfen.
2. Der Hauptantrag der HBV ist hinreichend bestimmt i. S. von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, weil er diejenige Maßnahme des Arbeitgebers, für den die HBV ein Mitbestimmungsrecht beansprucht, so genau bezeichnet, daß mit der Entscheidung feststeht, für welchen Vorgang das Mitbestimmungsrecht bejaht oder verneint worden ist (vgl. Senatsbeschluß vom 1. August 1989 - 1 ABR 51/88 - AP Nr. 17 zu § 95 BetrVG 1972, zu B I 1 der Gründe, m. w. N.). Es ist das die von der Dienststelle B beabsichtigte Änderung der Schichtpläne für "Zivile Feuerwehrleute RAF B ", wie sie sich aus dem Schreiben der Dienststelle B vom 1. März 1989/Nr. 127 an die örtliche Betriebsvertretung ergibt. Geändert werden soll die Schichtdauer von bisher 24 auf 12 Stunden und damit zusammenhängend Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der Feuerwehrleute. Dagegen sollen die Feuerwehrleute nach wie vor an allen Wochentagen arbeiten. Desweiteren hat die HBV nicht behauptet, daß sich sonstige Bestandteile des Schichtplanes, etwa die Einteilung in die "Schichtgruppen" A, B, C geändert hätten.
3. Die HBV hat auch ein rechtliches Interesse daran, daß ihr Mitbestimmungsrecht durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird, weil die oberste Dienstbehörde - hier: das Hauptquartier - ein Mitbestimmungsrecht der HBV bestreitet, sich diese aber eines solchen ernsthaft berühmt (vgl. zum Feststellungsinteresse des Betriebsrats an der Feststellung des Bestehens eines Mitbestimmungsrechts Senatsbeschluß vom 13. Oktober 1987, BAGE 56, 197 = AP Nr. 24 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit, zu B I 3 der Gründe).
Zwar entfällt das Feststellungsinteresse, wenn ein konkreter Vorgang, der zum Verfahren geführt hat, in der Vergangenheit liegt, zur Zeit der gerichtlichen Entscheidung bereits abgeschlossen ist und keine - wenn auch nur geringe - Wahrscheinlichkeit besteht, daß sich ein gleichartiger Vorgang wiederholen kann (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 6. November 1990 - 1 ABR 34/89 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, zu B I 2 a der Gründe). Die Schichtplanänderung ist aber kein in der Vergangenheit liegender, abgeschlossener Vorgang, weil die Dienststelle B bzw. das Hauptquartier auch gegenwärtig und künftig die Schichtdauer für die Feuerwehrleute in der Dienststelle B wie im Schreiben vom 1. März 1989 angekündigt regeln wollen.
Entgegen der Ansicht des Hauptquartiers ist auch durch ihr Schreiben vom 4. Juli 1990 das Feststellungsinteresse der HBV nicht entfallen. Selbst wenn infolge dieses Schreibens das Mitbestimmungsrecht der HBV nach Abs. 6 a des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS entfallen wäre, weil zwingende Gründe der Erfüllung der Verteidigungspflichten der Truppe dem Mitbestimmungsrecht entgegenstünden, ist das eine Frage der Begründetheit, nicht der Zulässigkeit des Antrages.
III. Der Hauptantrag der HBV ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht ein Mitbestimmungsrecht der HBV bei der Änderung der Schichtdauer der zivilen Feuerwehrleute in der Dienststelle B bejaht.
1. Die Rechte der Betriebsvertretungen der zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe bestimmen sich nach Art. 56 Abs. 9 Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut und nach dem Unterzeichnungsprotokoll zu Art. 56 Abs. 9 dieses Abkommens. Danach findet grundsätzlich das Bundespersonalvertretungsgesetz vom 15. März 1974 Anwendung. Hinsichtlich der im Bundespersonalvertretungsgesetz vorgesehenen Mitbestimmungsrechte bestimmt Abs. 6 a des Unterzeichnungsprotokolls, daß das Mitbestimmungsrecht u. a. Anwendung findet "bei der Festlegung des Beginns und des Endes der täglichen Arbeitszeit und der Pausen", soweit der Mitbestimmung im Einzelfalle nicht zwingende Gründe der Erfüllung der Verteidigungspflichten der Truppe entgegenstehen.
Das Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen umfaßt auch ein Mitbestimmungsrecht bei der Änderung der Schichtdauer, da durch die Verkürzung der bisher praktizierten 24-Stunden-Schicht auf eine Tages- und Nachtschicht von jeweils 12 Stunden Dauer Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der Feuerwehrleute neu festgelegt werden. Das entspricht für die Bestimmung in § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, das ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei Dienstplänen jedenfalls dann annimmt, wenn durch einen Dienstplan Beginn und Ende der Arbeitszeit aller von dem Dienstplan betroffenen Beschäftigten in Form einer generellen Regelung festgelegt wird (BVerwG Beschluß vom 12. März 1986 - 6 P 5.85 - BVerwGE 74, 100, 104 und Beschluß vom 15. Februar 1988 - 6 P 29.85 - PersV 1988, 437; ebenso Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 75 Rz 227; Fischer/Goeres, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, in Fürst, GKÖD, Bd. V, Stand November 1990, K § 75 Rz 75; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, Stand Dezember 1990, § 75 Rz 119 a).
Für den Bereich der Betriebsverfassung, in dem nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen, hat der Senat ein umfassendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Aufstellung von Schicht- oder Dienstplänen bejaht, zu dem die Regelung aller Fragen der Schichtarbeit und die nähere Ausgestaltung des jeweiligen Schichtsystems im Detail gehören (Senatsbeschluß vom 27. Juni 1989, BAGE 62, 202 = AP Nr. 35 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit und vom 18. April 1989, BAGE 61, 305 = AP Nr. 34 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit, jeweils m. w. N.; ebenso die herrschende Meinung im Schrifttum, vgl. nur Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 16. Aufl., § 87 Rz 45; Wiese, GK-BetrVG , 4. Aufl., § 87 Rz 226 f., jeweils m. w. N.).
Allerdings hatte der Senat bislang noch keinen Anlaß, dazu Stellung zu nehmen, ob sich die Mitbestimmung des Betriebsrats bzw. des Personalrats über die Schichtdauer aus dem Mitbestimmungstatbestand "Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen" oder "Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage" oder beidem ergibt. Die Mitbestimmung des Betriebsrats bzw. des Personalrats bei der Schichtdauer folgt bereits aus dem Mitbestimmungstatbestand "Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen", da die Schichtdauer nichts anderes ist als die Addition der Arbeitszeit vom Beginn der täglichen Arbeitszeit bis zu deren Ende, eventuell unter Einschluß von Pausen. Eines Rückgriffs auf den Mitbestimmungstatbestand "Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage" bedarf es jedenfalls dann nicht, wenn dem Schichtplan bereits vorgegeben ist, daß an allen Wochentagen gearbeitet wird, jeder Arbeitnehmer an jedem Wochentag zur Arbeitsleistung herangezogen wird und der Betriebsrat bzw. Personalrat diese Vorgabe nicht angreift. Deshalb ist es für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung, ob Abs. 6 a des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut entsprechend dem Vertragstext nur ein Mitbestimmungsrecht der Betriebsvertretung bei der Festlegung des Beginns und des Endes der täglichen Arbeitszeit und der Pausen oder auch ein Mitbestimmungsrecht über die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage enthält. Im Bereich der Feuerwehr der Dienststelle B ist in der Vergangenheit und soll nach der Schichtplanänderung auch in der Zukunft an allen Wochentagen gearbeitet werden. Ferner sollen wie bislang alle Feuerwehrleute an allen Wochentagen herangezogen werden. Daß die HBV daran etwas ändern möchte, hat sie selbst nicht behauptet. Der Streit der Beteiligten geht allein darum, ob die Schichtdauer an allen Wochentagen von 24 auf 12 Stunden verkürzt und wie Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit an allen Wochentagen festgelegt werden. Es kann deshalb offenbleiben, ob die Reichweite des Mitbestimmungsrechts der Betriebsvertretungen nach Abs. 6 a des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut mit der Reichweite des Mitbestimmungsrechts des Personalrats nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG übereinstimmt oder nach der Vereinbarung zur Änderung des Unterzeichnungsprotokolls zum Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut vom 18. Mai 1981 - ratifiziert durch Gesetz vom 12. Mai 1982 (BGBl. II S. 530) - ein Mitbestimmungsrecht der Betriebsvertretungen über die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage nicht mehr angenommen werden kann (vgl. Senatsbeschluß vom 7. August 1990, aaO, zu B 3 der Gründe).
2. Dem Mitbestimmungsrecht der HBV stehen auch nicht zwingende Gründe der Erfüllung der Verteidigungspflichten der Truppe entgegen.
Nach Abs. 6 a des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut ist das Mitbestimmungsrecht der Betriebsvertretungen ausgeschlossen, soweit ihm im Einzelfalle zwingende Gründe der Erfüllung der Verteidigungspflichten der Truppe entgegenstehen. Über das Vorliegen solcher Gründe entscheidet nach Abs. 6 a des Unterzeichnungsprotokolls im Streitfalle das Hauptquartier durch schriftliche, dem Vorsitzenden der betreffenden Betriebsvertretung zuzustellende Erklärung. Daß das Hauptquartier eine solche Entscheidung getroffen hat, ist neuer Tatsachenvortrag in der Rechtsbeschwerdeinstanz und hat deshalb nicht berücksichtigt werden können. Abgesehen davon ist das Schreiben des Hauptquartiers vom 4. Juli 1990 keine Erklärung nach Abs. 6 a des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut . Es muß nicht abschließend entschieden werden, in welchem Umfange eine Erklärung eines Hauptquartiers nach Abs. 6 a des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut durch die deutschen Gerichte für Arbeitssachen überprüfbar ist. Da die deutschen Arbeitsgerichte nach Abs. 9 des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut über das Bestehen von Mitbestimmungsrechten der Betriebsvertretungen zu entscheiden haben, liegt in ihrer Entscheidungskompetenz zumindest die Frage, ob eine das Mitbestimmungsrecht ausschließende Erklärung des Hauptquartiers i. S. von Abs. 6 a des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut vorliegt. Sinn und Zweck des Ausschlusses der Mitbestimmung der Betriebsvertretungen im Einzelfalle bei Entgegenstehen zwingender Gründe der Erfüllung der Verteidigungspflichten der Truppe ist es, in solchen Fällen die Regelung der streitigen Angelegenheit der Truppe bzw. deren Dienststellen selbst zu überlassen, um die Erfüllung der Verteidigungspflichten der Truppe zu gewährleisten. Zwingende Gründe der Erfüllung der Verteidigungspflichten der Truppe können der Mitbestimmung der Betriebsvertretungen über eine streitige Angelegenheit deshalb nur dann entgegenstehen, wenn das Hauptquartier oder die örtliche Dienststelle zur Gewährleistung der Erfüllung der Verteidigungspflichten der Truppe die streitige Angelegenheit selbst inhaltlich abschließend regelt (so zur vergleichbaren Problematik des Tarifvorrangs nach § 87 Abs. 1 BetrVG Senatsbeschluß vom 18. April 1989, BAGE 61, 296 = AP Nr. 18 zu § 87 BetrVG 1972 Tarifvorrang, m. w. N.).
Gerade das hat das Hauptquartier nicht getan. Es hat nicht dargelegt, weshalb im vorliegenden Einzelfall dem Mitbestimmungsrecht zwingende Gründe der Erfüllung von Verteidigungspflichten entgegenstehen, sondern für alle Dienststellen angeordnet, daß ab 1. August 1990 Feuerwehrleute bei Flugbetrieb keine Schicht von mehr als 15 Stunden arbeiten dürfen, aber auch organisatorische Gründe gegen 12-Stunden-Schichten sprechen könnten. Von einer Erklärung i.S. von Abs. 6 a des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 ZA zum Nato-Truppenstatut wäre im übrigen zu verlangen, daß eine substantiierte Begründung dafür gegeben wird, weshalb zwingende Gründe der Erfüllung der Verteidigungspflichten der Mitbestimmung im konkreten Falle entgegenstehen, damit den Gerichten eine Mißbrauchskontrolle ermöglicht wird. Im vorliegenden Falle läge - käme es darauf an - der Verdacht des Mißbrauchs nicht ganz fern, da die Feuerwehrleute immerhin mehr als zwölf Jahre auf einem Militärflugplatz in 24-Stunden-Schichten Dienst taten, dies auf allen Militärflugplätzen der US-Streitkräfte in Deutschland noch so ist und das Hauptquartier sich erst auf "zwingende Gründe der Erfüllung von Verteidigungspflichten" berufen hat, nachdem es in beiden Vorinstanzen unterlegen war.
3. Das Mitbestimmungsrecht der HBV ist auch nicht durch eine tarifliche Regelung ausgeschlossen (Abs. 6 a des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut i. Verb. m. § 75 Abs. 3 Eingangshalbsatz BPersVG). Eine tarifliche Regelung, die die Schichtarbeit der Feuerwehrleute der Dienststelle B verbieten oder eine bestimmte Schichtdauer vorschreiben würde, besteht nicht. Für das zivile Feuerwehrpersonal bei Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte gelten die Sonderbestimmungen P ( = Anhang P) zum Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TVAL II). Diese treffen keine Regelung über die Schichtarbeit. Zwar erklärt Ziff. 9 der Sonderbestimmungen P § 14 TVAL II, der eine Definition von Schicht und Wechselschicht enthält, für nicht anwendbar. Das beruht aber darauf, daß die Sonderbestimmungen P überhaupt nur Anwendung finden auf Beschäftigte, deren Arbeitszeit über die regelmäßige Arbeitszeit des § 9 TVAL II hinaus ausgedehnt ist und für die die von der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 9 TVAL II ausgehende Schichtdefinition in § 14 TVAL II deshalb u. U. (z. B. für eine 24-Stunden-Schicht ) nicht paßt. Ein Verbot der Schichtarbeit läßt sich dem, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, nicht entnehmen. Die Tarifvertragsparteien verwenden vielmehr in den Sonderbestimmungen P mehrfach den Begriff "Arbeitsschicht" (vgl. z. B. Ziff. 4 a, 4 b Abs. 1, 4 d, 8 b der Sonderbestimmungen P) und gehen daher ersichtlich von der Zulässigkeit von Schichtarbeit aus.
4. Da der Hauptantrag der HBV erfolgreich war, hatte der Senat über den Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.
Dr. Kissel Matthes Dr. Weller
Mager Paschen
Fundstellen
DB 1991, 1734 (LT1) |
NZA 1991, 783-784 (LT1) |
RdA 1991, 255 |
AP § 75 BPersVG (LT1), Nr 32 |
AR-Blattei, ES 1500 Nr 52 (LT1) |
AR-Blattei, Stationierungsstreitkräfte Entsch 52 (LT1) |
EzA § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit, Nr 47 (LT1) |
PersR 1991, 310-312 (LT) |