Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung einer Kassiererin im Einzelhandel
Orientierungssatz
1. Auslegung der §§ 2 und 3 des allgemeinverbindlichen Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel in Nordrhein- Westfalen vom 15.5.1985 (GTV).
2. Die Tätigkeit des Kassierers gehört zum Berufsbild des Verkäufers und ist damit eine kaufmännische Berufstätigkeit. Der Kassierer ist im tariflichen Sinn "im Verkauf" tätig (§ 2 Abs 3 Buchst b GTV).
3. Alle Arbeitnehmer mit abgeschlossener kaufmännischer Berufsausbildung oder einer Gleichsetzung sind nach Gehaltsgruppe I (§ 3 Abschn A Abs 2 GTV) einzugruppieren.
4. Bestehen im Fall einer Tariflücke mehrere Möglichkeiten der Lückenschließung, kann der Senat die Lücke nicht schließen, ansonsten griffe er in die Tarifautonomie ein.
5. Der übertarifliche Lohnbestandteil (hier Zulage) verringert sich bei Tariflohnerhöhungen mangels gegenteiliger vertraglicher Vereinbarung automatisch um den Betrag der Tariflohnerhöhung.
Normenkette
TVG § 1 Fassung 1969-08-25, § 5 Abs. 4 Fassung 1969-08-25, § 4 Abs. 1 S. 1 Fassung 1969-08-25
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 15.10.1987; Aktenzeichen 3 Sa 696/87) |
ArbG Siegburg (Entscheidung vom 14.05.1987; Aktenzeichen 1 Ca 561/86) |
Tatbestand
Die 30-jährige Klägerin ist gelernte Hundepflegerin und besitzt keine kaufmännische Berufsausbildung. Sie war bei der Firma D in B vom 15. Juli 1981 bis 31. Januar 1982 und bei der Firma H vom 1. Juli 1982 bis 20. März 1984 als Kassiererin beschäftigt. Seit 1. Mai 1984 steht sie in den Diensten der Beklagten, die ein Einzelhandelsunternehmen betreibt, und wird als "Kassiererin/Kassenwesen" beschäftigt. Ihre regelmäßige Arbeitszeit betrug bis 31. Oktober 1985 durchschnittlich 128,83 Stunden im Monat. Für die Zeit ab 1. November 1985 haben die Parteien eine regelmäßige Arbeitszeit von durchschnittlich 126,66 Stunden im Monat vereinbart. Im Klagezeitraum (Juni 1985 bis Januar 1986) erhielt die Klägerin Gehalt nach der Gehaltsgruppe G I/2. Berufsjahr des allgemeinverbindlichen Gehaltstarifvertrags für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen vom 15. Mai 1985 (GTV).
Mit Schreiben vom 21. März 1985 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß sich ihr monatliches Bruttogehalt mit Wirkung vom 1. Juli 1985 wie folgt zusammensetzt:
(173 Std.) (128,83 Std.)
Tarifgehalt G I/2 DM 1.432,-- DM 1.066,38
Freiwillige, jeder-
zeit widerrufliche
und auf Tarif- und
Berufsjahressteige-
rungen anrechenbare
Zulage DM 398,-- DM 296,23
nicht anrechenbare
Zulage DM DM
Mankogeldzulage 70,-- 52,13
----------- -----------
Bruttogehalt DM 1.900,-- DM 1.414,74
=========== ===========
In einem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 7. November 1985, der für die Zeit ab 1. November 1985 abgeschlossen wurde, heißt es:
Das Gehalt setzt sich wie folgt zusammen:
Tarifgruppe: G I/2
Vollzeit Teilzeit
Tarifgehalt DM 1.432,-- DM 1.048,48
Freiwillige, jeder-
zeit widerrufliche
und auf Tarif- und
Lohnerhöhung anre-
chenbare Zulage DM 398,-- DM 291,41
Mankogeldzulage 70,-- 51,25
----------- ----------
Bruttogehalt DM 1.900,-- DM 1.391,14
=========== ===========
Die Klägerin begehrt mit der Klage für die Zeit von Juni 1985 bis einschließlich Januar 1986 die Differenz zwischen dem Tarifgehalt der Gehaltsgruppe B I/2 und dem Tarifgehalt der Gehaltsgruppe B II/2. Tätigkeitsjahr. Sie hat vorgetragen, sie erfülle die Merkmale der Gehaltsgruppe B II, da sie im Sinne des Tätigkeitsbeispiels dieser Gehaltsgruppe Kassiererin mit gehobener Tätigkeit sei. Auch die allgemeinen Merkmale der Gehaltsgruppe B II (erweiterte Fachkenntnisse und eine größere Verantwortung) würden von ihr erfüllt. Sie sei nach den Merkmalen für Angestellte mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung einzugruppieren, da sie vor ihrer Tätigkeit bei der Beklagten eine kaufmännische Berufstätigkeit überwiegend im Verkauf von mehr als drei Jahren aufzuweisen habe und daher nach § 2 Abs. 3 Buchst. b) GTV einem Angestellten mit abgeschlossener kaufmännischer Berufsausbildung gleichzusetzen sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Kläge-
rin 2.942,23 DM brutto nebst 4 % Zinsen
seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die Klägerin sei als Angestellte ohne abgeschlossene kaufmännische Ausbildung nach den Bestimmungen des GTV nicht nach Abschnitt B, sondern nach der Gehaltsgruppe des Abschnitts A einzugruppieren. Als Kassiererin sei sie bei ihren früheren Arbeitgebern nicht überwiegend im Verkauf tätig gewesen. Daher könne sie erst nach einer kaufmännischen Berufstätigkeit von vier Jahren einem Angestellten mit abgeschlossener kaufmännischer Berufsausbildung gleichgestellt und dann nach Abschnitt B des GTV eingruppiert werden. Eine vierjährige kaufmännische Berufstätigkeit habe die Klägerin aber erst mit Ablauf des Monats Januar 1986 erreicht, so daß sie für den Klagezeitraum kein Gehalt nach den Gehaltsgruppen des Abschnitts B beanspruchen könne. Selbst wenn die Klägerin die Gleichsetzungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 3 Buchst. b) GTV erfüllte, sei sie nur nach Gehaltsgruppe B I einzugruppieren, nach der die Beklagte sie vergüte. Nach Erreichen der Gleichsetzungsvoraussetzungen erfolge gemäß § 3 Abschnitt A Abs. 2 GTV die Einstufung in dasjenige Berufsjahr der Gehaltsgruppe B I, das dem Berufsjahr folge, von welchem bei Aufnahme der Tätigkeit die bisherigen Abschläge errechnet worden seien. Daraus ergebe sich, daß die Klägerin nur nach Gehaltsgruppe B I eingruppiert werden könne. Darüber hinaus erfülle sie auch nicht die Merkmale der Gehaltsgruppe B II. Sie übe keine gehobene Kassierertätigkeit aus. Erweiterte Fachkenntnisse und größere Verantwortung im tariflichen Sinne erfordere ihre Tätigkeit nicht.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. In der Berufungsinstanz ermäßigte die Klägerin die Klageforderung um 12,46 DM. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte zur Zahlung von 2.929,77 DM verurteilt wurde.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Revision unter Beschränkung des Zinsanspruchs auf den Nettobetrag.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und zur Klageabweisung. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, daß ihr die Beklagte 2.929,77 DM als Restgehalt für die Zeit von Juni 1985 bis Januar 1986 zahlt. Denn entgegen der Auffassung der Klägerin steht ihr kein Gehalt nach Gehaltsgruppe B II GTV zu. Vielmehr kann sie nach den tariflichen Bestimmungen nur Gehalt nach der Gehaltsgruppe B I/4. Berufsjahr beanspruchen. Eine dieser Gehaltsgruppe und dem 4. Berufsjahr entsprechende Vergütung hat die Beklagte der Klägerin aber gezahlt.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der allgemeinverbindliche Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen vom 15. Mai 1985 (GTV) mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 5 Abs. 4, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Folgende Bestimmungen des GTV sind für die Eingruppierung der Klägerin heranzuziehen:
§ 2
Gehaltsregelung
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(1) Die Angestellten sind nach der von ihnen
tatsächlich verrichteten Tätigkeit in
eine der nachstehenden Beschäftigungsgrup-
pen einzugliedern. Die unter den Gehalts-
gruppen aufgeführten Beispiele gelten als
Richtbeispiele.
(2) Die Gehaltsgruppen I - IV der Beschäfti-
gungsgruppen B des § 3 umfassen die kauf-
männischen Tätigkeiten, für die in der
Regel eine abgeschlossene kaufmännische
Berufsausbildung (zwei- bzw. dreijährige
Ausbildungszeit mit Abschlußprüfung)
erforderlich ist.
(3) Der abgeschlossenen kaufmännischen Berufs-
ausbildung (zweijährige Ausbildungszeit
mit Abschlußprüfung "Verkäufer/in") wer-
den gleichgesetzt:
.....
b) eine kaufmännische Berufstätigkeit
überwiegend im Verkauf von drei Jah-
ren, im übrigen von vier Jahren;
.....
Ist eine Gleichsetzung erfolgt, so werden
die in diesem Beruf zurückgelegten Berufs-
bzw. Tätigkeitsjahre angerechnet, wenn
die Beschäftigung entsprechend dem erlern-
ten Beruf erfolgt.
.....
(7) Bei Versetzung in eine höhere Gehalts-
gruppe erhalten die Angestellten das ihrem
bisherigen Tarifgehalt folgende höhere
Tarifgehalt der neuen Gehaltsgruppe; die
dem höheren Gehalt entsprechenden Jahre
der Tätigkeit gelten in diesen Fällen als
zurückgelegt.
Angestellte, die von Gehaltsgruppe I nach
Gehaltsgruppe II umgruppiert werden, dür-
fen auch in den folgenden Tätigkeitsjahren
nicht schlechter gestellt sein, als wenn
sie in Gehaltsgruppe I verblieben wären.
§ 3
Beschäftigungsgruppen
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A. Angestellte ohne abgeschlossene kaufmän-
nische Ausbildung
(1) Angestellte ohne abgeschlossene kaufmän-
nische Ausbildung oder Angestellte, die
die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 a), b)
oder c) nicht erfüllen, erhalten
im 1. Jahr der Tätigkeit 80 %
im 2. Jahr der Tätigkeit 85 %
im 3. Jahr der Tätigkeit 90 %
im 4. Jahr der Tätigkeit 95 %
ab 1.4.1985 ab 1.4.1986
bei Aufnahme der
Tätigkeit
vor vollendetem
18. Lebensjahr DM 1.422,-- DM 1.452,--
nach vollendetem
18. Lebensjahr DM 1.463,-- DM 1.494,--
nach vollendetem
25. Lebensjahr DM 1.618,-- DM 1.652,--
(2) Mit Beginn des 4. Tätigkeitsjahres der in
§ 2 Abs. 3 a) und 3 c) genannten Arbeitneh-
mer bzw. mit Beginn des 4. oder 5. Tätig-
keitsjahres der in § 2 Abs. 3 b) genannten
Arbeitnehmer erfolgt die Einstufung in das-
jenige Berufsjahr der Gehaltsgruppe B I,
das dem Berufsjahr folgt, von welchem bei
Aufnahme der Tätigkeit die bisherigen
Abschläge errechnet wurden. .....
.....
B. Angestellte mit abgeschlossener kaufmän-
nischer Ausbildung
(1) Angestellte, die eine zweijährige Ausbil-
dung mit Abschlußprüfung nach dem vom
Bundesminister für Wirtschaft im Einver-
nehmen mit dem Bundesminister für Arbeit
und Sozialordnung durch Erlaß vom 27. März
1968 staatlich anerkannten Berufsbild
"Verkäufer" nachweisen, erhalten nach der
Abschlußprüfung das Entgelt des ersten
Berufsjahres der Gehaltsgruppe I.
(2) Bei Angestellten, die eine dreijährige
Ausbildung mit Abschlußprüfung nach dem
vom Bundesminister für Wirtschaft im Ein-
vernehmen mit dem Bundesminister für
Arbeit und Sozialordnung durch Erlaß vom
27. März 1968 staatlich anerkannten Berufs-
bild "Einzelhandelskaufmann" nachweisen,
gelten nach erfolgreicher Abschlußprüfung
das erste und zweite Berufsjahr als zurück-
gelegt. Sie erhalten nach der Abschlußprü-
fung das Entgelt des 3. Berufsjahres der
Gehaltsgruppe I. Diese Vorschrift gilt
entsprechend für Angestellte, die eine
dreijährige Ausbildung nach einem anderen
kaufmännischen Berufsbild aus dem Bereich
Einzelhandel mit der Abschlußprüfung
erfolgreich nach Inkrafttreten dieses
Tarifvertrages abgeschlossen haben. Ein-
stufungen, die nach Tarifverträgen vorge-
nommen wurden, welche vor dem 1.4.1979
gültig waren, bleiben unberührt.
Gehaltsgruppe I
---------------
Angestellte mit einfacher kaufmännischer Tätig-
keit
Beispiele:
----------
.....
Kassierer mit einfacher Tätigkeit
.....
ab 1.4.1985 ab 1.4.1986
1. Berufsjahr DM 1.422,-- DM 1.452,--
2. Berufsjahr DM 1.432,-- DM 1.462,--
3. Berufsjahr DM 1.463,-- DM 1.494,--
4. Berufsjahr DM 1.485,-- DM 1.516,--
5. Berufsjahr DM 1.618,-- DM 1.652,--
6. Berufsjahr DM 1.876,-- DM 1.915,--
7. Berufsjahr DM 2.091,-- DM 2.135,--
Gehaltsgruppe II
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Angestellte mit einer Tätigkeit, die erwei-
terte Fachkenntnisse und eine größere Ver-
antwortung erfordern
Beispiele:
----------
.....
Kassierer mit gehobener Tätigkeit
.....
ab 1.4.1985 ab 1.4.1986
1. und 2. Jahr
der Tätigkeit DM 1.923,-- DM 1.963,--
3. bis 5. Jahr
der Tätigkeit DM 2.151,-- DM 2.196,--
nach dem 5.
Jahr der Tätig-
keit DM 2.541,-- DM 2.594,--
Die Klägerin besitzt keine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung. Deshalb kann sie nach den Gehaltsgruppen des Abschnitts B des § 3 GTV nur dann eingruppiert werden, wenn sie die Voraussetzungen für die Gleichsetzung mit einer abgeschlossenen kaufmännischen Berufsausbildung im Sinne von § 2 Abs. 3 GTV erfüllt. Danach kommt für die Klägerin eine Gleichsetzung mit einer abgeschlossenen kaufmännischen Berufsausbildung nur nach § 2 Abs. 3 Buchst. b) GTV in Betracht. Nach dieser tariflichen Bestimmung wird der abgeschlossenen kaufmännischen Berufsausbildung gleichgesetzt "eine kaufmännische Berufstätigkeit überwiegend im Verkauf von drei Jahren, im übrigen von vier Jahren". Vor Beginn des Arbeitsverhältnisses der Parteien war die Klägerin 27 Monate und fünf Tage (15. Juli 1981 bis 31. Januar 1982, 1. Juli 1982 bis 20. März 1984) als Kassiererin bei anderen Firmen beschäftigt. Damit erfüllte sie nach Beginn ihrer Tätigkeit bei der Beklagten am 25. Januar 1985 (+ 8 Monate und 25 Tage seit 1. Mai 1984) das Merkmal einer kaufmännischen Berufstätigkeit überwiegend im Verkauf von drei Jahren.
Die Tätigkeit des Kassierers gehört zum Berufsbild des Verkäufers und ist damit eine kaufmännische Berufstätigkeit. In dem vom Bundesminister für Wirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen Erlaß vom 27. März 1968 - II B 5-403022-16 - über die staatliche Anerkennung der Ordnungsmittel für die Ausbildungsberufe Verkäufer (in) und Einzelhandelskaufmann ist in dem Abschnitt "Verbindlicher Inhalt der betrieblichen Ausbildung" unter Nummer 9 aufgeführt: "Abrechnen der Waren beim Verkauf-Kassenverkehr". Deshalb kann die Tätigkeit eines Kassierers unbedenklich als kaufmännische Berufstätigkeit angesehen werden. Das stellt auch die Beklagte nicht in Abrede.
Die Beklagte meint jedoch, ein Kassierer sei nicht im tariflichen Sinne "im Verkauf" tätig, weil er nur einen kleinen Teilbereich der Aufgaben eines Verkäufers ausübe. Mit "im Verkauf" im tariflichen Sinne sei nur der Verkäufer gemeint. Dieser Auffassung ist das Landesarbeitsgericht mit Recht nicht gefolgt. § 2 Abs. 3 Buchst. b) GTV setzt gerade nicht voraus, daß eine kaufmännische Berufstätigkeit als Verkäufer vorliegt, sondern nur eine Berufstätigkeit "im Verkauf". Dies bedeutet, daß es genügt, wenn der Angestellte irgendeine Tätigkeit ausübt, die zum Berufsbild des Verkäufers gehört. Dann ist er im Verkauf tätig. Das Landesarbeitsgericht weist insoweit auch zutreffend darauf hin, daß die Klägerin als Kassiererin nicht nur das Merkmal "Abrechnen der Waren beim Verkauf-Kassenverkehr", sondern auch die weiteren Merkmale "Einführung in Waren eines Fachbereichs (Bedarfs- oder Warengruppe)" und "Einführung in den Zahlungsverkehr", die zum Berufsbild eines Verkäufers gehören (Nummer 2 und 13 des angeführten Erlasses des Bundesministers für Wirtschaft vom 27. März 1968), erfüllt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Merkmal "im Verkauf" im Sinne des § 2 Abs. 3 Buchst. b) GTV nicht überflüssig, wenn man hierfür irgendeine Tätigkeit aus dem Berufsbild des Verkäufers ausreichen läßt. Es gibt nämlich auch kaufmännische Berufstätigkeiten, die überhaupt nichts mit dem Berufsbild des Verkäufers zu tun haben, z. B. die Tätigkeit eines Buchhalters. Dieser erfüllt das Merkmal "kaufmännische Berufstätigkeit", ist aber nicht "im Verkauf" tätig, so daß die Regelung des § 2 Abs. 3 Buchst. b) GTV mit den beiden Voraussetzungen "kaufmännische Berufstätigkeit" und "im Verkauf" durchaus ihren Sinn behält. Damit hatte die Klägerin nach Beginn ihrer Tätigkeit im Betrieb der Beklagten am 25. Januar 1985 die Voraussetzungen für eine Gleichsetzung mit der abgeschlossenen kaufmännischen Berufsausbildung erfüllt, so daß sie in eine Gehaltsgruppe des Abschnitts B des GTV einzugruppieren war.
Die Eingruppierung der Angestellten richtet sich zwar nach der von ihnen tatsächlich verrichteten Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 GTV), die Tarifvertragsparteien haben jedoch für die Zeit nach Abschluß einer kaufmännischen Berufsausbildung oder einer ihr gleichgesetzten Tätigkeit ausnahmslos und ausschließlich eine Eingruppierung des Angestellten in die Gehaltsgruppe I vorgesehen. Für Angestellte mit einer abgeschlossenen kaufmännischen Berufsausbildung zum Verkäufer und zum Einzelhandelskaufmann heißt es in § 3 Abschnitt B Abs. 1 und 2 GTV ausdrücklich, daß diese nach der Abschlußprüfung das Entgelt des 1. bzw. 3. Berufsjahres der Gehaltsgruppe I erhalten. Für die Gleichgesetzten bestimmt § 3 Abschnitt A Abs. 2 GTV, daß sie nach Erfüllung der Gleichsetzung in dasjenige Berufsjahr der Gehaltsgruppe B I einzustufen sind, das dem Berufsjahr folgt, von dem bei Aufnahme der Tätigkeit die bisherigen Abschläge errechnet wurden. Die Tarifvertragsparteien sehen damit für alle Arbeitnehmer mit abgeschlossener kaufmännischer Berufsausbildung oder einer Gleichsetzung die Eingruppierung in die Gehaltsgruppe I vor. Daran sind die Gerichte für Arbeitssachen gebunden.
Unter welchen Voraussetzungen ein Aufstieg aus der Gehaltsgruppe I in eine höhere Gehaltsgruppe möglich ist, haben die Tarifvertragsparteien nicht geregelt. Insoweit ist von einer Tariflücke auszugehen. Diese Tariflücke kann der Senat jedoch nicht schließen. Handelt es sich um eine bewußte Tariflücke, wogegen allerdings alles spricht, dürfte der Senat die Lücke schon deswegen nicht schließen, weil die Tarifvertragsparteien die Lücke gewollt haben. Handelt es sich dagegen um eine unbewußte Tariflücke, ist es dem Senat verwehrt, die Tariflücke zu schließen, weil mehrere Möglichkeiten zur Schließung der Tariflücke bestehen, die billigem Ermessen entsprechen und keine sicheren Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, wie die Tarifvertragsparteien die Lücke geschlossen hätten (BAGE 36, 218, 225 = AP Nr. 19 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten). Im vorliegenden Fall wäre es z. B. denkbar, daß die Tarifvertragsparteien bestimmten, daß im ersten Jahr nach Abschluß der Berufsausbildung bzw. Erfüllung der Gleichsetzungsvoraussetzungen die Angestellten wegen mangelnder Berufserfahrung stets nach Gehaltsgruppe I einzugruppieren sind und erst danach eine Eingruppierung nach den Tätigkeitsmerkmalen in Betracht kommt. Eine solche Regelung wäre nicht unbillig und würde im vorliegenden Fall ebenfalls zur Klageabweisung führen. Es sind aber auch andere Möglichkeiten denkbar, die der Billigkeit entsprechen, z. B. Eingruppierung nach den Tätigkeitsmerkmalen, wenn dem Arbeitnehmer eine neue Tätigkeit zugewiesen wird, oder dann, wenn der Arbeitnehmer alle sieben Berufsjahre der Gehaltsgruppe I durchlaufen hat. Da mehrere Möglichkeiten zur Lückenschließung bestehen, kann der Senat die Lücke nicht schließen, weil er damit in die verfassungsrechtlich gewährleistete Tarifautonomie eingriffe.
Daran ändert auch nichts, daß nach § 2 Abs. 1 GTV die Angestellten nach der von ihnen tatsächlich verrichteten Tätigkeit in eine der Beschäftigungsgruppen des § 3 GTV einzugruppieren sind. Für die Zeit nach Abschluß der Berufsausbildung bzw. der Erfüllung der Gleichsetzungsvoraussetzungen haben die Tarifvertragsparteien jedenfalls bestimmt, daß der Angestellte ausschließlich Gehalt der Gehaltsgruppe I GTV bezieht. Insoweit haben sie § 2 Abs. 1 GTV modifiziert. Daher ist es unerheblich, ob die Klägerin die Merkmale eines Kassierers mit gehobener Tätigkeit im Sinne der Gehaltsgruppe II GTV erfüllt.
Übersehen wird allerdings von beiden Parteien, daß die Klägerin bei einer Eingruppierung nach Gehaltsgruppe I nicht nach dem zweiten Berufsjahr zu vergüten ist, sondern im Klagezeitraum nach dem vierten Berufsjahr. Daraus ergeben sich jedoch keine weitergehenden Ansprüche der Klägerin, weil das von der Beklagten gewährte Gehalt die Vergütung nach Gehaltsgruppe I/4. Berufsjahr überstieg. Die Eingruppierung der Klägerin nach Gehaltsgruppe I/4. Berufsjahr folgt aus § 3 Abschnitt A Abs. 2 GTV. Danach ist der Angestellte, der nach dreijähriger Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 Buchst. b) GTV einem Angestellten mit abgeschlossener kaufmännischer Berufsausbildung gleichgesetzt ist, mit Beginn des 4. Tätigkeitsjahres in dasjenige Berufsjahr der Gehaltsgruppe B I einzugruppieren, das dem Berufsjahr folgt, von welchem bei Aufnahme der Tätigkeit die bisherigen Abschläge errechnet wurden. Bei Aufnahme der kaufmännischen Berufstätigkeit der Klägerin im Jahre 1981 hatte sie das 18. Lebensjahr vollendet, war aber noch nicht 25 Jahre alt. Danach erhielt sie damals gemäß § 3 Abschnitt A Abs. 1 GTV anteiliges Gehalt von 1.463,-- DM (Stand: 1985). Der Betrag von 1.463,-- DM entspricht dem 3. Berufsjahr der Gehaltsgruppe I. Infolgedessen war sie nach Erfüllung der Gleichsetzungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 3 Buchst. b) GTV nach dem 4. Berufsjahr zu vergüten. Danach hatte die Klägerin bei Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der Beklagten eine kaufmännische Berufstätigkeit von 27 Monaten und fünf Tagen (10. Juli 1981 bis 31. Januar 1982 und 1. Juli 1982 bis 20. März 1984) aufzuweisen. Am 25. Januar 1985 hatte sie das 3. Berufsjahr vollendet und war nunmehr in die Gehaltsgruppe B I im 4. Berufsjahr eingruppiert. Demgemäß richtet sich ihre tarifliche Mindestvergütung für den Klagezeitraum bis 25. Januar 1986 entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nach der Gehaltsgruppe B I/2. Berufsjahr, sondern nach der Gehaltsgruppe B I/4. Berufsjahr. Ab 25. Januar 1986 stand der Klägerin Gehalt nach der Gehaltsgruppe B I/5. Berufsjahr zu.
Danach betrug das Tarifgehalt der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni 1985 bis 31. Oktober 1985 1.105,36 DM (1.485,-- DM : 173 x 128,83). Nach der Verkürzung der Arbeitszeit der Klägerin auf 126,66 Stunden ab 1. November 1985 betrug ihr Tarifgehalt für die Zeit vom 1. November 1985 bis 31. Dezember 1985 1.086,74 DM (1.485,-- DM : 173 x 126,66). Nach der Verkürzung der Arbeitszeit für die vollzeitbeschäftigten Angestellten erhalten diese ihr Tarifgehalt für 167 Arbeitsstunden monatlich ab 1. Januar 1986. Demzufolge betrug das Tarifgehalt der Klägerin für Januar 1986 1.126,01 DM (1.485,-- DM : 167 x 126,66). Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Vorinstanzen wirkt sich die Erhöhung des Tarifgehalts nicht auf die Effektivvergütung der Klägerin aus. Die tatsächlich von der Beklagten im Klagezeitraum (Juni 1985 bis Januar 1986) gezahlte Vergütung lag in jedem Monat einschließlich einer freiwilligen außertariflichen Zulage über 1.300,-- DM, also weit über dem der Klägerin zustehenden Tarifgehalt. Nach der Senatsrechtsprechung gilt der allgemeine Rechtsgrundsatz, daß eine Tariflohnerhöhung zu entsprechender Verringerung übertariflicher Lohnbestandteile führt. Dies gilt auch dann, wenn die Tariflohnerhöhung auf einer Höhergruppierung beruht (BAG Urteil vom 12. November 1986 - 4 AZR 736/75 -, AP Nr. 1 zu § 61 TVAL II, mit weiteren Nachweisen). Die Klägerin hatte für den Klagezeitraum von der Beklagten Gehalt in Höhe von 1.105,36 DM (für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Oktober 1985), von 1.086,74 DM (für die Zeit vom 1. November bis 31. Dezember 1985) und von 1.126,01 DM (für Januar 1986) zu beanspruchen. Gehalt in dieser Höhe hat die Beklagte der Klägerin unstreitig gezahlt. Insoweit ist unerheblich, daß die Beklagte bei der Zahlung der Vergütung einen Teil des Tarifgehalts, nämlich den Differenzbetrag zwischen dem 2. und 4. Berufsjahr, als freiwillige, jederzeit widerrufliche Zulage deklarierte. Denn die Beklagte genügt den tariflichen Vergütungsvorschriften, wenn sie eine Vergütung zahlt, deren Höhe den tariflichen Sätzen entspricht (BAG Urteil vom 12. November 1986, aaO). Es ist unstreitig und aus den Gehaltsabrechnungen der Beklagten ersichtlich, daß die freiwillige, jederzeit widerrufliche Zulage, die die Beklagte zahlte, zur Vergütung der Klägerin gehörte. Insoweit bedarf es auch entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts keines Widerrufs der Zulage.
Eine Tariflohnerhöhung wirkt sich ohne eine Anrechnungsvereinbarung auf den Bestandteil des Lohns, der vor der Tariflohnerhöhung im übertariflichen Bereich lag, nur in der Weise aus, daß der bisher übertarifliche Lohnbestandteil nach der Tariflohnerhöhung in der Höhe des Erhöhungsbetrags nicht mehr als übertariflicher Lohn, sondern als Tariflohn anzusehen ist. Der übertarifliche Lohnbestandteil verringert sich damit bei Tariflohnerhöhungen mangels gegenteiliger vertraglicher Vereinbarung automatisch um den Betrag der Tariflohnerhöhung (BAG Urteil vom 8. Dezember 1982 - 4 AZR 481/80 -, AP Nr. 15 zu § 4 TVG Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung, mit weiteren Nachweisen). Dies gilt auch dann, wenn das Tarifgehalt von vornherein höher ist, als der Arbeitgeber zunächst annahm und er dann aufgrund besserer Einsicht oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung in der Gehaltsabrechnung für das Tarifgehalt einen höheren Betrag ausweisen muß. Auch dann verringert sich der übertarifliche Bestandteil des Gehalts automatisch (BAG Urteil vom 12. November 1986, aaO). Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Parteien vereinbart hätten, daß die übertarifliche Zulage zum jeweiligen Tariflohn zu zahlen ist, wie dies z. B. für die von der Beklagten gezahlte Mankogeldzulage zutrifft. Diese ist in dem Abrechnungsschreiben vom 21. März 1985 ausdrücklich als "nicht anrechenbare Zulage" bezeichnet worden.
Für die freiwillige, jederzeit widerrufliche Zulage besteht jedoch keine entsprechende Vereinbarung der Parteien. Insoweit führt zwar das Landesarbeitsgericht in seinem Urteil aus, der Klägerin sei nach der vertraglichen Abrede die Zahlung der freiwilligen, jederzeit widerruflichen Zulage, die auf Tarif- und Berufsjahressteigerungen anrechenbar sei, auf das jeweilige zutreffende Tarifgehalt zugesagt worden. Wenn darin eine tatsächliche Feststellung läge, wäre der Senat daran gebunden, weil insoweit keine Verfahrensrüge von der Revision erhoben wurde. Das Landesarbeitsgericht nimmt jedoch hier im Sinne einer rechtlichen Würdigung auf die vertragliche Abrede Bezug, bei der von der freiwilligen, jederzeit widerruflichen und auf Tarif- und Berufsjahressteigerungen anrechenbaren Zulage die Rede ist, und zieht daraus die Schlußfolgerung, daß damit die Zulage auf das jeweilige zutreffende Tarifgehalt zugesagt sei. Diese Rechtsansicht ist vom Senat überprüfbar. Bei dem Schreiben der Beklagten vom 21. März 1985 handelt es sich um ein formularmäßiges Schreiben, in dem nur die die Klägerin betreffenden Daten hinzugefügt wurden. Daher ist dieses Schreiben durch den Senat selbständig auslegbar (BAGE 24, 198, 202 = AP Nr. 2 zu § 111 BBiG). Danach hat die Beklagte der Klägerin mitgeteilt, daß sich ihr monatliches Bruttogehalt zusammensetzt aus dem Tarifgehalt G I/2, der freiwilligen, jederzeit widerruflichen und auf Tarif- und Berufsjahressteigerungen anrechenbaren Zulage und der nicht anrechenbaren Zulage (Mankogeldzulage). Daraus läßt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, daß die Zulage zum jeweiligen Tarifgehalt gezahlt werden sollte. Es ist zwar richtig, daß in dem Schreiben der Beklagten die Zulage nicht von der Bedingung abhängig gemacht wurde, daß die Eingruppierung der Klägerin in G I/2 zutraf. Das war aber auch nicht erforderlich. Entscheidend ist, daß aus dem Schreiben nicht ersichtlich ist, daß die Zulage zum jeweiligen Tarifgehalt zu zahlen ist. Vielmehr kommt in den Worten "auf Tarif- und Berufsjahressteigerungen anrechenbare Zulage" deutlich zum Ausdruck, daß bei Erhöhungen des Tariflohns (durch Steigerung der Berufsjahre) die Zulage anzurechnen ist. Gerade dieser Fall trifft vorliegend zu. Auch im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 7. November 1985, der für die Zeit ab 1. Mai 1984 gilt und in dem die regelmäßige Arbeitszeit ab 1. November 1985 neu geregelt wurde, heißt es zur Zusammensetzung des Gehalts: Tarifgruppe: G I/2, Tarifgehalt sowie "freiwillige, jederzeit widerrufliche und auf Tarif- und Lohnerhöhungen anrechenbare Zulage". Auch dieser Arbeitsvertrag ist ein formularmäßiger Arbeitsvertrag, den der Senat selbständig auslegen kann. Aus der gewählten Formulierung bei der freiwilligen Zulage folgt eindeutig, daß diese gerade nicht zum jeweiligen Tarifgehalt zu zahlen ist.
Die Klägerin hat als unterlegene Partei gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Dr. Feller Dr. Freitag Dr. Etzel
Prieschl Dr. Kiefer
Fundstellen