Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristlose Kündigung eines Schwerbehinderten. Rechtzeitigkeit der Kündigung
Orientierungssatz
Anforderungen an die Unverzüglichkeit der fristlosen Kündigung eines Schwerbehinderten nach Erteilung der Zustimmung der Hauptfürsorgestelle gemäß § 18 Abs 6 SchwbG in Großunternehmen mit zentraler Poststelle und Personalabteilungen in mehreren Betrieben, sofern der Betriebsrat nach der Zustimmung nicht erstmals oder nochmals beteiligt worden ist.
Normenkette
BGB § 121; SchwbG § 18
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 24.10.1985; Aktenzeichen 13 Sa 715/85) |
ArbG Duisburg (Entscheidung vom 13.03.1985; Aktenzeichen 5 (2) Ca 2494/84) |
Tatbestand
Der im Jahre 1931 geborene Kläger war bei der Beklagten seit 11. Juni 1951 beschäftigt und zuletzt im Werk R als Werkzeugausgeber tätig. Er ist seit 1. August 1977 als Schwerbehinderter mit einer MdE von 70 % anerkannt.
Mit Schreiben vom 23. November 1984 beantragte die Beklagte bei der Hauptfürsorgestelle die Zustimmung zu einer fristlosen Entlassung des Klägers mit der Begründung, er habe sich unter Mißbrauch seiner Stellung Firmeneigentum im Werte von über 5.000,-- DM widerrechtlich angeeignet. Hiervon sei sie durch einen Bericht ihres Werkschutzes am 15. November 1984 in Kenntnis gesetzt worden. Der Betriebsrat sei von ihrem Vorhaben unterrichtet worden und habe ihm zugestimmt.
Die Hauptfürsorgestelle stimmte mit Bescheid vom 6. Dezember 1984 einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers zu. Der Bescheid ging der Poststelle der T der Beklagten in D am 7. Dezember 1984, einem Freitag, zu. Er gelangte am 11. Dezember 1984, einem Dienstag, an die zuständige Personalabteilung in R. Mit Schreiben vom selben Tag sprach die Beklagte dem Kläger wegen des in dem Zustimmungsantrag geschilderten Verhaltens die außerordentliche Kündigung aus. Das Schreiben wurde am 12. Dezember 1984 zur Post gegeben und ging dem Kläger am 13. Dezember 1984 zu.
Mit der vorliegenden Klage wehrt sich der Kläger gegen diese Kündigung. Er hat, soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse, vorgetragen, die Kündigung sei entgegen der Vorschrift des § 18 Abs. 6 SchwbG nicht unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung erklärt worden. Die Beklagte habe Vorsorge treffen müssen, daß der Bescheid unmittelbar nach der Zustellung in den richtigen Geschäftsgang gelangte.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis
durch die fristlose Kündigung der Beklagten
vom 11. Dezember 1984 nicht aufgelöst wor-
den ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, der Zustimmungsbescheid sei ohne nähere Angaben über die zuständige Abteilung an ihre Postfachadresse gerichtet gewesen. Deshalb sei er zwar am 7. Dezember 1984 bei ihr eingegangen, jedoch erst am 11. Dezember 1984 an die für die weitere Bearbeitung zuständige Abteilung gelangt. Das Kündigungsschreiben sei noch am selben Tag verfaßt worden, habe dann allerdings erst am 12. Dezember 1984 zur Post gegeben werden können. Als Großunternehmen könne sie ihre Organisation nicht so einrichten, daß ein Schreiben, das keine näheren Angaben über die zur Bearbeitung zuständige Stelle enthalte, unmittelbar an die richtige Adresse gelange.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte habe die Kündigung nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 18 Abs. 6 SchwbG erklärt.
Mit ihrer Berufung hat die Beklagte vorgetragen, sie habe den Postlauf so organisiert, daß eine zügige Bearbeitung der Geschäftspost gewährleistet sei. Die Post werde, von Sendungen mit Zustellungsurkunde abgesehen, von der T fünfmal täglich zwischen 6.30 Uhr und 11.30 Uhr abgeholt. Es gingen täglich im Durchschnitt 3.200 Sendungen ein. Nur solche Sendungen, die allein nach den Angaben in der Anschrift einer bestimmten Abteilung des Unternehmens zugeordnet werden könnten, würden ungeöffnet in die bei der zentralen Poststelle von den einzelnen Posteinlaufstellen unterhaltenen Abteilungsfächer gelegt. Die übrigen Sendungen müßten zum Zwecke der Feststellung der zuständigen Abteilung geöffnet werden. Insgesamt verblieben die eingehenden Sendungen höchstens eine Stunde in der zentralen Poststelle.
Könne festgestellt werden, daß eine zu öffnende Sendung eine Personalsache betreffe und hierfür eine der beiden in H und R unterhaltenen Personalabteilungen zuständig sei, werde die Sendung unmittelbar in das Fach dieser Abteilung gelegt. Anderenfalls werde die Sendung zur Feststellung der zuständigen Abteilung der für die Poststelle nächsten Personalabteilung in H zugeleitet. Sei dem Schreiben nicht zu entnehmen, daß es eilbedürftig sei, werde es, versehen mit dem Vermerk über den richtigen Empfänger, an die zentrale Poststelle zurückgeleitet und dort weiterbefördert. Werde Eilbedürftigkeit festgestellt, veranlasse die Personalabteilung in H selbst die weitere Beförderung an den richtigen Empfänger.
Aus welchen Gründen im vorliegenden Fall der Zustimmungsbescheid die zuständige Personalabteilung in R am 11. Dezember 1984 erreicht habe, könne im einzelnen nicht mehr festgestellt werden. Der Bescheid sei durch Einschreiben zugestellt worden und an ihre Postfachadresse gerichtet gewesen. Deshalb sei er am 7. Dezember 1984 an ihre zentrale Poststelle in H gelangt. Da er keine Angaben über die zuständige Abteilung enthalte, habe er somit dort geöffnet und der Personalabteilung in H zugeteilt werden müssen. Bei ca. 30.000 Beschäftigten in mehreren Betrieben erfordere es einen gewissen Arbeitsaufwand, bis die für den Kläger zuständige Personalabteilung habe festgestellt werden können.
Dort sei die Angelegenheit sofort bearbeitet worden. Der Sachbearbeiter habe die umfangreiche Begründung des Bescheides lesen und werten müssen. Eine gewisse, nicht nur auf wenige Stunden zu begrenzende Überlegungsfrist sei zuzubilligen. Somit sei nicht zu beanstanden, daß das Kündigungsschreiben noch am selben Tag diktiert, aber erst am nächsten Tag zur Post gegeben worden sei.
Der Kläger hat vorgetragen, für die Frage der Unverzüglichkeit der Kündigungserklärung könnten nicht je nach Betriebsgröße unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden. Die Beklagte habe durch ihren Vertreter in der Verhandlung vor der Hauptfürsorgestelle eindeutig erklären lassen, daß seine Weiterbeschäftigung nicht in Frage komme. Sie habe somit nach Erhalt des Zustimmungsbescheides keine Überlegungsfrist für die Entscheidung über die Kündigung mehr benötigt.
Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen.
Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I. Das Berufungsgericht hat die fristlose Kündigung der Beklagten für rechtswirksam gehalten.
Es hat ausgeführt, der Streit der Parteien beschränke sich in der Berufungsinstanz auf die Frage, ob die Beklagte unverzüglich nach der Zustimmung der Hauptfürsorgestelle gekündigt habe. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 und 3 SchwbG seien nicht zu untersuchen gewesen.
Die Beklagte habe die Kündigung ohne schuldhaftes Zögern und damit unverzüglich im Sinne des § 18 Abs. 6 SchwbG erklärt. Zwischen dem Eingang des Zustimmungsbescheides bei der Beklagten und dem Zugang der Kündigung an den Kläger liege ein Zeitraum von fünf Arbeitstagen. Dies reiche nicht aus, der Beklagten eine schuldhafte Verzögerung der Kündigungserklärung vorzuwerfen, auch wenn man berücksichtige, daß ihr nur eine kurze Überlegungsfrist zuzubilligen sei, weil die Kündigungsabsicht bereits Gegenstand des Zustimmungsverfahrens gewesen sei.
Nach der unwiderlegten Darstellung der Beklagten sei in ihrer Hauptverwaltung eine Zuordnung des Zustimmungsbescheides im Rahmen der Vorsortierung nicht möglich gewesen. Die Sendung habe deshalb geöffnet und der Bescheid zum Zwecke der Zuordnung gelesen werden müssen. Die Beklagte habe zudem dargelegt, daß trotz der erheblichen Belastung der Poststelle die eingehenden Sendungen siebenmal täglich zu den einzelnen Posteinlaufstellen gebracht würden. Damit sei für eine rasche Zuordnung an die Empfängerabteilungen gesorgt.
Weiterhin sei zu berücksichtigen, daß der genaue Zeitpunkt des Eingangs des Bescheides bei der Beklagten am Freitag, dem 7. Dezember 1984, nicht festzustellen sei und am Samstag nicht gearbeitet werde. Es liege somit keine schuldhafte Verzögerung vor, wenn die interne Verteilung des Bescheides möglicherweise erst am Montag in Angriff genommen worden sei, weil die Sendung am Freitag auch erst bei der letzten Abholung im Postamt bereitgelegen haben könne.
Die Beklagte habe weiter unwidersprochen vorgetragen, der Bescheid habe keinen Hinweis auf die zuständige Personalabteilung R enthalten. Die Feststellung der zuständigen Abteilung habe deshalb einen gewissen Zeitaufwand erfordert. Bei Berücksichtigung ihres weiteren Vortrags über die Notwendigkeit, den Bescheid im Rahmen dieser Ermittlung zunächst der Personalabteilung H zuzuleiten, habe die Beklagte hinreichend belegt, daß ihr nicht als schuldhafte Verzögerung angelastet werden könne, wenn der Bescheid den zuständigen Sachbearbeiter erst am Dienstag (11. Dezember 1984) erreicht habe.
Die Beklagte habe weiter dargelegt, daß die zuständige Personalabteilung sofort die Bearbeitung aufgenommen habe. Die ihr für die Durchsicht und Bewertung des Bescheides einzuräumende Frist könne nicht auf wenige Stunden bemessen werden. Deshalb sei auch nicht zu beanstanden, wenn das Kündigungsschreiben erst am nächsten Tag zur Post gegeben worden sei.
II. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, daß die Beklagte die Kündigung unverzüglich im Sinne des § 18 Abs. 6 SchwbG erklärt hat.
1. An die der Würdigung des Berufungsgerichts zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen ist das Revisionsgericht gebunden, da sie weder durch Tatbestandsberichtigungsanträge noch durch Verfahrensrügen angegriffen sind (§ 561 ZPO). Dies gilt auch für die Feststellung, das Vorbringen der Beklagten, die den Zustimmungsbescheid enthaltende Sendung habe bei der Vorsortierung geöffnet werden müssen und keinen auf die Zuständigkeit der Personalabteilung R hindeutenden Hinweis enthalten, sei unwidersprochen geblieben und damit unstreitig. Die Schilderung des Klägers in der Revisionsverhandlung, die Beklagte sei auf den Eingang der Zustimmung am 7. Dezember 1984 vorbereitet gewesen, konnte als unzulässiger neuer Vortrag in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden.
2. Bei der Frage, ob die Kündigung "unverzüglich" erklärt worden ist, handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs. Dem Tatsachenrichter steht deshalb bei der Subsumtion insoweit ein Beurteilungsspielraum zu. Seine Wertung kann in der Revisionsinstanz nur beschränkt daraufhin überprüft werden, ob er den Rechtsbegriff als solchen verkannt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (vgl. BAG 42, 169, 175 = AP Nr. 12 zu § 12 SchwbG, zu I 3 b der Gründe). Bei Anlegung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabes ist die Würdigung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden.
3. a) Nachdem durch § 18 Abs. 2 SchwbG die Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewissermaßen vorverlegt ist, stellt Abs. 6 klar, daß nach erteilter Zustimmung nicht etwa eine neue Ausschlußfrist läuft; der Arbeitgeber muß vielmehr unverzüglich, d. h. im Sinne der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB ohne schuldhaftes Zögern kündigen. Sinn und Zweck dieser Regelung bestehen darin, dem Arbeitnehmer entsprechend dem Grundgedanken des § 626 Abs. 2 BGB möglichst umgehend Klarheit darüber zu verschaffen, ob ihm außerordentlich gekündigt wird oder nicht. Dem Arbeitgeber steht somit eine angemessene Überlegungsfrist zu, die jedoch mit Rücksicht darauf, daß die Kündigungsabsicht bereits Gegenstand des Zustimmungsverfahrens gewesen ist, also ergänzende Überlegungen kaum nötig sind, sehr knapp zu bemessen ist (herrschende Meinung; vgl. Senatsurteil vom 3. Juli 1980, BAG 42, 169, 34, 20 = AP Nr. 2 zu § 18 SchwbG, zu II 3 b aa der Gründe; BAG; Gröninger, SchwbG, Stand Juni 1984, § 18 Anm. 7; Hueck, Anm. zu AP Nr. 2 zu § 18 SchwbG, unter II 3).
b) In dem Urteil vom 3. Juli 1980 (aaO, zu II 3 b, ff und c der Gründe) hat der Senat weiter ausgesprochen, beteilige der Arbeitgeber den Betriebsrat oder die Personalvertretung erst nach Erteilung der Zustimmung oder Eintritt der Zustimmungsfiktion durch Ablauf der Zehn-Tage-Frist des § 18 Abs. 3 SchwbG, so müsse er, soweit keine besonderen Hinderungsgründe entgegenstehen, das Beteiligungsverfahren am ersten Arbeitstag nach Bekanntgabe der Zustimmung oder Eintritt der Zustimmungsfiktion einleiten und für den Zugang der Kündigung am ersten Arbeitstag nach Abschluß des Beteiligungsverfahrens sorgen. Diese Ansicht ist im Schrifttum auf Kritik gestoßen, weil damit der Rechtsbegriff der Unverzüglichkeit verkannt worden sei. Ferner sei nicht bedacht worden, daß dem Arbeitgeber eine gewisse, wenn auch nur kurze Zeit zur Würdigung der Stellungnahme des Betriebsrats oder Personalrats gelassen werden müsse, weil Sinn der Beteiligung sei, noch auf den Kündigungswillen des Arbeitgebers Einfluß zu nehmen (Gröninger, Hueck, jeweils aaO). Auf diese Einwände braucht jedoch für die Entscheidung des vorliegenden Falles nicht näher eingegangen zu werden.
Es trifft zu, daß der Begriff "unverzüglich" auf das subjektive Zurechnungsmerkmal des Verschuldens abstellt, während der allein objektiv bestimmte Begriff "sofort" hierfür keinen Raum läßt (Hueck, aaO). Bestimmend für die Entscheidung des Senats im Urteil vom 3. Juli 1980 (aaO) war die Überlegung, daß der Schwerbehinderte gegenüber den sonstigen Arbeitnehmern schon durch die in § 18 Abs. 2 und 6 SchwbG getroffene Regelung einen erheblich längeren Zeitraum der Ungewißheit über das Schicksal seines Arbeitsverhältnisses in Kauf nehmen muß, der durch eine Beteiligung des Betriebs- oder Personalrats nach Abschluß des Zustimmungsverfahrens verlängert wird. Deshalb sollte der Arbeitgeber für die endgültige Entscheidung über die Kündigung zu größerer Eile angehalten werden. Mit dem Erfordernis des sofortigen Handelns sollte aber nicht auf einen starren Zeitablauf abgestellt werden. Dies wird auch deutlich durch den einschränkenden Hinweis auf mögliche besondere Hinderungsgründe (so auch die zutreffende Interpretation in dem Urteil des Siebten Senats vom 27. Mai 1983, BAG 42, 169).
Im vorliegenden Fall war der Betriebsrat jedoch bereits vor Einleitung des Zustimmungsverfahrens beteiligt und eine nochmalige Anhörung nicht mehr in Betracht gezogen worden. Nur für den Fall einer erstmaligen oder nochmaligen Beteiligung des Betriebsrats oder Personalrats nach Durchführung des Zustimmungsverfahrens hat der Senat jedoch die erwähnten Voraussetzungen für den Ausspruch der Kündigung aufgestellt, wie sich aus der Begründung eindeutig ergibt. Wurden Betriebsrat oder Personalrat nur vor Abschluß des Zustimmungsverfahrens beteiligt, bewendet es auch nach diesem Urteil bei den allgemeinen Grundsätzen zur Anwendung des Rechtsbegriffs der Unverzüglichkeit.
4. Das Berufungsgericht ist somit auch nach der Rechtsprechung des Senats von dem zutreffenden Begriff der Unverzüglichkeit ausgegangen. Seine Würdigung, aufgrund der festgestellten Umstände sei die Kündigung noch unverzüglich ausgesprochen worden, hält sich ferner auch in dem ihm für die Anwendung dieses Rechtsbegriffs zustehenden Beurteilungsspielraum.
Die Ansicht der Revision, die Beklagte hätte abweichend von ihrer Organisation des Postwesens für eine sofortige Übermittlung des zu erwartenden Zustimmungsbescheides an die zuständige Personalabteilung, zumindest aber für die Absendung des Kündigungsschreibens noch am Tag der Ausfertigung Sorge tragen müssen, überspannt die an die Beklagte zu stellenden Anforderungen.
Der vom Berufungsgericht für das Revisionsgericht bindend festgestellte Sachverhalt läßt keine allgemeinen Organisationsmängel bei der Behandlung des Postwesens erkennen. Hierbei ist entgegen der Ansicht der Revision auch Größe und Struktur des Unternehmens zu berücksichtigen, die im Falle der Beklagten eine Zentralisierung und Formalisierung des Postwesens bedingt. Da auf das Merkmal des Verschuldens abzustellen ist, muß auch auf die besonderen Verhältnisse des betroffenen Arbeitgebers Bedacht genommen werden, soweit er die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Betriebsorganisation und Betriebsführung beachtet. Diese Grundsätze hat die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei der Organisation ihres Postwesens eingehalten. Das Berufungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, die Beklagte habe den Zugang des Zustimmungsbescheides an die zuständige Personalabteilung am zweiten Arbeitstag nach dessen Eingang in der zentralen Poststelle im Hinblick auf die im einzelnen gewürdigten Umstände (Erfordernis der Öffnung der Sendung und Zuleitung an die Personalabteilung H zur Feststellung der zuständigen Personalabteilung) nicht vorwerfbar verzögert. Diese Wertung liegt innerhalb des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums und ist deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Gleiches gilt für seine Würdigung, die Beklagte sei nicht gehalten gewesen, noch am Tag der Bearbeitung des Vorgangs in der zuständigen Personalabteilung das Kündigungsschreiben zur Post zu geben. Da der Betriebsrat bereits vor Einleitung des Zustimmungsverfahrens der beabsichtigten Kündigung zugestimmt und die Hauptfürsorgestelle dem Zustimmungsantrag stattgegeben hatte, bestand allerdings kein Anlaß, den Betriebsrat nochmals einzuschalten, da sich gegenüber der Lage bei Durchführung des Anhörungsverfahrens keine neuen Gesichtspunkte ergeben hatten. Dennoch war der Beklagten eine, wenn auch knappe, Überlegungsfrist zuzubilligen, um die Begründung des Zustimmungsbescheides zur Kenntnis zu nehmen, zu würdigen und dann den endgültigen Entschluß zum Ausspruch der Kündigung zu fassen. Diesen Zeitraum auf Stunden zu begrenzen, würde den Zwang zu einer sofortigen Entscheidung bedeuten, der sich für Fallgestaltungen der vorliegenden Art, wie ausgeführt, dem Gesetz nicht entnehmen läßt.
III. Die weitere Rüge der Revision, das Berufungsgericht hätte prüfen müssen, ob die Beklagte bei der Einleitung des Zustimmungsverfahrens die zweiwöchige Antragsfrist des § 18 Abs. 2 SchwbG eingehalten habe, ist unbegründet, weil die Frage der Rechtzeitigkeit des Antrages, ebenso wie die Frage des wichtigen Grundes selbst, jedenfalls nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens gewesen ist.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, die Parteien hätten im Berufungsverfahren nur noch darüber gestritten, ob die Beklagte die Kündigung unverzüglich im Sinne des § 18 Abs. 6 SchwbG erklärt habe. Auch das schriftsätzliche Vorbringen der Parteien hatte ausschließlich diese Frage zum Gegenstand. Das Revisionsgericht ist deshalb an diese Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden. Danach hat der Kläger jedenfalls im Berufungsverfahren sein Klagevorbringen nicht nur dem Rechtsvortrag nach, sondern auch nach seinem tatsächlichen Inhalt auf die Frage der Rechtzeitigkeit der Kündigungserklärung beschränkt. Da auch das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren der Parteiherrschaft untersteht, war der Berufungsinstanz eine Nachprüfung der Kündigung unter dem nunmehr von der Revision gerügten Gesichtspunkt verwehrt. Der Kläger kann deshalb diese Frage in der Revisionsinstanz nicht mehr zur Erörterung stellen (vgl. die Senatsurteile BAG 34, 20, 23 und vom 14. Oktober 1982 - 2 AZR 811/79 - AP Nr. 36 zu § 613 a BGB, zu IV der Gründe).
Hillebrecht Triebfürst Ascheid
Nipperdey Dr. Bobke
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