Leitsatz (redaktionell)
1. |
Die Nachwirkung eines Tarifvertrages kann auch durch Vereinbarung der Tarifvertragsparteien ausgeschlossen werden (Bestätigung von BAGE 53, 1 = AP Nr. 12 zu § 4 TVG Nachwirkung). Dieser Ausschluß kann wegen der Vertragseigenschaft auch konkludent erfolgen. |
2. |
Eine solche konkludente Vereinbarung des Ausschlusses der Nachwirkung kann auch in der Verpflichtung liegen, während einer längeren Kündigungsfrist Verhandlungen über den Abschluß eines dem gekündigten Tarifvertrag entsprechenden neuen Tarifvertrages zu führen. |
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Verfahrensgang
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Geltung der Normen eines gekündigten Tarifvertrages über Rechte, Pflichten und den Schutz von Vertrauensleuten der Klägerin.
Die Klägerin (ÖTV) und die Beklagte schlossen am 18. Juni 1980 einen Tarifvertrag über die Rechte, Pflichten und den Schutz der Vertrauensleute der Gewerkschaft ÖTV. Der Tarifvertrag trat am 1. Juli 1980 in Kraft. Er hat folgenden Wortlaut:
"Im Interesse einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen dem Unternehmen und der Gewerkschaft ÖTV wird zwischen der
N VERKEHRSBETRIEBE AKTIENGESELLSCHAFT N
und der
GEWERKSCHAFT ÖFFENTLICHE DIENSTE, TRANSPORT UND VERKEHR,
Bezirk No
folgender Vertrag über die Rechte, die Pflichten und den Schutz der Vertrauensleute der Gewerkschaft ÖTV abgeschlossen:
§ 1
Geltungsbereich
Dieser Vertrag gilt für die Mitglieder der Gewerkschaft ÖTV bei der N Verkehrsbetriebe Aktiengesellschaft N .
§ 2
Wahlvoraussetzung
(1) Die Gewerkschaft ÖTV, Kreisverwaltung N , hat das Recht, mindestens einmal in 4 Jahren während der regelmäßigen Arbeitszeit ihre gewerkschaftlichen Vertrauensleute in den Betriebsbereichen und Abteilungen der N wählen zu lassen.
(2) Besteht eine gleitende Arbeitszeit, ist die Wahl in der Kernzeit vorzunehmen.
(3) Ergeben sich betriebliche oder organisatorische Änderungen, so finden auch innerhalb der nach Abs. 1 genannten vier Jahre Wahlen statt.
§ 3
Zahl der Vertrauensleute
(1) Für je 25 ÖTV-Mitglieder kann ein Vertrauensmann gewählt werden.
(2) Der Wirkungsbereich der Vertrauensleute soll so bemessen sein, daß sie ihn gut übersehen und in ihm wirkungsvoll tätig sein können. Von der in Abs. 1 genannten Berechnungsgrundlage für die Zahl der Vertrauensleute kann im beiderseitigen Einvernehmen abgewichen werden, wenn Größe und Organisation einer Betriebsabteilung dies erforderlich macht.
§ 4
Rechte und Pflichten der Vertrauensleute
(1) Die gewählten Vertrauensleute vertreten die Interessen der Gewerkschaft ÖTV. In ihrem Wirkungsbereich haben sie das Recht zur Information und Beratung der Beschäftigten, insbesondere der ÖTV-Mitglieder.
(2) Die gewählten Vertrauensleute dürfen, soweit der ordnungsgemäße Betriebs- und Arbeitsablauf nicht gestört wird, in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht behindert und in ihrer beruflichen Entwicklung weder benachteiligt noch begünstigt werden. Die arbeitsvertraglichen Pflichten bleiben unberührt.
§ 5
Kündigungsschutz
Die ordentliche Kündigung eines gewählten Vertrauensmannes ist unzulässig. Die außerordentliche Kündigung ist nur mit Zustimmung des Betriebsrates möglich. Diese Bestimmung gilt als Vereinbarung gemäß § 102 Abs. 6 BetrVG für den Personenkreis der Vertrauensleute für die Dauer deren Amtszeit.
§ 6
Sonderurlaub
(1) Auf Antrag der vertragschließenden Gewerkschaft erhält der gewählte Vertrauensmann für den Besuch gewerkschaftlicher Schulungsveranstaltungen Sonderurlaub. Er beträgt 6 Arbeitstage, in Ausnahmefällen bis zu 12 Arbeitstagen im Urlaubsjahr.
(2) Der Sonderurlaub kann für einzelne Tage oder zusammenhängend gewährt werden.
(3) Für die Dauer des Sonderurlaubs ist nach Vorlage einer Teilnahmebestätigung der Urlaubslohn bzw. die Urlaubsvergütung zu zahlen.
§ 7
Sitzungen der Vertrauensleute
Sitzungen der Vertrauensleute finden einmal im Vierteljahr statt.
Sie beginnen frühestens 2 Stunden vor Beendigung der regelmäßigen Arbeitszeit, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen.
Die Sitzungen sind dem Arbeitgeber rechtzeitig mitzuteilen.
§ 8
Laufzeit und Kündigung
Dieser Vertrag tritt mit Wirkung vom 1. Juli 1980 in Kraft.
Er kann insgesamt oder hinsichtlich einzelner Bestimmungen mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines jeden Kalenderjahres gekündigt werden. Noch während dieser Frist werden sich die Vertragsparteien um eine Neuregelung bemühen, die dem Geist und Sinn dieses Vertrages entspricht.
..."
Die Beklagte kündigte diesen Vertrag mit Schreiben vom 21. Juni 1994 fristgemäß zum 31. Dezember 1994. Zur Begründung führte sie aus, der Vertrag verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nach § 75 Abs. 1 BetrVG, weil die gewerkschaftlichen Vertrauensleute durch den Tarifvertrag gegenüber den anderen Arbeitnehmern begünstigt würden. Darüber hinaus dürften nach § 3 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG andere als betriebsverfassungsrechtliche Vertretungen grundsätzlich nicht durch Tarifvertrag gegründet werden. Der Tarifvertrag sei deshalb im Ergebnis nicht einmal wirksam zustande gekommen, er erzeuge daher auch keine Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG.
Aus diesen Gründen lehnte die Beklagte auch mit Schreiben vom 27. September 1994 den Wunsch der Klägerin auf Aufnahme neuer Verhandlungen ab.
Mit ihrer am 5. Dezember 1994 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, der Tarifvertrag wirke bis zum Abschluß einer anderen Abmachung nach.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß die tarifvertraglichen Inhaltsnormen des zwischen den Parteien am 18. Juni 1980 geschlossenen Tarifvertrages über die Rechte, Pflichten und den Schutz von Vertrauensleuten der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr bei der N Verkehrsbetriebe AG N über den 31. Dezember 1994 hinaus gemäß § 4 Abs. 5 TVG bis zum Abschluß einer anderen Abmachung weiter gelten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Regelungen des Tarifvertrages überschritten die Grenzen der Tarifautonomie, denn die den Vertrauensleuten in den §§ 5 - 7 TV eingeräumten Vergünstigungen hätten ausschließlich den Zweck, ihnen ihre gewerkschaftliche Arbeit im Betrieb zu erleichtern. Solche rein organisationspolitischen Zielsetzungen könnten nicht tarifvertraglich geregelt werden. Auch sei der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ebenso verletzt wie der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG. Für eine Besserstellung gegenüber den anderen Arbeitnehmern stelle die gewerkschaftliche Aktivität der Vertrauensleute allein keinen sachlichen Grund dar. Gesetzwidrig sei überdies die tariflich geforderte Zustimmung des Betriebsrats zu außerordentlichen Kündigungen. Dies gelte auch für die Sonderurlaubs- und Freistellungsregelungen des TV. Angesichts der Aufgaben der Vertrauensleute sei der zeitliche Rahmen insoweit überspannt. Mit den Freistellungen werde zudem gegen den Grundsatz der Gegnerunabhängigkeit verstoßen. Der Klägerin würden dadurch zumindest mittelbar finanzielle Zuwendungen von der Beklagten gemacht.
Das Arbeitsgericht hat dem Klageantrag entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision gegen sein Urteil im verkündeten Tenor des angefochtenen Urteils zugelassen. Mit dieser erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Der Tarifvertrag über die Rechte, die Pflichten und den Schutz der Vertrauensleute der Klägerin wirkt nicht nach. Die Tarifvertragsparteien haben die Nachwirkung des Tarifvertrages bei dessen Abschluß zulässigerweise stillschweigend ausgeschlossen.
I. Die Klage ist vor den Arbeitsgerichten zulässig. Die Parteien streiten über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Tarifvertrages (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG). Dieser Streit ist nach § 2 Abs. 5 ArbGG im Urteilsverfahren auszutragen.
Das für den Feststellungsantrag erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO) ergibt sich schon daraus, daß eine rechtskräftige Entscheidung über ihn nach § 9 TVG in zukünftigen Rechtsstreiten nicht nur für die Parteien des Tarifvertrages, sondern auch für Rechtsstreitigkeiten zwischen diesen und Dritten sowie für Gerichte und Schiedsgerichte bindend ist.
II. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Tarifvertrag wirkt nicht nach § 4 Abs. 5 TVG nach, obwohl er normative Bestimmungen enthält.
1. Nach § 4 Abs. 5 TVG gelten die Rechtsnormen eines Tarifvertrages nach seiner Kündigung grundsätzlich weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Diese "andere" Vereinbarung kann ein Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder eine einzelvertragliche Abrede sein (Kempen/Zachert, TVG, 3. Aufl., § 4 Rz 292 ff., 306). Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Regelung besteht darin, einen tariflosen Zustand und ein inhaltsloses Arbeitsverhältnis zu verhindern (vgl. Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 4 Rz 185). Der normative Teil eines beendeten Tarifvertrages bleibt also trotz seiner Beendigung weiter in Kraft.
Ob die Normen des vorliegenden Tarifvertrages mit Rücksicht auf die darin vereinbarten besonderen Vergünstigungen allein für die Vertrauensleute der Klägerin überhaupt wirksam geworden sind oder von Anfang an wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig waren - wie die Beklagte meint -, ist umstritten (zum Meinungsstand vgl. Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht 1997, Bd. I, S. 163 ff. und von Hoyningen-Huene in MünchArbR-Handbuch, § 294 Rz 29 - 32, S. 844). Dieser Frage braucht hier jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden; denn die Tarifvertragsparteien haben die Nachwirkung des streitigen Tarifvertrages ausgeschlossen.
2. Nach übereinstimmender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung können die Tarifvertragsparteien die Nachwirkung ausschließen (vgl. BAGE 53, 1 = AP Nr. 12 zu § 4 TVG Nachwirkung; BAGE 65, 359, 362 = AP Nr. 19 zu § 4 TVG Nachwirkung; BAG Urteile vom 8. Mai 1974 - 4 AZR 288/73 - und vom 18. September 1974 - 4 AZR 536/73 - AP Nr. 1 und 2 zu §§ 22, 23 BAT Zulagen; Gamillscheg, aaO, S. 876, 877, Fußnote 566 m.w.N. aus der Literatur). Die Möglichkeit des Ausschlusses wird damit begrün-det, daß den Tarifvertragsparteien das Recht zustehen müsse, die aufgrund ihrer Rechtssetzungsbefugnis aufgestellten Rechtsnormen ersatzlos aufzuheben (actus contrarius), weil eine sachliche Neuordnung vorübergehend oder für immer ausgeschlossen ist (so Wiedemann/Stumpf, aaO, § 4 Rz 198). Andere meinen, das Recht, die Nachwirkung auszuschließen, sei Ausfluß der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie (Kempen/Zachert, aaO, § 4 Rz 308). Nach allgemeiner Meinung kann dieser Ausschluß, wie bei allen Verträgen, auch konkludent erfolgen.
a) Der Ausschluß kann ausdrücklich durch eine entsprechende Vereinbarung im Tarifvertrag erfolgen. Das ist hier nicht der Fall. Die Nachwirkung kann aber auch stillschweigend ausgeschlossen werden, etwa durch andere, sonst nicht erklärbare Vereinbarungen (BAGE 53, 1, 6 = AP, aaO, m.w.N.). Ob die Nachwirkung ausgeschlossen wurde, ist durch Auslegung des Tarifvertrages zu ermitteln.
b) § 8 des Tarifvertrages über die Rechte, die Pflichten und den Schutz der Vertrauensleute der Gewerkschaft ÖTV weist eine dreimonatige Kündigungsfrist zum Jahresende auf. Außerdem ist vorgesehen, daß sich die Vertragsparteien noch während der Kündigungsfrist um eine Neuregelung bemühen. Es ist aber nicht nur für den Fall der Kündigung vorgesehen, daß die Tarifvertragsparteien verhandeln, was für einen Ausschluß der Nachwirkung nicht ausreicht (BAGE 65, 359, 362 = AP, aaO). Denn verhandeln kann man nach Kündigung eines Tarifvertrages immer. Hier wurde eine besondere Verhandlungspflicht begründet. Denn es heißt, noch während der Kündigungsfrist werden sich die Vertragsparteien um eine Neuregelung bemühen, die dem Geist und dem Sinn des Tarifvertrages entspricht. Das ist nicht nur eine Verstärkung des Verhandlungsdrucks. Es geht zum einen wegen der Möglichkeit, einzelne Bestimmungen des Tarifvertrages zu kündigen, darum, durch solche Teilkündigungen entstandene Lücken der Regelungen nahtlos wieder zu schließen. Es soll gerade keine Lücke in den Regelungen entstehen. Das wäre überflüssig, wenn die gekündigte Regelung nachwirkt. Zum anderen entspricht die besonders ausgestaltete Verhandlungsklausel dem untypischen Tarifvertrag. Von daher ist die Nachwirkung des Tarifvertrages als ausgeschlossen anzusehen. Normalerweiser normiert ein Tarifvertrag "die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können", § 1 Abs. 1 TVG, die für alle Belegschaftsmitglieder oder jedenfalls für größere Gruppen der Belegschaft gelten. An einer solchen Regelung haben beide Tarifvertragsparteien ein Interesse. Die Arbeitgeberseite will die Arbeitskosten kalkulieren können, die Arbeitnehmerseite die Löhne/Gehälter und sonstigen Rechte und Pflichten für eine bestimmte Zeit festgeschrieben wissen. Auch wenn der vorliegende Tarifvertrag nach seiner Präambel "im Interesse einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen dem Unternehmen und der Gewerkschaft ÖTV" geschlossen wurde, so ist gleichwohl nicht zu verkennen, daß der Tarifvertrag für Vertrauensleute im wesentlichen den Interessen der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft dient, die ihren Vertrauensleutekörper aktiv arbeiten lassen will. Das ist häufig nur möglich, wenn eine den Vertrauensleuten seitens der Arbeitgeber oder des Arbeitgebers durch Tarifvertrag eingeräumte zusätzliche Sicherung den Ausgleich für die erhöhte Gefährdung, den Zeitaufwand, den das Amt mit sich bringen kann, jedenfalls aber die Scheu überwinden helfen kann, sich für ein solches Amt zur Verfügung zu stellen. Dann aber steht eine untypisch ausgestaltete Verhandlungsklausel in einem untypischen Tarifvertrag für den Ausschluß der Nachwirkung.
c) Wenn man gleichwohl von der Nachwirkung des Tarifvertrages ausginge, käme es zu unterschiedlichen Rechtslagen. Der Tarifvertrag wirkte nur für Mitarbeiter nach, die vor Eintritt der Nachwirkung bereits Vertrauensleute waren oder in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten standen und später zu Vertrauensleuten gewählt wurden. Arbeitnehmer, die erst im Nachwirkungszeitraum eingestellt würden und zu Vertrauensleuten gewählt würden, kämen nicht mehr in den Genuß des Tarifvertrages. Das gleiche würde für einen Arbeitnehmer gelten, der erst im Nachwirkungszeitraum Mitglied der ÖTV wird und zur Vertrauensperson gewählt wird. Denn es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, daß die Nachwirkung eines Tarifvertrages nach § 4 Abs. 5 TVG sich nicht auf erst nach dem Ablauf des Tarifvertrages begründete Arbeitsverhältnisse erstreckt. Gleiches gilt, wenn die Tarifbindung erst nach diesem Zeitpunkt eintritt, etwa weil der Arbeitnehmer vorher nicht Gewerkschaftsmitglied war und erst im Nachwirkungszeitraum der Gewerkschaft beitritt, die den nachwirkenden Tarifvertrag geschlossen hatte (Urteil von 6. Juni 1958 - 1 AZR 515/57 - BAGE 6, 90 = AP Nr. 1 zu § 4 TVG Nachwirkung, zuletzt Beschluß vom 13. August 1986 - 4 ABR 2/86 - AP Nr. 1 zu § 2 MTV Ang-DFVLR). Von anders Organisiertem ohnehin abgesehen, müssen Organisationsnormen - der im Tarifvertrag vereinbarte besondere Kündigungsschutz für die Vertrauensleute ist so gesehen nur ein Appendix - einheitlich sein (Wiedemann/Stumpf, aaO, § 1 Rz 117). Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Tarifvertragsparteien Vertrauensleute unterschiedlicher Rechtsstellung im Betrieb haben wollten. Daran kann auch die tarifvertragsschließende Gewerkschaft ÖTV kein anerkennenswertes Interesse haben.
d) Die Verhandlungszielklausel des § 8 TV steht in der Zusammenschau von Teilkündigungsmöglichkeit und den den Tarifvertragsparteien bekannten Folgen einer Nachwirkung des Tarifvertrages dafür, daß die Tarifvertragsparteien die Nachwirkung ausgeschlossen haben. Anders als bei dem der Entscheidung des Achten Senats zugrunde liegenden Fall, in dem "für den Fall einer Kündigung nur vorgesehen" war, "daß die Tarifvertragsparteien verhandeln ..." (BAGE 65, 359, 362 = AP, aaO), zeigen die lange Kündigungsfrist nur zum Jahresende, die Teilkündigungsmöglichkeit und die Festlegung des Verhandlungszieles, nämlich eine Neuregelung nach Geist und Sinn des gekündigten Vertrages, daß diese Neuregelung im unmittelbaren Anschluß an den gekündigten Tarifvertrag in Kraft treten soll, eine Nachwirkung von daher ausgeschlossen ist.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 439660 |
BAGE, 366 |
BB 1998, 648 |
FA 1998, 167 |
NZA 1998, 492 |
RdA 1998, 187 |
ZTR 1998, 264 |
AuA 1999, 93 |