Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeit von Lehrkräften. Bandbreitenregelung
Leitsatz (amtlich)
Bandbreitenregelungen zum Ausgleich besonderer Belastungen von Lehrkräften führen zu einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, wenn sie nicht landeseinheitlich eingeführt werden.
Orientierungssatz
- In Nr. 3 der SR 2 l BAT haben die Tarifvertragsparteien dem Arbeitgeber wirksam die Befugnis eingeräumt, durch die Bestimmung der Pflichtstunden beamteter Lehrkräfte zugleich die Anzahl der Pflichtstunden angestellter Lehrkräfte festzulegen.
- Ob die in § 3 der VO zu § 5 SchFG enthaltene Ermächtigung zu sog. Bandbreitenregelungen zum Ausgleich besonderer Belastungen von Lehrkräften von der Ermächtigungsgrundlage des § 5 SchFG gedeckt ist, erscheint zweifelhaft, bleibt aber unentschieden.
- Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet den Arbeitgeber. Bezieht sich eine Regelung auf den Geschäftsbereich eines Ministeriums, ist eine Unterscheidung zwischen einzelnen Dienststellen nur zulässig, wenn es hierfür sachliche Gründe gibt.
- Die Umsetzung der in § 3 der VO zu § 5 SchFG enthaltenen Bandbreitenregelung führt zu einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. In § 3 der VO zu § 5 SchFG ist nicht sichergestellt, dass vergleichbar belastete Lehrkräfte in gleicher Weise bei der Festlegung der Unterrichtsstunden entlastet werden.
Normenkette
ZPO § 256; BAT SR 2l I
Verfahrensgang
Tenor
- Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 13. September 2005 – 9 Sa 300/05 – aufgehoben.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16. November 2004 – 17 Ca 4403/04 – abgeändert.
Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die von der Klägerin im Schuljahr 2003/2004 seit dem 1. Februar 2004 über 19,25 Pflichtstunden hinaus geleisteten Unterrichtsstunden, soweit sie auf der Anwendung des Bandbreitenmodells beruhten, zu vergüten oder in Freizeit auszugleichen.
- Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Umfang der Unterrichtsverpflichtung der Klägerin.
Die am 13. Mai 1950 geborene Klägerin ist beim beklagten Land seit dem 14. August 1979 als teilzeitbeschäftigte Lehrkraft im Angestelltenverhältnis tätig. Sie unterrichtet an einem Gymnasium das Fach Kunst. Nach § 3 des Arbeitsvertrags vom 26. Oktober 1979 gelten für das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) mit den Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2l I BAT) in der jeweils geltenden Fassung.
Im November 2002 schlossen die Parteien eine Zusatzvereinbarung über eine Teilzeitbeschäftigung in Form eines Sabbatjahres. Danach sollte die Klägerin vom 1. August 2002 bis zum 31. Juli 2004 wöchentlich 18,50 Unterrichtsstunden leisten und daran anschließend vom 1. August 2004 bis zum 31. Juli 2005 von der Dienstleistungspflicht freigestellt werden. Für den Zeitraum vom 1. August 2002 bis zum 31. Juli 2005 vereinbarten die Parteien eine anteilige Vergütung in Höhe von 12,33/24,50 einer Vollzeitkraft. Die übrigen Bestimmungen des Arbeitsvertrags blieben unberührt.
Im Zusammenhang mit der in Nordrhein-Westfalen zum 1. Januar 2004 erfolgten Anhebung der Arbeitszeit der Landesbeamten auf 41 Wochenstunden wurde durch die Änderung der Verordnung zur Ausführung von § 5 Schulfinanzgesetz (SchFG) vom 17. Dezember 2003 (GV. NRW. S. 819) mit Wirkung zum 1. Februar 2004 die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden für Lehrkräfte an Gymnasien von 24,5 auf 25,5 Wochenstunden angehoben. Infolge dieser Arbeitszeitverlängerung erhöhte sich die Unterrichtsverpflichtung der Klägerin ab dem 1. Februar 2004 von 18,5 auf 19,25 Wochenstunden.
Zum Ausgleich der unterschiedlichen zeitlichen Inanspruchnahme der Lehrkräfte durch besondere unterrichtliche Belastungen ist in § 3 der Verordnung zur Ausführung des § 5 SchFG (VO zu § 5 SchFG) idF vom 22. April 2002 (GV. NRW. S. 148) bestimmt:
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Pflichtstunden-Bandbreite
(1) Eine unterschiedliche zeitliche Inanspruchnahme von Lehrerinnen und Lehrern durch besondere schulische Aufgaben und besondere unterrichtliche Belastungen soll in der Schule ausgeglichen werden. Soweit dies im Einzelnen erforderlich ist und die besonderen Belastungen sich nicht aus dem Inhalt des Amtes ergeben, können die in § 2 Abs. 1 genannten Werte unterschritten oder um bis zu drei Pflichtstunden überschritten werden. Die Abweichungen müssen sich in der Schule insgesamt ausgleichen. Die Verteilung der Anrechnungsstunden nach § 2 Abs. 5 ist zu berücksichtigen.
(2) Über Grundsätze für die Festlegung der individuellen Pflichtstundenzahl entscheidet die Lehrerkonferenz auf Vorschlag der Schulleiterin oder des Schulleiters. Die Entscheidung im Einzelnen trifft die Schulleiterin oder der Schulleiter.”
Auf Vorschlag des Schulleiters beschloss die Lehrerkonferenz des Gymnasiums, an dem die Klägerin beschäftigt ist, am 13. Mai 2003 Grundsätze über die Festlegung der individuellen Pflichtstundenzahl nach dem sog. Bandbreitenmodell. Die Gewichtung der Unterrichtsstunden wurde dabei einem von der Landesregierung Nordrhein-Westfalens eingeholten Arbeitszeitgutachten entnommen. Im Fach Kunst wurden die Unterrichtsstunden stufenbezogen wie folgt bewertet:
Sekundarstufe I: |
0,78 Stunden |
Leistungskurs: |
1,05 Unterrichtsstunden |
Grundkurs: |
0,95 Unterrichtsstunden |
Sekundarstufe I A 12: |
0,85 Unterrichtsstunden |
Unter Berücksichtigung der von der Schulkonferenz beschlossenen Gewichtung der Unterrichtsstunden errechnete der Schulleiter für die Klägerin für das zweite Halbjahr des Schuljahres 2003/2004 eine Unterschreitung der wöchentlichen Pflichtstundenzahl. Der Klägerin wurden deshalb im zweiten Halbjahr des Schuljahres 2003/2004 ab dem 1. Februar 2004 wöchentlich 22 Pflichtstunden zugeteilt.
Mit ihrer am 29. April 2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die auf der Anwendung des Bandbreitenmodells beruhende Erhöhung der wöchentlichen Pflichtstundenzahl im zweiten Schulhalbjahr 2003/04 gewandt. Sie hat geltend gemacht, der Verordnungsgeber habe die Schulkonferenz nicht zur Festlegung der Pflichtstundenzahl ermächtigen können, er hätte den Umfang der Pflichtstundenzahl vielmehr selbst festlegen müssen.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die von der Klägerin im Schuljahr 2003/2004 seit dem 1. Februar 2004 über 19,25 Pflichtstunden hinaus absolvierten Unterrichtsstunden, soweit sie auf der Anwendung des Bandbreitenmodells beruhten, durch Freizeitausgleich bzw. durch Bezahlung zu vergüten.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Unterrichtsstunden der Klägerin seien von der Schulkonferenz zutreffend gewichtet worden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Feststellungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet. Die Klägerin war im zweiten Schulhalbjahr 2003/2004 nicht verpflichtet, mehr als 19,25 Unterrichtsstunden zu leisten.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Gegenstand der Feststellungsklage ist ein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Eine Feststellungsklage muss sich nicht auf das Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann auf einzelne daraus entstehende Rechte, Pflichten oder Folgen begrenzt sein (Senat 25. Mai 2005 – 5 AZR 566/04 – AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 165, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 1 der Gründe; BAG 13. Februar 2003 – 8 AZR 102/02 – AP BGB § 613a Nr. 245 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 6, zu II 1a der Gründe). Die Parteien streiten über den Umfang der Unterrichtsverpflichtung der Klägerin und damit über eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis.
2. Die Klägerin kann nicht auf den Vorrang der Leistungsklage verwiesen werden. Zwar ist das rechtliche Interesse an der Erhebung einer Feststellungsklage in der Regel zu verneinen, wenn eine Leistungsklage möglich ist. Allerdings kann auch in diesem Fall ein Feststellungsinteresse gegeben sein, wenn das angestrebte Urteil mit seiner lediglich ideellen, der Vollstreckung nicht zugänglichen Wirkung geeignet ist, den Konflikt der Parteien endgültig zu lösen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu verhindern (Senat 28. September 2005 – 5 AZR 181/04 –, zu I 4 der Gründe; BAG 21. Mai 1992 – 6 AZR 187/91 –, zu II 2 der Gründe). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Wesentlicher Kern des Rechtsstreits ist die Wirksamkeit der vom Schulleiter festgelegten Unterrichtsverpflichtung der Klägerin. Dieser Streit kann durch die Feststellungsklage entschieden werden. Es ist vorliegend davon auszugehen, dass das beklagte Land der festgestellten Leistungspflicht nachkommt.
II. Die Klage ist begründet.
1. Nach Nr. 3 der im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen SR 2l I BAT regelt sich die Arbeitszeit der Klägerin nach den Bestimmungen für die entsprechenden Beamten. Diese Verweisung auf das Beamtenrecht ist wirksam (Senat 12. Januar 2005 – 5 AZR 145/04 – BAGE 113, 135, 138, zu I 2a der Gründe; BAG 15. Dezember 2005 – 6 AZR 227/05 –, ZTR 2006, 583, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu 2 der Gründe). Damit haben die Tarifvertragsparteien dem Arbeitgeber die Befugnis eingeräumt, durch die Bestimmung der Pflichtstunden beamteter Lehrkräfte zugleich die Anzahl der Pflichtstunden angestellter Lehrkräfte festzulegen. Das ist nicht zu beanstanden, weil das beklagte Land bei der Festsetzung der Pflichtstundenzahl für beamtete Lehrkräfte die Grenzen billigen Ermessens zu wahren hat (BAG 15. Dezember 2005 – 6 AZR 227/05 – aaO, zu 3c bb der Gründe). Die Arbeitszeit einer Lehrkraft ist nur hinsichtlich der eigentlichen Unterrichtsstunden zeitlich genau messbar. Die übrige Arbeitszeit, die entsprechend dem pädagogischen Auftrag der Lehrkräfte mit der erforderlichen Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, Korrekturarbeiten, Konferenzen, Elterngesprächen etc. verbracht wird, kann nicht in messbarer und überprüfbarer Form bestimmt, sondern nur – grob pauschalierend – geschätzt werden (Senat 23. Mai 2001 – 5 AZR 545/99 – AP BAT § 2 SR 2 l Nr. 16).
2. In § 5 Abs. 1 Buchst. a) SchFG vom 17. April 1970 (GV. NRW. S. 288) idF vom 29. April 2003 (GV. NRW. S. 255) ist der Kultusminister ermächtigt, im Einvernehmen mit den beteiligten Fachministerien durch Rechtsverordnung nach den pädagogischen und verwaltungsmäßigen Bedürfnissen der einzelnen Schulformen, Schulstufen oder Klassen die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden der Lehrer festzusetzen. In Ausführung dieser Ermächtigung hat das beklagte Land in § 2 der VO zu § 5 SchFG die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden einer vollzeitbeschäftigten Lehrkraft an einem Gymnasium im Klagezeitraum rechtswirksam auf 25,5 Unterrichtsstunden festgelegt.
3. Ob die in § 3 der VO zu § 5 SchFG enthaltene Ermächtigung zu Bandbreitenregelungen ihrerseits von der Ermächtigungsgrundlage des § 5 SchFG gedeckt ist, erscheint zweifelhaft. Nach Art. 70 Satz 2 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 18. Juni 1950 (GV. NRW. S. 127) muss das Gesetz, das die Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung erteilt, Inhalt Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen. Ist durch Gesetz vorgesehen, dass eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, bedarf es nach Art. 70 Satz 4 Landesverfassung Nordrhein-Westfalen zu ihrer Übertragung einer Rechtsverordnung. § 5 Abs. 1 SchFG ermächtigt den Kultusminister zur Festsetzung der Pflichtstundenzahl. Diese Vorschrift enthält jedoch keine Rechtsgrundlage zur Weiterübertragung dieser Ermächtigung auf die Lehrerkonferenzen der einzelnen Schulen. Mit Art. 70 Satz 4 Landesverfassung Nordrhein-Westfalen dürfte des Weiteren kaum vereinbar sein, dass die Gewichtung der Unterrichtsstunden in den einzelnen Fächern nicht im Wege einer Rechtsverordnung geregelt, sondern durch einfachen Beschluss der jeweiligen Lehrerkonferenz festgelegt wird. Zudem ist die äußerst knapp gehaltene Ermächtigung in § 5 SchFG, die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden festzulegen, mangels weiterer inhaltlicher Vorgaben als Auftrag zu einer landesweit einheitlichen Regelung zu verstehen. Diese öffentlich-rechtlichen Fragen bedürfen vorliegend jedoch keiner abschließenden Klärung, weil die Bandbreitenregelung jedenfalls arbeitsrechtlich unverbindlich ist und damit für Lehrer im Angestelltenverhältnis keine Wirkung entfalten kann.
4. Die Anwendung der in § 3 der VO zu § 5 SchFG enthaltenen Ermächtigung zum Erlass sog. Bandbreitenregelungen führt unausweichlich zu einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.
a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung. Unzulässig ist nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (Senat 14. Juni 2006 – 5 AZR 584/05 – EzA-SD 2006, Nr. 19, 3-4, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Eine Differenzierung ist sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn also bei einer am Gleichheitsgedanken orientierten Betrachtungsweise die Regelung als willkürlich anzusehen ist (vgl. BVerfG 15. Oktober 1985 – 2 BvL 4/83 – BVerfGE 71, 39, 58). Wenn der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer auf Grund individueller, an persönliche Umstände anknüpfender Vereinbarungen besserstellt, können daraus andere Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Gleichbehandlung herleiten. Das Gebot der Gleichbehandlung greift jedoch dann ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip auf Grund einer abstrakten Regelung gewährt. Von einer solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausschließen (st. Rspr., vgl. BAG 21. März 2002 – 6 AZR 144/01 – EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 88, zu B II 2a der Gründe; Senat 29. September 2004 – 5 AZR 43/04 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 192 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 4, zu I der Gründe mwN). Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz betrifft auch Hauptleistungspflichten und verpflichtet den Arbeitgeber. Bezieht sich eine Regelung auf den Geschäftsbereich eines Ministeriums, ist eine Unterscheidung zwischen einzelnen Dienststellen nur zulässig, wenn es hierfür sachliche Gründe gibt (vgl. BAG 17. Dezember 1992 – 10 AZR 306/91 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 105 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 55, zu 2b der Gründe; Senat 17. April 2002 – 5 AZR 413/00 – AP BeschFG 1985 § 2 Nr. 84).
b) Die Umsetzung der in § 3 der VO zu § 5 SchFG enthaltenen Bandbreitenregelung führt zu einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Die Anwendung dieser Vorschrift hat eine sachlich nicht gerechtfertigte unterschiedliche Regelung der Pflichtstundenzahl vergleichbarer Lehrkräfte im Geschäftsbereich des zuständigen Ministers zur Folge. In § 3 der VO zu § 5 SchFG ist nicht sichergestellt, dass vergleichbar belastete Lehrkräfte in gleicher Weise bei der Festlegung der Unterrichtsstunden entlastet werden. Der Lehrerkonferenz, die nach § 3 Abs. 2 der VO zu § 5 SchFG über die Grundsätze für die Festlegung der individuellen Pflichtstundenzahl entscheidet, sind in der Verordnung keinerlei Vorgaben zum Ausgleich unterschiedlicher Inanspruchnahme der Lehrkräfte durch besondere schulische Aufgaben und besondere unterrichtliche Belastungen gemacht. Unklar ist bereits, was nach dieser Regelung überhaupt als relevante Belastung anzusehen ist. Ob die Lehrerkonferenz – wie vorliegend – eher einen abstrakten Ausgleich nach Maßgabe des im Auftrag der Landesregierung erstellten Gutachtens vornimmt, Besonderheiten einzelner Schulklassen berücksichtigt oder gar aus grundsätzlichen Erwägungen von einem Ausgleich überhaupt absieht, unterliegt der nur eingeschränkt nachprüfbaren Ermessensentscheidung der Lehrerkonferenz der einzelnen Schule (dazu OVG Nordrhein-Westfalen 16. März 2004 – 6 A 4402/02 – NWVBl. 2005, 224, zu 2c bb der Gründe). Die Durchführung des Ausgleichs hängt damit nicht nur von sehr unterschiedlichen und nicht einheitlich vorgegebenen sachlichen Kriterien, sondern auch ganz erheblich von der persönlichen Einstellung sowie Überzeugungs- und Durchsetzungskraft der Lehrkräfte in der Lehrerkonferenz der jeweiligen Schule ab. Die Verordnung nimmt damit eine sachfremde Gruppenbildung von Schule zu Schule in Kauf. Das ist mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vereinbar. Der im Grundsatz nicht zu beanstandende Belastungsausgleich könnte zwar im Geschäftsbereich des Kultusministeriums nach einheitlichen Kriterien eingeführt werden, die Delegation der Rechtssetzung auf die Schulen führt aber zwingend zu nicht mehr sachlich zu rechtfertigenden Ungleichbehandlungen der beim selben Arbeitgeber beschäftigten Lehrkräfte.
5. Die vom Schulleiter festgelegte Unterrichtsverpflichtung der Klägerin für das zweite Halbjahr des Schuljahres 2003/2004 war unwirksam. Für die Klägerin verblieb es deshalb in dieser Zeit bei der Pflichtstundenzahl von 19,25 Wochenstunden. Die von der Klägerin darüber hinaus geleisteten Unterrichtsstunden hat das beklagte Land gem. § 78a LBG-NRW durch Freizeitausgleich oder Entgelt zu vergüten.
III. Das beklagte Land hat gem. § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Unterschriften
Müller-Glöge, Mikosch, Linck, Zoller, Dombrowsky
Fundstellen
Haufe-Index 1682982 |
BAGE 2008, 97 |
EBE/BAG 2007 |
ZTR 2007, 257 |
AP 2007 |
EzA |
MDR 2007, 665 |
RiA 2007, 156 |
AUR 2007, 102 |