Entscheidungsstichwort (Thema)
Hausschwammbekämpfung im Mauerwerk als bauliche Leistung
Orientierungssatz
Hausschwammbekämpfungsarbeiten im und am Mauerwerk sind nicht als baugewerbliche Tätigkeiten im Sinne des § 1 Abs 2 Abschnitt I, II, IV und V des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12.11.1986 anzusehen.
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des
Landesarbeitsgericht Berlin vom 2. August 1999 - 18 Sa 139/98 -
wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Revision hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte im Klagezeitraum einen Baubetrieb im Sinne der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes unterhalten hat und deshalb Beiträge an die Klägerin für die Zeit von Januar 1997 bis Februar 1998 entrichten muß.
Die Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG (im folgenden: ZVK). Sie ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Sie nimmt die Beklagte gemäß dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 in seiner jeweiligen Fassung (im folgenden: VTV) zur Vorbereitung des Beitragsanspruchs auf Auskunft sowie für den Fall der Nichterteilung der Auskunft auf eine Entschädigung für den Klagezeitraum in Anspruch.
Die Beklagte hat eine Ausbildung zur Meisterin des Schädlingsbekämpferhandwerks in der ehemaligen DDR absolviert. Sie ist Inhaberin eines Betriebes, der sich ausweislich des von ihr verwendeten Firmenbriefbogens als "Schädlingsbekämpfermeister - Fachbetrieb im chemischen Holz- und Bautenschutz" bezeichnet. Angegeben ist dort weiterhin, daß sie sowohl Mitglied im Deutschen Schädlingsbekämpferverband e.V., Landesverband Sachsen, als auch im Holz- und Bautenschutz-Verband Köln, Landesbezirk Sachsen, sei. Die Gewerbegenehmigung erlaubt der Beklagten die "selbständige Ausübung des Schädlingsbekämpfergewerbes sowie Branchenhandel für Holzschutzmittel, Holzschutz-Lasuren und holzschützende Anstrichstoffe".
Im Zeitraum Januar 1997 bis Februar 1998 beschäftigte die Beklagte vier gewerbliche Arbeitnehmer.
Am 23. März 1998 führte das Arbeitsamt Chemnitz eine Betriebsprüfung durch. Der Prüfungsbericht enthält eine Darstellung folgender Tätigkeiten:
"a) Schädlingsbekämpfung
Dieser Bereich umfaßt z.B. die Bekämpfung von Ratten, Wespen,
Ameisen sowie Tauben, und schließt Desinfektionsmaßnahmen ein.
b) Gutachtenerstellungen
c) Brandschutz
überwiegend an Metall, aber auch an Holz in Form eines
Anstrichs unter 3 mm
d) Bekämpfung des Hausschwammes
zu 45 % durch Schaumverfahren, 20 % Fluten/Sprühen bzw. zu 35
% durch Druckinjektionen ins Mauerwerk. Die Beseitigung dient
vorrangig, Allergien bei den Bewohnern zu vermeiden. Bei
Fortschreitung des Schwammes kann die Statik des Bauwerkes
beeinflußt werden. In keinem Fall dient sie der
Bautrockenlegung (Das prozentuale Verhältnis, abzüglich der
vorbereitenden Aufgaben liegt zwischen 8,9 und 24,1 %).
e) Holzschutzarbeiten
an verbauten Holzteilen zur Bekämpfung von holzzerstörenden
Insekten."
Für die Ausführung der Holzschutzarbeiten sind von Angestellten durchgeführte umfangreiche Vorbereitungen erforderlich, die in der Regel 40 % des gesamten zeitlichen Aufwandes umfassen.
Zur Bekämpfung des Hausschwammes bringt die Beklagte mit ihren Arbeitnehmern mittels verschiedener Verfahren die verwendeten Mittel auf das befallene Mauerwerk und die befallenen Holzteile auf bzw. ein. Vor dem Tätigwerden der Beklagten sind immer Vorarbeiten durch andere Gewerke notwendig, wie Abschlagen des Putzes, Ausschneiden des Mauerwerkes, Abschneiden des Holzes und ähnliches. Ebenso sind danach Tätigkeiten anderer Gewerke notwendig, wie Austrocknen des Mauerwerkes, Verputzen etc. Diese Vor- und Nacharbeiten werden nicht vom Betrieb der Beklagten erbracht. In den meisten Fällen der Bekämpfung des Hausschwammes ist auch Mauerwerk befallen.
Zur Durchführung des Schaumverfahrens bei der Hausschwammbekämpfung werden spezielle Geräte und ein separater Kompressor benötigt. Nach einem Vornässen der Flächen durch eine Schaumschicht wird eine fünf bis zehn Zentimeter dicke Schaumschicht mit der pilzbekämpfenden Chemikalie aufgebracht. Das Fluten und Sprühen mit geringem Druck wird bei minderstarkem Befall des echten Hausschwammes angewandt bzw. als begleitende Maßnahme. Dabei werden handelsübliche Handspritzgeräte bzw. bei größeren Flächen Kreiselpumpen eingesetzt. Das Material wird in die bestimmungsgemäß konzentrierte Lösung gesetzt und dann langsam und gleichmäßig mit geringem Druck auf die zu sanierende Fläche aufgebracht. Die sog. Druckinjektagen in das Mauerwerk werden angewandt, wenn das Mauerwerk bis in die Tiefe mit Mycelsträngen des Hausschwammes durchwachsen ist. Es werden Bohrungen von 16 - 18 mm Durchmesser eingebracht. Es wird nur Mauerwerk mit einer Stärke von über 24 cm saniert. Als Geräte werden verwandt eine Bohrmaschine, Plastpacker mit Rückschlagventil, Hammer und zum Einbringen in das Mauerwerk Airless-Spritztechnik mit Packeraufsatz.
Nachdem die Beklagte zunächst vom Landesarbeitsamt zur Winterbauumlage gemäß §§ 354 ff. SGB III (bis 31. Dezember 1997 § 186 a AFG) herangezogen worden war, führte das Ergebnis der Betriebsprüfung zur Aufhebung der entsprechenden Bescheide.
Die ZVK hat behauptet, der Betrieb habe im fraglichen Zeitraum gemessen an der Gesamtarbeitszeit aller Mitarbeiter der Beklagten überwiegend, nämlich zu 70 %, Holzschutzarbeiten an Holzbauteilen in Gebäuden zur Bekämpfung von holzzerstörenden Insekten, Schwammsanierungsarbeiten zur Erhaltung des Mauerwerks von Gebäuden mittels verschiedener technischer Verfahren und Brandschutzarbeiten an Bauteilen durch Aufbringung eines Schutzanstrichs ausgeführt. Die ZVK ist der Auffassung, die Holzschutzarbeiten würden von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 21 VTV erfaßt. Die Schwammsanierungsarbeiten unterfielen § 1 Abs. 2 Abschnitt V Ziff. 4 VTV, jedenfalls aber § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV. Schließlich würden die Brandschutzarbeiten von § 1 Abs. 2 Abschnitt IV Nr. 2 erfaßt. Die Beklagte sei zur Auskunft verpflichtet, da alle drei betrieblichen Tätigkeitsbereiche Bauarbeiten im Sinne des betrieblichen Geltungsbereichs der Bautarifverträge und insbesondere des VTV darstellten.
Die ZVK hat zuletzt beantragt,
1. ihr auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu
erteilen, wieviel gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den
Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch -
Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI)
versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten
Januar bis Dezember 1997 sowie Januar bis Februar 1998 in dem
Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden und welche
Bruttolohnsummen sowie welche Sozialkassenbeiträge insgesamt
für diese Arbeitnehmer in den genannten Monaten angefallen
sind,
2. für den Fall, daß diese Verpflichtung zur
Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von 6 Wochen nach
Urteilszustellung nicht erfüllt wird, an sie eine
Entschädigungssumme in Höhe von 27.560,00 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und bestritten, daß sie die von der ZVK behaupteten Arbeiten zum überwiegenden Teil der betrieblichen Arbeitszeit ausgeführt habe. Sie hält sich nicht zur Auskunft verpflichtet, da sie keinen Baubetrieb führe. Die Holzschutzarbeiten beträfen keinen vorbeugenden, sondern lediglich bekämpfenden Holzschutz und machten außerdem wegen des großen Anteils der Vorbereitungsarbeiten nur 12,6 % der Gesamtarbeitszeit aus. Bei den Schwammbeseitigungsarbeiten handele es sich um reine Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen, nämlich das Auf- und Einbringen entsprechender Mittel. Sämtliche sonstigen zur Beseitigung des Hausschwammes erforderlichen Arbeiten würden von anderen Gewerken ausgeführt. Schließlich habe sie im fraglichen Zeitraum keinerlei Brandschutzarbeiten ausgeführt. Diese seien lediglich in den Jahren 1993 und 1994 im Rahmen eines größeren Auftrags ausgeführt worden und hätten deshalb im Prüfbericht, der den Zeitraum 1. Januar 1991 bis 31. Dezember 1995 erfaßte, Niederschlag gefunden.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die ZVK ihren Klageanspruch weiter, während die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der ZVK ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht zur Auskunftserteilung für den Klagezeitraum und daher auch nicht zu einer Entschädigungszahlung verpflichtet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Ein Anspruch auf Auskunftserteilung gemäß § 49 VTV bestehe nicht. Die Klägerin habe nicht dargelegt, daß alle drei genannten Tätigkeitsbereiche bauliche Tätigkeiten umfassen. Zwar handele es sich bei den Arbeiten zur Bekämpfung holzzerstörender Insekten an verbauten Holzteilen um Holzschutzarbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 21 VTV, da diese nicht nur vorbeugenden, sondern auch bekämpfenden Holzschutz umfaßten. Dies gelte auch für die Bekämpfung des Hausschwammes an Holzteilen. Jedoch unterfielen die von der Beklagten am Mauerwerk durchgeführten Arbeiten zur Bekämpfung des Hausschwammes nicht dem VTV. Um Bautrocknungsarbeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 4 VTV handele es sich nicht, da dem Mauerwerk nicht mittels chemischer Mittel Feuchtigkeit entzogen, sondern lediglich der durch Feuchtigkeit begünstigte Befall mit Schadorganismen beseitigt werde. Um Arbeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV handele es sich auch nicht, da die Bekämpfung des Hausschwammes zwar der Instandsetzung von Bauwerken diene, die von dem Betrieb der Beklagten ausgeführten Arbeiten jedoch keine typischen Bautätigkeiten seien. Alle auf das Mauerwerk mechanisch einwirkenden Arbeiten - wie das notwendige vorherige Abschlagen des Putzes, gegebenenfalls Ausschneiden oder Abbruch von Mauerwerk sowie das nachfolgende Austrocknen des Mauerwerks, das Ergänzen entfernten Mauerwerks und das Wiederaufbringen des Putzes - würden von anderen Betrieben erbracht. Lediglich die für das Druckinjektionsverfahren erforderlichen Bohrungen im Mauerwerk stellten bauliche Tätigkeiten dar, diese träten aber in den Hintergrund. Ob die gemäß § 1 Abs. 2 Abschnitt IV Nr. 2 VTV zu den Bautenschutzarbeiten zählenden Brandschutzarbeiten durch Anstrich tatsächlich im Klagezeitraum noch erbracht worden seien, könne daher dahinstehen.
II. Diesen Ausführungen folgt der Senat im wesentlichen.
1.a) Im Klagezeitraum galten die jeweils allgemeinverbindlichen Tarifverträge über das Verfahren über den Urlaub, den Lohnausgleich und die Zusatzversorgung im Baugewerbe vom 12. November 1986 in den Fassungen vom 18. Dezember 1996, 21. Mai 1997, 28. November 1997 und 10. Dezember 1997. Aus Teil 2 (Regelungen für das Gebiet der fünf neuen Länder und des Ostteils des Landes Berlin) folgt in § 49 die Beitragsmeldung für gewerbliche Arbeitnehmer. Im für alle Teile der Bundesrepublik Deutschland geltenden § 1 heißt es in Abs. 2:
"Betrieblicher Geltungsbereich:
Betriebe des Baugewerbes. Das sind alle Betriebe, die unter einen
der nachfolgenden Abschnitte I bis IV fallen.
Abschnitt I
Betriebe, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen
Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen
Einrichtung gewerblich Bauten aller Art erstellen.
Abschnitt II
Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I erfaßt, nach
ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten
Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung
gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die - mit oder ohne
Lieferung von Stoffen oder Bauteilen - der Erstellung,
Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von
Bauwerken dienen.
Abschnitt III
Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I oder II
erfaßt, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten
geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung
- mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen - gewerblich
sonstige bauliche Leistungen erbringen.
...
Abschnitt V
Zu den in den Abschnitten I bis III genannten Betrieben gehören
z.B. diejenigen, in denen Arbeiten der nachstehend aufgeführten
Art ausgeführt werden:
...
4. Bautrocknungsarbeiten, dh. Arbeiten, die unter Einwirkung auf
das Gefüge des Mauerwerks der Entfeuchtung dienen, auch unter
Verwendung von Kunststoffen oder chemischen Mitteln sowie durch
Einbau von Kondensatoren;
...
21. Holzschutzarbeiten an Bauteilen"
b) Bei der Feststellung des betrieblichen Geltungsbereichs kommt es auf wirtschaftliche Gesichtspunkte, wie Umsatz und Verdienst und auf handelsrechtliche und gewerbliche Kriterien nicht an (BAG 22. April 1987 - 4 AZR 496/86 - BAGE 55, 223 mwN). Ebenfalls unerheblich ist für die aus der Tarifgebundenheit eines Arbeitgebers nach § 5 Abs. 4, § 4 Abs. 2 TVG folgenden tariflichen Verpflichtungen, ob für ihn die gesetzlichen Vorschriften über die Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft gelten. Aus dem Bescheid der Bundesanstalt für Arbeit vom 27. Mai 1998, mit dem vorhergehende Leistungsbescheide betreffend die Winterbauumlage aufgehoben wurden, können daher keine Folgerungen für den hier vorliegenden Streit gezogen werden.
c) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß der Vortrag der ZVK zum Unterfallen des Betriebs der Beklagten unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV nur schlüssig ist, wenn jede einzelne der drei von der ZVK insgesamt als arbeitszeitlich überwiegend geleistet behaupteten Tätigkeiten baugewerblich ist (BAG 26. Januar 1994 - 10 AZR 603/92 - nv.). Diesen Anforderungen entspricht der Vortrag der ZVK nicht.
2. Unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV fallen zunächst diejenigen Betriebe, in denen arbeitszeitlich überwiegend die in Abschnitt IV und V genannten Beispielstätigkeiten ausgeführt werden. Ist dies nicht der Fall, ist zu prüfen, ob die im Betrieb ausgeführten Tätigkeiten die allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III erfüllen.
a) Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, daß die im Betrieb der Beklagten durchgeführten Arbeiten zur Bekämpfung holzzerstörender Insekten an verbauten Holzteilen unter § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 21 fallen. Unter Holzschutz sind allgemein Maßnahmen gegen Wertminderung oder Zerstörung des Holzes durch Holzschädlinge, Feuer sowie durch Witterungs- und Umwelteinflüsse zu verstehen (Brockhaus Enzyklopädie 20. Aufl. Band 10 S 221). Es fallen darunter vorbeugende Maßnahmen zum Schutz des Holzes gegen Fraß, Fäulnis und Feuer sowie zum Schutz des Bauwerks gegen Witterungseinflüsse, Feuchtigkeit und Alterung (Brocksiepe/Sperner BRTV-Bau 1981 S 76, 77). Weiter gehören dazu die Bekämpfung und Beseitigung bereits aufgetretener Schäden am Holz und am Bauwerk. Bei der Bekämpfung holzzerstörender Insekten durch Auftragen entsprechender Holzschutzmittel handelt es sich damit nach dem Tarifwortlaut eindeutig um Holzschutzarbeiten an Bauteilen. Weder der Tarifwortlaut noch der tarifliche Gesamtzusammenhang, die für die Tarifauslegung in erster Linie maßgebend sind, rechtfertigen die Annahme, daß Holzschutzarbeiten an Bauteilen im tariflichen Sinne nur solche sind, die dem vorbeugenden Holzschutz von Bauteilen vor ihrer Verwendung dienen. Auch ein Zusammenhang mit baulichen Leistungen ist nicht gefordert. Die Tarifvertragsparteien haben in den Tätigkeitsbeispielen des § 1 Abs. 2 Abschnitt V VTV, wenn sie einen Zusammenhang mit baulichen Leistungen verlangen, dies durch entsprechende Formulierungen zum Ausdruck gebracht. Eine solche Formulierung enthält das hier maßgebliche Tätigkeitsbeispiel der Nr. 21 nicht (BAG 25. Oktober 1989 - 4 AZR 182/89 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 123).
b) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, daß die Hausschwammbekämpfungsarbeiten, die an Holzteilen durchgeführt wurden, ebenfalls Holzschutzarbeiten im tariflichen Sinne sind.
c) Die Hausschwammbekämpfungsarbeiten im und am Mauerwerk sind dagegen nicht als baugewerbliche Tätigkeiten anzusehen.
aa) Sie sind keine Bautrocknungsarbeiten iS des § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 4 VTV. Hierzu gehören alle Maßnahmen, die unter Einwirkung auf das Gefüge des Mauerwerks (zB Ausstemmen von Löchern und Einbau von Trocknungskörpern) zu dessen Entfeuchtung beitragen (BAG 3. Februar 1965 - 4 AZR 483/62 - AP TVG § 4 Ausgleichskasse Nr. 2; Karthaus/Müller BRTV 4. Aufl. S 41). Solche Arbeiten werden im Betrieb der Beklagten nicht ausgeführt. Mit Ausnahme der im Verhältnis zur gesamten betrieblichen Arbeitszeit nicht ins Gewicht fallenden Bohrungen für Druckinjektionsverfahren bei der Hausschwammbekämpfung führt die Beklagte selbst keine Arbeiten durch, die der Entfeuchtung des Mauerwerks dienen. Ein Zusammenhang zwischen Hausschwammbekämpfung und Feuchtigkeit besteht zwar insoweit, als Hausschwamm als Pilzorganismus Feuchtigkeit benötigt, um sich zu erhalten und auszubreiten. Insoweit dienen Bautrocknungsarbeiten dazu, die Bauteile vor dem Befall durch Hausschwamm zu schützen oder ihn zu bekämpfen, darüber hinaus werden aber weitergehende Ziele verfolgt, zB Stabilitätsverlust durch Feuchtigkeit und ein ungesundes Raumklima zu vermeiden oder zu beheben. Damit decken sich die verfolgten Zwecke nur teilweise (aA: LAG Frankfurt am Main 5. Juli 1977 - 3 Sa 285/77 -). Wenn die von der Beklagten durchgeführte Vernichtung der Organismen des Hausschwammes erfolgreich beendet ist, ist damit noch nicht das Mauerwerk trocken gelegt. Die eigentlichen Trocknungsarbeiten gehören nicht zu den Aufgaben der Beklagten.
bb) Zu den Holzschutzarbeiten iS der Nr. 21 des Beispielkatalogs gehören die Arbeiten nicht, da sie nicht am Holz, sondern am Mauerwerk ausgeführt werden. Eine erweiternde Auslegung über den Wortlaut hinaus kommt nicht in Betracht.
d) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht verneint, daß die Hausschwammsanierungsarbeiten am Mauerwerk unter die baugewerblichen Tätigkeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV fallen. Hiernach werden Betriebe erfaßt, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die - mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen - der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Die Befreiung des Mauerwerks vom Befall durch den Hausschwamm dient sowohl der Instandsetzung als auch der Instandhaltung von Bauwerken, da erst durch die Beseitigung des Pilzes das Bauwerk wieder seinem bestimmungsgemäßen Zweck zugeführt wird (BAG 5. Juni 1985 - 4 AZR 533/83 - BAGE 48, 390).
Für sämtliche in den Abschnitten I bis III genannten Tätigkeiten ist jedoch erforderlich, daß der Betrieb der Einrichtung und Zweckbestimmung entsprechend baulich geprägt sein muß. Hingegen kommt es nicht auf den vom Landesarbeitsgericht verwendeten Begriff der "typischen" Bautätigkeiten an. Es muß aber mit Werkstoffen, Arbeitsmitteln und Arbeitsmethoden des Baugewerbes gearbeitet werden (BAG 25. Februar 1987 - 4 AZR 230/86 - BAGE 55, 67; 3. November 1993 - 10 AZR 319/91 - nv.). Das ist nicht der Fall. Die von der Beklagten verwendeten Werkstoffe bestehen im wesentlichen aus chemischen Pilzbekämpfungsmitteln. Diese werden mit Ausnahme der für das Druckinjektionsverfahren verwendeten Bohrmaschine nicht mit Arbeitsmitteln und Arbeitsmethoden des Baugewerbes auf- und eingebracht. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß die Arbeiten im Zusammenhang mit den Druckinjektionsverfahren nur einen kleinen Teil der Gesamttätigkeit im Betrieb der Beklagten betreffen. Sie sind daher nicht geeignet, die gesamte Tätigkeit als bauliche Leistung zu qualifizieren. Sämtliche auf das Mauerwerk mechanisch einwirkenden Arbeiten sowie das der Tätigkeit der Beklagten nachfolgende Austrocknen des Mauerwerks, die Ergänzung entfernten Mauerwerks und das Wiederaufbringen des Putzes wird nicht von der Beklagten, sondern von anderen Betrieben erbracht. Es ist nicht festgestellt, daß es sich hierbei um Subunternehmen der Beklagten handelt, die von der Beklagten beauftragt, eingewiesen, überwacht und kontrolliert worden wären, wodurch eine eigene baugewerbliche Tätigkeit angenommen werden könnte (BAG 11. Juni 1997 - 10 AZR 525/96 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 200 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 85).
Der ZVK ist zuzugestehen, daß es nicht plausibel erscheint, wenn die Bekämpfung von holzzerstörenden Insekten als Holzschutzarbeit im Sinne des Beispiels Nr. 21 des Abschnitts V als bauliche Tätigkeit des § 1 Abs. 2 VTV definiert wird, obwohl diese Tätigkeiten ebensowenig baulich geprägt sein können, wie es bei der Hausschwammbekämpfung im Mauerwerk bei der Beklagten der Fall ist. Dies ist jedoch eine Folge der tarifvertraglichen Systematik, die von den Arbeitsgerichten nicht auf ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen ist. Wenn nach sämtlichen Auslegungsmethoden keine Zuordnung zu den baugewerblichen Tätigkeiten möglich ist, ist es den Gerichten verwehrt, eigene tarifliche Fallgruppen zu schaffen, die die Tarifvertragsparteien nicht vorgesehen haben.
3. Da bereits eines der drei Tätigkeitsgebiete, deren Summe gemäß der Behauptung der ZVK zeitlich überwiegt, nicht dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV unterfällt, kommt es nicht mehr darauf an, ob und in welchem Umfang Brandschutzarbeiten im Klagezeitraum geleistet worden sind.
III. Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 ZPO).
Dr. Freitag Böck Marquardt
Schlaefke Schmidt
Fundstellen