Dem folgt der Senat nicht. Ob die Klage begründet ist, kann aber auf Grund der bisherigen Tatsachenfeststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden. Der Rechtsstreit war deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO aF).
I. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Klage noch nicht allein deshalb unbegründet, weil der Kläger am 6. Januar 1999 sein Heuerverhältnis außerordentlich gekündigt hat und er sich auf das Fehlen eines Kündigungsgrundes nach §§ 67, 68 SeemG oder nach § 78 Abs. 3 Satz 1 SeemG nach Treu und Glauben nicht berufen kann.
1. Das Landesarbeitsgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme festgestellt, daß der Kläger am 6. Januar 1999 sowohl im Gespräch mit dem Kapitän der “MS M.…” K.… als auch in dem Seefunkgespräch mit dem Komplementär der Beklagten, Reeder H.…,eine fristlose Kündigung ausgesprochen hat. Diese Feststellungen sind für den Senat bindend. Der Kläger hat sie nicht mit einer durchgreifenden Verfahrensrüge angegriffen (§ 561 Abs. 2 ZPO aF). Sein bloßer Hinweis in der Revisionsbegründung, er habe eine Kündigung tatsächlich nicht erklärt, genügt dem nicht.
2. Das Landesarbeitsgericht hat weiter angenommen, der Kläger könne sich – auch bei Fehlen eines Kündigungsgrundes für die außerordentliche Kündigung – hier nicht auf deren Unwirksamkeit berufen, weil die Beklagte die außerordentliche Kündigung “hingenommen” bzw. “angenommen” habe.
Mit dieser Begründung durfte dem Kläger die Geltendmachung einer möglichen Unwirksamkeit seiner außerordentlichen Eigenkündigung nicht versagt werden. Allein auf Grund einer schlichten Hinnahme der Eigenkündigung eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber ist es dem Arbeitnehmer noch nicht verwehrt, sich später auf die Unwirksamkeit der Kündigung wegen eines fehlenden außerordentlichen Kündigungsgrundes zu berufen. Besondere Umstände, die ein Berufen des Klägers auf den fehlenden Kündigungsgrund für die außerordentliche Kündigung als rechtsmißbräuchlich erscheinen lassen, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt.
a) Aus § 242 BGB folgt ua. der Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (sog. “venire contra factum proprium”). Ein Verhalten wird ua. dann als rechtsmißbräuchlich angesehen, wenn besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (Senat 4. Dezember 1997 – 2 AZR 799/96 – BAGE 87, 200). Der Grundsatz von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung. Eine gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage wird wegen der Rechtsüberschreitung als unzulässig angesehen. Wann dies der Fall ist, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (Senat 4. Dezember 1997 – 2 AZR 799/96 – aaO). Der Senat hat es beispielsweise als treuwidrig iSv. § 242 BGB angesehen, wenn eine Arbeitsvertragspartei, die eine Kündigung mehrmals – und zwar entgegen der Vorhaltungen der anderen Seite – ernsthaft und nicht nur einmalig spontan ausgesprochen hat, sich nachträglich auf die Unwirksamkeit der eigenen Erklärung beruft (Senat 4. Dezember 1997 – 2 AZR 799/96 – aaO).
b) Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Treuwidrigkeit eines Berufens des Klägers auf die Unwirksamkeit seiner Eigenkündigung wegen eines fehlenden Kündigungsgrundes sind in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt überprüfbar, da es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs handelt. Diese kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob das angefochtene Urteil den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die maßgebliche Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob es in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., zB zuletzt BAG 23. November 2000 – 2 AZR 533/99 – BAGE 96, 306).
Diesem eingeschränkten Überprüfungsmaßstab halten die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts nicht stand.
c) Das Landesarbeitsgericht hat sowohl den Rechtsbegriff des treuwidrigen Verhaltens verkannt als auch nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und nicht in sich widerspruchsfrei argumentiert.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat schon nicht ausreichend die vom Senat in der Entscheidung vom 4. Dezember 1997 (– 2 AZR 799/96 – BAGE 87, 200) entwickelten Grundsätze berücksichtigt. Es durfte nicht allein und ohne weiteres darauf abstellen, daß die Beklagte die Kündigung “hingenommen” habe. Der Senat hat vielmehr eine erkennbar ernsthafte und endgültige Lösungsabsicht des Kündigenden gefordert und insoweit nicht allein auf die Reaktion des Kündigungsempfängers abgestellt.
bb) Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung auch nicht alle wesentlichen Umstände des Falles berücksichtigt. Ob die Eigenkündigung des Klägers nur eine einmalige spontane Reaktion oder aber vielmehr Ausdruck eines ernsthaften Kündigungswillens war, hat das Berufungsgericht nicht abschließend festgestellt und erörtert. Das Landesarbeitsgericht hat weder den Anlaß der Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und dem Kapitän K.… berücksichtigt noch den Umstand gewürdigt, daß der Kapitän es dem Kläger nicht erlaubt hatte, seinen Rechtsanwalt anzurufen, um sich rechtlichen Rat zu holen. Schließlich hat es in diesem Zusammenhang auch nicht den Umstand beachtet, daß der Kläger nach dem Gespräch weiter seine Tätigkeit – und sogar noch bis L.… – verrichtet hat.
cc) Die Begründung des Landesarbeitsgerichts ist auch nicht in sich widerspruchsfrei. Das Berufungsgericht spricht zum einen von einer “Annahme”, zum anderen von einer “Hinnahme” der außerordentlichen Kündigung. Beide Begriffe beschreiben unterschiedlich intensive Reaktionen der Beklagten auf die Äußerung des Klägers. Welche Auswirkungen diese beiden möglichen Reaktionen der Beklagten im Hinblick auf ein rechtsmißbräuchliches Verhalten des Klägers haben, hat das Berufungsgericht genauso offen gelassen wie die Frage, wie nun die Beklagte konkret reagiert hat. Käme es insoweit entscheidend auf deren Reaktion an, müßte die Vorinstanz entsprechende Feststellungen treffen.
3. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist auch hinsichtlich der abgewiesenen Zahlungsansprüche (Antrag zu 2) aufzuheben und zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts tragen die Klageabweisung des Antrags zu 2) nicht.
Zum einen hängt der vom Kläger in erster Linie begehrte Vergütungsanspruch vom Fortbestand seines Heuerverhältnisses und damit von der Wirksamkeit seiner Eigenkündigung ab. Zum anderen kann der vom Kläger hilfsweise begehrte Schadensersatzanspruch nur dann begründet sein, wenn der Kläger sein Heuerverhältnis berechtigterweise außerordentlich gekündigt hat. Ob ein außerordentlicher Kündigungsgrund nach §§ 67, 68 SeemG oder nach § 78 Abs. 3 Satz 1 SeemG vorliegt, läßt sich bisher noch nicht abschließend beurteilen.
II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO aF). Insbesondere ist das Heuerverhältnis des Klägers nicht auf Grund einer Aufhebungsvereinbarung der Parteien zum 10. Januar 1999 wirksam beendet worden.
Das Landesarbeitsgericht hat es ausdrücklich offen gelassen, ob die eventuell unwirksame Eigenkündigung des Klägers in ein Angebot zur sofortigen Beendigung des Heuerverhältnisses umgedeutet werden kann, das die Beklagte mit der umgehenden Einleitung der Ablösung des Klägers unverzüglich angenommen hätte.
Der bisher festgestellte Sachverhalt rechtfertigt die Annahme einer solchen Aufhebungsvereinbarung zwischen den Parteien nicht. Dabei kann dahinstehen, ob eine solche Vereinbarung schon nach § 28 der “Vereinbarung über die Anstellungsbedingungen für Kapitäne in der deutschen Seeschiffahrt (Kapitäns-MTV)” vom 17. April 1986, idF vom 20. August 1996, bzw. nach § 73 des “Manteltarifvertrages für die deutsche Seeschiffahrt (MTV-See)” vom 17. April 1986, idF vom 20. August 1996, wegen der fehlenden Schriftform unwirksam sein könnte. Der Abschluß eines Aufhebungsvertrages scheitert hier schon daran, daß die Beklagte in den Gesprächen vom 6. Januar 1999 ein mögliches, in der Eigenkündigung des Klägers liegendes Angebot zum Abschluß einer Aufhebungsvereinbarung nicht sofort angenommen hat (§ 147 Abs. 1 Satz 1 BGB). Weder der Kapitän der “MS M.…” noch der Komplementär der Beklagten im Seefunkgespräch am Nachmittag (§ 147 Abs. 1 Satz 2 BGB) haben die Annahme eines entsprechenden Angebots des Klägers sofort erklärt. Eine sofortige Annahmeerklärung ist weder vom Landesarbeitsgericht festgestellt noch von der Beklagten behauptet worden. Die Beklagte hat lediglich vorgetragen, sie habe die Kündigungserklärung des Klägers mehr oder weniger erleichtert entgegengenommen. Aus diesem Vortrag läßt sich ein sofortiger, eindeutiger Annahmewille der Beklagten gerade nicht erkennen. Gleiches gilt für ihren Vortrag, sie habe die prompte Ablösung des Klägers organisiert, worin sich ihre Annahme auf das vom Kläger in der außerordentlichen Eigenkündigung liegende Auflösungsangebot dokumentiere. Hierin liegt jedoch weder ein zwingender noch ein dem Kläger erkennbarer sofortiger Vertragsbindungswille. In der Handlungsweise der Beklagten ist vielmehr zuvorderst eine schlichte, notwendige betriebswirtschaftliche Reaktion auf die Erklärung des Klägers, sein Heuerverhältnis sofort außerordentlich zu beenden, zu sehen. Deshalb wird von der Literatur hierin sogar die Anerkennung der Berechtigung einer außerordentlichen Kündigung durch den Reeder gesehen (Bemm/Lindemann Seemannsgesetz 4. Aufl. § 78 Rn. 19).
III. Der Senat konnte in der Sache noch nicht endgültig entscheiden. Auf der Basis des bisher festgestellten Sachverhalts ist die Sache noch nicht – auch nicht teilweise – zur Entscheidung reif (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO aF).
1. Nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist zunächst offen, ob der Kläger einen außerordentlichen Kündigungsgrund nach §§ 67, 68 SeemG hatte oder sein Heuerverhältnis als Kapitän aus wichtigem Grund nach § 78 Abs. 3 Satz 1 SeemG fristlos kündigen konnte. Das Berufungsgericht wird zunächst zu klären haben, ob der Kläger sein Heuerverhältnis als Kapitän (§ 2 SeemG) oder als Besatzungsmitglied (§ 3 SeemG iVm. § 4 SeemG – Schiffoffizier –) gekündigt hat, weil auf eine außerordentliche Eigenkündigung eines Besatzungsmitglieds die Regelungen der §§ 67, 68 SeemG einerseits und auf die eines Kapitäns § 78 Abs. 3 Satz 1 SeemG andererseits und damit unterschiedliche Maßstäbe Anwendung finden. Der Kläger war als Kapitänsablöser eingestellt und beschäftigt worden. Ob die Parteien nach seiner ersten und von der Beklagten mit seinem Einverständnis zurückgenommenen Kündigung vom 12. Oktober 1998 das Heuerverhältnis einvernehmlich mit einer Beschäftigung des Klägers als Ersten Offizier fortgesetzt und abgeändert haben, hat das Landesarbeitsgericht nicht abschließend festgestellt. Es hat lediglich festgestellt, daß der Kläger als Erster Offizier “eingesetzt” wurde. Die Klärung, ob sein Heuerverhältnis als Kapitän(sablöser) oder als Erster Offizier zum Kündigungszeitpunkt bestand, ist aber nicht nur im Hinblick auf den Kündigungsmaßstab relevant. Sie ist auch für die Frage, ob und ggf. welcher Manteltarifvertrag (Kapitäns-MTV oder MTV-See) Anwendung finden könnte, von Bedeutung. In diesem Zusammenhang wird das Landesarbeitsgericht aufzuklären haben, ob einer der genannten Manteltarifverträge Anwendung findet und ggf. die tarifliche Schriftform für die Kündigung (§ 67 Abs. 1 MTV-See, § 27 Abs. 1 Kapitäns-MTV) eingehalten worden ist. Dabei wird das Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen haben, daß der Kläger in seiner Klageschrift – unwidersprochen – vorgetragen hat, zwischen den Parteien sei die Anwendung des “MTV deutsche Seeschiffahrt” vereinbart worden.
2. Das Landesarbeitsgericht wird weiter prüfen müssen, ob ein wichtiger Grund iSv. § 78 Abs. 3 Satz 1 oder einer der in § 67 Nr. 1 und 2 SeemG genannten Gründe für eine außerordentliche Kündigung vorliegt. Soweit das Landesarbeitsgericht der Auffassung ist, bei einer Kündigung nach § 67 SeemG, insbesondere im Fall des § 67 Nr. 2 SeemG, bedürfe es vorliegend einer Abmahnung, so wird es berücksichtigen müssen, daß § 67 SeemG absolute Kündigungsgründe enthält und im Unterschied zu § 626 Abs. 1 BGB bei Vorliegen eines der genannten Tatbestände das Heuerverhältnis fristlos gekündigt werden kann, ohne daß zusätzlich im einzelnen noch nachzuprüfen ist, ob seine Fortsetzung für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist oder bis zum vereinbarten Vertragsende zumutbar ist (Bemm/Lindemann Seemannsgesetz 4. Aufl. § 67 Rn. 1 iVm. § 64 Rn. 4; Kittner/Däubler/Zwanziger KSchR 5. Aufl. Vorbem. zu §§ 62 – 68, 71 – 74, 78; KR-Weigand 6. Aufl. SeemG Rn. 137; Schwedes/Franz SeemG 2. Aufl. § 67 Rn. 1; BAG 30. November 1978 – 2 AZR 145/77 – BAGE 31, 153 = AP SeemG § 64 Nr. 1). Beim Vorliegen einer der in § 67 Nr. 1 und Nr. 2 SeemG genannten Tatbestände ist eine außerordentliche Kündigung stets berechtigt. Die einzelnen Tatbestände der Norm sind aus sich heraus auszulegen, wobei vor allem der Sinn der jeweiligen Vorschrift maßgebend ist (BAG 30. November 1978 – 2 AZR 145/77 – aaO).
Bei seiner Würdigung, ob ggf. ein Grund für eine außerordentliche Kündigung nach § 67 Nr. 1 oder Nr. 2 SeemG einerseits oder nach § 78 Abs. 3 Satz 1 SeemG andererseits vorgelegen hat, wird das Landesarbeitsgericht die wesentlichen Kündigungsumstände näher zu bedenken haben. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Arbeitgeber zwar grundsätzlich berechtigt ist, einen Arbeitnehmer mit einem durch Tatsachen näher konkretisierten Verdacht einer im Arbeitsverhältnis begangenen Straftat oder erheblichen Pflichtverletzung zu konfrontieren. Für eine beabsichtigte Verdachtskündigung ist aber die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers sogar Voraussetzung ihrer Wirksamkeit (BAG 5. April 2001 – 2 AZR 217/00 – AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 34 = EzA BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10; 6. Dezember 2001 – 2 AZR 496/00 – AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 36 = EzA BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 11). Die durchzuführende Anhörung soll dem Arbeitnehmer die Gelegenheit geben, die ihm vorgehaltene Pflichtverletzung zu entkräften. Daher wird auch nicht in jedem – unberechtigten – Vorhalt eines Verdachts eine entsprechende Pflichtverletzung und erhebliche Ehrverletzung iSv. § 67 Nr. 2 SeemG bzw. ein wichtiger Grund iSd. § 78 Abs. 3 Satz 1 SeemG liegen. Etwas anderes ergibt sich allerdings dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer entweder mit einem völlig grundlosen, nicht auf konkrete Anhaltspunkte gestützten Verdacht leichtfertig konfrontiert oder aber den Arbeitnehmer bei einem auf Tatsachen gestützten Verdacht einer nur geringen Pflichtverletzung mit unverhältnismäßigen Mitteln und Äußerungen unter Druck setzt.
Ob vorliegend die Beklagte, vertreten durch Kapitän K.…, den Kläger leichtfertig oder mit Grund verdächtigt hat, den behaupteten Diebstahl begangen zu haben, hat das Landesarbeitsgericht genauso wenig geklärt, wie die Frage, ob der Kläger in dem Gespräch unverhältnismäßig unter Druck gesetzt wurde. Allein aus der Tatsache, daß der Kläger als ehemaliger Kapitän des Schiffs aus Sicht des jetzigen Kapitäns ein Motiv zu einem Diebstahl und auch die entsprechende Kenntnis von dem Versteck des Reserveschlüssels des Tresors haben könnte, greift für die Annahme eines begründeten Verdachts zu kurz. Ob und welche anderen Aufklärungsmöglichkeiten die Beklagte bzw. ihr Repräsentant ergriffen hat, hat das Landesarbeitsgericht genauso wenig aufgeklärt, wie es die Prüfung unterlassen hat, warum sich der Verdacht allein auf den Kläger konkretisiert hat und andere Besatzungsmitglieder der “MS M.…” als Täter ausscheiden. Schließlich wird das Landesarbeitsgericht zu bedenken haben, daß auch die weitere Behandlung des Klägers sich erschwerend auf die Kündigungssituation auswirken könnte. Dazu zählen zum einen sowohl die behaupteten groben Beleidigungen durch den Kapitän K.…, die ua. in seiner Äußerung kumuliert haben sollen “Sie Drecksau, jetzt habe ich Sie endlich” als auch die zwischen dem Kläger und dem Kapitän K.… allgemein bestehenden Spannungen sowie – vor allem im Hinblick auf § 67 Nr. 1 SeemG – die Tatsache, daß der Kapitän K.… es dem Kläger untersagt hatte, seinen Rechtsanwalt telefonisch zu informieren und sich Rat einzuholen.
3. Kommt das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, daß ein wichtiger Grund für die vom Kläger angesprochene fristlose Kündigung nicht vorlag, wird es nach Maßgabe der vorstehend unter B I 2 dargelegten Grundsätze ggfs. erneut zu prüfen haben, ob ein Berufen des Klägers auf das Fehlen eines solchen Grundes treuwidrig wäre.
4. Im Hinblick auf die vom Kläger begehrten Forderungen wird das Landesarbeitsgericht – ausgehend von der zuvor zu treffenden Entscheidung, ob das Heuerverhältnis vom Kläger wirksam außerordentlich gekündigt worden ist – weiter prüfen müssen, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch aus Annahmeverzug nach § 615 Satz 1 BGB erfüllt sind. Der Kläger hatte nach seiner Eigenkündigung ab dem 10. Januar 1999 nicht mehr für die Beklagte gearbeitet. Deshalb bedurfte es eines Arbeitsangebots des Klägers. Worin dies liegen soll und wann er es abgegeben hat, bleibt vom Landesarbeitsgericht festzustellen. Sollte der Kläger sein Heuerverhältnis durch seine Eigenkündigung außerordentlich mit Grund beendet haben, wird das Berufungsgericht weiter zu prüfen haben, ob der Kläger einen Anspruch auf eine “Abstoppheuer” nach § 70 SeemG hat und ein weitergehender Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB besteht. Die Regelung des § 628 Abs. 2 BGB findet, wie sich schon aus § 70 Satz 2 SeemG ergibt, auch für berechtigt außerordentlich kündigende Besatzungsmitglieder neben § 70 SeemG Anwendung (BGB-RGRK/Corts 12. Aufl. § 628 BGB Rn. 25; APS-Rolfs § 628 BGB Rn. 30; Gessert Schadensersatz nach Kündigung S. 242; aA KR-Weigand § 628 BGB Rn. 3).
Im weiteren wird das Landesarbeitsgericht in Betracht ziehen müssen, daß die begehrten Zahlungsansprüche des Klägers auf Grund der dreimonatigen tarifvertraglichen Verfallfrist (§ 80 MTV-See; § 35 Kapitäns-MTV) – zumindest teilweise – erloschen sein können. Der Kläger hat nämlich erstmals seine Zahlungsansprüche mit der der Beklagten am 12. Juli 1999 zugestellten Klageerweiterung schriftlich geltend gemacht.
5. Abschließend wird das Berufungsgericht zu erwägen haben, ob im Falle einer grundlosen Eigenkündigung des Klägers der Beklagten für deren Ablösekosten ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung (s. hierzu Bemm/Lindemann Seemannsgesetz 4. Aufl. § 67 Rn. 27) zusteht. Sollte ein solcher Anspruch für die Beklagte bestehen, wird weiter zu prüfen sein, ob die erklärte Aufrechnung gegen das Aufrechnungsverbot nach § 394 Satz 1 BGB verstößt, weil die Beklagte die Pfändungsfreigrenzen nicht hinreichend beachtet hat.