Gefälschter Impfnachweis rechtfertigt Kündigung

Die Vorlage einer Kopie eines gefälschten Impfnachweises in der Absicht, den Arbeitgeber über das Vorhandensein eines gültigen Corona-Impfschutzes zu täuschen, ist ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung.


So sieht es jedenfalls das ArbG Düsseldorf, das die Klage eines Arbeitnehmers gegen die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen Vorlage eines gefälschten Corona-Impfausweis abgewiesen hat.

Arbeitnehmer erklärte sich ausdrücklich zur Impfung bereit

Der Kläger arbeitete im Einzelhandel des Arbeitgebers seit April 2013 als Küchenfachberater. Im Rahmen seiner Beratungstätigkeit hatte der Kläger intensiven und unmittelbaren Kundenkontakt. Der Kläger erklärte sich schon in einem frühen Stadium der Corona-Pandemie gegenüber seinem Arbeitgeber ausdrücklich damit einverstanden, sich zu seinem eigenen und zum Schutz der Kunden gegen das Covid-19-Virus impfen zu lassen. Infolge der am 14.11.2021 in Kraft getretenen Änderung des IfSG wurde die 3G-Regelung am Arbeitsplatz zu diesem Zeitpunkt verpflichtend.

Impfausweis war gefälscht

Am 23.11.2021 legte der Kläger der Beklagten eine Kopie eines Impfnachweises vor, wonach der Kläger vollständigen Impfschutz hatte. Bei Prüfung des Impfausweises hatte der Geschäftsführer der Beklagten den Verdacht, es könne sich um eine Fälschung handeln. Darauf angesprochen versicherte der Kläger, der Ausweis sei echt. Er sei vollständig geimpft. Wie sich später herausstellte war der Impfausweis eine Fälschung. Der Kläger war nicht geimpft.

Fristlose Kündigung wegen grundlegenden Vertrauensbruchs

Die Beklagte sah hierin einen erheblichen Vertrauensbruch und kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Termin. Der Kläger vertrat die Auffassung, beide Kündigungen seien unwirksam. Zum einen habe er über viele Jahre beanstandungsfrei im Betrieb der Beklagten gearbeitet, zum anderen sei im November 2021 die Vorlage eines gefälschten Impfausweises nicht strafbar (LG Osnabrück, Beschluss v. 26.10.2021, 3 Qs 38/21) und damit kein Umstand gewesen, auf den eine fristlose Kündigung gestützt werden könne.

Gefälschter Impfpass ist objektiv wichtiger Kündigungsgrund

Die Argumente des Arbeitnehmers überzeugten das ArbG nicht. In der Vorlage des gefälschten Impfausweises sah das ArbG einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung im Sinne des § 626 Abs.1 BGB. Die erforderliche zweistufige Prüfung des wichtigen Grundes ergebe auf der objektiven Seite, dass die Vorlage eines gefälschten Gesundheitszeugnisses ein schwerwiegender Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten und damit als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung geeignet sei. Hierfür sei es nicht maßgeblich, dass zum Zeitpunkt der Vorlage des gefälschten Impfnachweises am 23.11.2021 dieses Verhalten nach §§ 277 ff StGB a.F. noch nicht strafbar gewesen sei.


Hinweis: Die Strafbarkeitslücke hinsichtlich der Vorlage gefälschter Impfpässe wurde zum 24.11.2021 durch eine Änderung des § 277 StGB geschlossen.


Auch die Verletzung von Nebenpflichten kann Kündigung rechtfertigen

Bei der Gesamtbeurteilung war nach Auffassung des ArbG zwar zu berücksichtigen, dass der Kläger seine arbeitsvertraglichen Hauptpflichten nach übereinstimmender Auffassung der Parteien stets zuverlässig erfüllt hat, jedoch könne auch eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Nebenpflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers gemäß § 241 Abs. 2 BGB geeignet sein, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. (BAG, Urteil v. 10.6.2010, 2 AZR 541/09; BAG, Urteil v. 5.12.2019, 2 AZR 240/19).

Interessen des Arbeitgebers missachtet

Eine solche maßgebliche Nebenpflicht sieht das AG Düsseldorf in der gemäß § 28b IfSG a.F. dem Arbeitgeber auferlegten Pflicht, die Impf- bzw. Testnachweise seiner Arbeitnehmer zu kontrollieren und diese gegebenenfalls daran zu hindern, den Betrieb zu betreten. Schließlich habe der Arbeitgeber schon aus Gründen eines störungsfreien Betriebsablaufes ein schützenswertes wirtschaftliches Interesse daran, dass seine Mitarbeiter sich nicht mit dem Covid-19-Virus infizieren. Auch im Rahmen seiner Fürsorgepflicht gemäß § 618 Abs. 1 BGB habe der Arbeitgeber die Pflicht, alle erforderlichen Maßnahmen zum Arbeitsschutz zu treffen und damit die Sicherheit und Gesundheit seiner Arbeitnehmer zu gewährleisten.

Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar

Mit der Vorlage eines gefälschten Impfnachweises habe der Kläger sämtliche diesbezüglichen Pflichten zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers verletzt. Die Verletzung dieser Rücksichtnahmepflichten und die damit einhergehende bewusste Täuschung des Arbeitgebers beinhaltet nach Bewertung des Arbeitsgerichtes einen so schwerwiegenden Vertrauensbruch, dass auch in subjektiver Hinsicht dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses - auch im Hinblick auf berechtigte Befürchtungen zum zukünftigen Verhalten des Arbeitnehmers - nicht zumutbar sei, auch nicht bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist (BAG, Urteil v. 20.10.2016, 6 AZR 471/15).


(ArbG Düsseldorf, Urteil v. 18.2.2022, 11 Ca 5388/21)


Hintergrund

Obwohl mit der Änderung des § 28b IfSG am 20.3.2022 die 3G-Regelung am Arbeitsplatz ersatzlos gestrichen wurde, ist das Urteil des ArbG Düsseldorf weiterhin aktuell. Mit der Änderung des IfSG ist nämlich nicht jede Rücksichtnahmepflicht der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie entfallen.

3G in einzelnen Betrieben weiterhin möglich

Gemäß § 2 Abs. 3 der geltenden Corona-Arbeitsschutzverordnung sind Arbeitgeber verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung für ihren Betrieb vorzunehmen. Der Arbeitgeber hat hiernach die Notwendigkeit der Beibehaltung der Maskenpflicht in seinem Betrieb, die Notwendigkeit zum Home-Office sowie die Notwendigkeit eines wöchentlichen Testangebots zu prüfen. Die Beibehaltung einer 3G-Regelung in bestimmten Betrieben halten Arbeitsrechtler vor diesem Hintergrund und aufgrund des Direktionsrechts des Arbeitgebers gemäß § 106 GewO sowie der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflichten für möglich. Gegebenenfalls ist hier allerdings das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1, 7 BetrVG zu beachten.

Besonderheiten in einzelnen Bundesländern

Daneben gelten Besonderheiten in einzelnen Bundesländern, wie zum Beispiel die 3G-Regelung für Beschäftigte im Gesundheitswesen in Bayern gemäß § 7 der Bayerischen Infektionsschutzverordnung.


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