Keine Strafen für Impfschwänzer, nun EU-Impfnachweis, Maske ade?

Die Corona-Lage ist von steten Wechsel zwischen Entspannung und Anspannung geprägt. Die zur Zeit beherrschende Omikron-Variante steht für beides: Anspannung wegen der enorm gesteigerten Infektiosität, Entspannung wegen der meist milden Krankheitsverläufe. Gleichbleibend ist der Ansatz von Politik und Wissenschaft, dass Durchimpfung der einzig nachhaltige Weg aus der Pandemie ist.

Die Themen Impfung, Impfnachweis, Impffolgen drängen aktuell viele andere Corona-Aspekte in den Hintergrund, zumal es nicht mehr am Impfstoff mangelt und die Freiheit durch Impfung bzw. Boosterung lockt.

Im Zentrum des Interesses: Impfpflicht, ja oder nein!

Vor allem anderen bestimmt zur Zeit das Thema allgemeine und partielle (einrichtungsbezogene) Impfpflicht die Diskussion. Während Ex-Kanzlerin Merkel noch versprochen hatte, dass eine allgemeine Impfpflicht keinesfalls kommt, möchte der amtierende Kanzler Scholz, dass sie kurzfristig vom Parlament beschlossen wird. Angesichts bestehender unterschiedlicher Auffassungen innerhalb der Koalition und immer neuer Fragen im Zusammenhang mit der Omikron-Variante erscheint die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht und insbesondere deren Ausgestaltung offener denn je. 

Das ist die aktuell geltende Rechtslage zur Corona-Impfung

Aktuell gilt die zum 1.9.2021 in Kraft getretenen Fassung der CoronaImpfV. Diese vom Bundesgesundheitsministerium erlassene Verordnung fußt u.a. auf § 20 i SGB V (Regelung des Versichertenanspruches) sowie auf § 13 Abs. 5 Satz 2 IfSG (Datenübermittlung).

Anspruch auf eine Impfung haben gemäß § 1 Abs. 1 CoronaImpfV:

  • Sämtliche Personen, die in der Bundesrepublik Deutschland in der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung versichert sind,
  • Personen die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland haben sowie
  • Personen, die nach der bis zum 6.6.2021 geltenden Fassung der CoronaImpfV anspruchsberechtigt waren (Personen, die die in Deutschland in einer medizinischen oder in einer Pflegeeinrichtung tätig sind oder im Auftrag einer dieser Einrichtungen eine Auslandstätigkeit übernommen haben).
  • In der Bundesrepublik Deutschland Beschäftigte einschließlich der Seeleute, die an Bord eines Schiffes in einem deutschen Seehafen oder auf deutschen Binnengewässern beschäftigt sind.
  • Sämtliche Personen, die sich zum Zweck einer medizinischen Behandlung in Deutschland aufhalten.

Anspruch auf Beratung, auf Folge- und Auffrischungsimpfungen

Der Anspruch auf die Schutzimpfung gegen das Coronavirus beinhaltet gemäß § 1 Abs. 2 CoronaImpfV komplementär einen Anspruch auf Beratung, auf eine symptombezogene Untersuchung sowie auf Erhebung einer Anamnese wegen möglicher Kontraindikationen. Darüber hinaus haben sämtliche zur Erstimpfung berechtigten Personen einen Anspruch auf Folge- und Auffrischungsimpfungen, § 2 CoronaImpfV.

Impfungen durch Impfzentren, Ärzte und Apotheken

Gemäß § 3 CoronaImpfV sind zur Durchführung der Impfung berechtigt die Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Krankenhäuser, Arztpraxen, Betriebsärzte sowie bei Nachweis der erforderlichen Berechtigung öffentliche Apotheken.

Impfmeldungen an das RKI

Gemäß § 4 CoronaImpfV werden diverse Daten der geimpften Personen an das RKI übermittelt, darunter ein Patienten-Pseudonym, Geburtsmonat und -jahr, das Geschlecht sowie weitere Daten, die den Impfstatus der Bevölkerung sichtbar machen, die aber keine Rückschlüsse auf die Identität der konkret geimpften Personen zulassen. Darüber hinaus regelt die CoronaImpfV die Vergütung der Leistungsträger.

CoronaImpfV gilt bis 31.5.2022

Die Verordnung tritt gemäß § 17 CoronaImpfV mit Ablauf des 31.5.2022 außer Kraft.

Sonderproblem: Impfung Minderjähriger

Nachdem inzwischen auch immer mehr Kinder zur Impfung angemeldet werden, tritt immer häufiger das Problem auf, wer über die Impfung Minderjähriger zu entscheiden hat. In der Regel ist dies der sorgeberechtigte Elternteil. Besitzen beide Eltern eines Kindes das gemeinsame Sorgerecht, kann die Angelegenheit schwierig werden, wenn die Sorgeberechtigten keine Einigung darüber erzielen, ob das Kind geimpft werden soll oder nicht.

Zuweisung der Impfentscheidung durch das Familiengericht

In schwierigen Fällen hat das Familiengericht die Entscheidung darüber zu treffen, welchem Elternteil die Entscheidungsbefugnis über die Impfung im Streitfall gemäß § 1628 BGB zugewiesen wird. Dabei orientieren sich die Familiengerichte in erster Linie am Wohl des Kindes und damit in der Regel an den Empfehlungen des RKI bzw. der dortigen Ständige Impfkommission (STIKO).

  • Das RKI empfiehlt die Impfung inzwischen offiziell für minderjährige Kinder im Alter von 12-17 Jahren.
  • Die Impfung von Kindern im Alter von 6-11 Jahren empfiehlt das RKI nur im Falle besonderer Indikationen wie bestimmten Vorerkrankungen, die für das Kind das mit einer Ansteckung mit dem CoV-19-Virus verbundene Gesundheitsrisiko erhöhen.
  • Für Kinder unter 6 Jahren existiert zurzeit noch kein zugelassener Impfstoff.

Mitspracherecht des Kindes

Im Streitfall kann der Familienrichter aber auch ein Sachverständigengutachten zur Risikobewertung einholen. Darüber hinaus hat das Gericht je nach dem Grad der Einsichtsfähigkeit den Willen des betroffenen Kindes zu berücksichtigen und dieses gemäß § 1697 BGB anzuhören (Das OLG Frankfurt hat den Willen eines verständigen Kindes als maßgeblich angesehen, Beschluss v. 17.8.2021, 6 UF 120/21).

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht wurde durch das "Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19" als § 20a IfSG neu ins IfSG aufgenommen. Sie gilt für alle Personen, die in Krankenhäusern, Dialyseeinrichtungen, Arzt- und Zahnarztpraxen, Gesundheitsämtern, Heilpraxen, Geburtshäuser, Alten- und Pflegeheimen sowie in der ambulanten Pflege arbeiten. Sie ist unabhängig von der Art der dortigen Tätigkeit, gilt also etwa auch für Reinigungspersonal und in der Verwaltung. Den Arbeitgeber trifft eine Kontrollpflicht. Verstöße müssen die Arbeitgeber an die zuständigen Gesundheitsämter melden. Darüber hinaus haben Arbeitgeber die Möglichkeit der Abmahnung des gegen die Impfpflicht verstoßenden Arbeitnehmers bis hin zur verhaltensbedingten Kündigung. Verletzen Arbeitgeber ihre Kontrollpflichten, so können sie mit einem Bußgeld von 2.500 Euro belegt werden. In besonders gravierenden Fällen enthält das Infektionsschutzgesetz Sanktionsmöglichkeiten bis zu 25.000 Euro. 

Die allgemeine Impfpflicht soll Corona-Einschränkungen endgültig beenden

Zur Zeit hochumstritten ist die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht. Der Bundeskanzler Olaf Scholz, Gesundheitsminister Karl Lauterbach und auch der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek befürworten die Einführung der allgemeinen Impfpflicht. Nur auf diese Weise sei ein weitgehender Schutz der Bevölkerung auch gegen künftige mögliche Varianten des Virus zu erreichen und damit ein endgültiges Ende der vielen Grundrechtsbeschränkungen für die Bevölkerung im Laufe des Jahres 2022 möglich zu machen. Die Gegner würden übersehen, dass in Zukunft noch viele, zur Zeit nicht absehbare gefährliche Varianten des Virus denkbar seien.

Der Deutsche Ethikrat ist in seiner Einschätzung divers. Zwar hatte der Ethikrat kürzlich mit Mehrheit ein Votum für die Einführung der allgemeinen Impfpflicht abgegeben. In einem kürzlichen Spiegel-Interview betonte die Vorsitzende des Ethikrats, Alena Buyx, aber, das bisherige Votum des Ethikrats für die Einführung der allgemeinen Impfpflicht sei unter dem Eindruck der häufig schwere Krankheitsverläufe verursachenden Delta-Variante des CoV-19-Virus erfolgt. Die derzeit vorherrschende Omikron-Variante könne zu einer Änderung dieser Einschätzung führen. Die geänderte Infektiösität und vor allem die wahrscheinlich deutlich reduzierte Pathogenität der Omikron-Variante könne die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht im Laufe des Jahres 2022 möglicherweise überflüssig machen.

Wie viele Impfdosen sollen Pflicht werden?

Die Vorschläge zur näheren Ausgestaltung einer allgemeinen Impfpflicht sind unterschiedlich. Nach Einschätzung des Gesundheitsministers Lauterbach wäre der Zweck einer solchen Impfpflicht, nämlich eine Grundimmunisierung der Bevölkerung durch drei Impfdosen erreichbar. Darüber hinaus solle eine allgemeine Impfpflicht nicht gehen. Teile der FDP schlagen eine Umsetzung der Impfpflicht in Phasen vor. Zunächst soll in einer Informations- und Beratungsphase versucht werden, die noch Impfunwilligen zu überzeugen. Die Einführung der allgemeinen Impfpflicht soll dann davon abhängig gemacht werden, welcher Anteil der Bevölkerung in der Beratungsphase noch von der Sinnhaftigkeit einer Impfung überzeugt werden kann.

Bei Verstoß könnten Bußgelder bis zur Zwangshaft drohen

Zwangsimpfungen sollen grundsätzlich nicht erfolgen. Im Falle eines Verstoßes gegen die Impfpflicht soll nach den derzeitigen Plänen aber ein Bußgeld verhängt werden können. Wird ein solches Bußgeld nach den bisher allgemein gültigen Vollstreckungsregeln durchgesetzt, so hätten Betroffene im Falle der Verweigerung der Zahlung des Bußgeldes eine eidesstattliche Versicherung über ihre Vermögensverhältnisse abzugeben und könnten bei Verweigerung der Abgabe in Zwangshaft genommen werden.

Orientierungsdebatte im Bundestag als erster Schritt zur Impfpflicht

Ende Januar will der Bundestag eine Orientierungsdebatte zur allgemeinen Impfpflicht führen. Danach sollen verschiedene Gruppenanträge eingereicht und letztendlich darüber ohne Fraktionszwang über die allgemeine Impfpflicht

Digitaler Nachweis als Ergänzung zum gelben Impfheft

Seit dem 14.6.2021 können Apotheken, Impfzentren und Ärzte den digitalen Impfnachweis ausstellen. Besonders Urlauber haben ein starkes Interesse an dem europaweit gültigen digitalen Zertifikat. Mit dem digitalen Nachweis wird das weiterhin gültige gelbe Impfheft ergänzt, nicht ersetzt. Wer weiterhin analog per Impfheft seinen Impfstatus nachweisen möchte, ist daran also nicht gehindert.

Apothekenzeichen auf Supermarktwand vor Parkplatz

Wie funktioniert der digitale Nachweis?

Der Nutzer erhält vom Impfzentrum, vom Arzt oder von der Apotheke ein (analoges) Blatt mit einem aufgedruckten QR-Code. Diesen scannt er mit seinem Smartphone und hinterlegt den Code entweder in der von ihm heruntergeladenen CovPass-App oder in der vom RKI herausgegebenen