Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuschuß zum Mutterschaftsgeld

 

Orientierungssatz

Für die Berechnung des Zuschußes gilt nach § 14 Abs 1 Satz 2 MuSchG die Bezugsmethode. Es kommt nur auf die Nettovergütung an, die in den letzten drei abgerechneten Monaten vor Beginn der Schutzfrist bezogen wurde. Nur hinsichtlich dieses Bezugszeitraums schreibt § 14 Abs 1 Satz 3 MuSchG vor, daß die in dieser Vorschrift genannten Umstände zu berücksichtigen sind.

 

Normenkette

MuSchG § 14

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Entscheidung vom 08.10.1984; Aktenzeichen 11 Sa 638/84)

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 20.01.1984; Aktenzeichen 12 Ca 337/83)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz nur noch darüber, wie der Zuschuß zum Mutterschaftsgeld zu berechnen ist.

Die Klägerin war seit dem 1. Juli 1982 bei der Beklagten als Sekretärin mit einem Bruttomonatsverdienst von 3.300,-- DM beschäftigt. In ihre Lohnsteuerkarte war ab Beginn der Beschäftigung die Steuerklasse I und mit Wirkung ab 14. Januar 1983 die Steuerklasse V eingetragen.

Die Klägerin wurde 1982 schwanger. Die Schutzfristen vor und nach der Niederkunft dauerten vom 22. Januar bis zum 19. April 1983. Das Arbeitsverhältnis endete im August 1983, nachdem die Klägerin zum Ende des Mutterschaftsurlaubs gekündigt hatte. Die Beklagte berechnete den Zuschuß zum Mutterschaftsgeld nach dem Nettolohn, den die Klägerin in den Monaten Oktober bis Dezember 1982 bezogen hätte, wenn ihre Bezüge nach der Lohnsteuerklasse V besteuert worden wären.

Die Klägerin hat demgegenüber die Ansicht vertreten, der Zuschuß zum Mutterschaftsgeld müsse aus dem Nettobetrag errechnet werden, der sich bei Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse I ergäbe. Deshalb stehe ihr über den von der Beklagten gezahlten Betrag hinaus ein Anspruch in der rechnerisch unstreitigen Höhe von 2.390,10 DM zu.

Die Klägerin hat - soweit für die Revisionsinstanz noch erheblich - beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, 2.390,10 DM

netto nebst 10 % Zinsen seit 30. April 1983

an die Hinterlegungsstelle beim Amtsgericht

Bad Homburg zum Aktenzeichen einzuzahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, aus der vom Gesetz gewählten modifizierten Referenzmethode folge, daß die schwangere Arbeitnehmerin nicht besser oder schlechter gestellt werden dürfe als die nicht schwangere Arbeitnehmerin. Ebenso wie allgemeine Verdienstkürzungen während der Schutzfristen müßten auch Änderungen der Lohnsteuerklasse zu Lasten der Mutter berücksichtigt werden. Auch die nicht schwangere Arbeitnehmerin würde bei einer Steuerklassenänderung Einbußen in ihrem Nettoarbeitsentgelt erleiden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, daß die Berechnung des der Klägerin zustehenden Zuschusses zum Mutterschaftsgeld sich nach § 14 Abs. 1 Satz 2 MuSchG richtet. Danach ist das kalendertägliche Nettoarbeitsentgelt zugrunde zu legen, das die Klägerin in den Monaten Oktober bis Dezember 1982 bezogen hat. Dieses Nettoarbeitsentgelt war der Höhe nach dadurch beeinflußt, daß die Lohnsteuer nach der auf der Lohnsteuerkarte der Klägerin eingetragenen Lohnsteuerklasse I zu bemessen war. Daß die Wahl der Lohnsteuerklasse I durch Umstände bedingt war, die zu rechtlichen Bedenken führen könnten, ist von der Beklagten nicht geltend gemacht worden (vgl. dazu das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des BAG vom 22. Oktober 1986 - 5 AZR 733/85 -).

2. Die Beklagte hat geltend gemacht, der Nettolohn des Bezugszeitraums sei so zu ermitteln, als wenn die für die Zeit ab 14. Januar 1983 eingetragene Lohnsteuerklasse V bereits im Bezugszeitraum maßgebend gewesen wäre. Das widerspricht jedoch den gesetzlichen Berechnungsvorschriften.

a) Für die Berechnung des Zuschusses gilt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 MuSchG die Bezugsmethode. Es kommt nur auf die Nettovergütung an, die in den letzten drei abgerechneten Monaten vor Beginn der Schutzfrist bezogen wurde. Nur hinsichtlich dieses Bezugszeitraums schreibt § 14 Abs. 1 Satz 3 MuSchG vor, daß die in dieser Vorschrift genannten Umstände zu berücksichtigen sind. Anders als bei Geltung des Lohnausfallprinzips (vgl. etwa § 2 Abs. 1 Satz 1 LohnFG) ist nicht darauf abzustellen, welcher Verdienst in der Zeit ausgefallen wäre, für den ein Lohnersatz- oder Lohnfortzahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber besteht.

b) Der Senat hat allerdings entschieden, daß der Zuschuß, den der Arbeitgeber zu leisten hat, auf dem zu der Frau bestehenden Arbeitsverhältnis beruht und dessen Schicksal während der Beschäftigungsverbote sich auf den Anspruch auswirken kann. So ist für die Höhe des Zuschusses zu berücksichtigen, wenn durch wirksame vertragliche Absprache die Arbeitszeit von einem innerhalb der Schutzfristen liegenden Zeitpunkt ab mit entsprechender Minderung der Vergütung herabgesetzt ist (BAG Urteil vom 11. Juni 1986 - 5 AZR 365/85 -, zur Veröffentlichung bestimmt). Ferner hat der Senat entschieden, daß die von einer rechtmäßigen Aussperrung betroffene Frau für die Dauer der Aussperrung von dem Arbeitgeber keinen Zuschuß verlangen kann (BAG Urteil vom 22. Oktober 1986 - 5 AZR 550/85 -, zur Veröffentlichung bestimmt). Die hier erfolgte Änderung der Lohnsteuerklasse während der Zeiten der Beschäftigungsverbote hat jedoch mit dem Bestand des Arbeitsverhältnisses als Grundlage für den Zuschußanspruch nichts zu tun. Deshalb kann die Klägerin den Zuschuß so beanspruchen, wie es die Berechnungsvorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 2 MuSchG vorschreibt.

c) Die Beklagte hat weiter darauf abgehoben, die Klägerin erhalte mit dem Mutterschaftsgeld und dem von ihr begehrten Zuschuß der Beklagten während der Beschäftigungsverbote höhere Bezüge als sie ihr bei tatsächlicher Beschäftigung und einer Versteuerung des Gehalts nach Lohnsteuerklasse V zugeflossen wären. Das widerspreche dem Schutzzweck des Gesetzes, das der Frau nur den Verdienst sichern wolle, den sie ohne die Beschäftigungsverbote bei Weiterarbeit erzielt hätte.

Auch hierin kann der Beklagten nicht gefolgt werden. Zum einen lassen, wie bereits dargelegt, die gesetzlichen Bestimmungen nicht zu, für die Berechnung des Zuschusses darauf abzustellen, wie sich die Nettobezüge im Falle einer Weiterarbeit entwickelt hätten. Vor allem aber steht nicht fest, daß die Klägerin, wenn sie nicht wegen der Beschäftigungsverbote mit der Arbeit ausgesetzt hätte, ebenfalls die Lohnsteuerklasse V für die Zeit ab 14. Januar 1983 gewählt hätte. Hierzu ist zu bedenken, daß sowohl das Mutterschaftsgeld wie der Zuschuß des Arbeitgebers nicht der Steuerpflicht unterliegen. Deshalb läßt sich jedenfalls auch nicht anführen, die Klägerin habe durch die ihr nach dem Mutterschutzgesetz zustehenden Leistungen mehr erhalten, als wenn sie ohne die Beschäftigungsverbote gearbeitet hätte.

Richter Dr. Olderog

Dr. Thomas ist durch Urlaub an der Griebeling

Unterschrift verhindert

Dr. Thomas

Polcyn Dr. Schönherr

 

Fundstellen

Dokument-Index HI440403

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