Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuldrechtlicher Tarifvertrag. nichttariflicher sonstiger Vertrag. Auslegung
Leitsatz (redaktionell)
Ein schuldrechtlicher Tarifvertrag oder ein nichttariflicher sonstiger Vertrag zwischen Tarifvertragsparteien, ist nach der subjektiven Methode wie ein Vertrag auszulegen (§§ 133, 157 BGB) und nicht objektiv wie ein normativ wirkender Tarifvertrag.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 328; HGB in der bis zum 24. April 2013 geltenden Fassung § 484; HGB in der bis zum 24. April 2013 geltenden Fassung § 510; HGB in der ab dem 25. April 2013 geltenden Fassung § 476; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 264 Nr. 2, § 322 Abs. 1, § 559 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 10. Juli 2014 – 6 Sa 198/14 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Auslegung einer im „Ergebnis einer Moderation zur Geschäftsgrundlage zum Konzerntarifvertrag” getroffenen Vereinbarung.
Die Klägerin ist die Gewerkschaft der Piloten. Die Beklagte – die Muttergesellschaft des Deutschen Lufthansa Konzerns – ist ein deutsches Luftfahrtunternehmen. Seit 1992 gilt zwischen den Parteien die Tarifvereinbarung „Geschäftsgrundlage” zum Konzern-Tarifvertrag Cockpitpersonal (im Folgenden Geschäftsgrundlage zum KTV). Diese hat in der Fassung vom 4. Dezember 2004 auszugsweise folgenden Inhalt:
„Geschäftsgrundlage zum KTV |
Die Tarifpartner gehen im Zusammenhang mit dem Abschluß des Tarifvertrages Cockpit vom 08.12.1992 von den nachstehenden Grundsätzen aus:
1. Geltungsbereich
Der Konzern-Tarifvertrag Cockpitpersonal (KTV) bestehend aus den vereinbarten Mindestbedingungen im Manteltarif-, Vergütungstarif-, Wechsel- und Förderungstarifrecht, gilt für Cockpit-Mitarbeiter der Deutschen Lufthansa Aktiengesellschaft (DLH), Condor Flugdienst GmbH (CFG), und bei Konzerngesellschaften mit Mehrheitsbeteiligung.
Unter der Dachmarke DLH bzw. CFG werden nur Mitarbeiter beschäftigt, die unter diesen Geltungsbereich fallen. Im Falle von Übernahmen oder Neugründungen von anderen Gesellschaften mit Mehrheitsbeteiligung unter der Dachmarke DLH bzw. CFG werden die Tarifpartner rechtzeitig die Erweiterung des Geltungsbereichs des KTV verhandeln. Gegebenenfalls sind hierbei vorab über eine Abgrenzung des Betätigungsfeldes der Gesellschaft, vorübergehende On-Behalf-Regeln und die Geltung des KTV für bei der Gesellschaft neu eingestellte Mitarbeiter Regelungen zu treffen.
Der Konzern-Tarifvertrag soll, ausgenommen Fluglehrer, keine Anwendung finden auf Mitarbeiter, die auf Fluggerät mit nicht mehr als 70 Passagiersitzen eingesetzt werden.
…”
Diese Vereinbarung wurde durch die von der Lufthansa CityLine GmbH (im Folgenden CLH) mitunterzeichnete „Vereinbarung vom 09.01.1995” ergänzt. In dieser Vereinbarung heißt es:
„Zur Bereederung der ersten 14 AVRO RJ 85 bei CityLine wird folgendes vereinbart:
10 % der Kapitänspositionen bei CLH, jedoch in der Anzahl nicht mehr als 50 % der Kapitänsstellen auf AVRO RJ 85, werden bei den Cockpitmitarbeitern der DLH/CFG ausgeschrieben und unter Beachtung der Einstellungs- und Eignungsregelungen der CLH nach Maßgabe des Tarifvertrags Wechsel und Förderung besetzt. Teilzeitstellen und Managementpiloten werden im Verhältnis zu einem fliegerischen Vollzeitarbeitsverhältnis zeitanteilig berücksichtigt. Die 10 % der Stellen werden aufgerundet auf eine ganze Kapitänsstelle.
Der Einsatz der Cockpitmitarbeiter der DLH/CFG erfolgt im Wege der Abordnung von DLH zu CLH auf deren Flugzeugen.
Die Cockpitmitarbeiter der CLH werden im gleichen zahlenmäßigen Verhältnis wie die zu CLH abgeordneten Mitarbeiter bei DLH unter Beachtung der Einstellungs- und Eignungsregelungen der DLH nach Maßgabe der bei CLH für einen Wechsel vereinbarten Regelungen vorrangig vor anderen Bewerbern (auch NFF-Warteliste) eingestellt (i. e. für jeden von DLH zu CLH in Anwendung dieses Tarifvertrags neu abgestellten DLH-Mitarbeiter wird ein Mitarbeiter der CLH vorrangig bei DLH eingestellt werden).
…”
Darüber hinaus bestand bei der Beklagten die von der CLH mitunterzeichnete „Tarifvereinbarung zur Bereederung der Bombardier CRJ900 bei Lufthansa CityLine” vom 5. April 2006 mit folgendem Inhalt:
„Zur Bereederung von 12 CRJ900 bei CityLine vereinbaren die Tarifpartner aufbauend auf der Geschäftsgrundlage zum Konzerntarifvertrag vom 09.05.1994 in d. Fassung vom 04.12.2004 und unter der Prämisse der tatsächlichen Umsetzung der Ausmusterung von 20 CRJ 100/200 als Übergangslösung bis zur gesamthaften Neuregelung der Thematik Regionalverkehr nachfolgende Eckpunkte:
[Teil-Integration CRJ900-CP-Positionen in KTV]
50 % der bei CLH auf die 12 CRJ900 entfallenden 60 Kapitänsstellen werden durch Cockpit-Mitarbeiter aus dem Geltungsbereich des Konzerntarifvertrages (KTV) nach Maßgabe des Tarifvertrages über Wechsel und Förderung Nr. 2 (TV WeFö) auf der CRJ-Flotte der CLH dauerhaft besetzt. Sollten die 20 CRJ100/200 der CLH komplett oder teilweise erhalten bleiben, erfolgt eine weitere Besetzung von Kapitänsstellen nach Maßgabe dieser Regelung, begrenzt jedoch auf höchstens 10% der Kapitänsstellen der CLH.
Der Einsatz der KTV-Cockpitmitarbeiter erfolgt im Wege der Abordnung zu CLH. Die VC wird mit der CLH eine entsprechende Anpassung des TV WeFö CLH vornehmen.
…”
Am 23. Juni 2010 unterbreitete der Schlichter Dr. D den Parteien das „Ergebnis einer Moderation zur Geschäftsgrundlage zum KTV sowie einer Schlichtungsschlussempfehlung zum MTV und VTV im Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Lufthansa AG (DLH), der Lufthansa Cargo AG (LCAG), der Germanwings GmbH (GWI) und der Vereinigung Cockpit e. V. (VC)”. Hierin heißt es:
„A: |
Ergebnis der Moderation zur ‚Geschäftsgrundlage zum Konzerntarifvertrag’ (im folgenden Geschäftsgrundlage KTV genannt) |
B: |
Schlichtungsschlussempfehlung |
A |
Ergebnis der Moderation |
zur, Geschäftsgrundlage (1992/1994/1995/2004) zum |
KTV’ |
Um die aktuellen tarifpolitischen Streitfragen schlichtungsfähig zu machen, haben die Tarifvertragsparteien beschlossen, dem Schlichter die Freiheit zu gewähren, zu aktuellen Konflikten zur ‚Geschäftsgrundlage KTV’ in Form einer Moderation Vorschläge für verbindliche Regeln zu machen.
Dem Schlichter kam es in dieser Moderation darauf an, im Interesse beider Tarifparteien einerseits die schutzwürdigen, tariflichen Interessen der Piloten (einschließlich der Prinzipien von Wechsel und Förderung) zu berücksichtigen und andererseits dies in einer Weise zu sichern, die dem Unternehmen die im Wettbewerb erforderliche Flexibilität gewährleisten würde.
Beide Parteien halten hinsichtlich des geographischen Geltungsbereiches ihre bisherigen, unterschiedlichen Auffassungen zur ‚Geschäftsgrundlage zum KTV (1992/1994/ 1995/2004)’ aufrecht. Unbeschadet dieser Tatsache vereinbaren die Tarifparteien in Ergänzung und Abänderung der ‚Geschäftsgrundlage KTV’ als Ergebnis der Moderation für die Bereiche der Flüge von und nach Deutschland (inkl. Mehrsektorenflüge) und innerdeutsch (I.) sowie für den Bereich der Flugzeuge der Lufthansa Italia (II.) die nachstehenden Regelungen:
Für den Bereich der Flüge von und nach Deutschland (inkl. Mehrsektorenflüge) und innerdeutsch gilt:
1. Definition Flugzeuge
- Als Lufthansa-Passagierflugzeuge gelten alle Flugzeuge, die unter einer operationellen Lufthansa-Flugnummer (siehe Protokollnotiz 1) fliegen oder mit Lufthansa-Schriftzug und/oder Logo oder von der Marke Lufthansa abgeleiteten Namen versehen sind.
- Als GWI-Flugzeuge gelten alle Flugzeuge, die unter einer operationellen Germanwings-Flugnummer (siehe Protokollnotiz 1) fliegen oder mit GWI-Schriftzug und/oder Logo oder von der Marke GWI abgeleiteten Namen versehen sind.
- Als Lufthansa-Frachtflugzeuge gelten alle Flugzeuge im AOC der LCAG oder Frachtflugzeuge, die mit Lufthansa-Schriftzug und/oder Logo oder von der Marke Lufthansa abgeleiteten Namen versehen sind.
2.KTV-Cockpitmitarbeiter
Auf Flugzeugen gemäß Ziffer I.1 werden nur Cockpitmitarbeiter beschäftigt, die unter die jeweils geltenden Tarifverträge für das Cockpitpersonal der Deutschen Lufthansa AG bzw. Germanwings GmbH (Low-Cost) bzw. Lufthansa Cargo AG (Fracht) fallen, sofern in dieser Vereinbarung nichts Abweichendes geregelt ist.
Die Tarifbedingungen der Gesellschaften bleiben am jeweiligen Wettbewerbsumfeld orientiert.
3.Sitzplatzgrenze
Ziffer I.2 findet keine Anwendung auf Cockpitmitarbeiter, die auf Flugzeugen mit weniger als 95 Passagiersitzen eingesetzt werden. Hiervon ausgenommen sind Fluglehrer und Cockpitmitarbeiter der LCAG.
Auf Lufthansa-Passagierflugzeugen mit weniger als 95 Passagiersitzen bzw. im dynamischen Regionalbereich gemäß Ziffer I.4, die im Markenauftritt mit dem Logo der Lufthansa auf dem Leitwerk betrieben werden, sind die Standards der Lufthansa CityLine (CLH) (Auswahl, Ausbildung und Flugbetrieb) auf heutigem Niveau einzuhalten.
…
5. Einordnung Embraer 190/195
Einordnung TV WeFö
Das Flugzeugmuster Embraer 190/195 wird als Ausbildungsmuster analog B737/A320 in den Tarifvertrag Wechsel und Förderung Nr. 3 DLH aufgenommen.
- Sofern Embraer-Flugzeuge gemäß Ziffer I.1a mit KTV-Cockpitmitarbeitern gemäß Ziffer I.2 zu bereedern sind, erfolgt dies zu den Tarifbedingungen der Deutschen Lufthansa AG (DLH).
Brückenlösung
Lufthansa sagt zu, bis spätestens Ende 2012 mindestens 14 Embraer 190/195 mit KTV-Cockpitmitarbeitern zu den Tarifbedingungen der Deutsche Lufthansa AG (DLH) zu bereedern. Mit Blick auf das zu erwartende Wachstum im KTV-Bereich und zur Abmilderung von Härten bei den Regionalpartnern, werden im Rahmen dieser Brückenlösung höchstens bis zu 24 Embraer 190/195 bis Ende 2015 im Regionalbereich außerhalb Ziffer I.2 bereedert.
Sollte wider Erwarten ein Zuwachs über die heutige Flugzeuganzahl hinaus im Regionalbereich (siehe Anlage 1) stattfinden, werden sich die Tarifpartner über eine entsprechende Anpassung der Brückenlösung verständigen.
Rückführung CRJ900-Tarifvereinbarung
• Die Laufzeit der Tarifvereinbarung zur Bereederung der Bombardier CRJ900 bei CLH vom 05.04.2006 endet ohne Nachwirkung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Schlichtungsempfehlung.
Hierdurch wird auch die in Ziffer I.2 Abs. 2 der CRJ900-Tarifvereinbarung geregelte Anhängung von 60 CLH-Positionen an die Senioritätsliste des KTV-Bereichs beendet. Die Tarifpartner sind sich darüber einig, dass die vorstehende Herauslösung der 60 CLH-Positionen aus der KTV-Senioritätsliste keine Auswirkung auf die Wirksamkeit des MTV bei CLH hat.
- • Auf Cockpitmitarbeiter, die auf Grundlage der CRJ900-Tarifvereinbarung bereits zu CLH abgeordnet sind, wird die CRJ900-Tarifvereinbarung weiterhin angewendet, bis sie gemäß dieser Tarifvereinbarung und entsprechend ihrer Bewerbung die erste Möglichkeit zum Wechsel auf ein Ausbildungsmuster in den KTV haben.
- • Cockpitmitarbeiter der CLH werden bei Bedarf als Copiloten im KTV vorrangig vor anderen ‚Ready Entry’-Piloten eingestellt.
- …
…
3.Tariflicher Charakter dieser Vereinbarung
Die hier im Rahmen des Abschnitts A (Moderation) getroffenen Vereinbarungen haben tarifvertragliche Verbindlichkeit und wirken im Falle einer Kündigung durch eine der Parteien nach. Diese Vereinbarung ist mit einer Frist von 6 Monaten zum Halbjahr, erstmals zum 31.12.2014 kündbar.
4.Zeitpunkt der Gültigkeit
Der Abschnitt A (Moderation) wird nur wirksam mit einer gleichzeitigen Zustimmung zu den Vereinbarungen unter B (Schlichtungsschlussempfehlung zu MTV und VTV).
…”
Das Ergebnis einer Moderation zur Geschäftsgrundlage zum KTV (im Folgenden EMG) sowie einer Schlichtungsschlussempfehlung wurde von beiden Parteien angenommen.
Zum Zeitpunkt der Schaffung des EMG kamen 21 Flugzeuge der Beklagten des Musters Embraer 190/195 mit 100 bzw. 116 Passagiersitzen bei den Tochtergesellschaften der Beklagten, der CLH, der Augsburg Airways und der Air Dolomiti zum Einsatz. Hiervon entfielen sechs Embraer 190 sowie fünf Embraer 195 auf die CLH, fünf Embraer 195 auf die Augsburg Airways und fünf Embraer 195 auf die Air Dolomiti, wobei die Flugzeuge dem jeweiligen Luftverkehrsbetreiberzeugnis (Air Operator Certificate – im Folgenden AOC) der CLH, der Augsburg Airways sowie der Air Dolomiti zugeordnet waren. Darüber hinaus hatte die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt 17 weitere Flugzeuge des Musters Embrayer 190/195 bestellt, von denen drei bereits der CLH zugewiesen waren.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nach der „Brückenlösung” in I. 5. c. EMG verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Schaffung des EMG bestellten, aber noch nicht ausgelieferten und der CLH nicht bereits zugewiesenen weiteren 14 Flugzeuge des Musters Embraer 190/195 mit bei ihr angestellten Cockpitmitarbeitern im eigenen Flugbetrieb selbst zu betreiben. „Bereedern” iSv. I. 5. c. EMG bedeute, dass die Flugzeuge von der Beklagten platziert, dh. zum Einsatz gebracht werden müssten. Hierfür reiche es nicht aus, dass sie nur mit Personal ausgestattet würden. Die Beklagte müsse die Embraer vielmehr unter Zuordnung zu ihrem AOC im eigenen Namen und auf eigene Rechnung selbst betreiben, wie die anderen Flugzeuge ihrer Flotte auch; sie müsse das Direktionsrecht gegenüber den bei ihr angestellten Cockpitmitarbeitern ausüben. Der Begriff „bereedern” beziehe sich nicht auf das Personal, sondern auf die Embraer, um deren „Einordnung” es nach I. 5. EMG gehe. Ein solches Verständnis des Begriffs „bereedern” entspreche auch der in § 476 HGB zum „Reeder” getroffenen Regelung. Die Beklagte könne ihre Verpflichtung aus I. 5. c. EMG insbesondere nicht dadurch erfüllen, dass sie den anderen Fluggesellschaften Personal im Wege der Arbeitnehmerüberlassung zur Verfügung stelle. Die Arbeitnehmerüberlassung sei in den Verhandlungen zwar diskutiert worden. Sie, die Klägerin, habe diese aber abgelehnt und dabei auch auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die sich im Fall betriebsbedingter Kündigungen im Rahmen der Sozialauswahl ergeben würden. Eine Erfüllung der Verpflichtung nach I. 5. c. EMG durch Arbeitnehmerüberlassung sei weder rechtlich durchsetzbar noch vom Schlichter gewollt gewesen. Dies belege bereits der Vergleich mit anderen tariflichen Regelungen, wo ausdrücklich eine Abordnung, dh. eine Arbeitnehmerüberlassung vereinbart worden sei. In diesen Fällen hätten die anderen Fluggesellschaften die jeweiligen Vereinbarungen zudem mitunterzeichnet und sich damit zum Einsatz der Mitarbeiter im Wege der Arbeitnehmerüberlassung verpflichtet.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, 14 Verkehrsflugzeuge des Musters Embraer 190/195 im Rahmen ihres eigenen Flugbetriebs im eigenen Namen und auf eigene Rechnung mit bei ihr angestellten Cockpitmitarbeitern zu betreiben.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klage sei bereits unzulässig. Der Zulässigkeit der Klage stehe die Rechtskraft der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. April 2012 (– 9 Sa 973/11 –) entgegen. Jedenfalls sei die Klage unbegründet. „Bereedern” iSv. I. 5. c. EMG bedeute „mit Personal besetzen”. Dies folge bereits aus den in I. 2. EMG und in I. 5. c. EMG gewählten Formulierungen. Der Schlichter habe – obgleich dies unschwer möglich gewesen wäre – nicht den Begriff „betreiben”, sondern den Begriff „bereedern” gewählt. Damit seien lediglich die Tarifbedingungen der Cockpitmitarbeiter festgeschrieben worden, die auf den Embraern 190/195 zum Einsatz kommen. Andernfalls mache die Formulierung unter I. 5. c. EMG, wonach mindestens 14 Embraer 190/195 „mit KTV-Cockpitmitarbeitern zu den Tarifbedingungen der Deutsche Lufthansa AG (DLH)” zu bereedern seien, keinen Sinn. Zudem werde der Begriff „bereedern” im Rahmen der Brückenlösung auch für die 24 Embraer verwendet, die von der CLH bzw. der Augsburg Airways und der Air Dolomiti bereits „betrieben” worden seien. Eine Vorgabe, wie der Personaleinsatz rechtlich im Einzelnen auszugestalten sei, ob durch Arbeitnehmerüberlassung, durch ein sog. „Wet-Lease” oder aber durch einen unmittelbaren Betrieb durch die Beklagte, enthalte I. 5. c. EMG hingegen nicht; eine solche Vorgabe hätte auch nicht durch Tarifvertrag geregelt werden können. Nach alledem sei es nicht erforderlich, dass die Flugzeuge des Musters Embraer 190/195 körperlich bzw. rechtlich von ihr betrieben würden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
I. Die Klage mit dem Hauptantrag ist in der gebotenen Auslegung zulässig.
1. Der Hauptantrag ist dahin auszulegen, dass die Klägerin den Einsatz von 14 Flugzeugen des Musters Embraer 190/195 im eigenen Flugbetrieb unter dem AOC der Beklagten sowie unter Ausübung des Direktionsrechts gegenüber dem Cockpitpersonal durch die Beklagte begehrt, was nach ihrer Ansicht sowohl ein Stellen von Cockpitmitarbeitern im Wege der Arbeitnehmerüberlassung als auch – wie sie im Revisionsverfahren klargestellt hat – im Rahmen einer „Wet-Lease-Vereinbarung”, dh. einer Vereinbarung über das Ver- oder Anmieten mit Besatzung (Art. 2 Nr. 25 der VO (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft, ABl. EU L 293 vom 31. Oktober 2008 S. 3) ausschließt.
2. In dieser Auslegung ist der Hauptantrag zulässig.
a) Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift neben der bestimmten Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs auch einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung (§ 322 ZPO) zwischen den Parteien entschieden werden kann (vgl. etwa BAG 9. Juli 2013 – 1 ABR 17/12 – Rn. 14; 14. Dezember 2011 – 5 AZR 675/10 – Rn. 11). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Beklagte würde bei einem dem Hauptantrag stattgebenden Urteil ohne Weiteres erkennen können, was von ihr verlangt wird.
b) Der Zulässigkeit der Klage steht ferner nicht die Rechtskraft des Urteils des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. April 2012 (– 9 Sa 973/11 –) entgegen.
Die materielle Rechtskraft eines Urteils nach § 322 Abs. 1 ZPO führt in einem späteren Prozess nur dann zur Unzulässigkeit einer neuen Klage, wenn die Streitgegenstände beider Prozesse identisch sind oder im zweiten Prozess das kontradiktorische Gegenteil der im ersten Prozess ausgesprochenen Rechtsfolge begehrt wird (vgl. etwa BAG 19. August 2010 – 8 AZR 315/09 – Rn. 32). Das ist hier nicht der Fall. Das vom Landesarbeitsgericht Köln mit Urteil vom 18. April 2012 (– 9 Sa 973/11 –) entschiedene Verfahren hatte einen anderen Streitgegenstand. Dort hatten die Parteien darüber gestritten, ob die Beklagte verpflichtet war es zu unterlassen, KTV-Cockpitmitarbeiter im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung an die CLH zu überlassen, mehr als 24 Embraer 190/195 bis Ende 2015 im Regionalbereich mit Cockpitmitarbeitern zu bereedern, die nicht unter die jeweils geltenden Tarifverträge entweder für das Cockpitpersonal der Beklagten, der Germanwings GmbH (Low Cost) oder der Lufthansa Cargo AG (Fracht) fallen sowie Embraer 190/195, die mit Cockpitmitarbeitern der CLH bereedert sind, unter dem Logo der Beklagten zu fliegen. Demgegenüber streiten die Parteien im vorliegenden Verfahren darüber, ob eine bestimmte Anzahl von Verkehrsflugzeugen des Musters Embraer 190/195 von der Beklagten im Rahmen des eigenen Flugbetriebs zu betreiben ist.
II. Die Klage mit dem Hauptantrag ist jedoch nicht begründet. Es kann dahinstehen, ob die unter I. 5. c. EMG vereinbarte „Brückenlösung”, auf die die Klägerin ihren Anspruch ausschließlich stützt, mit Ablauf des 31. Dezember 2015 ihre Geltung verloren hat und damit nicht mehr geeignet wäre, rechtliche Wirkungen für die Zukunft zu erzeugen, weshalb die Klägerin ihren Anspruch auf diese Vereinbarung nicht mehr stützen könnte. Ein Anspruch der Klägerin scheitert bereits daran, dass die Beklagte – wie das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat – nach I. 5. c. EMG nicht verpflichtet war bzw. ist, 14 Verkehrsflugzeuge des Musters Embraer 190/195 im Rahmen ihres eigenen Flugbetriebs unter Zuordnung zu ihrem AOC im eigenen Namen und auf eigene Rechnung mit bei ihr angestellten Cockpitmitarbeitern zu betreiben.
1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Berufung sei unbegründet. Die Klägerin könne aufgrund der sog. „Brückenlösung” in I. 5. c. EMG vom 23. Juni 2010 nicht verlangen, dass die Beklagte 14 Verkehrsflugzeuge des Typs Embraer 190/195 im Rahmen ihres eigenen Flugbetriebs im eigenen Namen und auf eigene Rechnung mit bei ihr angestellten Mitarbeitern betreibe. Die Auslegung der Tarifregelung nach den für Gesetze geltenden Auslegungskriterien ergebe jedenfalls nicht, dass der Begriff „bereedern” unter I. 5. c. EMG im Sinne der Klägerin zu verstehen sei. Vielmehr müsse die Beklagte nur sicherstellen, dass auf den betroffenen 14 Verkehrsflugzeugen des Typs Embraer 190/195 ausschließlich Mitarbeiter eingesetzt werden, die zu KTV-Bedingungen beschäftigt werden.
2. Zwar durfte das Landesarbeitsgericht die von den Parteien unter I. 5. c. EMG getroffene Vereinbarung nicht nach den für Gesetze geltenden Auslegungskriterien, mithin nicht nach der objektiven Methode auslegen. Vielmehr war die Vereinbarung nach der subjektiven Methode wie ein Vertrag anhand der Kriterien der §§ 133, 157 BGB auszulegen. Eine Auslegung des EMG nach den für Verträge geltenden Auslegungskriterien, die der Senat selbst vornehmen kann, weil der erforderliche Sachverhalt vollständig festgestellt und kein weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien zu erwarten ist (vgl. etwa BAG 1. September 2010 – 5 AZR 700/09 – Rn. 24 mwN, BAGE 135, 255), führt indes zu keinem abweichenden Ergebnis.
a) Das Landesarbeitsgericht durfte die Vereinbarung der Parteien in I. 5. c. EMG nicht nach den für Gesetze geltenden Auslegungskriterien auslegen. Die Vereinbarung ist vielmehr nach Maßgabe der Kriterien der §§ 133, 157 BGB auszulegen.
aa) Welche Kriterien für die Auslegung von Vereinbarungen zwischen Tarifvertragsparteien angewandt werden, richtet sich nach dem Charakter der Vereinbarung.
(1) Haben die Tarifvertragsparteien einen Tarifvertrag mit Rechtsnormen vereinbart, sind diese nach der objektiven Methode auszulegen (vgl. etwa BAG 26. September 2012 – 4 AZR 689/10 – Rn. 27). Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 14. Juli 2015 – 3 AZR 903/13 – Rn. 17 mwN).
(2) Handelt es sich um einen rein schuldrechtlichen Tarifvertrag oder um einen nichttariflichen sonstigen Vertrag, ist dieser nach der subjektiven Methode wie ein Vertrag nach Maßgabe der Kriterien der §§ 133, 157 BGB auszulegen. Danach ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien zu erforschen und der Inhalt der Vereinbarung so auszulegen, wie Treu und Glauben es mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern (BAG 26. September 2012 – 4 AZR 689/10 – Rn. 27; 15. April 2008 – 9 AZR 159/07 – Rn. 19). Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Ebenso sind die bestehende Interessenlage und der mit der Vereinbarung verfolgte Zweck zu berücksichtigen (vgl. etwa BAG 10. Dezember 2014 – 10 AZR 63/14 – Rn. 21; 21. Januar 2014 – 3 AZR 362/11 – Rn. 57 mwN).
(3) Die objektive Auslegung ist danach erst dann vorzunehmen, wenn feststeht, dass es sich um ein Normenwerk handelt. Insoweit unterliegt der schuldrechtliche Teil eines Tarifvertrages anderen Kriterien als der normative Teil. Denn im schuldrechtlichen Teil eines Tarifvertrages werden lediglich Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien geregelt; normative Wirkung entfaltet er nicht. Dies gilt erst recht für nichttarifvertragliche Vereinbarungen der Parteien, in denen gleichfalls verbindliche Festlegungen getroffen werden sollen, die jedoch keine Außenwirkung entfalten, insbesondere keine eigenständigen Normen setzen, die für die Arbeitsverhältnisse der Tarifunterworfenen zwingend und unmittelbar gelten. Ob die Tarifvertragsparteien einen Tarifvertrag abschließen oder eine andersartige schriftliche Vereinbarung treffen wollten, ist in Zweifelsfällen ebenfalls nach den allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Rechts (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln (vgl. etwa BAG 26. September 2012 – 4 AZR 689/10 – Rn. 27; 7. Juni 2006 – 4 AZR 272/05 – Rn. 25 mwN).
bb) Es kann vorliegend offenbleiben, ob es sich bei den im EMG getroffenen, hier einschlägigen Vereinbarungen um einen rein schuldrechtlichen Tarifvertrag oder um einen nichttariflichen sonstigen Vertrag handelt und ob für den Fall, dass eine solche Vereinbarung gleichzeitig die Rechtsverhältnisse Dritter oder deren Begünstigung regelt, also einen Vertrag zugunsten Dritter iSv. § 328 BGB darstellt, dennoch ausnahmsweise eine Auslegung nach den Methoden der Gesetzesauslegung geboten ist (vgl. BAG 5. November 1997 – 4 AZR 872/95 – zu II. 2.2.2 der Gründe, BAGE 87, 45). Die hier einschlägigen Bestimmungen des EMG regeln weder unmittelbar den Inhalt noch den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen, sondern ausschließlich die Rechte und Pflichten der Parteien. Soweit die Umsetzung der Vereinbarung durch die Beklagte als Vertragspartei letztlich dazu führt, dass für eine Gruppe von Cockpitmitarbeitern ihre Tarifbedingungen zur Anwendung kommen, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung. Insoweit handelt es sich lediglich um eine sich aus der Erfüllung der schuldrechtlichen Vereinbarung ergebende praktische Auswirkung, nicht jedoch um deren Regelungsgehalt.
b) Die Auslegung der Vereinbarungen des EMG nach den für Verträge geltenden Auslegungskriterien ergibt, dass die Beklagte – wie das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat – nach I. 5. c. EMG nicht verpflichtet ist, 14 Verkehrsflugzeuge des Musters Embraer 190/195 im Rahmen ihres eigenen Flugbetriebs unter Zuordnung zu ihrem AOC im eigenen Namen und auf eigene Rechnung mit bei ihr angestellten Cockpitmitarbeitern zu betreiben.
aa) Bereits der Wortlaut der unter I. 5. EMG getroffenen Vereinbarung verdeutlicht, dass mit dem „Bereedern” nicht das „Betreiben” iSd. Rechtsauffassung der Klägerin gemeint ist.
(1) Soweit die Beklagte unter I. 5. c. Unterabs. 1 EMG zusagt, bis spätestens Ende 2012 mindestens 14 Embraer 190/195 mit KTV-Cockpitmitarbeitern zu den Tarifbedingungen der Deutschen Lufthansa AG (DLH) zu bereedern, bezieht sich diese Vereinbarung erkennbar auf das Cockpitpersonal und nicht darauf, wer die Embraer einsetzt oder betreibt. Dasselbe gilt für die Abrede unter I. 5. b. EMG, wonach, sofern Embraer-Flugzeuge gemäß Ziff. I. 1a EMG mit KTV-Cockpitmitarbeitern gemäß Ziff. I. 2. EMG zu bereedern sind, dies zu den Tarifbedingungen der Deutschen Lufthansa AG (DLH) zu erfolgen hat. Wäre mit dem „Bereedern” – wie die Klägerin meint – das „Betreiben” im eigenen Flugbetrieb der Beklagten mit bei ihr angestellten Cockpitmitarbeitern gemeint, wäre die Abrede, dass dies zu den Tarifbedingungen der Beklagten zu geschehen hat, überflüssig. Es hätte in diesem Fall keine Veranlassung bestanden, die Tarifbedingungen der Beklagten ausdrücklich zu vereinbaren, weil sich deren Geltung ohne Weiteres aus dem Umstand ergeben hätte, dass es sich um bei der Beklagten angestelltes Cockpitpersonal gehandelt hätte.
(2) Zudem sieht I. 5. c. Unterabs. 2 EMG vor, dass mit Blick auf das zu erwartende Wachstum im KTV-Bereich und zur Abmilderung von Härten bei den Regionalpartnern im Rahmen der Brückenlösung höchstens bis zu 24 Embraer 190/195 bis Ende 2015 im Regionalbereich außerhalb Ziff. I. 2. EMG „bereedert” werden. Der Begriff „bereedern” wird im Rahmen der Brückenlösung demnach auch für die 24 Embraer verwendet, die von der CLH bzw. der Augsburg Airways und der Air Dolomiti „betrieben” wurden. Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien mit dem Begriff „bereedern”, je nach seiner Stellung in der Vereinbarung, unterschiedliche Vorstellungen verbunden haben, bestehen jedoch nicht.
(3) Dass das „Bereedern” nicht identisch ist mit dem „Betreiben” iSd. Rechtsauffassung der Klägerin, wird auch durch die Abrede unter I. 5. d. EMG bestätigt, in der die Parteien auf die „Tarifvereinbarung zur Bereederung der Bombardier CRJ900 bei CLH” vom 5. April 2006 Bezug nehmen. In dieser Tarifvereinbarung haben die Parteien ausschließlich die Besetzung von Kapitänsstellen bei der CLH durch Cockpitmitarbeiter aus dem Geltungsbereich des KTV geregelt und insoweit die Abrede getroffen, dass der Einsatz dieser Cockpitmitarbeiter bei der CLH im Wege der Abordnung zu dieser erfolgt. Damit betrifft auch das „Bereedern” im Sinne der in Bezug genommenen Tarifvereinbarung ausschließlich den Einsatz des Cockpitpersonals und dessen Tarifbedingungen und bezieht sich nicht auf den Einsatz bzw. Betrieb der Flugzeuge des Musters Bombardier CRJ900.
(4) Entgegen ihrer Rechtauffassung kann die Klägerin weder aus § 484 HGB in der bis zum 24. April 2013 geltenden Fassung (im Folgenden aF), wonach Reeder der Eigentümer eines ihm zum Erwerb durch die Seefahrt „dienenden” Schiffes ist, noch aus § 476 HGB in der ab dem 25. April 2013 geltenden Fassung (im Folgenden nF), wonach Reeder der Eigentümer eines von ihm zum Erwerb durch Seefahrt „betriebenen” Schiffes ist, etwas zu ihren Gunsten ableiten.
Abgesehen davon, dass § 476 HGB nF für die Auslegung der unter I. 5. EMG getroffenen Vereinbarung schon deshalb keine Bedeutung zukommt, weil diese Bestimmung zum Zeitpunkt der Schaffung des EMG noch nicht galt, haben die Parteien in I. 5. EMG nicht den Begriff des „Reeders”, sondern den des „Bereederns” verwendet, der im Seehandelsrecht eine eigenständige Bedeutung hat. Der Reeder (iSv. § 484 HGB aF) muss die Bereederung nicht selbst durchführen, sondern kann sie durch Bereederungsvertrag einem Vertragsreeder übertragen (vgl. Prüßmann/Rabe Seehandelsrecht 3. Aufl. § 492 A. 1.). Dem Vertragsreeder obliegt dann – je nach Ausgestaltung des Bereederungsvertrages – die Geschäftsbesorgung in kommerzieller, technischer und/oder personeller Hinsicht (vgl. Schmidt/Seeger EStG 35. Aufl. § 5a Rn. 13). Dabei kann sich die Verpflichtung zur Bereederung ua. nicht nur auf den Abschluss von Verträgen, die den Einsatz des Schiffes betreffen und auf die Ausrüstung und Verproviantierung der Schiffe, sondern auch auf die Einstellung von Kapitänen und Schiffsoffizieren (vgl. BMF vom 16. Juli 2002 – IV A 6 – S 2133 a – 11/02 – BStBl. I 2002 S. 614 unter A. I. 1.), und damit auf den Einsatz und die Arbeitsbedingungen des Personals erstrecken. Im Übrigen muss ein Reeder ein in seinem Eigentum stehendes Schiff auch nicht (selbst) im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zum Zwecke der Seefahrt verwenden und nicht in diesem Sinne selbst betreiben; er kann das Schiff auch vermieten. Vermietet der Eigentümer das Schiff, bleibt er Reeder, es sei denn, der Mieter wird Ausrüster iSv. § 510 HGB aF. In allen anderen Fällen, also auch im Fall der Schiffsüberlassung unter einer Zeitcharter mit Employment-Klausel bleibt der Eigentümer Reeder. Hier betreiben sowohl der Eigentümer (Reeder) als auch der Zeitcharterer das Schiff (vgl. MüKoHGB/Pötschke 3. Aufl. HGB § 476 Rn. 8).
bb) Außerhalb der Vereinbarung der Parteien liegende Umstände, die den Schluss auf einen abweichenden Sinngehalt von I. 5. c. Unterabs. 1 EMG zulassen, sind nicht ersichtlich. Dies gilt insbesondere für die von der Klägerin angeführten Schreiben der Parteien vom 13. November 2009 sowie vom 7. Dezember 2009. Selbst wenn in diesen Schreiben die unterschiedlichen Ansichten der Parteien über das „Platzieren” und „Zum-Einsatz-Bringen”, dh. die Zuordnung der Flugzeuge des Musters Embraer 190/195 zum Ausdruck kommen, folgt hieraus nicht, dass die Parteien zum Zeitpunkt der Schaffung des EMG Übereinstimmung darüber erzielt hatten, dass diese Flugzeuge in bestimmter Weise platziert oder zugeordnet werden sollten. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang ferner das Vorbringen der Klägerin, für die Auslegung von I. 5. c. Unterabs. 1 EMG in ihrem Sinne spreche zudem der Umstand, dass im Rahmen der Moderation die Möglichkeit einer Arbeitnehmerüberlassung erörtert und von ihr ausdrücklich abgelehnt worden sei. Eine entsprechende Einigung der Parteien, eine Arbeitnehmerüberlassung generell auszuschließen, findet im Kompromissvorschlag des Schlichters und damit im EMG keinen Niederschlag. Im Übrigen räumt auch die Klägerin an anderer Stelle ausdrücklich ein, dass das Moderationsergebnis ein solches Verbot nicht regelt.
cc) Die bestehende Interessenlage der Parteien und der mit der Vereinbarung verfolgte Zweck bestätigen das Ergebnis der Auslegung nach dem Wortlaut. Wie sich aus der Präambel des EMG ergibt, wollten die Parteien einen Ausgleich zwischen den schutzwürdigen tariflichen Interessen der Piloten und dem Bedürfnis der Beklagten nach der im Wettbewerb erforderlichen Flexibilität finden. Den schutzwürdigen tariflichen Interessen der Piloten trägt dabei die Vereinbarung der Geltung der Tarifbestimmungen der Beklagten Rechnung. Ob diese tariflichen Bestimmungen im Rahmen der Brückenlösung nach I. 5. c. EMG zur Anwendung kommen, hängt aber nicht zwingend davon ab, welche Fluggesellschaft die Flugzeuge des Musters Embraer 190/195 unter ihrem AOC betreibt. Zum einen unterfällt nach I. 1a EMG das Cockpitpersonal aller Passagierflugzeuge, die unter einer operationellen Lufthansa-Flugnummer fliegen oder mit Lufthansa-Schriftzug und/oder Logo oder von der Marke Lufthansa abgeleiteten Namen versehen sind, dem Anwendungsbereich des KTV. Zum anderen war – aus der Sicht bei Schaffung des EMG – die Geltung der Tarifbedingungen der Beklagten nicht nur dann hinreichend gesichert, wenn diese die Embraer 190/195 im eigenen Flugbetrieb mit bei ihr angestellten Cockpitmitarbeitern einsetzte, sondern auch dann, wenn sie mit der CLH, der Augsburg Airways oder der Air Dolomiti in Erfüllung ihrer Verpflichtung aus dem EMG eine sog. „Wet-Lease-Vereinbarung” traf oder den Gesellschaften Personal im Wege der Arbeitnehmerüberlassung überließ. Dies folgt bereits daraus, dass die Beklagte über den gesellschaftsrechtlichen Mehrheitsbesitz an den betroffenen Tochtergesellschaften und damit über die Möglichkeit zur Einflussnahme auf die dort zu treffenden Entscheidungen verfügte. Vor diesem Hintergrund bestand entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin auch keine Notwendigkeit für die CLH, die Augsburg Airways sowie die Air Dolomiti, dem EMG beizutreten, sodass aus deren Nichtbeitritt nichts für die Auslegung der Vereinbarung abgeleitet werden kann.
III. Die erstmals in der Revisionsinstanz angebrachten Hilfsanträge der Klägerin sind zulässig, jedoch unbegründet.
1. Zwar ist nach § 559 Abs. 1 ZPO in der Revisionsinstanz eine Klageänderung oder Klageerweiterung grundsätzlich ausgeschlossen. Der Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz bildet nicht nur bezüglich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch bezüglich der Anträge der Parteien die Entscheidungsgrundlage für das Revisionsgericht. Hiervon hat das Bundesarbeitsgericht allerdings insbesondere aus prozessökonomischen Gründen Ausnahmen in den Fällen des § 264 Nr. 2 ZPO zugelassen, sowie dann, wenn sich – wie hier – der geänderte Sachantrag auf einen in der Berufungsinstanz festgestellten oder von den Parteien übereinstimmend vorgetragenen Sachverhalt stützen kann, sich das rechtliche Prüfprogramm nicht wesentlich ändert und die Verfahrensrechte der anderen Partei durch eine Sachentscheidung nicht verkürzt werden (vgl. BAG 26. Juni 2013 – 5 AZR 428/12 – Rn. 18).
2. Die Hilfsanträge haben jedoch in der Sache aus den unter II. dargelegten Gründen keinen Erfolg.
IV. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Schlewing, Winter, Vogelsang, Bloesinger, Wankel
Fundstellen
Dokument-Index HI10126654 |