Entscheidungsstichwort (Thema)
Lohnstandssicherung bei Leistungsminderung. Zur Berechnung der Lohnsicherungszulage nach der entsprechenden Vorschrift des § 28 BMTG II wird auf das Urteil des Senats vom 16. Juli 1975 – 4 AZR 433/74 – AP Nr. 1 zu § 28 BMT-G II und das des Sechsten Senats vom 2. April 1992 – 6 AZR 610/90 – AP Nr. 4 zu § 28 BMT-G II verwiesen
Leitsatz (amtlich)
- Die Lohnstandssicherung nach § 37 MTB II beschränkt sich auf den Unterschiedsbetrag zwischen der “bisherigen” und der “neuen” Lohngruppe.
- Ein aus Gesundheitsgründen von der Lohngruppe 5 in die Lohngruppe 4 zurückgereihter Arbeiter, der ab 1. Oktober 1990 in die Lohngruppe 4a aufsteigt, kann daher als Lohnsicherungszulage nach § 37 MTB II lediglich den Unterschiedsbetrag zur Lohngruppe 5, nicht hingegen den zu der am 1. Oktober 1990 neu geschaffenen Lohngruppe 5a verlangen.
- Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus der Übergangsregelung des § 7 Ziff. 3 ÄndTV Nr. 14 vom 22. März 1991, der keine Neueinreihung des Arbeiters für einen vor dem 1. Oktober 1990 liegenden Zeitpunkt vorsieht.
Normenkette
MTB II § 37 i.d.F. des Änderungstarifvertrages Nr. 46 vom 22. März 1991; Änderungstarifvertrages (ÄndTV) Nr. 14 vom 22. März 1991 zum Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis zum MTB II § 7 Ziff. 3; Lohngruppen 4a und 5a dieses Lohngruppenverzeichnisses
Verfahrensgang
LAG Bremen (Urteil vom 02.06.1993; Aktenzeichen 2 Sa 360/92) |
ArbG Bremen (Urteil vom 07.07.1992; Aktenzeichen 2 Ca 2042/92) |
Tenor
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 2. Juni 1993 – 2 Sa 360/92 – wird zurückgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Umfang der Lohnstandssicherung bei Leistungsminderung nach § 37 MTB II.
Der am 5. August 1939 geborene Kläger trat am 22. März 1971 als Kraftfahrer in die Dienste der Beklagten. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien vom selben Tage ist bestimmt, daß die für das Arbeitsverhältnis jeweils einschlägigen Tarifverträge zwischen den Vertragsparteien als vereinbart gelten.
Der in der R… -Kaserne in B… beschäftigte Kläger war zunächst in die Lohngruppe IV Fallgruppe 14 des Allgemeinen Teils (kurz: AT) des Lohngruppenverzeichnisses zum MTB II eingereiht. Mit Wirkung vom 1. Mai 1971 erfolgte die Einreihung des Klägers als Fahrer von Spezialfahrzeugen (u. a. LKW's bis 10t Tragfähigkeit) in die Lohngruppe III Fallgruppe 3 des Sonderverzeichnisses (kurz: SV) 2a zum MTB II. Aufgrund des Änderungstarifvertrages Nr. 8 zum MTB II erfolgte seine Einreihung in die Lohngruppe III Fallgruppe 5.5 des SV 2a mit Wirkung vom 1. Dezember 1975, die nach dem Änderungstarifvertrag Nr. 10 vom 10. September 1980 für ihn ab 1. Januar 1981 als Fallgruppe 5.7 des SV 2a einschlägig war.
Aufgrund einer vertrauensärztlichen Untersuchung im Jahre 1988 durfte der Kläger nicht mehr mit Tätigkeiten der Lohngruppe III Fallgruppe 5.7 (Fahrer von Spezialfahrzeugen), sondern nur noch mit dem Führen von PKW's beschäftigt werden. Da ihm gegenüber als Personalratsmitglied eine Änderungskündigung unzulässig war, bat die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 30. Juni 1989 um seine Zustimmung zur Herabreihung in die Lohngruppe IV Fallgruppe 5.11 AT des Lohngruppenverzeichnisses zum MTB II. Damit erklärte sich der Kläger unter der Bedingung einverstanden, daß “die Lohnstandssicherung nach § 37 MTB II zur Anwendung kommt”; er wurde sodann “aus gesundheitlichen Gründen mit Wirkung vom 1. September 1989 von Lohngruppe III Fallgruppe 5.7 SV 2a MTB II zur Lohngruppe IV Fallgruppe 5.11 AT MTB II” herabgereiht und erhielt gemäß § 37 MTB II den Differenzbetrag zwischen Lohngruppe IV und Lohngruppe III als persönliche Zulage.
Nachdem durch den Änderungstarifvertrag Nr. 14 vom 22. März 1991 zum Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis zum MTB II, der – rückwirkend in Kraft getreten zum 1. Oktober 1990 – wesentliche Änderungen des Lohngruppenverzeichnisses beinhaltete, sogenannte Zwischenlohngruppen (“a"-Lohngruppen) neu geschaffen worden waren, wurde der Kläger in die Zwischenlohngruppe 4a eingereiht, weil die für ihn nach seiner Tätigkeit zutreffende Fallgruppe 5.10 AT der Lohngruppe 4 (neu) (Lohngruppe IV – alt) nach vierjähriger Tätigkeit in dieser nunmehr die Einreihung in die Zwischenlohngruppe 4a vorsieht und der Kläger diese Voraussetzung am 30. September 1990 erfüllt hatte. Dies wurde dem Kläger mit Schreiben vom 20. Juni 1991 mitgeteilt.
Mit Schreiben vom 10. September 1991 beantragte der Kläger die Zahlung der “Ausgleichszulage gem. § 37 MTB II” in Höhe des Unterschiedsbetrages der Lohngruppen 4a und 5a AT MTB II. Zur Begründung hat er ausgeführt, wenn er nicht wegen der Abnahme der körperlichen Kräfte herabgereiht worden wäre, würde er im Rahmen des Tätigkeitsaufstiegs die Lohngruppe 5a erreicht haben. Somit müsse ihm der Unterschiedsbetrag von Lohngruppe 4a zur Lohngruppe 5a gezahlt werden. Mit Schreiben vom 30. September 1991 hat die Standortverwaltung B… den Anspruch des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, die Verbesserungen im Lohngruppenverzeichnis durch die Einführung des Tätigkeitsaufstiegs könnten nicht so ausgelegt werden, daß bei der Zahlung einer Ausgleichszulage nach § 37 MTB II der bisherige Werdegang fiktiv hochgerechnet werden könne. In den nachfolgenden vorprozessualen Schreiben beharrten die Parteien auf den von ihnen eingenommenen Rechtsstandpunkten. Streitlos beläuft sich die Vergütungsdifferenz zwischen den Lohngruppen 4a und 5a auf 70,81 DM brutto im Monat (Stand: Mitte 1992).
Mit seiner am 4. Februar 1992 beim Arbeitsgericht Bremen eingegangenen Feststellungsklage verfolgt der Kläger den Anspruch auf Zahlung einer Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Lohngruppen 4a und 5a MTB II weiter. Er hat die Auffassung vertreten, die Sicherung des Monatstabellenlohnes durch § 37 MTB II sei dynamisch ausgestaltet worden. Der nach § 37 MTB II lohngesicherte Arbeiter solle nicht schlechter stehen, als er gestanden hätte, wenn von ihm weiterhin die Tätigkeit in der bisherigen Lohngruppe ausgeübt worden wäre. Dann hätte er – der Kläger – zwischenzeitlich rückwirkend ab dem 1. Oktober 1990 eine Einreihung in die neue Lohngruppe 5a erreicht. Der Tätigkeitsaufstieg in den Lohngruppen 4a und 5a sei letztlich nichts anderes als ein erhöhter Monatstabellenlohn der Lohngruppen 4 und 5.
Der Kläger hat – sinngemäß – beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger mit Wirkung zum 1. Oktober 1990 die Ausgleichszulage nach § 37 MTB II in Höhe des Unterschiedsbetrags der Lohngruppe 4a und 5a AT MTB II in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 14 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, mit der Lohnstandssicherung des § 37 MTB II solle lediglich der vom Arbeiter erreichte Besitzstand gewahrt werden. Hingegen solle nicht sein beruflicher Werdegang für die Zukunft fiktiv nachgezeichnet werden. Der Wortlaut der per 1. Oktober 1990 geänderten Vorschrift des § 37 MTB II sei eindeutig. Hätten die Tarifvertragsparteien bei der zeitgleichen Einfügung der Zwischenlohngruppen die Lohnstandssicherung auf diese erstrecken wollen, hätten sie dies bei seiner Änderung klarstellen können.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage abgewiesen.
I. Die Klage ist als Feststellungsklage nach § 256 ZPO zulässig. Insbesondere mit Rücksicht auf die rechnerischen Schwierigkeiten, die mit der Bezifferung eines Zahlungsantrages für mehrjährige Anspruchszeiträume verbunden wären, hat der Senat Klagen auf Feststellung von Ansprüchen auf Zulagen als zulässig angesehen (BAGE 24, 300 = AP Nr. 1 zu § 26 BBesG; 24, 452 = AP Nr. 2 zu § 24 BAT; Senatsurteil vom 16. Juli 1975 – 4 AZR 433/74 – AP Nr. 1 zu § 28 BMT-G II); daran ist festzuhalten.
II. Die zulässige Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch nach § 37 MTB II auf Zahlung einer persönlichen Zulage (“Lohnsicherungszulage”) in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Lohngruppen 4a und 5a MTB II für die Zeit ab 1. Oktober 1990.
1. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, daß dem Kläger dem Grunde nach ein Anspruch auf eine Lohnsicherungszulage nach § 37 MTB II zusteht. Es kann somit dahinstehen, aus welcher Fallgruppe des – im Streitfalle allein in Betracht kommenden – Abs. 2 des § 37 MTB II der Zulagenanspruch des Klägers dem Grunde nach folgt.
2. Der Streit der Parteien geht allein darum, ob die Lohnstandssicherung bei Leistungsminderung nach § 37 MTB II sich auf den Aufstieg des Arbeiters in die mit dem Änderungstarifvertrag Nr. 14 vom 22. März 1991 zum Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis zum Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes (MTB II) mit Wirkung vom 1. Oktober 1990 eingeführten Zwischenlohngruppen (“a"-Lohngruppen), im Falle des Klägers auf die Zwischenlohngruppe 5a, erstreckt.
a) Das Landesarbeitsgericht hat – insoweit dem Arbeitsgericht folgend – angenommen, der Wortlaut des § 37 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 MTB II spreche dafür, daß hinsichtlich der Lohngruppe der bisherige Besitzstand gewahrt werden solle; dynamisch sei die Besitzstandsregelung lediglich insoweit, als sie die Lohnstufensteigerungen umfasse, die der Arbeiter erreicht hätte, wenn der Sicherungsfall nicht eingetreten wäre. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 7 des 14. Änderungstarifvertrages vom 22. März 1991 zum Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis. Diese Vorschrift regele ausschließlich die Eingruppierung des Arbeiters zum 1. Oktober 1990 und lege insoweit fest, daß Bewährungs- bzw. Tätigkeitszeiten, die vor dem 1. Oktober 1990 vom Arbeiter zurückgelegt worden seien, angerechnet würden. Aus dem Umstand, daß § 37 MTB II nicht durch den 14. Änderungstarifvertrag zum Lohngruppenverzeichnis in einen dem Kläger günstigen Inhalt modifiziert worden sei, könne nur der Schluß gezogen werden, daß bei Überleitung nur die aktuelle, nicht aber die ursprüngliche Lohngruppe für die Lohnsicherungszulage maßgeblich sei.
Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
b) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden der MTB II und die ihn ergänzenden Tarifverträge, insbesondere der Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis, in der jeweils geltenden Fassung kraft vertraglicher Vereinbarung Anwendung.
c) Der Anspruch des Arbeiters auf die Lohnsicherungszulage bei Leistungsminderung folgt aus § 37 MTB II. Danach wird dem Arbeiter, der “in seiner Lohngruppe nicht mehr voll leistungsfähig” ist und “deshalb in einer niedrigeren Lohngruppe weiterbeschäftigt” wird, in bestimmten in der Vorschrift genannten Fällen “der Unterschiedsbetrag zwischen dem jeweiligen Monatstabellenlohn der bisherigen und der neuen Lohngruppe als persönliche Zulage gewährt” (§ 37 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 MTB II).
Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß der Kläger danach nur Anspruch auf die ihm von der Beklagten gewährte Lohnsicherungszulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der Vergütungsgruppe 4a und der Vergütungsgruppe 5 hat, nicht hingegen auf den Unterschiedsbetrag zur Vergütungsgruppe 5a. Daran läßt der Wortlaut des § 37 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 MTB II keinen Zweifel.
aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Wortlaut auszugehen. Dabei ist jedoch der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften. Soweit der Tarifwortlaut nicht eindeutig ist, ist der in den tariflichen Normen zum Ausdruck kommende wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG Urteil vom 23. September 1992 – 4 AZR 66/92 – AP Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel, zu I 2a der Gründe, m.w.N.).
bb) Nach dem klaren Wortlaut des § 37 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 MTB II beschränkt sich der Umfang der tariflichen Lohnstandssicherung bei Leistungsminderung auf den Unterschiedsbetrag zwischen der “bisherigen” und der neuen Lohngruppe. Die “bisherige” Lohngruppe, also diejenige, in der der Arbeiter bei Eintritt der Leistungsminderung zuletzt tatsächlich eingruppiert war, war im Falle des Klägers bei Eintritt der Leistungsminderung die Lohngruppe III (alt), nunmehr Lohngruppe 5 (neu), worin die Parteien übereinstimmen. Eine der Lohngruppe 5a (neu) entsprechende Lohngruppe enthielt das Lohngruppenverzeichnis vor dem 1. Oktober 1990 nicht.
cc) Der Tarifvertrag sieht also keine Sicherung der der bisherigen Einreihung entsprechenden Vergütung für den Fall der Veränderung der Lohngruppen nach dem Eintritt der Leistungsminderung vor. Wäre dies der Wille der Tarifvertragsparteien gewesen, hätten sie bestimmt, daß sich die Einreihung des Arbeiters trotz Weiterbeschäftigung mit der Tätigkeit einer niedrigeren Lohngruppe weiter nach der vor Eintritt der Leistungsminderung ausgeübten Tätigkeit richtet. Dann hätte der lohnstandsgesicherte Arbeiter auch Anspruch auf Teilnahme an einer verbesserten Einreihungsregelung, etwa bei Übernahme von unveränderten Tätigkeitsmerkmalen in eine höhere Lohngruppe. Die Lohnstandssicherung des § 37 MTB II bezieht sich hingegen ganz eindeutig nur auf die “bisherige Lohngruppe”. An Verbesserungen der Einreihungsregelung nimmt der lohnstandsgesicherte Arbeiter daher nicht teil (Scheuring/Lang, BMT-G II, Stand: 1. Oktober 1994, zur entsprechenden Vorschrift des § 28 BMT-G II, Erläuterung 8c).
Da “bisherige Lohngruppe” des lohnstandsgesicherten Arbeiters diejenige Gruppe ist, in die er bei Eintritt der Lohnminderung tatsächlich eingruppiert war, nimmt dieser auch an einer Höherreihung in eine höhere Lohngruppe infolge Ablaufs einer Bewährungszeit oder der Zeit der Tätigkeit in einer bestimmten Fall- oder Lohngruppe nicht teil, wenn deren Voraussetzungen bei Eintritt der Leistungsminderung noch nicht vorlagen (Scheuring/Lang, aaO). Hätten die Tarifvertragsparteien etwas anderes gewollt, hätten sie als obere Meßgröße für die Lohnsicherungszulage nicht die “bisherige Lohngruppe” vereinbart.
dd) Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Begriff “jeweiliger Monatstabellenlohn” in § 37 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 MTB II. Aus diesem Tarifbegriff folgt, daß die Tarifvertragsparteien die Sicherung des Arbeiters nicht auf den Monatstabellenlohn beschränken wollten, der ihm bei Eintritt der Leistungsminderung zustand, sondern ihm einen Anspruch auf einen den weiteren Lohnentwicklungen angepaßten Lohn gemäß der jeweiligen Lohntabelle einräumen wollten. Demgemäß hat der erkennende Senat zu der entsprechenden Vorschrift des § 28 BMT-G II entschieden (Urteil vom 16. Juli 1975 – 4 AZR 433/74 – AP Nr. 1 zu § 28 BMT-G II), daß die Lohnsicherung bei Leistungsminderung auch den Aufstieg des Arbeiters in den Lohnstufen des Monatstabellenlohns erfaßt. Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in Weiterführung dieser Rechtsprechung zu derselben Vorschrift entschieden (Urteil vom 2. April 1992 – 6 AZR 610/90 – AP Nr. 4 zu § 28 BMT-G II), daß die Lohnsicherungszulage auch strukturelle Verbesserungen des Monatstabellenlohnes einschließt (im Streitfall: Einbeziehung des sogenannten “Einmannzuschlags”). Beide Entscheidungen betreffen den Begriff des “Monatstabellenlohns”, der durch das Adjektiv “jeweiliger” dynamisch gestaltet worden ist im Gegensatz zu dem mit dem Eigenschaftswort “bisheriger” statisch bestimmten Tarifmerkmal der Lohngruppe vor der Herabreihung des Arbeiters.
ee) Gestützt wird dieses sich aus dem Wortlaut ableitende Ergebnis durch die Tarifgeschichte, worauf das Arbeitsgericht – mit knappen Ausführungen – zutreffend hingewiesen hat. Die Tarifvertragsparteien haben zeitgleich mit der Neufassung und Neustrukturierung des Lohngruppenverzeichnisses zum MTB II durch den Änderungstarifvertrag Nr. 14 vom 22. März 1991 auch die Vorschrift des § 37 MTB II durch den Änderungstarifvertrag Nr. 46 zum MTB II vom 22. März 1991 geändert. In die in § 37 MTB II geregelte Sicherung des Lohnstandes bei Leistungsminderung ist gemäß Änderungstarifvertrag Nr. 44 zum MTB II vom 10. Mai 1990 mit Wirkung vom 1. Januar 1990 die Zulage nach dem Tarifvertrag über eine Zulage an Arbeiter vom 17. Mai 1982 einbezogen worden, und zwar durch Berücksichtigung bei der persönlichen Zulage nach § 37 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 MTB II und bei dem “Sicherungsbetrag” nach § 37 Abs. 2 Unterabs. 2 MTB II. Am 22. März 1991 haben die Tarifvertragsparteien mit Wirkung vom 1. Oktober 1990 eine neue Struktur der Monatstabellenlöhne unter gleichzeitiger Einbeziehung der Zulage nach dem Tarifvertrag vom 17. Mai 1982 in den Monatstabellenlohn vereinbart und den Tarifvertrag vom 17. Mai 1982 gemäß § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 46 zum MTB II vom 22. März 1991 mit Wirkung vom 1. Oktober 1990 aufgehoben. Im Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 und im Abs. 2 Unterabs. 2 des § 37 MTB II konnte deshalb die jeweilige Nennung der Zulage nach dem Tarifvertrag über eine Zulage an Arbeiter vom 17. Mai 1982 wieder gestrichen werden.
Die Tarifvertragsparteien haben also den Zusammenhang zwischen der Neufassung und Neustrukturierung des Lohngruppenverzeichnisses und der Regelung der Lohnsicherungszulage in § 37 MTB II gesehen und daraus die beschriebenen, für den Anspruch des Klägers im Streitfall allerdings bedeutungslosen Folgerungen gezogen. Sie haben es jedoch unterlassen, die neu eingefügten Zwischenlohngruppen – vom Kläger als “Annex” der Hauptlohngruppen bezeichnet – durch eine entsprechende Definition des Begriffes der “bisherigen Lohngruppe” in die Lohnstandssicherung bei Leistungsminderung einzubeziehen. Sie haben auch nicht mit Blick auf den dann insoweit nicht bestehenden Änderungsbedarf bei § 37 MTB II den Weg beschritten, anstelle der Einfügung von neuen Zwischenlohngruppen strukturelle Verbesserungen der Hauptlohngruppen zu vereinbaren.
d) Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung folgt sein Anspruch auch dann nicht aus § 37 MTB II, wenn man für das Merkmal der “bisherigen Lohngruppe” die Überleitungsvorschrift des § 7 Ziff. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 14 vom 22. März 1991 zum Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis mit heranzieht; diese hat folgenden Wortlaut:
§ 7 Überleitungsvorschriften
Für Arbeiter, die am 30. September 1990 in einem Arbeitsverhältnis standen, das am 1. Oktober 1990 zu demselben Arbeitgeber fortbestanden hat, gilt folgendes:
…
- Soweit nach der Anlage 1 in der ab 1. Oktober 1990 geltenden Fassung eine höhere Einreihung von der Zeit einer Bewährung oder der Zeit einer Tätigkeit abhängt, wird für die Dauer des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses die vor dem 1. Oktober 1990 zurückgelegte Zeit so berücksichtigt, wie sie zu berücksichtigen wäre, wenn die Anlage 1 in der ab 1. Oktober 1990 geltenden Fassung bereits vor diesem Zeitpunkt gegolten hätte. Dabei sind vor dem 1. Oktober 1990 zurückgelegte Zeiten einer Tätigkeit im übrigen nach Maßgabe der Nr. 1 Abschn. C Buchst. a) und Buchst. b) der Vorbemerkungen zu allen Lohngruppen der Anlage 1 zu berücksichtigen.”
Aus dieser Vorschrift folgert der Kläger – im Anschluß an die Entscheidung des Arbeitsgerichts Lübeck vom 17. September 1992 – 1b Ca 1920/92 – zu der entsprechenden Überleitungsvorschrift zum BMT-G II – für seinen Anspruch folgendes: Da er seit dem 1. Mai 1971 in Lohngruppe III Fallgruppe 3 SV 2a (alt), später aufgrund veränderter Fallgruppensystematik in Lohngruppe III Fallgruppe 5.7 SV 2a (alt) eingereiht gewesen sei, hätte er nach vierjähriger Tätigkeit bei rückwirkender Betrachtung, wie sie nach § 7 Ziff. 3 der Überleitungsvorschrift geboten sei, die Voraussetzungen der neuen Lohngruppe 5a AT (1. Fallgruppe) mithin per 1. Mai 1975 erfüllt gehabt, weil die Lohngruppe 5 Fallgruppe 5.7 der SV 2a mit dem Hinweiszeichen ** versehen sei.
Die Übergangsregelung betrifft jedoch “die Einreihung” des Arbeiters ab 1. Oktober 1990, wie sich aus § 7 Ziff. 3 erster Halbsatz ergibt, hingegen nicht die Höhe der Lohnsicherungszulage nach § 37 MTB II. Deren Obergrenze richtet sich allein nach der “bisherigen Lohngruppe” des Arbeiters, also derjenigen, in die er bei Eintritt des Sicherungsfalles eingereiht war. Eine Neueinreihung des Arbeiters für einen vor dem 1. Oktober 1990 liegenden Zeitpunkt sieht die Überleitungsvorschrift des § 7 Ziff. 3 nicht vor. Dies wird vom Arbeitsgericht Lübeck und vom Kläger verkannt.
Für die Einreihung des Klägers hat die Beklagte im übrigen die Überleitungsvorschrift des § 7 Ziff. 3 angewandt, indem sie ihn unter Mitberücksichtigung seiner Tätigkeitszeit vor dem 1. Oktober 1990 ab 1. Oktober 1990 in die Vergütungsgruppe 4a eingereiht hat. Dies hat allerdings zwangsläufig zu einer Verringerung der Lohnsicherungszulage des Klägers geführt, weil der Unterschiedsbetrag zwischen seiner nunmehrigen “neuen” Lohngruppe 4a zur “bisherigen Lohngruppe” 5 geringer ist als der zwischen den Lohngruppen 4 und 5.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schaub, Friedrich, Bott, Müller-Tessmann, Brunner
Fundstellen
NZA 1995, 860 |
ZTR 1995, 174 |
AP § 37 MTB II, Nr. 1 |