Entscheidungsstichwort (Thema)
Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT bei dienstplanmäßig teilweise freiem Wochenfeiertag
Leitsatz (amtlich)
§ 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT gilt auch bei nur teilweiser dienstplanmäßiger Freistellung an einem gesetzlichen Wochenfeiertag.
Orientierungssatz
1. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT erfasst die Konstellation, dass ein Beschäftigter an einem gesetzlichen Wochenfeiertag nach einem Dienstplan feiertagsunabhängig freigestellt ist und deshalb keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 2 Abs. 1 EFZG hat.
2. Der Umfang der Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT bestimmt sich nach den „dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden”. Mit dieser stundenbezogenen Betrachtungsweise ist auch der Fall erfasst, dass dienstplanmäßig nur eine teilweise Freistellung am Wochenfeiertag vorgesehen ist.
3. Dies entspricht Sinn und Zweck des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT. Die beabsichtigte Gleichstellung feiertagsunabhängiger und feiertagsbedingter Freistellung wird damit auch bei nur teilweiser dienstplanmäßiger Freistellung erreicht.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1; EFZG § 2 Abs. 1; TVöD-AT § 6 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
LAG Nürnberg (Urteil vom 21.05.2014; Aktenzeichen 4 Sa 459/13) |
ArbG Nürnberg (Urteil vom 06.03.2013; Aktenzeichen 7 Ca 4641/12) |
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 21. Mai 2014 – 4 Sa 459/13 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit der Klägerin für einen dienstplanmäßig teilweise freien Wochenfeiertag.
Die Klägerin ist bei der beklagten Stadt seit dem 1. April 1990 als Angestellte im Verwaltungsdienst beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach den Regelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005 im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). § 6 TVöD-AT lautet in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 seit dem 1. Juli 2008 auszugsweise wie folgt:
„§ 6 Regelmäßige Arbeitszeit
(1) 1Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen für
…
b) |
die Beschäftigten der Mitglieder eines Mitgliedverbandes der VKA im Tarifgebiet West durchschnittlich 39 Stunden wöchentlich, … |
… 3Die regelmäßige Arbeitszeit kann auf fünf Tage, aus notwendigen betrieblichen/dienstlichen Gründen auch auf sechs Tage verteilt werden.
(2) 1Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zugrunde zu legen. 2Abweichend von Satz 1 kann bei Beschäftigten, die ständig Wechselschicht- oder Schichtarbeit zu leisten haben, ein längerer Zeitraum zugrunde gelegt werden.
(3) … 3Die regelmäßige Arbeitszeit vermindert sich für jeden gesetzlichen Feiertag, sowie für den 24. Dezember und 31. Dezember, sofern sie auf einen Werktag fallen, um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden.”
Die Protokollerklärung zu § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT lautet:
„Die Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit betrifft die Beschäftigten, die wegen des Dienstplans am Feiertag frei haben und deshalb ohne diese Regelung nacharbeiten müssten.”
Die Klägerin ist als Bestattungsberaterin nach den Vorgaben eines Dienstplans tätig. Sie erbringt ihre Wochenarbeitszeit von 39 Stunden demnach grundsätzlich in der Zeit von Montag bis einschließlich Freitag. Dabei leistet sie an den ersten vier Wochentagen jeweils acht Stunden und freitags sieben Stunden. Zwischen acht- und elfmal im Kalenderjahr hat sie einen sog. „Jourdienst” zu leisten. In der Jourdienstwoche arbeitet sie auch freitags acht Stunden und zudem am Samstag und Sonntag jeweils fünf Stunden von 08:00 Uhr bis 13:00 Uhr. Es ergibt sich eine Gesamtarbeitszeit von 50 Wochenstunden. In der Woche danach reduziert sich ihre Arbeitszeit auf 28 Stunden. Sie erbringt ihre Arbeitsleistung dann montags bis mittwochs im normalen Umfang von acht Stunden. Am Donnerstag arbeitet sie jedoch nur vier Stunden von 07:30 Uhr bis 11:30 Uhr. Freitags ist sie von ihrer Leistungspflicht befreit.
In der Kalenderwoche 22 des Jahres 2012 (28. Mai bis 3. Juni 2012) leistete die Klägerin Jourdienst. Folglich handelte es sich bei der anschließenden Kalenderwoche 23 um eine solche mit verringertem Arbeitszeitvolumen. Der Donnerstag dieser Woche, der 7. Juni 2012, war in Bayern ein gesetzlicher Wochenfeiertag (Fronleichnam). Die Klägerin erbrachte an diesem Tag keine Arbeitsleistung. Sie erhielt nach § 2 Abs. 1 EFZG für die wegen des Feiertags nicht zu leistende Arbeitszeit von 07:30 Uhr bis 11:30 Uhr eine Entgeltfortzahlung für vier Arbeitsstunden.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr darüber hinaus ein Freizeitausgleich durch Reduzierung ihrer Sollarbeitszeit im Umfang von vier Stunden zustehe. Dies könne sie sowohl wegen einer betrieblichen Übung als auch gemäß § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT beanspruchen. Am Nachmittag des 7. Juni 2012 sei sie nach dem Dienstplan nicht zur Arbeit verpflichtet gewesen, weil sie die entsprechenden vier Stunden bereits im Rahmen des vorangegangenen Jourdienstes geleistet habe. Durch den Feiertag dürfe der für diese Vorleistung dienstplanmäßig vorgesehene Freizeitausgleich nicht entfallen. Andernfalls wäre sie gegenüber Mitarbeitern, welche in der Woche vor dem Feiertag keinen Wochenenddienst geleistet haben, ohne Rechtfertigung benachteiligt. Diese hätten in beiden Wochen lediglich 70 Stunden gearbeitet (39 Stunden in der ersten Woche, 31 Stunden in der zweiten Woche). Sie selbst hätte demgegenüber für die gleiche Vergütung in beiden Wochen insgesamt 74 Stunden Arbeitsleistung erbracht (50 Stunden in der sog. Jourdienstwoche sowie 24 Stunden von Montag bis einschließlich Mittwoch der Folgewoche). Gerade diese Ungleichbehandlung wolle § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT ausweislich der Protokollnotiz vermeiden. Dabei komme es nicht darauf an, ob ohne diese Regelung nachgearbeitet werden müsste oder ob bereits vorgeleistet wurde.
Die Klägerin hat daher zuletzt beantragt:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den geleisteten Wochenenddienst in Freizeit auszugleichen.
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, die Sollarbeitszeit der Klägerin um die am 7. Juni 2012 dienstplanmäßig ausgefallenen vier Arbeitsstunden in dem auf die Rechtskraft des Verfahrens folgenden Monat zu reduzieren.
Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit dem Fehlen einer Anspruchsgrundlage begründet. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT finde keine Anwendung. Die Tarifnorm setze voraus, dass der betroffene Arbeitnehmer wegen des Dienstplans am Feiertag gar keine Arbeitsleistung erbringen müsse. Dies sei hier nicht der Fall, da die Klägerin nach dem Dienstplan am Vormittag des 7. Juni 2012 hätte arbeiten müssen. Es sei nicht erkennbar, dass § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT auch die Konstellation einer teilweisen Freistellung von der Arbeitspflicht am Feiertag erfasse. Wenn ein Arbeitnehmer am Feiertag dienstplanmäßig zur Arbeit eingeteilt sei, gebe es keine „dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden” iSd. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT. Dementsprechend gehe die Protokollerklärung zu § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT davon aus, dass ein Beschäftigter wegen des Dienstplans am Feiertag „frei habe”, das heißt keinerlei Arbeitsleistung schulde.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat dieses Urteil auf die Berufung der Klägerin teilweise abgeändert. Hinsichtlich des Hauptantrags verblieb es bei der Abweisung. Dem Hilfsantrag wurde hingegen stattgegeben und für die Beklagte die Revision zugelassen. Mit dieser begehrt die Beklagte die vollständige Zurückweisung der Berufung. Die Entscheidung über den Hauptantrag ist rechtskräftig und daher nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat gemäß § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT einen Anspruch darauf, dass die Beklagte eine Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit um vier Arbeitsstunden für den 7. Juni 2012 bei der Dienstplangestaltung umsetzt.
I. Die Klage ist nach Vornahme der gebotenen Auslegung des verbleibenden Antrags zulässig.
1. Die Klägerin hat die tarifliche Regelung des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT als Anspruchsgrundlage angeführt. Der Wortlaut des noch rechtshängigen Leistungsantrags steht damit jedoch nicht im Einklang. Demnach soll die Beklagte verurteilt werden, die Sollarbeitszeit der Klägerin zu reduzieren. Die regelmäßige Arbeitszeit vermindert sich nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT jedoch nicht durch einen gestaltenden Akt des Arbeitgebers. Die Verminderung erfolgt vielmehr von Rechts wegen. Die Rechtsfolge der verminderten regelmäßigen Arbeitszeit muss vom Arbeitgeber bei der Dienstplangestaltung, der Arbeitszeiterfassung und der Vergütung umgesetzt werden. Geschieht das nicht, entstehen nachgelagerte Ansprüche des Arbeitnehmers auf Beseitigung des tarifwidrigen Zustandes gemäß § 611 Abs. 1 BGB (vgl. BAG 27. März 2014 – 6 AZR 621/12 – Rn. 21; zu § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K BAG 24. Oktober 2013 – 6 AZR 286/12 – Rn. 19 f.). Die Arbeitszeitverminderung betrifft den Umfang der nach § 611 Abs. 1 BGB geschuldeten Arbeitsleistung. Im bestehenden Arbeitsverhältnis kann die Verminderung durch eine entsprechende Dienstplangestaltung noch umgesetzt werden. Eine solch verzögerte Beachtung der tariflichen Vorgaben stellt im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht die Erfüllung eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 249 Abs. 1 BGB dar.
2. Dementsprechend ist der noch rechtshängige Antrag dahingehend zu verstehen, dass die Klägerin die von ihr angenommene Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT bei der künftigen Dienstplangestaltung der Beklagten berücksichtigt wissen will. In diesem Zusammenhang ist der Begriff Sollarbeitszeit bezogen auf die Vorgaben der Beklagten im Dienstplan zu verstehen. Durch diesen gibt die Beklagte – bei Wahrung der Rechte des Personalrats gemäß Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayPVG – den Rahmen für die Arbeitszeit nach Kalendertag und Uhrzeit vor (BAG 25. April 2013 – 6 AZR 800/11 – Rn. 30). Die in Anspruch genommene tarifliche Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit soll nach der Antragstellung bei der Dienstplangestaltung für den Monat nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens durch eine Reduzierung der zu leistenden Arbeitszeit um vier Stunden umgesetzt werden.
3. Der so verstandene Antrag ist zulässig. Er ist insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, denn er bezeichnet die begehrte Leistung so genau, dass die Beklagte ohne weiteres erkennen kann, durch welche Verhaltensweise sie dem Urteilsspruch nachkommen kann, und dass das Urteil vollstreckungsfähig ist (vgl. BAG 18. September 2014 – 8 AZR 757/13 – Rn. 17; 26. Juli 2012 – 6 AZR 221/11 – Rn. 24). Dies stellt die Revision auch nicht in Abrede.
II. Die noch anhängige Klage ist begründet. Der streitgegenständliche Anspruch ergibt sich aus § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT.
1. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT ergänzt die gesetzliche Regelung der Entgeltfortzahlung an Feiertagen gemäß § 2 Abs. 1 EFZG.
a) Nach § 2 Abs. 1 EFZG besteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch für einen arbeitsfreien gesetzlichen Feiertag bei Arbeit nach einem Schichtplan nur dann, wenn die planmäßige Freistellung durch die gesetzliche Feiertagsruhe bestimmend beeinflusst ist. § 2 Abs. 1 EFZG begründet dagegen keinen Entgeltfortzahlungsanspruch, wenn sich die Freistellung aus einem Planschema ergibt, das von der gesetzlichen Feiertagsruhe unabhängig ist, etwa weil der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung durch den Feiertag nicht oder nicht wesentlich geringer ist. Dass der Arbeitnehmer an diesem Tag planmäßig frei hat, liegt dann nicht am Feiertag, sondern dient zB dazu, einen Fünftagesrhythmus einzuhalten (BAG 27. März 2014 – 6 AZR 621/12 – Rn. 17 mwN).
b) § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT erfasst demgegenüber die Konstellation, dass ein Beschäftigter nach einem Dienstplan feiertagsunabhängig freigestellt ist. Bei der Normsetzung erfüllten die Tarifvertragsparteien eine Forderung nach Gleichstellung feiertagsunabhängiger und feiertagsbedingter Freistellung an gesetzlichen Feiertagen (vgl. BAG 24. Oktober 2013 – 6 AZR 286/12 – Rn. 42 f.; BeckOK TVöD/Welkoborsky Stand 1. Juni 2015 TVöD-AT § 6 Rn. 22). Ohne die Regelung des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT müsste der nach Dienstplan arbeitende Beschäftigte zur Erreichung der vollen Vergütung die am Feiertag „dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden” an einem anderen Tag ableisten, gleich, ob vor dem Feiertag oder danach. Zur Vermeidung einer solchen Schlechterstellung von Beschäftigten, die nach einem Dienstplan arbeiten, soll jeder, der an einem Wochenfeiertag nicht zu arbeiten braucht, für weniger Arbeit die gleiche Vergütung erhalten. Bei feiertagsunabhängiger Freistellung wird deshalb das für den vollen Vergütungsanspruch maßgebliche Arbeitszeitsoll herabgesetzt (BAG 24. Oktober 2013 – 6 AZR 286/12 – Rn. 47). Dieser Zweck des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT kommt in der ihn erläuternden Protokollerklärung zum Ausdruck. Die ohne § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT bestehende Verpflichtung zur Vor- oder Nacharbeit steht in einem durch das Wort „deshalb” bewirkten Kausalzusammenhang zur dienstplanmäßigen Arbeitsbefreiung am Feiertag (vgl. BAG 8. Dezember 2010 – 5 AZR 667/09 – Rn. 14, BAGE 136, 290).
2. Entgegen der Auffassung der Revision gilt dies auch bei einer dienstplanmäßig nur teilweisen Freistellung am Feiertag.
a) Hierfür spricht der Wortlaut des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT.
aa) Der Umfang der Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit bestimmt sich nach den „dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden”. Mit dieser stundenbezogenen Betrachtungsweise ist auch der Fall erfasst, dass dienstplanmäßig keine vollständige Freistellung am Feiertag vorgesehen ist. Dies ist nicht außergewöhnlich. Angesichts der tariflich eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Lage der regelmäßigen Arbeitszeit (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 TVöD-AT) kann ein Dienstplan vorsehen, dass ein Vollbeschäftigter an manchen Werktagen nur vormittags oder nachmittags arbeitet, während er an anderen Tagen ganztägig zu arbeiten hat. Sieht ein Dienstplan für einen auf einen Werktag fallenden Feiertag einen Freizeitausgleich vor, der hinsichtlich seiner Stundenzahl nicht die gesamte reguläre Tagesarbeitszeit erreicht, sind insoweit ebenfalls „dienstplanmäßig ausgefallene Stunden” zu verzeichnen.
bb) Die Protokollerklärung steht dem nicht entgegen. Diese definiert den Anwendungsbereich der Tarifnorm bezogen auf die Beschäftigten, die wegen des Dienstplans „am Feiertag frei haben”. Damit wird nicht zwingend ausgedrückt, dass nur eine vollständige Freistellung von der Arbeitspflicht gemeint ist. Ein Beschäftigter kann auch für einige Stunden „frei haben”. Die Formulierung der Protokollerklärung bringt nur zum Ausdruck, dass für einen bestimmten Zeitraum am Feiertag dienstplanmäßig keine Arbeitsleistung zu erbringen ist.
b) Die Geltung des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT bei nur teilweiser Freistellung am Feiertag entspricht seinem dargestellten Sinn und Zweck. Die beabsichtigte Gleichstellung feiertagsunabhängiger und feiertagsbedingter Freistellung an Feiertagen wird damit auch bei nur teilweiser dienstplanmäßiger Freistellung erreicht. Entscheidend ist, ob der Beschäftigte die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden vor oder nach dem Feiertag hätte leisten müssen, um die volle Vergütung für die Erbringung der regelmäßigen Arbeitszeit zu erhalten. Diese Verpflichtung zur Vor- oder Nacharbeit kann auch bestehen, wenn der Beschäftigte nach dem Dienstplan am Feiertag nur in herabgesetztem Umfang zur Arbeit eingeteilt ist.
c) Eine Geltung des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT auch bei teilweiser Freistellung am Feiertag ist nicht unpraktikabel.
aa) Die Erforderlichkeit der Bestimmung der „dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden” besteht auch bei einer vollständigen dienstplanmäßigen Freistellung am Feiertag. Dabei muss individuell festgestellt werden, wie viele Stunden der betreffende Arbeitnehmer hätte arbeiten müssen, wenn er dienstplanmäßig zur Feiertagsarbeit herangezogen worden wäre (BAG 27. März 2014 – 6 AZR 621/12 – Rn. 23; 8. Dezember 2010 – 5 AZR 667/09 – Rn. 16, BAGE 136, 290). Dies mag bei schwankender Dienstplaneinteilung im Einzelfall zu Schwierigkeiten bei der Ermittlung der maßgeblichen Stundenzahl führen (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Mai 2014 E § 6 Rn. 41c; Günther öAT 2015, 133, 135; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand September 2011 Teil B 1 § 6 Rn. 98; Hahn öAT 2014, 209, 210; Lingemann ArbrAktuell 2014, 285). Solche Umsetzungsprobleme ändern aber nichts an der tariflichen Vorgabe.
bb) Letztlich ist zu ermitteln, ob die „dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden” von den Beschäftigten zur Erreichung der regelmäßigen Arbeitszeit voroder nachgearbeitet werden müssen. Dies setzt § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT, wie dargelegt, voraus (vgl. auch Bredemeier/Neffke/Cerff 4. Aufl. TVöD § 6 Rn. 63). Maßgeblich ist der Dienstplan unter Berücksichtigung des Zeitraums, für den er im Vorhinein aufgestellt wurde (zum Schichtplanturnus vgl. BAG 25. April 2013 – 6 AZR 800/11 – Rn. 26). Das von der Revision herangezogene Beispiel eines Beschäftigten im rollierenden Schichtdienst, welcher Sechs-, Acht- und Zehn-Stunden-Schichten zu leisten hat, erweist sich als unproblematisch. Ist der Beschäftigte wegen des Feiertags von einer Sechs-Stunden-Schicht freigestellt, hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung gemäß § 2 Abs. 1 EFZG für sechs Stunden. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT kommt nicht zur Anwendung, da keine Stunden dienstplanmäßig ausgefallen sind, welche der Beschäftigte an einem anderen Tag zu leisten hätte.
d) Auch der Hinweis der Revision, dass § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT nicht für Teilzeitbeschäftigte mit festen Arbeitszeiten an bestimmten Wochentagen gilt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Dies ist zwar zutreffend, wenn ein Feiertag auf einen ohnehin freien Wochentag fällt. In dieser Konstellation hat der Teilzeitbeschäftigte nicht wegen des Dienstplans am Feiertag frei (Breier/ Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand September 2011 Teil B 1 § 6 Rn. 97; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Mai 2014 Teil II/1 § 6 Rn. 176; Bredemeier/Neffke/Cerff 4. Aufl. TVöD § 6 Rn. 62). Die Nichtanwendbarkeit des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT auf Teilzeitbeschäftigte in dieser Situation bewirkt entgegen der Revision nicht deren Schlechterstellung, denn die Teilzeitkraft ist dann nicht zur Vor- oder Nacharbeit verpflichtet. Der Feiertag steht außerhalb ihrer vertraglichen Leistungsverpflichtung.
e) Soweit die Revision auf § 6.1 Abs. 2 Satz 1 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-K) Bezug nimmt, führt dies nicht weiter. Wegen des unterschiedlichen Regelungsinhalts kann aus § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K kein Rückschluss auf die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT bei nur teilweiser Freistellung am Feiertag gezogen werden.
aa) Bezüglich der Vorfeiertage des 24. Dezember und 31. Dezember sieht
§ 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K eine § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT entsprechende Regelung vor. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K wird aber für die gesetzlichen Feiertage durch § 6.1 TVöD-K ergänzt. Diese Norm entspricht der für Krankenhäuser spezielleren Regelung des § 49 TVöD-BT-K. § 6.1 Abs. 2 TVöD-K weicht für Feiertage nicht nur auf der Tatbestandsseite ausdrücklich von § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K ab, auch die Rechtsfolgen sind im Umfang der Verminderung der Arbeitszeit unterschiedlich ausgestaltet. Nach § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K verringert sich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für jeden gesetzlichen Feiertag, der auf einen Werktag fällt, generell um ein Fünftel der arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit. Nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K muss demgegenüber individuell festgestellt werden, wie viele Stunden der betreffende Arbeitnehmer hätte arbeiten müssen, wenn er dienstplanmäßig zur Vorfeiertagsarbeit herangezogen worden wäre. Nur diese Stundenzahl ist von der Sollarbeitszeit abzusetzen (vgl. BAG 24. Oktober 2013 – 6 AZR 286/12 – Rn. 48). Die Protokollerklärung zu § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K entspricht daher der Erklärung zu § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT mit dem Unterschied, dass wegen § 6.1 TVöD-K die Worte „am Feiertag” nicht enthalten sind.
bb) Nach Ansicht der Revision ist die starre Vorgabe einer Reduzierung der Wochenarbeitszeit um ein Fünftel der maßgeblichen Wochenarbeitszeit nach § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K im Falle einer teilweisen Freistellung am Feiertag mit dem Bezug von Entgeltfortzahlung für die an diesem Feiertag feiertagsbedingt ausfallenden Stunden nicht zu vereinbaren. Die Schichtdienstleistenden wären anderenfalls besser gestellt, denn sie erhielten für den Feiertag insoweit die Entgeltfortzahlung nach § 2 Abs. 1 EFZG und zudem im Tarifgebiet West eine Arbeitszeitreduzierung von 7,7 Stunden als ein Fünftel der nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b TVöD-K dort maßgeblichen regelmäßigen Arbeitszeit von durchschnittlich 38,5 Stunden wöchentlich.
cc) Diese Problematik bedarf hier keiner Entscheidung, denn sie stellt sich bei § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT nicht. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT sieht ebenso wie § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K keine generelle Arbeitszeitreduzierung in einem bestimmten Umfang vor. Aus § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K kann daher nicht auf die Auslegung des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT bei nur teilweiser Freistellung am Feiertag geschlossen werden.
3. Somit steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch zu.
a) Ihre regelmäßige Arbeitszeit verminderte sich gemäß § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT für den gesetzlichen Feiertag am 7. Juni 2012 um vier dienstplanmäßig ausgefallene Stunden. Die Klägerin hat ihre Arbeitsleistung unstreitig nach den Vorgaben eines Dienstplans zu erbringen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sah der Dienstplan der Klägerin in der Kalenderwoche 22 des Jahres 2012 eine Arbeitswoche mit Jourdienst und einer Wochenarbeitszeit von 50 Stunden vor. In der Folgewoche war eine verringerte Arbeitszeit von 28 Stunden dienstplanmäßig vorgesehen. Der Donnerstag dieser Woche, der 7. Juni 2012, war gemäß Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 Bayerisches Feiertagsgesetz (FTG) in Bayern ein gesetzlicher Feiertag (Fronleichnam). An diesem hätte die Klägerin entsprechend dem für eine Woche nach dem Jourdienst vorgesehenen Dienstplan nur vier Stunden von 07:30 Uhr bis 11:30 Uhr arbeiten müssen. In einer normalen Dienstwoche wären hingegen am Donnerstag acht Arbeitsstunden zu leisten gewesen. Demnach handelte es sich bei dem Feiertag am 7. Juni 2012 um einen auf einen Werktag fallenden gesetzlichen Feiertag, an welchem dienstplanmäßig vier Stunden ausfielen.
b) Diese vier Stunden hatte die Klägerin nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts durch den Jourdienst in der Kalenderwoche 22 bereits vorgeleistet. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich dementsprechend bei der Reduzierung der Arbeitszeit in der Woche danach um einen Freizeitausgleich für diesen konkreten Jourdienst oder entsprechend der Auffassung der Revision um eine auf den Jahresdurchschnitt bezogene Verteilung der Wochenarbeitszeit (vgl. § 6 Abs. 2 TVöD-AT) handelte. In beiden Konstellationen wäre die Klägerin ohne die Regelung des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT zur Vor- oder Nacharbeit der streitigen vier Stunden verpflichtet, um die volle Vergütung für die Leistung der regelmäßigen Arbeitszeit zu erhalten.
c) Die Klägerin kann folglich beanspruchen, dass die Beklagte die nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT erfolgte Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit um vier Stunden bei der Dienstplangestaltung für den Monat nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens durch eine entsprechende Reduzierung der zu leistenden Arbeitszeit (Sollarbeitszeit) umsetzt. Sie verlangt damit jedenfalls nicht mehr als ihr zusteht, denn die Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit erfolgte von Rechts wegen und wäre mit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens sofort zu berücksichtigen. Die Antragstellung trägt ersichtlich dem erforderlichen Vorlauf für die Dienstplangestaltung Rechnung.
III. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Fischermeier, Spelge, Krumbiegel, D. Knauß, M. Geyer
Fundstellen
Haufe-Index 8720013 |
BAGE 2016, 378 |
BB 2015, 2932 |
DB 2015, 7 |