Entscheidungsstichwort (Thema)
Akkordrichtsatz als Mindestlohn
Orientierungssatz
Nach § 17 Nr 8 Abs 2 des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der Bekleidungsindustrie vom 17.5.1979 soll bei Normalleistung der Akkordrichtsatz verdient werden.
Normalleistung ist die Leistung, die von einem hinreichend geeigneten Arbeitnehmer nach ausreichender Übung und Einarbeitung mindestens erreicht werden kann, ohne daß die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit auf Dauer gefährdet wird.
Normenkette
TVG § 1; BGB § 611
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 07.02.1986; Aktenzeichen 1 (5) Sa 129/85) |
ArbG Ulm (Entscheidung vom 20.09.1985; Aktenzeichen 3 Ca 71/85) |
Tatbestand
Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 4. September 1979 als Näherin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Bekleidungsindustrie vom 17. Mai 1979 (MTV) und der allgemeinverbindliche Lohntarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Bekleidungsindustrie in Baden-Württemberg vom 14. Juni 1984 (Lohn-TV) Anwendung. Die Klägerin verrichtet Arbeiten der Lohngruppe III im Akkord. Die Beklagte zahlt Akkordlohn entsprechend der erbrachten Arbeitsleistung, auch wenn die Klägerin die dem Akkordrichtsatz zugrundeliegende Normalleistung im Durchschnitt des Lohnabrechnungszeitraumes nicht erreicht.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß ihr der Akkordrichtsatz als Mindestlohn nach § 17 Nr. 3 Abs. 2 MTV zustehe. Die Zahlung eines unter dem Akkordrichtsatz liegenden Lohnes sei auch nicht nach § 17 Nr. 3 Abs. 3 und 4 MTV zulässig, da dafür Gründe in ihrer Person nicht vorlägen und sie weder minderleistungsfähig noch leistungsunwillig sei. Insoweit fehle es auch an einem notwendigen Zusammenwirken zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat. Daß sie die Normalleistung nicht erreicht habe, habe auf einem ständigen, betriebsbedingten Arbeitsgang- und Arbeitsplatzwechsel beruht.
Die Klägerin hat die Differenzbeträge zwischen dem Akkordrichtsatz und dem ihr gezahlten Lohn seit dem Monat August 1984 mit ihrer am 15. Februar 1985 erhobenen Klage geltend gemacht.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von DM 6.599,81 brutto
nebst 4 % Zinsen aus DM 2.795,41 seit 15.2.1985,
aus DM 1.349,27 seit 7.5.1985, aus DM 520,89
seit 29.5.1985, aus DM 325,-- seit 18.7.1985
und aus DM 1.645,24 seit 2.9.1985 zu verurteilen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, daß die Klägerin tarifgemäß entlohnt worden sei. Der Akkordrichtsatz sei nur dann als tariflicher Mindestlohn nach § 17 Nr. 3 Abs. 2 MTV zu zahlen, wenn der Akkordarbeiter im Durchschnitt des Lohnabrechnungszeitraumes die Normalleistung erbringe. Nur wenn die Normalleistung aus Gründen in seiner Person unterschritten werde oder der Akkordarbeiter minderleistungsfähig sei oder nach eigenem Willen regelmäßig weniger als die Normalleistung erbringen wolle, sei nach § 17 Nr. 3 Abs. 3 und 4 MTV der Akkordrichtsatz als Mindestlohn zu zahlen, wenn nicht eine Vereinbarung über eine niedrigere Entlohnung getroffen werde. Derartige Umstände lägen nicht vor. Vielmehr habe die Klägerin die Normalleistung unterschritten, weil sie ihre Arbeit häufig unterbrochen und zu langsam gearbeitet habe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der Lohnansprüche für den Zeitraum ab 1. November 1984 in Höhe von DM 5.031,43 brutto stattgegeben und sie im übrigen im Hinblick auf die tarifliche Ausschlußfrist abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist im wesentlichen unbegründet. Die Vorinstanzen haben der in der Revisionsinstanz noch anhängigen Klage mit Ausnahme der auf die Bruttobeträge erstreckten Zinsforderung mit Recht stattgegeben. Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung von DM 5.031,43 brutto nebst 4 % Zinsen aus den Nettobeträgen verlangen. Dieser in seiner rechnerischen Höhe unstreitige Betrag steht ihr als restliche Vergütung für die Zeit ab 1. November 1984 zu. Denn die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin für diesen Zeitraum Lohn in Höhe des tariflichen Akkordrichtsatzes zu zahlen.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Bekleidungsindustrie vom 17. Mai 1979 (MTV) und der allgemeinverbindliche Lohntarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Bekleidungsindustrie in Baden-Württemberg vom 14. Juni 1984 (Lohn-TV) unmittelbar und zwingend Anwendung (§ 5 Abs. 4, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Danach bestimmt sich der Lohn der Klägerin nach folgenden tariflichen Bestimmungen des MTV:
§ 17
Akkordlohn
.......
2. Die Akkordrichtsätze ergeben sich aus dem jeweils
gültigen Lohntarifvertrag ...
3. Beim Akkordlohn ändert sich der Verdienst über den
Akkordrichtsatz proportional zum Mengenergebnis.
Im Durchschnitt des Lohnabrechnungszeitraumes muß
der einzelne Akkordarbeiter mindestens den Akkordrichtsatz
pro Stunde erzielen. Insofern ist der
Akkordrichtsatz für die Beschäftigten im Akkord
Mindestlohn.
Unterschreitet der Arbeitnehmer auf Dauer die
Normalleistung und liegen die Gründe dafür nachweisbar
in der Person des Arbeitnehmers, so fehlen
die persönlichen Voraussetzungen für diese Akkordarbeit,
und Betriebsleitung sowie Betriebsrat sind
verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, die erforderlich
sind, um dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu tarifgemäßem
Lohn zu geben.
Für Arbeitnehmer, die infolge ihrer körperlichen oder
geistigen Beschaffenheit offensichtlich minderleistungsfähig
sind oder nach ihrem eigenen Willen
regelmäßig weniger als die Normalleistung erbringen,
kann in schriftlicher Vereinbarung zwischen Betriebsleitung
und Betriebsrat nach Anhörung des
betroffenen Arbeitnehmers ein von Abs. 2 abweichender
Mindestlohn festgelegt werden.
Die bei Schwerbehinderten anerkannte Minderung der
Erwerbsfähigkeit bedeutet allein keine Minderleistungsfähigkeit.
..........
8. Zur Erprobung von Vorgabezeiten oder Akkordsätzen
können zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat
Regelungen schriftlich vereinbart werden.
Die Akkorde sind zwischen Betriebsleitung und
Betriebsrat schriftlich so zu vereinbaren, daß
bei Normalleistung der Akkordrichtsatz verdient
wird.
Normalleistung ist die Leistung, die von einem
hinreichend geeigneten Arbeitnehmer nach ausreichender
Übung und Einarbeitung mindestens erreicht
werden kann, ohne daß die Gesundheit und
Arbeitsfähigkeit auf die Dauer gefährdet wird.
.........
Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, daß der Akkord- richtsatz pro Stunde im Durchschnitt des Lohnabrechnungszeitraumes nach § 17 Nr. 3 Abs. 2 MTV als Mindestlohn garantiert sei. Davon könne nur in den in § 17 Nr. 3 Abs. 3 und 4 MTV genannten Fällen und nur durch Zusammenwirken zwischen Betriebs- leitung und Betriebsrat abgewichen werden. Die tatsächlichen Voraussetzungen dafür hätten jedoch nicht vorgelegen. Auch sei der Betriebsrat nicht beteiligt worden. Selbst wenn der Tarif- vertrag hinsichtlich des Unterschreitens der Normalleistung durch einen verdeckt leistungsunwilligen Akkordarbeiter eine Lücke enthalten sollte, könne diese nicht einseitig vom Arbeitgeber durch Zahlung eines unter dem Akkordrichtsatz liegenden Lohnes geschlossen werden. Die Beklagte habe außerdem ein derartiges Verhalten der Klägerin nicht nachgewiesen. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis und in wesentlichen Teilen der Begründung zu folgen.
Nach dem Wortlaut und dem tariflichen Gesamtzusammenhang, die bei der Tarifauslegung maßgeblich zu berücksichtigen sind (BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung), handelt es sich bei der tariflichen Regelung in § 17 Nr. 3 Abs. 2 bis 4 MTV um eine sog. Verdienstsicherungsklausel. Das kennzeichnende Merkmal von Verdienstsicherungsklauseln besteht darin, daß sie in ein Erfolgslohnsystem ein zeitlohnrechtliches Element einfügen. Erzielt der Arbeitnehmer im Akkord nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine bestimmte Mindestvergütung, so wird ihm diese trotz seiner Minderleistung ausgezahlt (BAGE 25, 320, 322 = AP Nr. 23 zu § 611 BGB Akkordlohn).
Vorliegend soll nach § 17 Nr. 8 Abs. 2 MTV bei Normalleistung der Akkordrichtsatz verdient werden. Normalleistung ist die Leistung, die von einem hinreichend geeigneten Arbeitnehmer nach ausreichender Übung und Einarbeitung mindestens erreicht werden kann, ohne daß die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit auf Dauer gefährdet wird (§ 17 Nr. 8 Abs. 3 MTV). Die Tarifvertragsparteien haben in § 17 Nr. 3 Abs. 1 MTV dem Leistungsprinzip des Akkordlohns Rechnung getragen, indem sie bestimmt haben, daß sich der Verdienst über den Akkordrichtsatz proportional zum Mengenergebnis ändert. Erbringt der Akkordarbeiter somit mehr als die Normalleistung, erhöht sich sein Verdienst über den Akkordrichtsatz hinaus entsprechend der von ihm erbrachten Mehrleistung. Erreicht der Akkordrichtsatz nicht die Normalleistung, so erhält er nach § 17 Nr. 3 Abs. 2 MTV trotzdem den Akkordrichtsatz als Mindestlohn. Nur in den in § 17 Nr. 3 Abs. 3 und 4 MTV genannten Fällen kann eine geringere Entlohnung erfolgen.
Nach § 17 Nr. 3 Abs. 2 MTV muß der einzelne Akkordarbeiter im Durchschnitt des Lohnabrechnungszeitraumes mindestens den Akkordrichtsatz pro Stunde erzielen. Die Tarifvertragsparteien bezeichnen den Akkordrichtsatz in § 17 Nr. 3 Abs. 2 Satz 2 MTV insofern als Mindestlohn. Das bedeutet, daß der Arbeitnehmer für jeden Lohnabrechnungszeitraum - von den Ausnahmen des § 17 Nr. 3 Abs. 3 und 4 MTV abgesehen - mindestens Anspruch auf Lohn in Höhe des Akkordrichtsatzes hat. Entgegen der Auffassung der Beklagten bedeutet die Verwendung des Wortes "erzielen" nicht, daß der Akkordarbeiter im Durchschnitt des Lohnabrechnungszeitraumes die Normalleistung pro Stunde erbringen muß, um den Akkordrichtsatz als Mindestlohn zu erhalten. Denn wenn der Akkordarbeiter im Durchschnitt des Lohnabrechnungszeitraumes die Normalleistung erbringt, steht ihm die entsprechende Vergütung in der Höhe des Akkordrichtsatzes ohnehin zu, so daß die Bezeichnung als Mindestlohn überflüssig wäre.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich auch aus dem von den Tarifvertragsparteien in § 17 Nr. 3 Abs. 2 Satz 2 MTV verwendeten Wort "insofern" nicht, daß der Akkordrichtsatz nur bei Normalleistung als Mindestlohn garantiert ist. Das Wort "insofern" ist vielmehr auf den im vorangegangenen Satz des § 17 Nr. 3 Abs. 2 MTV verwendeten Begriff "Durchschnitt des Lohnabrechnungszeitraumes" zu beziehen. Für den Arbeiter ist der normale Bezugszeitraum auch beim Akkordrichtsatz die Arbeitsstunde (BAGE 25, 320, 323 = AP Nr. 23 zu § 611 BGB Akkordlohn). Würde mithin der Akkordrichtsatz als Mindestlohn und damit pro Stunde garantiert, wäre für jede Stunde eine Vergleichsberechnung anzustellen, was praktisch in der Regel undurchführbar ist. Das Wort "insofern" bedeutet damit die Einschränkung, daß der Akkordrichtsatz nicht pro Stunde, sondern nur im Durchschnitt des Lohnabrechnungszeitraumes als Mindestlohn garantiert ist.
Nur bei der vom Senat vorgenommenen Auslegung des § 17 Nr. 3 Abs. 2 MTV gewinnen auch die tariflichen Bestimmungen in § 17 Nr. 3 Abs. 3 und 4 MTV Bedeutung. Hätten die Tarifvertragsparteien, wie die Beklagte meint, in § 17 Nr. 3 Abs. 2 MTV zum Ausdruck bringen wollen, daß nur die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung bezahlt werden solle, hätte es einer Regelung für Akkordarbeiter, die auf Dauer aus nachweisbar in ihrer Person liegenden Gründen die Akkordleistung nicht erbringen (§ 17 Nr. 3 Abs. 3 MTV) und für offensichtlich minderleistungsfähige Akkordarbeiter, die nach ihrem eigenen Willen regelmäßig weniger als die Normalleistung erbringen (§ 17 Nr. 3 Abs. 4 MTV), nicht bedurft. Diese hätten ohnehin nur den Lohn für die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung erhalten. Nur wenn auch für diese Akkordarbeiter der Akkordrichtsatz als Mindestlohn nach § 17 Nr. 3 Abs. 2 MTV im Durchschnitt des Lohnabrechnungszeitraumes garantiert ist - wovon auch die Beklagte ausgeht -, erhalten die Ausnahmeregelungen in § 17 Nr. 3 Abs. 3 und 4 MTV einen Sinn. Liegen die persönlichen Voraussetzungen für die Akkordarbeit nicht vor, so besteht ein Bedürfnis des Arbeitgebers zur Veränderung der Arbeitsbedingungen, um nicht ständig den Akkordrichtsatz als garantierten Mindestlohn zahlen zu müsen. Deshalb ist tariflich vorgesehen, daß der Arbeitgeber im Zusammenwirken mit dem Betriebsrat Maßnahmen ergreifen kann, um dem Akkordarbeiter die nachgewiesenermaßen nicht tarifgemäße Akkordarbeit zu entziehen und ihm durch Zuweisung einer anderen Akkordarbeit oder einer Tätigkeit im Zeitlohn die Möglichkeit zu geben, einen tarifgemäßen Lohn zu verdienen. Das Bedürfnis, eine unter dem Akkordrichtsatz liegende Mindestvergütung vereinbaren zu können, besteht auch im Falle des offensichtlich minderleistungsfähigen oder erklärtermaßen minderleistungswilligen Akkordarbeiters (§ 17 Nr. 3 Abs. 4 MTV). Demgemäß eröffnet der Tarifvertrag dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat die Möglichkeit zu einer vom Tarifvertrag abweichenden, ungünstigeren Betriebsvereinbarung, die sonst schon nach § 87 Einleitungssatz BetrVG verschlossen wäre. Hätten die Tarifvertragsparteien auch für weitere Fälle, in denen keine Normalleistung erbracht wird, ein Abweichen vom Akkordrichtsatz zuungunsten des Arbeitnehmers gewollt, hätten sie dies entsprechend geregelt. Da die Klägerin nicht unter die Ausnahmetatbestände des § 17 Nr. 3 Abs. 3 und 4 MTV fällt, steht ihr Vergütung in Höhe des Akkordrichtsatzes zu. Welche Vergütung bei vorsätzlicher Leistungsverweigerung zu zahlen ist, bedarf hier keiner Entscheidung, da ein solcher Fall nicht vorliegt.
Wortlaut und tariflicher Gesamtzusammenhang führen vorliegend zu einer eindeutigen Auslegung der tariflichen Norm des § 17 Nr. 3 Abs. 2 MTV. Daher kommt es auf weitere Auslegungskriterien nicht mehr an (vgl. BAGE 46, 308, 313 f. = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung).
Soweit die Klägerin Zinsen aus höheren als den Nettobeträgen verlangt, ist die Klage unbegründet. Prozeß- und Verzugszinsen sollen dem Gläubiger einen Ausgleich dafür gewähren, daß der Schuldner einer Zahlungsverpflichtung nicht rechtzeitig nachkommt. Dann aber kann nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung der Zinsanspruch nur an den Geldbetrag anknüpfen, der durch Vollstreckung dem Gläubiger tatsächlich zufließen kann (vgl. BAGE 42, 244, 258 = AP Nr. 2 zu § 21 TVAL II). Bei der Vollstreckung aus einer Bruttoverurteilung kann der Arbeitgeber die Vollstreckung hinsichtlich der auf den Bruttobetrag entfallenden Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeträge dadurch abwenden, daß er dem Gerichtsvollzieher die Abführung dieser Beträge an die zuständigen Stellen belegt (vgl. § 775 Nr. 5 ZPO). Dann kann der Gerichtsvollzieher trotz der Verurteilung zur Zahlung des Bruttobetrages vom Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers nur den nach Abzug der abgeführten Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeträge verbliebenen Nettobetrag einziehen; nur dieser Betrag ist dann auch zu verzinsen.
Weist der Gläubiger dem Gerichtsvollzieher allerdings nicht die Zahlung von Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeträgen nach, dann ist bei der Vollstreckung davon auszugehen, daß die Nettovergütung der Bruttovergütung entspricht; in diesem Fall kann der Gerichtsvollzieher vom Gesamtbetrag die Zinsen berechnen und einziehen. Insoweit handelt es sich aber nicht um Zinsen aus einem Bruttobetrag, sondern aus einem dem Bruttobetrag entsprechenden Nettobetrag. Dem Arbeitgeber bleibt es dann überlassen, den Nachweis über die auf den Bruttobetrag entfallenden Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeträge zu führen und vom Arbeitnehmer die darauf entfallenden und vom Gerichtsvollzieher eingezogenen Zinsen zurückzufordern (BAG Urteil vom 13. Februar 1985 - 4 AZR 295/83 - AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Presse). Neue Gesichtspunkte, die den Senat zu einer Überprüfung oder Änderung seiner Rechtsprechung veranlassen könnten, hat die Klägerin nicht vorgetragen.
Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Dr. Neumann Dr. Peifer Dr. Etzel
Polcyn Dr. Kiefer
Fundstellen