Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Betriebsbedingte Kündigung bei Insolvenz eines Charterflugunternehmens
Leitsatz (redaktionell)
1. Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen gehört die Stilllegung des gesamten Betriebs durch den Arbeitgeber. Die bloße Einstellung der Produktion bedeutet allerdings noch keine Betriebsstilllegung. Abgeschlossen ist die Stilllegung dann, wenn die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer beendet sind.
2. Eine Stilllegungsabsicht des Arbeitgebers liegt nicht vor, wenn dieser beabsichtigt, seinen Betrieb zu veräußern. Die Veräußerung des Betriebs allein ist – wie sich aus der Wertung des § 613a BGB ergibt – keine Stilllegung, weil die Identität des Betriebs gewahrt bleibt und lediglich ein Betriebsinhaberwechsel stattfindet.
3. § 125 InsO kann nicht auf Vorgänge erstreckt werden, die sich nicht als Betriebsänderung darstellen und damit außerhalb des Anwendungsbereichs des § 111 BetrVG liegen.
Normenkette
BGB § 613a; KSchG § 1; InsO § 125
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Teilurteil vom 15.03.2006; Aktenzeichen 17 Sa 1246/05) |
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 04.10.2004; Aktenzeichen 15/12 Ca 511/04) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Teilurteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 15. März 2006 – 17 Sa 1246/05 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger und der Beklagte zu 1) streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Beklagten zu 1) sowie über Zahlungs- und Weiterbeschäftigungsansprüche.
Der Kläger arbeitete auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 6. September 1989 bei der Aero Lloyd Flugreisen GmbH & Co. Luftverkehrs KG (Aero Lloyd), der späteren Insolvenzschuldnerin, als Flugzeugführer.
Die Aero Lloyd war eine Charterfluggesellschaft, die 21 Passagierflugzeuge, darunter sechs eigene, betrieb. Nach Angaben des Beklagten zu 1) beschäftigte sie 203 Piloten, 455 Flugbegleiter und 453 Arbeitnehmer in den Bereichen Technik und Verwaltung. Auf Grund von Tarifverträgen gem. § 117 Abs. 2 BetrVG sind Personalvertretungen für die Bereiche “Cockpit” und “Kabine” entstanden. Für das Bodenpersonal besteht neben den örtlichen Betriebsräten ein Gesamtbetriebsrat “Boden”.
Am 15. Oktober 2003 teilte die Bayerische Landesbank als alleinige Kreditgeberin der Aero Lloyd mit, sie werde die Laufzeit der Betriebskredite nicht mehr verlängern. Die Aero Lloyd stellte beim Amtsgericht Bad Homburg Insolvenzantrag und informierte unverzüglich das Luftfahrtbundesamt (LBA). Dieses setzte durch Bescheid vom 16. Oktober 2003 die Betriebsgenehmigung für die Aero Lloyd bis auf weiteres aus und ordnete die sofortige Vollziehung dieses Bescheids an. Damit war die Aero Lloyd nicht mehr berechtigt, gewerbliche Flüge durchzuführen. Durch Beschluss vom 17. Oktober 2003 bestellte das Amtsgericht Bad Homburg den Beklagten zu 1) zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Er wurde Insolvenzverwalter, als das Amtsgericht durch Beschluss vom 17. Dezember 2003 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Aero Lloyd eröffnete.
Ebenfalls am 17. Dezember 2003 vereinbarte der Beklagte zu 1) einen Interessenausgleich und Sozialplan mit den Personalvertretungen Cockpit und Kabine sowie dem Gesamtbetriebsrat Boden. Als Anlage war eine von den Unterzeichnern der Betriebsvereinbarung paraphierte Namensliste beigefügt, auf der auch der Kläger aufgeführt war. Der Interessenausgleich lautet auszugsweise:
Ҥ 3
Liste der Mitarbeiter, die betriebsbedingt entlassen werden
Der IV und die Gremien sind sich einig, dass es für den Erhalt eines möglichst großen Teils von Arbeitsplätzen und zur Vermeidung einer sofortigen Stilllegung des gesamten Betriebes notwendig ist, die Kostenstruktur des Unternehmens unter Berücksichtigung der vorläufigen Einstellung eines großen Teils des Flugbetriebes anzupassen. Dies ist nur mit erheblichen Eingriffen im Personalbereich möglich. Aus diesem Grunde ist es erforderlich, die in Anlage 1 aufgeführten Mitarbeiter aus betriebsbedingten Gründen zu entlassen. …
§ 4
Auswahl und Aufrechterhaltung von Unternehmensteilen
(1) Die Auswahl der vorbenannten Mitarbeiter ist unter Berücksichtigung der sozialen Kriterien (Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung entsprechend § 125 InsO) und der betrieblichen Belange erfolgt. Die Auswahl ist nach Absprache und im Einvernehmen mit den Gremien getroffen worden.
(2) Erklärtes Ziel war hierbei, die Aufrechterhaltung eines Teils des Unternehmens zu ermöglichen und somit wenigstens einen Teil der Arbeitsplätze vorerst zu erhalten.
(3) Die Gremien sind darüber informiert, dass die Weiterführung des Unternehmens nicht auf Dauer durch den Insolvenzverwalter erfolgen kann. Es ist beabsichtigt, gemeinsam mit dem Investor eine neue Fluggesellschaft zu gründen, die jedoch frühestens gegen Ende des ersten Quartals 2004 ins Leben gerufen werden kann. Die mit dem vorliegenden Interessenausgleich geplanten Maßnahmen sind jedoch unabhängig hiervon erforderlich.
§ 5
Liste der Mitarbeiter, die Unternehmensteile fortführen
Es wird vereinbart, dass die in Anlage 2 aufgeführten Mitarbeiter aus der Technikabteilung sowie aus sonstigen Bereichen zunächst auch über den 31.12.2003 hinaus von der Schuldnerin im Rahmen der bestehenden Arbeitsverträge beschäftigt werden, um Überprüfungen und auch Flugvorbereitungen sowie Werkstattflüge in technischer Hinsicht für die noch in der Insolvenzmasse befindliche Flotte sowie die erforderlichen Rest- und Abwicklungsarbeiten in der Verwaltung durchzuführen.
Auch diesen Mitarbeitern wird nach Beendigung der erforderlichen Arbeiten wegen der Betriebsstilllegung eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen werden.
§ 6
Anhörungen
Die Gremien werden mit Abschluss dieses Interessenausgleichs zu den beabsichtigten Kündigungen der in Anlage 1 zu § 3 dieses Vertrages namentlich aufgeführten Mitarbeiter gemäß § 102 BetrVG angehört. Es besteht Einigkeit darüber, dass die Namenslisten der betroffenen Mitarbeiter den Gremien am heutigen Tage mit den Sozialdaten übergeben wurden und die Gremien umfassend hinsichtlich der Kündigungsgründe unterrichtet wurden.
§ 7
Kündigungen
Die Kündigungen werden unmittelbar nach Ablauf der Wochenfrist des § 102 Abs. 2 BetrVG ausgesprochen, …
§ 9
Betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit
(1) Sämtliche von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer der § 3 und § 5, die im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung Anspruch auf Insolvenzgeld in Deutschland haben oder in Mutterschutz bzw. Elternzeit sind, erhalten, sofern sie sich mit dem Insolvenzverwalter einvernehmlich über die Abwicklung des Arbeitsvertrages einigen, das Angebot in ein grundsätzlich zwölf Monate befristetes Arbeitsverhältnis mit einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit (BeE) einzutreten. Als einvernehmlich wird eine Einigung dann betrachtet, wenn der Arbeitnehmer die Abwicklungsvereinbarung gemäß (2) a) innerhalb der Frist in (2) b) unterzeichnet und diese dem Insolvenzverwalter zugeht.
(2) Im Einzelnen wird zur BeE folgendes vereinbart
a) Abwicklungsvereinbarung
In der Anlage 3 befindet sich ein Muster der Abwicklungsvereinbarung. Änderungen zum Muster der Abwicklungsvereinbarung bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Gremien.
Die Beendigung der Arbeitsverhältnisse gemäß § 3 mit der Schuldnerin erfolgt grundsätzlich zum 16.12.2003. Bei Beendigung der Rest- und Aufräumarbeiten erfolgt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum nächstmöglichen Termin.
…
b) Angebot auf Abschluss eines Vertrages mit dem Träger der BeE.
Das Angebot in die BeE einzutreten ist für die in § 3 Anlage 1 aufgeführten Arbeitnehmer befristet bis zum 9.1.2004.
Der Musterarbeitsvertrag mit der BeE ist in Anlage 4 aufgeführt.
…
c) Rahmenbedingungen der BeE
i. Träger der BeE ist die Personalbetreuung J… GmbH …
§ 16
Inkrafttreten und Schlussvorschriften
Der Interessenausgleich und Sozialplan tritt mit Unterzeichnung in Kraft, vorbehaltlich der Zustimmung des vorläufigen Gläubigerausschusses. Änderungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform.
Die Frist zur Anhörung gemäß § 102 BetrVG beginnt mit der Unterzeichnung dieser Vereinbarung.”
Mit Schreiben vom 25. Dezember 2003 kündigte der Beklagte zu 1) das Arbeitsverhältnis zum 31. März 2004. Auch den anderen in der Namensliste aufgeführten Flugzeugführern wurde zu diesem Zeitpunkt gekündigt. Mit Schreiben vom 23. Januar 2004, bei der Arbeitsverwaltung am 26. Januar 2004 eingegangen, zeigte der Beklagte zu 1) die Massenentlassung dem Arbeitsamt Frankfurt am Main an.
Am 27. Januar 2006 wurde das Insolvenzverfahren gegen die Aero Flight eröffnet und Rechtsanwalt H… zum Insolvenzverwalter bestellt.
Der Kläger behauptet, das Kündigungsschreiben des Beklagten zu 1) vom 25. Dezember 2003 erst am 5. Januar 2004 erhalten zu haben. Die Kündigung sei auch sozial nicht gerechtfertigt. Auf den Interessenausgleich und die Namensliste könne sich der Beklagte zu 1) nicht berufen, da diese formfehlerhaft zustande gekommen und daher unwirksam seien. Darüber hinaus sei die soziale Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer grob fehlerhaft erfolgt. Vor allem aber sei die im Interessenausgleich behandelte Betriebsstilllegung tatsächlich nicht erfolgt. Sie sei auch wirtschaftlich nicht notwendig gewesen, wie sich sowohl aus einem Gutachten des Beklagten zu 1) vom 14. Dezember 2003 als auch aus einem späteren Gutachten eines Sonderinsolvenzverwalters ergebe. Statt pflichtgemäß einen Vergleich anzustreben, habe der Beklagte zu 1) im Zusammenwirken mit der Bayerischen Landesbank eine Sanierung der Aero Lloyd hintertrieben. Abgesehen von dem ganz oder teilweise aufrechterhaltenen Flugbetrieb in den USA und Österreich sei von vornherein beabsichtigt gewesen, die zur Fortführung des Flugbetriebs erforderlichen sachlichen Betriebsmittel auf die Aero Flight zu übertragen. Die Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs sollten durch Zwischenschaltung einer Beschäftigungsgesellschaft vermieden werden, aus der sich die Aero Flight dann ihre künftig benötigte Belegschaft habe auswählen sollen. Tatsächlich habe die Aero Flight ihren Betrieb in den Räumlichkeiten und mit den sächlichen Betriebsmitteln der Aero Lloyd aufgenommen. Sie fliege in reduziertem Umfang dieselben Strecken und habe die Kundenbeziehungen übernommen, was zu einer nahezu identischen Zusammenarbeit mit den Reiseunternehmen geführt habe. Die Aero Flight, deren Gesellschafter schon an der Aero Lloyd beteiligt gewesen seien, bemühe sich auch um die Wiederbelebung der alten Geschäftsbeziehungen und um einen möglichst ähnlichen Außenauftritt. Zum Zweck einer raschen Flugbetriebsgenehmigung durch das LBA habe die Aero Flight Arbeitnehmer der insolventen Aero Lloyd mit Kernkompetenzen für den Flugbetrieb eingestellt, so die Flugbetriebsleiter, den Trainingsleiter und mehrere Checkkapitäne. Wegen der tatsächlich nicht erfolgten Betriebsstilllegung sei auch die Anhörung der Personalvertretungen fehlerhaft. Darüber hinaus sei die Kündigung wegen eines Betriebsübergangs auf die Aero Flight ausgesprochen worden und die Anzeige der Massenentlassung sei fehlerhaft erfolgt.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten zu 1) durch die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 25. Dezember 2003 nicht zum 31. März 2004 beendet worden ist;
2. festzustellen, dass seit April 2004 zwischen ihm und der Schuldnerin zu 2) ein Arbeitsverhältnis besteht;
hilfsweise für den Fall des Unterliegens gegenüber der Schuldnerin zu 2)
3. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen als Flugzeugführer bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen;
4. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten zu 1) auch nicht auf Grund anderer Beendigungstatbestände enden werde, sondern fortbesteht;
5. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 55.130,28 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 9.188,38 Euro vom 1. Mai bis 31. Mai 2004, aus 18.376,76 Euro vom 1. Juni bis 30. Juni 2004, aus 27.565,14 Euro vom 1. Juli bis 31. Juli 2004, aus 36.753,52 Euro vom 1. August bis 31. August 2004, aus 45.941,90 Euro vom 1. September bis 30. September 2004 und aus 55.130,28 Euro ab 1. Oktober 2004 zu zahlen.
Der Beklagte zu 1) hat beantragt, die Klage abzuweisen. Hilfsweise hat er weiter beantragt,
den Kläger zu verurteilen, ihm Auskunft über sämtliche in der Zeit vom 1. Januar 2004 bis 30. September 2004 erzielten Einkünfte aus selbständiger und unselbständiger Arbeit sowie öffentlich-rechtlichen Leistungen zu erteilen.
Er hat behauptet, das Kündigungsschreiben sei mittels Einwurfeinschreiben am 31. Dezember 2003 dem Kläger zugestellt worden. Der Interessenausgleich sei formwirksam zustande gekommen, seine Vermutungswirkung für die soziale Rechtfertigung der Kündigung sei nicht widerlegt worden. Insbesondere liege kein Betriebsübergang vor. Der Flugbetrieb der Aero Lloyd sei nach dem Entzug der Betriebserlaubnis stillgelegt worden. Die Notwendigkeit dafür habe er bereits als vorläufiger Insolvenzverwalter erkannt. Ab November 2003 seien Leasingverträge, auch über Flugzeuge, gekündigt und die geleasten Betriebsmittel an die Leasinggeber zurückgegeben worden. Niederlassungen auf verschiedenen Flughäfen seien geschlossen worden. Als erster Schritt der Stilllegung sei infolge der auf unbestimmte Dauer erfolgten Aussetzung der Flugbetriebsgenehmigung dem gesamten fliegenden Personal gekündigt worden. Zu Abwicklungszwecken auf Grund des bis Mitte Oktober 2003 noch durchgeführten Flugbetriebs habe er dem größten Teil der Verwaltungsmitarbeiter erst in einem zweiten Schritt kündigen können. Der Bereich Technik habe erst nach Rückkehr der in die USA unterverleasten Flugzeuge nach dem 30. April 2004 geschlossen werden können. Im Rahmen seiner Verwertungspflicht habe er einige Betriebsmittel an die Aero Flight verkauft oder vermietet. Jedoch habe diese keine Kundenbeziehungen übernommen. Dass es einem Gesellschafter der Aero Flight auf Grund der jahrelangen Geschäftsbeziehungen gelungen sei, die alten Verbindungen zu Reiseveranstaltern teilweise wieder zu aktivieren, sei davon unabhängig. Als Insolvenzverwalter einer Mitgesellschafterin habe er der Aero Flight einige andere Betriebsmittel zur Nutzung überlassen. Nur die beiden Flugbetriebsleiter seien direkt zur Aero Flight gewechselt. Die anderen vom Kläger genannten Arbeitnehmer seien in die J… GmbH eingetreten und hätten später nur zum Teil bei der Aero Flight die Arbeit aufgenommen. Es sei ihm als Insolvenzverwalter darauf angekommen, die Schaffung neuer Arbeitsplätze mit Mitteln der Insolvenzmasse zu unterstützen und so generell zu einer Besserung der Arbeitsmarktsituation für fliegendes Personal im Frankfurter Raum beizutragen. Das sei mit einer Betriebsfortführung oder einem Betriebsübergang auf die Aero Flight nicht zu verwechseln.
Das Arbeitsgericht hat die Klage weitgehend abgewiesen und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers (damals Kläger zu 8)) durch die Kündigung des Beklagten zu 1) nicht zum 31. März 2004, sondern erst zum 30. April 2004 beendet worden ist und den Kläger verurteilt, dem Beklagten zu 1) die hilfsweise widerklagend geltend gemachte Auskunft für den Monat April 2004 zu erteilen. Das Landesarbeitsgericht hat nach Beweisaufnahme über den Zeitpunkt des Zugangs des Kündigungsschreibens durch Teilurteil die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung des Beklagten zu 1) die Klage zur Gänze abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klageziel gegenüber dem Beklagten zu 1) weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die wirksame Kündigung vom 25. Dezember 2003 zum 31. März 2004 beendet wurde. Die Kündigung ist sozial gerechtfertigt (§ 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 InsO); andere Unwirksamkeitsgründe für die Kündigung bestehen nicht. Damit entfallen auch die geltend gemachten Zahlungs- und Weiterbeschäftigungsansprüche gegenüber dem Beklagten zu 1).
A. Das Landesarbeitsgericht hat die Abweisung der Kündigungsschutzklage im Wesentlichen wie folgt begründet:
I. Das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb der Schuldnerin entgegenstünden, werde gem. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO vermutet. Diese gesetzliche Vermutung habe der Kläger nicht widerlegen können.
1. In dem Interessenausgleich sei der Kläger namentlich bezeichnet. Es sei unerheblich, falls die Zusammenheftung von Interessenausgleich und Namensliste erst nach der Unterschriftsleistung erfolgt sei. Jede einzelne Seite von Interessenausgleich, Sozialplan und der Namensliste als Anlage 1 sei von allen Beteiligten, dh. dem Arbeitgeber und den Mitarbeitervertretern, paraphiert worden. Ein nachträglicher Austausch oder die Ergänzung der Namensliste seien nahezu ausgeschlossen. Auch sei es unschädlich, dass alle drei Mitarbeitervertretungen eine gemeinsame Vereinbarung geschlossen hätten. Damit hätten sich die Personalvertretungen jeweils nicht Vertretungsbefugnisse für andere Mitarbeitergruppen angemaßt.
2. Die getroffene Sozialauswahl sei auch nicht grob fehlerhaft iSv. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO. Im Rahmen der Sozialauswahl beschränke sich die Vergleichbarkeit wegen des Direktionsrechts auf Personen, die von Deutschland aus Flüge absolviert hätten. Diese hätten alle eine Kündigung erhalten, sodass eine fehlerhafte Sozialauswahl nicht in Betracht zu ziehen sei.
3. Dem Kläger sei es auch nicht gelungen, die Vermutung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO zu widerlegen, dass dringende betriebliche Erfordernisse seine Kündigung bedingt hätten. Der Beklagte zu 1) habe bereits im Oktober 2003 den Flugbetrieb der Aero Lloyd eingestellt, nachdem das LBA die Betriebsgenehmigung bis auf weiteres ausgesetzt und die sofortige Vollziehung dieses Bescheids angeordnet habe. Die Bemühungen des Beklagten zu 1) um die Aufhebung des Bescheids seien erfolglos verlaufen. Aus dem Inhalt des Interessenausgleichs wie aus den Verhandlungen dazu ergebe sich, dass sich der Beklagte zu 1) zur Stilllegung des Betriebs entschlossen habe. Der Flugbetrieb aus/nach Deutschland sei bereits Ende Oktober 2003 stillgelegt worden. Die Kunden der Aero Lloyd, überwiegend Reiseveranstalter, hätten zur Aufrechterhaltung ihres Geschäftsbetriebs Flüge bei anderen Gesellschaften gebucht. Der im Wesentlichen auf eine Reisesaison beschränkte Markt habe sich dadurch so strukturiert, dass die Aero Flight später neue Kunden oder alte Kunden neu habe werben müssen. Die vom Beklagten zu 1) geplante Maßnahme stelle jedenfalls eine Betriebseinschränkung in Form eines Personalabbaus dar, der bereits in der ersten Stufe 700 Arbeitnehmer betroffen habe.
II. Die Kündigung sei auch nicht wegen fehlerhafter Anhörung der Personalvertretung Cockpit nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG iVm. § 3 des Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 1 für das Cockpitpersonal unwirksam. Die ordnungsgemäße Einleitung des Anhörungsverfahrens sei erfolgt. Diese könne zulässigerweise mit dem Abschluss eines Interessenausgleichs verbunden werden. Nach § 6 des Interessenausgleichs hätten die Betriebsparteien diesen Weg gewählt.
III. Die Kündigung sei auch nicht nach §§ 17 ff. KSchG wegen einer fehlerhaften Massenentlassungsanzeige unwirksam. Aus Gründen des Vertrauensschutzes könne die Auffassung des EuGH, die er in seiner Entscheidung vom 27. Januar 2005 entwickelt habe, nicht auf die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 25. Dezember 2003 angewendet werden.
IV. Unter Zugrundelegung der Kündigungsfrist des § 113 Satz 2 InsO hat das Landesarbeitsgericht das Ende des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien mit Ablauf des 31. März 2004 festgestellt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass das Kündigungsschreiben am Silvestertag 2003 in den Hausbriefkasten des Klägers eingeworfen worden sei. Damit sei die Kündigung so in seinen Machtbereich gelangt, dass er von ihr noch am selben Tag habe Kenntnis nehmen können.
B. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
I. Die Kündigung des Beklagten zu 1) ist durch dringende betriebliche Gründe bedingt und daher sozial gerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG).
1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Sozialwidrigkeit einer Kündigung ist in der Revisionsinstanz nur beschränkt nachprüfbar. Bei der Frage der Sozialwidrigkeit einer Kündigung (§ 1 Abs. 2 KSchG) handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden kann, ob das angefochtene Urteil den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es bei der gebotenen Interessenabwägung, bei der dem Tatsachenrichter ein Beurteilungsspielraum zusteht, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob es in sich widerspruchsfrei ist (BAG 22. März 2001 – 8 AZR 565/00 – AP GG Art. 101 Nr. 59, zu B II 2a der Gründe; 10. Oktober 1996 – 2 AZR 477/95 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 87).
2. Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen gehört die Stilllegung des gesamten Betriebs durch den Arbeitgeber. Die bloße Einstellung der Produktion bedeutet allerdings noch keine Betriebsstilllegung (BAG 12. Februar 1987 – 2 AZR 247/86 – AP BGB § 613a Nr. 67 = EzA BGB § 613a Nr. 64, zu II 1a der Gründe). Unter Betriebsstilllegung ist vielmehr die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und zugleich ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszwecks dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen. Der Arbeitgeber muss endgültig entschlossen sein, den Betrieb stillzulegen (vgl. BAG 9. Februar 1994 – 2 AZR 666/93 – AP BGB § 613a Nr. 105 = EzA BGB § 613a Nr. 116). Demgemäß ist von einer Stilllegung auszugehen, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Mietverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen kann, veräußert oder zurückgibt und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt (BAG 22. Mai 1997 – 8 AZR 101/96 – BAGE 86, 20 = AP BGB § 613a Nr. 154 = EzA BGB § 613a Nr. 149).
3. Abgeschlossen ist die Stilllegung dann, wenn die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer beendet sind (BAG 29. März 1977 – 1 AZR 46/75 – BAGE 29, 114 = AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 11 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 27).
4. Der Arbeitgeber ist nicht gehalten eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Es kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht. Grundsätzlich brauchen betriebliche Gründe noch nicht tatsächlich eingetreten zu sein; es genügt vielmehr, wenn sie sich konkret und greifbar abzeichnen. Sie liegen dann vor, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung auf Grund einer vernünftigen, betriebswirtschaftlichen Betrachtung davon auszugehen ist, zum Zeitpunkt des Kündigungstermins sei mit einiger Sicherheit der Eintritt eines die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes gegeben (BAG 10. Oktober 1996 – 2 AZR 477/95 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 87; 22. Mai 1997 – 8 AZR 101/96 – BAGE 86, 20 = AP BGB § 613a Nr. 154 = EzA BGB § 613a Nr. 149).
5. Eine Stilllegungsabsicht des Arbeitgebers liegt nicht vor, wenn dieser beabsichtigt, seinen Betrieb zu veräußern. Die Veräußerung des Betriebs allein ist – wie sich aus der Wertung des § 613a BGB ergibt – keine Stilllegung, weil die Identität des Betriebs gewahrt bleibt und lediglich ein Betriebsinhaberwechsel stattfindet (BAG 9. Februar 1994 – 2 AZR 666/93 – AP BGB § 613a Nr. 105 = EzA BGB § 613a Nr. 116). Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich also systematisch aus (BAG 12. Februar 1987 – 2 AZR 247/86 – AP BGB § 613a Nr. 67 = EzA BGB § 613a Nr. 64). Eine vom Arbeitgeber mit Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn die geplante Maßnahme sich als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung darstellt, weil die für die Fortführung des Betriebs wesentlichen Gegenstände einem Dritten überlassen werden sollten, der Veräußerer diesen Vorgang aber rechtlich unzutreffend als Betriebsstilllegung bewertet (BAG 9. Februar 1994 – 2 AZR 666/93 – AP BGB § 613a Nr. 105 = EzA BGB § 613a Nr. 116). Zu prüfen ist nur, ob der vorgetragene Kündigungsgrund einer beabsichtigten Stilllegung die Kündigung sozial rechtfertigt (BAG 19. Mai 1988 – 2 AZR 596/87 – BAGE 59, 12 = AP BGB § 613a Nr. 75 = EzA BGB § 613a Nr. 82).
6. Beruft sich der Arbeitnehmer im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses darauf, der Betrieb sei von dem bisherigen Arbeitgeber nicht stillgelegt, sondern an einen neuen Inhaber übertragen und aus diesem Grund sei ihm gekündigt worden, so hat der Arbeitgeber die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen; es ist seine Aufgabe vorzutragen und nachzuweisen, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Fehlt es daran, ist der Kündigungsschutzklage stattzugeben, ohne dass es der Feststellung bedarf, dass der tragende Beweggrund für die Kündigung ein Betriebsübergang ist (BAG 5. Dezember 1985 – 2 AZR 3/85 – AP BGB § 613a Nr. 47 = EzA BGB § 613a Nr. 50, zu B II 2a der Gründe). An der Verteilung dieser Darlegungs- und Beweislast ändert sich durch § 125 InsO nichts. Die in § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO enthaltene Vermutung der sozialen Rechtfertigung kommt nur zum Tragen, wenn der Insolvenzverwalter eine Betriebsänderung und die Existenz des Interessenausgleichs mit Namensliste darlegt und ggf. beweist (BAG 7. Mai 1998 – 2 AZR 536/97 – BAGE 88, 363 = AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 94 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 5; KR-Weigand 7. Aufl. § 125 InsO Rn. 19).
7. § 125 InsO kann nicht auf Vorgänge erstreckt werden, die sich nicht als Betriebsänderung darstellen und damit außerhalb des Anwendungsbereichs des § 111 BetrVG liegen (Kübler/Prütting/Moll InsO Stand März 2007 § 125 Rn. 28). Daher kommt es auch im Rahmen des § 125 InsO zunächst darauf an, inwieweit eine Stilllegung des Betriebs und nicht eine Betriebsveräußerung geplant war. Ein Betriebsübergang gem. § 613a BGB stellt nämlich keine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG dar (BAG 16. Mai 2002 – 8 AZR 319/01 – AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210; 17. März 1987 – 1 ABR 47/85 – AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 18 = EzA BetrVG 1972 § 111 Nr. 19, zu B I 2 der Gründe mwN).
II. Nach diesen Grundsätzen ist die Kündigung wirksam; der Darlegungslast für die Vermutungsbasis des § 125 InsO ist der Beklagte zu 1) nachgekommen.
1. Der Interessenausgleich ist unter Beachtung der maßgeblichen Formvorschriften von § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG in Verb. mit §§ 125, 126 BGB vereinbart worden. Dem steht nicht entgegen, dass der Interessenausgleich nicht selbst die Namensliste enthalten hat, sondern diese ihm als paraphierte Anlage 1 beigefügt war. Nach § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist ein Interessenausgleich über eine geplante Betriebsänderung schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und vom Betriebsrat zu unterschreiben. Auf dieses gesetzliche Schriftformerfordernis sind die §§ 125, 126 BGB anwendbar. Die Schriftform wird nicht verletzt, wenn die Namensliste nicht im Interessenausgleich selbst, sondern in einer Anlage enthalten ist, solange beide eine Urkunde bilden (BAG 6. Juli 2006 – 2 AZR 520/05 – AP KSchG 1969 § 1 Nr. 80 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 68; 7. Mai 1998 – 2 AZR 55/98 – BAGE 88, 375 = AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 6). Wird die Namensliste getrennt vom Interessenausgleich erstellt, reicht es aus, wenn die Haupturkunde unterschrieben ist, in ihr auf die nicht unterschriebene Anlage ausdrücklich Bezug genommen wird und Haupturkunde und nachfolgende Anlage mittels Heftmaschine körperlich derart zu einer einheitlichen Urkunde verbunden sind, dass eine Lösung nur durch Gewaltanwendung möglich ist (BAG 7. Mai 1998 – 2 AZR 55/98 – aaO).
a) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass bereits am 17. Dezember 2003 bei der Unterzeichnung durch die Betriebsparteien eine feste Verbindung zwischen dem Interessenausgleich und der Namensliste vorlag. Die gegen die Beweiswürdigung der Aussage der erstinstanzlich vernommenen Zeugin durch das Landesarbeitsgericht erhobenen Rügen sind unbegründet.
b) Eine vom Berufungsgericht gem. § 286 Abs. 1 ZPO vorgenommene Würdigung ist nur beschränkt daraufhin überprüfbar, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (BAG 12. April 2002 – 2 AZR 148/01 – BAGE 101, 39 = AP KSchG 1969 § 1 Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 49). Dabei ist erforderlich, dass im Urteil Gründe angegeben werden, die für die gerichtliche Überzeugung leitend gewesen sind, was auch die Auseinandersetzung mit erheblichen Einwänden der Prozessparteien, etwa erhobenen Beweiseinreden, erfordert (BAG 25. Februar 1998 – 2 AZR 327/97 –).
c) Diesem Prüfungsmaßstab hält die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Würdigung der Aussage der erstinstanzlich vernommenen Zeugin stand. Sie ist rechtlich möglich, lässt keine Widersprüche erkennen und auch keine im Übrigen beachtlichen Rechtsfehler. Das Landesarbeitsgericht war nicht verpflichtet, gem. § 398 Abs. 1 ZPO die Beweisaufnahme zu wiederholen. Es steht grundsätzlich im Ermessen des Berufungsgerichts, ob es die im ersten Rechtszug gehörten Zeugen nochmals vernimmt oder sich mit der Verwertung der protokollierten erstinstanzlich gemachten Aussagen begnügt. Das Ermessen ist dann gebunden, wenn das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit eines Zeugen anders als die Richter erster Instanz beurteilt (BAG 17. Juni 2003 – 2 AZR 123/02 – AP ZPO 1977 § 543 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 4; 26. September 1989 – 3 AZR 375/89 – AP ZPO § 398 Nr. 3 = EzA ZPO § 398 Nr. 2). Das Landesarbeitsgericht hat sich der Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts angeschlossen und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für eine Wiederholung der Beweisaufnahme keine Veranlassung bestand und damit das ihm zustehende Ermessen ausgeübt.
d) Soweit der Kläger mit der Revision anführt, die angeklammerte Namensliste sei wieder geöffnet und zu einem späteren Zeitpunkt erneut zusammengeheftet worden, greift er die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts mit neuem Tatsachenvortrag an. Hierzu bedarf es einer ordnungsgemäß erhobenen Verfahrensrüge, die § 551 Abs. 3 ZPO genügen muss (Müller-Glöge in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 5. Aufl. § 75 Rn. 19a). Daran fehlt es.
e) Im Übrigen ist auch die Hilfsüberlegung des Berufungsgerichts, selbst eine spätere Verbindung von Namensliste und Interessenausgleich sei unschädlich, weil wegen der durchgehenden Paraphierung aller Seiten ein Austausch einzelner Seiten nahezu ausgeschlossen sei, rechtlich nicht zu beanstanden.
2. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht weiter erkannt, dass der Interessenausgleich auch nicht wegen Überschreitung der Regelungskompetenz der jeweils beteiligten Arbeitnehmervertretungen unwirksam ist.
a) Der Abschluss des Interessenausgleichs in einer einheitlichen Vereinbarung durch den Beklagten zu 1) auf der einen und die drei Arbeitnehmervertretungen auf der anderen Seite ist entgegen der Ansicht der Revision nicht zwingend mit der Wahrnehmung von Beteiligungsrechten durch ein unzuständiges Vertretungsorgan verbunden. Zwar sieht § 112 Abs. 1 BetrVG nur den Unternehmer und den “Betriebsrat” als Parteien des Interessenausgleichs vor. Dies schließt jedoch den Abschluss einer sog. mehrgliedrigen Vereinbarung nicht aus, so lange an ihr betriebsverfassungsrechtliche Organe beteiligt sind, die grundsätzlich zum Abschluss eines solchen Interessenausgleichs befugt sind.
b) Ein mehrgliedriger Tarifvertrag, bei dem auf einer oder beiden Seiten mehrere Tarifvertragsparteien auftreten, ist im Bereich des Tarifvertragsrechts zulässig (BAG 29. Juni 2004 – 1 AZR 143/03 – AP TVG § 1 Nr. 36 = EzA TVG § 1 Nr. 46; 10. November 1993 – 4 AZR 184/93 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 43 = EzA TVG § 4 Einzelhandel Nr. 25; Däubler/Reim TVG 2. Aufl. § 1 Rn. 73 ff.). Durch Auslegung ist dann zu ermitteln, ob ein einheitliches Tarifwerk oder mehrere selbständige Tarifverträge vorliegen. Im Zweifel ist von voneinander unabhängigen Tarifverträgen auszugehen, da nicht anzunehmen ist, dass eine Tarifvertragspartei mit dem Vertragsschluss auf die autonome Ausübung ihrer eigenen tarifvertraglichen Gestaltungsrechte verzichten wollte.
Diese Grundsätze gelten auch für mehrgliedrige betriebsverfassungsrechtliche Vereinbarungen, soweit auf Arbeitnehmerseite mehrere Interessenvertretungen zulässig sind (vgl. Kreutz GK-BetrVG 8. Aufl. § 77 Rn. 39 ff. zu den Sprecherausschüssen). § 117 Abs. 2 Satz 1 BetrVG erlaubt, für die im Flugbetrieb beschäftigten Arbeitnehmer von Luftfahrtunternehmen durch Tarifvertrag eine eigene Vertretung neben den betriebsverfassungsrechtlichen Gremien der Landbetriebe zu errichten. Das ist vorliegend durch den Tarifvertrag Personalvertretung Nr. 1 für das Cockpitpersonal vom 11. September 2002 geschehen. Die Personalvertretung Cockpit war daher regelungsbefugt. Die für das Cockpitpersonal geltenden Normen des Interessenausgleichs konnten in einem einheitlichen Regelungswerk zusammen mit den Bestimmungen des Kabinen- und Bodenpersonals vereinbart werden. Es ist nicht erkennbar, dass eines der beteiligten Gremien dabei seine Regelungsmacht überschritten hätte.
c) Der Vermutungswirkung des § 125 Abs. 1 InsO steht nicht entgegen, dass der vorliegende Interessenausgleich iSd. § 112 BetrVG von einer nach § 117 Abs. 2 BetrVG gebildeten besonderen betriebsverfassungsrechtlichen Vertretung vereinbart wurde. Die Personalvertretung Cockpit ist ein “Betriebsrat” iSd. § 125 Abs. 1 InsO. § 125 InsO soll während des Insolvenzverfahrens die zügige Durchführung von Betriebsänderungen ohne langwierige Kündigungsrechtsstreitigkeiten gewährleisten (BTDrucks. 12/2443 S. 149). Um die damit verbundene Einschränkung des individuellen Kündigungsschutzes auszugleichen, hat der Betriebsrat seine Verantwortung gegenüber den Arbeitnehmern wahrzunehmen, nur unvermeidbaren Entlassungen zuzustimmen und darauf zu achten, dass bei der Auswahl der ausscheidenden Arbeitnehmer soziale Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt werden. Diese Verantwortung trägt auch eine auf der Grundlage eines Tarifvertrags iSv. § 117 Abs. 2 BetrVG errichtete besondere betriebsverfassungsrechtliche Arbeitnehmervertretung. Nach § 3 des Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 1 für das Cockpitpersonal vom 11. September 2002 gilt für die Arbeit der Personalvertretung Cockpit das Betriebsverfassungsgesetz in seiner jeweils gültigen Fassung. Die §§ 111 ff. BetrVG sind von dieser umfassenden Verweisung auf das Betriebsverfassungsgesetz nicht ausgenommen. Daher ist auch die Personalvertretung Cockpit zum Abschluss eines Interessenausgleichs iSd. § 112 BetrVG ermächtigt (BAG 4. August 1983 – 2 AZR 40/82 –).
3. Gegenstand des Interessenausgleichs iSd. § 125 Abs. 1 InsO war eine im Zeitpunkt seines Abschlusses geplante Betriebsänderung.
a) Auf Grund der Aussetzung der Betriebsgenehmigung durch das LBA vom 16. Oktober 2003 wurde der Flugbetrieb der Aero Lloyd auf unbestimmte Zeit stillgelegt. Sodann wurden im November 2003 Leasingverträge über geleaste Flugzeuge gekündigt und Niederlassungen an verschiedenen Orten geschlossen. Da nach dem Vorbringen des Beklagten zu 1) verschiedene Versuche, den Betrieb ganz oder in Teilen zu retten, scheiterten, fasste er den Beschluss, ihn etappenweise stillzulegen und als erste Maßnahme dem gesamten fliegenden Personal zu kündigen. Dieser erste Schritt ist in § 3 des Interessenausgleichs in Verbindung mit seiner Anlage 1, der Namensliste, die alle im Flugbetrieb beschäftigten Arbeitnehmer erfasst, behandelt. § 5 des Interessenausgleichs bestimmt, dass auch die Mitarbeiter der Technik- und Verwaltungsabteilungen und der sonstigen Bereiche nach Abschluss ihrer jeweiligen Aufgabenstellungen wegen der Betriebsstilllegung eine betriebsbedingte Kündigung erhalten. Nach § 9 des Interessenausgleichs sollten sämtliche “von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer der § 3 und § 5” das Angebot eines auf zwölf Monate befristeten Arbeitsverhältnisses in einer Beschäftigungsgesellschaft (“BeE”) erhalten.
b) Damit regelt der Interessenausgleich als einheitliche unternehmerische Maßnahme eine beabsichtigte Stilllegung des ganzen Betriebs iSv. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG, der in mehreren Schritten vollzogen werden sollte. Auf diese, im Interessenausgleich behandelte Betriebsänderung bezieht sich die Vermutungswirkung des § 125 InsO. Die Möglichkeit, dass Betriebsrat und Arbeitgeber oder Insolvenzverwalter gemeinsam den Kündigungsschutz einzelner Beschäftigter reduzieren können, ist vom Wortlaut unmissverständlich auf die Fälle der Betriebsänderung nach § 111 BetrVG begrenzt. Daher kann § 125 InsO nicht auf Vorgänge erstreckt werden, die sich entweder nicht als Betriebsänderung darstellen und damit außerhalb des Anwendungsbereichs des § 111 BetrVG liegen oder die sich als eine andere als die im Interessenausgleich geregelte Betriebsänderung darstellen, aber nicht die Grundlage für die Vereinbarung der Betriebsparteien zur Einschränkung des individuellen Kündigungsschutzes waren (BAG 20. September 2006 – 6 AZR 249/05 – EzA BGB 2002 § 613a Nr. 62; 28. August 2003 – 2 AZR 377/02 – BAGE 107, 221 = AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 134 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 4; 16. Mai 2002 – 8 AZR 319/01 – AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210). Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts kann die Art der Betriebsänderung nicht dahingestellt bleiben. Eine Betriebseinschränkung durch bloßen Personalabbau, der den durch § 17 Abs. 1 KSchG festgelegten Umfang erreicht, ist durch den vorliegenden Interessenausgleich nicht behandelt.
4. Konkrete Tatsachen dafür, dass im Zeitpunkt des Abschlusses des Interessenausgleichs Verhandlungen über eine Betriebsveräußerung geführt wurden, sind nicht erkennbar.
a) Eine zum Zeitpunkt des Abschlusses des Interessenausgleichs geplante Betriebsveräußerung stünde einer Betriebsstilllegung als Grundlage für den Interessenausgleich entgegen. Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus, da eine Stilllegung den ernstlichen und endgültigen Entschluss des Unternehmers voraussetzt, die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufzuheben und die Verfolgung des bisherigen Betriebszwecks dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen (BAG 29. September 2005 – 8 AZR 647/04 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 139 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 140). Bei der Absicht einer Betriebsveräußerung liegt ein solcher Stilllegungsentschluss nicht vor, weil die Identität des Betriebs gewahrt bleiben und lediglich ein Betriebsinhaberwechsel stattfinden soll (BAG 16. Mai 2002 – 8 AZR 319/01 – AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210). Für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung fehlt es am endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in Verhandlungen über eine Betriebsveräußerung steht. Ist bei Zugang der Kündigung die Betriebsstilllegung endgültig geplant und bereits eingeleitet, hat sich jedoch der Arbeitgeber eine Betriebsveräußerung vorbehalten, die dann später doch noch gelingt, bleibt es bei der sozialen Rechtfertigung der Kündigung (BAG 29. September 2005 – 8 AZR 647/04 – aaO; 10. Oktober 1996 – 2 AZR 477/95 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 87; 19. Juni 1991 – 2 AZR 127/91 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 53 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 70). Nichts anderes gilt für die Vermutungswirkung des § 125 Abs. 1 InsO. Auch hier ist die Absicht einer Betriebsveräußerung mit dem Plan einer Betriebsstilllegung unvereinbar.
b) Dafür, dass der Beklagte zu 1) im Zeitpunkt des Abschlusses des Interessenausgleichs tatsächlich die Absicht einer Betriebsveräußerung hatte oder sogar gleichzeitig Verhandlungen hierzu führte, sind weder dem Vorbringen des Klägers noch dem sonstigen Akteninhalt Ansatzpunkte zu entnehmen. Auch die Revision räumt ein, noch im Zeitpunkt der Kündigung habe sich der Beklagte zu 1) diesbezüglich allenfalls in einem Stadium von Vorüberlegungen befunden. Eine Planung iSd. § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO habe nicht bestanden. Verhandlungen mit verschiedenen potentiellen Betriebserwerbern waren Ende November 2003 gescheitert. Ebenso blieben die Gespräche des Beklagten zu 1) mit dem LBA über die Aufhebung des Bescheids über die Aussetzung der Betriebsgenehmigung erfolglos. Nach dem Bescheid des LBA vom 16. Oktober 2003 war der Flugbetrieb am 17. Dezember 2003 schon längere Zeit eingestellt und eine konkrete Aussicht auf eine Wiederaufnahme bestand nicht. Es waren auch bereits Leasingverträge über Flugzeuge gekündigt oder beendet und mehrere Niederlassungen auf verschiedenen Flughäfen geschlossen worden. Die Kundschaft, dh. überwiegend die Reiseunternehmen, hatten sich zur Deckung ihrer eigenen Vertragspflichten an andere Luftfahrtunternehmen wenden müssen. Am 17. Dezember 2003 war dergestalt die Aero Lloyd aus dem bisher von ihr bedienten Sektor des Marktgeschehens ausgeschieden, was das Interesse potentieller Betriebserwerber reduzierte und den Entschluss des Beklagten zu 1), den Betrieb stillzulegen, nahelegte.
III. Die Vermutungswirkung nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO, die Kündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb entgegenstünden, bedingt, hat der Kläger nicht widerlegt.
1. Stellt das Gesetz – hier § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO – die Vermutung auf, die Kündigung sei betriebsbedingt, so ist nach § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG in Verb. mit § 292 ZPO der Beweis des Gegenteils zulässig. Es ist substantiierter Tatsachenvortrag erforderlich, der den gesetzlich vermuteten Umstand nicht nur in Zweifel zieht, sondern ausschließt (BAG 22. Januar 2004 – 2 AZR 111/02 – AP BetrVG 1972 § 112 Namensliste Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 11, zu § 1 Abs. 5 KSchG idF vom 25. September 1996). Es genügt nicht, wenn der Arbeitnehmer das Vorbringen des Insolvenzverwalters nur erschüttert, vielmehr muss er hinsichtlich der gesetzlichen Vermutung den Gegenbeweis erbringen, wobei verbleibende Zweifel zu seinen Lasten gehen (Uhlenbruck/Berscheid InsO 12. Aufl. § 125 Rn. 37).
2. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass der Kläger nicht schlüssig vorgetragen hat, dass die dem Interessenausgleich zugrunde liegende geplante Betriebsstilllegung im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs nicht deshalb zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit führen konnte, weil zu diesem Zeitpunkt ein Betriebsübergang bereits feststand oder zumindest greifbare Formen angenommen hatte. Einen solchen Betriebsübergang hat der Kläger weder bezogen auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Interessenausgleichs noch auf den Zeitpunkt des Kündigungszugangs vorgetragen. Dabei kann es dahinstehen, ob eine später durchgeführte Betriebsübertragung eine wesentliche Änderung der Sachlage iSd. § 125 Abs. 1 Satz 2 InsO darstellt, die die Vermutungswirkung des § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO außer Kraft setzen würde. Denn dem Übergang des Gesamtbetriebs oder auch nur eines Teilbetriebs von der Aero Lloyd auf die Aero Flight hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei nicht feststellen können.
Zwar hat der Kläger eine Reihe von Tatsachen angeführt, die häufig einen Betriebsübergang begleiten oder Indiz für einen solchen darstellen können (Namensähnlichkeit, partielle Gesellschafteridentität, Auftreten in dem gleichen Marktsegment). Jedoch scheitert die Annahme eines Gesamtbetriebsübergangs bereits an der unstreitigen Tatsache, dass die Aero Flight die ehemaligen Technikabteilungen der Aero Lloyd nicht übernommen hat, sondern die Technikleistungen bei einer dritten Gesellschaft, der A… GmbH einkauft. Auch zum Übergang des Verwaltungsbereichs wird nicht vorgetragen. Zum Bereich des Flugbetriebs aus/nach Deutschland hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass die Aero Flight auf Grund eigener Leasingverträge lediglich drei Flugzeuge einsetzt. Diese waren allerdings früher von der Aero Lloyd geleast worden. Selbst wenn man insoweit von einem rechtsgeschäftlichen Übergang von Betriebsmitteln ausginge, bedürfte es angesichts der erheblichen Reduzierung der Flugzeugflotte (bei der Aero Lloyd waren 21 Flugzeuge im Einsatz) näherer Angaben zum Erhalt der Identität der wirtschaftlichen Einheit eines Teilbetriebs. Vor allem war bei Aufnahme der Geschäftstätigkeit der Aero Flight der Flugbetrieb der Aero Lloyd schon ca. fünf Monate stillgelegt. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Kunden der Aero Lloyd, überwiegend Reiseveranstalter, anderweitig Flüge buchen mussten und die Aero Flight bei Markteintritt die Kunden neu werben musste. Nach fünfmonatiger Betriebsunterbrechung und Wegfall der wesentlichen Kundenbeziehungen kann jedoch der Übergang einer funktionsfähigen wirtschaftlichen Einheit in diesem Bereich nicht mehr angenommen werden.
3. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht weiter erkannt, dass die Kündigung nicht wegen fehlerhafter sozialer Auswahl der nach der Namensliste zu kündigenden Arbeitnehmer sozial ungerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist.
a) Die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl einer Kündigung ist in der Revisionsinstanz nur beschränkt überprüfbar. Bei der Frage der Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte im Rahmen der sozialen Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden kann, ob das angefochtene Urteil den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es wesentliche Umstände berücksichtigt hat und ob es in sich widerspruchsfrei ist (BAG 28. August 2003 – 2 AZR 368/02 – AP InsO § 125 Nr. 1 = EzA InsO § 125 Nr. 1).
b) Diesem revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab hält die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung stand. Der Kläger war in der Namensliste des Interessenausgleichs vom 17. Dezember 2003 namentlich benannt. Daher kann die soziale Auswahl nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO nur auf grobe Fehler überprüft werden. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend seiner Prüfung das Kriterium der Vergleichbarkeit von Arbeitnehmern im Rahmen des § 1 Abs. 3 KSchG zugrunde gelegt. Es hat festgestellt, dass dem Kläger der Einsatz als Flugzeugführer in den USA oder bei der österreichischen Fluggesellschaft im Wege des Direktionsrechts nicht hätte zugewiesen werden können und er daher nicht mit den dort tatsächlich eingesetzten Arbeitnehmern vergleichbar war. Entgegen der Auffassung der Revision hätte der Beklagte zu 1) den Kläger nicht zum Einsatz in Österreich im Wege seines Direktionsrechts anweisen können. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfolgte der Einsatz der Flugzeugführer im Wege einer Arbeitnehmerüberlassung an ein Drittunternehmen, zunächst an die Aero Lloyd Austria Luftfahrt GmbH und später an die NL Luftfahrt GmbH. Eine solche Überlassung an ein Drittunternehmen kann wegen § 613 Satz 2 BGB nicht durch Weisung erfolgen. Sie bedarf einer besonderen Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien (ErfK/Wank 7. Aufl. § 1 AÜG Rn. 32).
4. Die Kündigung ist auch nicht gemäß § 613a Abs. 4 BGB unwirksam.
Dabei ist ausschließlich auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs abzustellen. Ein bevorstehender Betriebsübergang kann nur dann zur Unwirksamkeit einer Kündigung nach § 613a Abs. 4 BGB führen, wenn die den Betriebsübergang ausmachenden Tatsachen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits feststehen oder zumindest greifbare Formen angenommen haben (BAG 16. Mai 2002 – 8 AZR 319/01 – AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210). Davon ist, wie ausgeführt, nach den Darlegungen des Klägers nicht auszugehen.
IV. Die Kündigung ist auch nicht wegen fehlerhafter Anhörung der Personalvertretung Cockpit nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG in Verb. mit § 3 des Tarifvertrages Personalvertretung Nr. 1 für das Cockpitpersonal unwirksam.
1. Nach § 102 Abs. 1 BetrVG war die Personalvertretung Cockpit vor jeder, also auch vor der Kündigung des Klägers zu hören. Nach dem Grundsatz der “subjektiven Determinierung” hat der Arbeitgeber den aus seiner Sicht maßgeblichen Kündigungssachverhalt mitzuteilen (BAG 6. Juli 2006 – 2 AZR 520/05 – AP KSchG 1969 § 1 Nr. 80 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 68; 24. Februar 2000 – 8 AZR 180/99 – AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 7 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 7). Dabei ist der Arbeitgeber auch bei Vorliegen eines Interessenausgleichs mit Namensliste nicht von der Pflicht zur Anhörung des Betriebsrats entbunden, die Anhörung unterliegt auch keinen erleichterten Anforderungen (BAG 28. August 2003 – 2 AZR 377/02 – BAGE 107, 221 = AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 134 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 4). Das Verfahren nach § 102 BetrVG kann jedoch mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich verbunden werden.
2. Aus § 6 des Interessenausgleichs vom 17. Dezember 2003 geht hervor, dass die Betriebsparteien von letzterer Möglichkeit vorliegend Gebrauch gemacht haben. Beide Vorinstanzen haben ausführlich und von der Revision insoweit nicht in Frage gestellt erläutert, dass sich schon aus dem Inhalt des Interessenausgleichs ergebe, dass der Beklagte zu 1) als Insolvenzverwalter eine Fortführung des Flugbetriebs nicht beabsichtige und eine Betriebsstilllegung durchführen wolle, wobei in einem ersten Schritt dem gesamten fliegenden Personal Kündigungen ausgesprochen werden sollten. Dementsprechend war dies auch Gegenstand der Anhörung der Personalvertretung Cockpit, darauf stützt der Beklagte zu 1) auch die Kündigung gegenüber dem Kläger.
Im Gegensatz zur Auffassung der Revision kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob der Beklagte zu 1) als Insolvenzverwalter möglicherweise eine Alternative zur getroffenen Stilllegungsentscheidung hatte und ob er diese womöglich pflichtwidrig nicht gewählt hat. Der Arbeitgeber, hier also der Beklagte zu 1) als Insolvenzverwalter, muss die Anhörung zu der von ihm getroffenen Entscheidung durchführen, auf die dann auch die Kündigung zu stützen ist, selbst wenn diese sachlich angreifbar oder falsch sein sollte.
V. Die streitige Kündigung ist schließlich auch nicht wegen Verstoßes des Beklagten zu 1) gegen die Pflichten aus § 17 KSchG rechtsunwirksam.
1. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass der Beklagte zu 1) Ende Dezember 2003 etwa 700 Arbeitnehmern gekündigt hat. Damit war nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSchG die Entlassung anzuzeigen. “Entlassung” iSd. § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist im Anschluss an die sog. Junk-Entscheidung des EuGH (27. Januar 2005 – C-188/03 – EuGHE I 2005, 885, 903 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 18 = EzA KSchG § 17 Nr. 13) der Kündigungsausspruch (BAG 23. März 2006 – 2 AZR 343/05 – AP KSchG 1969 § 17 Nr. 21 = EzA KSchG § 17 Nr. 16).
2. Der Beklagte zu 1) hat die Anzeige der Massenentlassung gegenüber dem Arbeitsamt Frankfurt am Main erst mit Schreiben vom 23. Januar 2004, eingegangen am 26. Januar 2004, mithin nach Ausspruch der Kündigung, erstattet. Da aber bei Kündigungsausspruch am 25. Dezember 2003 eine Änderung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Sinne einer richtlinienkonformen Auslegung der nationalen gesetzlichen Regelungen nicht zu erwarten war, kann sich der Beklagte zu 1) auch auf den bei einer Rechtsprechungsänderung zu beachtenden Vertrauensschutz berufen (BAG 23. März 2006 – 2 AZR 343/05 – AP KSchG 1969 § 17 Nr. 21 = EzA KSchG § 17 Nr. 16; 21. September 2006 – 2 AZR 284/06 –; 20. September 2006 – 6 AZR 249/05 – EzA BGB 2002 § 613a Nr. 62).
VI. Schließlich hat das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler den Zugang des Kündigungsschreibens beim Kläger am 31. Dezember 2003 und das Ende des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien mit Ablauf des 31. März 2004 festgestellt.
1. Eine vom Berufungsgericht gem. § 286 Abs. 1 ZPO vorgenommene Würdigung ist nur beschränkt daraufhin überprüfbar, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (BAG 12. April 2002 – 2 AZR 148/01 – BAGE 101, 39 = AP KSchG 1969 § 1 Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 49).
2. Nach diesem, aber auch nach einem strengeren Prüfungsmaßstab haben die Überlegungen des Landesarbeitsgerichts zur Beweiswürdigung Bestand. Sie sind widerspruchsfrei und lassen keine Rechtsfehler erkennen. Zudem erhebt die Revision keine den Anforderungen des § 551 Abs. 3 ZPO genügende Verfahrensrüge. Der Kläger beanstandet nur, das Landesarbeitsgericht habe “in keinem Fall … von einem Zugang des Kündigungsschreibens des Beklagten zu 1) am 31.12.2003 ausgehen” dürfen. Zur Begründung wird auf den Berufungsschriftsatz vom 8. April 2005 verwiesen. Daraus geht bereits hervor, dass die Revision eine Auseinandersetzung mit dem Berufungsurteil nicht führt.
VII. Der Kläger hat gem. § 97 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
Unterschriften
Hauck, Dr. Wittek, Breinlinger, Morsch, Pauli
Fundstellen