Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung. Diskriminierung wegen des Alters und Geschlechts. Anrechnungsausschluss von Zeiten vor der Vollendung des 17. Lebensjahres. Dienstordnungs-Angestellte. Beamtenversorgungsrecht. Altersgrenzen
Leitsatz (amtlich)
Nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG können unter den dort genannten Voraussetzungen in betrieblichen Versorgungssystemen Altersgrenzen festgesetzt werden. Diese müssen nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG einem legitimen Ziel dienen sowie angemessen und erforderlich sein. Danach sind solche Altersgrenzen zwar grundsätzlich, aber nicht stets zulässig.
Orientierungssatz
1. Nach Art. VIII § 2 Abs. 1 Nr. 1 iVm. Art. VIII § 1 Abs. 1 Nr. 2 2. BesVNG müssen die Dienstordnungen der landesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung den durch das Landesrecht bestimmten Rahmen und die Grundsätze des Versorgungsrechts einhalten. Eine unmittelbare Geltung des Versorgungsrechts der Beamtinnen und Beamten eines Landes für Dienstordnungs-Angestellte ist damit nicht angeordnet.
2. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist auch dann anzuwenden, wenn der Inhalt des Arbeits- und Versorgungsverhältnisses durch eine Dienstordnung geregelt ist. Eine Dienstordnung stellt autonomes Satzungsrecht dar und muss sich im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften halten.
3. Nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG ist die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen grundsätzlich, aber nicht immer zulässig. Die in der Versorgungsordnung festgelegte konkrete Altersgrenze muss angemessen und erforderlich sein.
4. § 10 AGG geht in seinen Anforderungen an die Zulässigkeit von Altersgrenzen in betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit über das hinaus, was nach Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2000/78/EG erforderlich ist.
5. Der in einer Dienstordnung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Land Nordrhein-Westfalen durch Verweis auf das Landesbeamtenversorgungsrecht vorgesehene Ausschluss der Anrechnung von vor der Vollendung des 17. Lebensjahres erbrachten Beschäftigungszeiten bei der Ermittlung der Höhe der Altersversorgungsleistungen verstößt weder gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters noch wegen des Geschlechts.
Normenkette
AGG §§ 1, 2 Abs. 2 S. 2, § 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 6 Abs. 1 S. 1, § 7 Abs. 1-2, § 10 Sätze 1-2, 3 Nr. 4, § 24; Beamtenversorgungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtenversorgungsgesetz – LBeamtVG NRW) vom 16. Mai 2013 (GVBl. NRW S. 234) § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; Beamtenversorgungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtenversorgungsgesetz – LBeamtVG NRW) vom 16. Mai 2013 (GVBl. NRW S. 234) § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; Beamtenversorgungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtenversorgungsgesetz – LBeamtVG NRW) vom 16. Mai 2013 (GVBl. NRW S. 234) § 14 Abs. 1; Beamtenversorgungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtenversorgungsgesetz – LBeamtVG NRW) vom 16. Mai 2013 (GVBl. NRW S. 234) § 50a; Beamtenversorgungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtenversorgungsgesetz – LBeamtVG NRW) vom 16. Mai 2013 (GVBl. NRW S. 234) § 50b; Beamtenversorgungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtenversorgungsgesetz – LBeamtVG NRW) vom 14. Juni 2016 (GVBl. NRW S. 309, 387) § 85 Abs. 1; Besoldungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbesoldungsgesetz – LBesG NRW) vom 14. Juni 2016 (GVBl. NRW S. 309, 339) § 83 Abs. 1 Nr. 2; Zweites Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern (2. BesVNG) vom 23. Mai 1975 (BGBl. I S. 1173) zuletzt geändert durch Art. 14 des Gesetzes zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze (BUK-Neuorganisationsgesetz – BUK-NOG) vom 19. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3836) Art. VIII § 2 Abs. 1 Nr. 1; Zweites Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern (2. BesVNG) vom 23. Mai 1975 (BGBl. I S. 1173) zuletzt geändert durch Art. 14 des Gesetzes zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze (BUK-Neuorganisationsgesetz – BUK-NOG) vom 19. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3836) Art. VIII § 1 Abs. 1 Nr. 2; GG Art. 3 Abs. 1-3; Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16) Art. 6 Abs. 1; Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16) Art. 6 Abs. 2; Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16) Art. 8 Abs. 1; AEUV Art. 157, 267
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Dezember 2015 – 12 Sa 1135/15 – aufgehoben.
2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 29. Juli 2015 – 3 Ca 7680/14 – wird zurückgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, bei der Berechnung des Ruhegehalts der Klägerin ihre Beschäftigungszeiten vor der Vollendung des 17. Lebensjahres zu berücksichtigen.
Die am 20. Juli 1956 geborene Klägerin trat am 1. August 1971 als Verwaltungslehrling im Krankenkassendienst in die Dienste der Allgemeinen Ortskrankenkasse E (im Folgenden AOK E). Unter dem 12. März 1973 schlossen die Klägerin und die AOK E für die Zeit vom 1. Januar 1972 bis zum 31. Juli 1974 einen Berufsausbildungsvertrag als Sozialversicherungsfachangestellte in der Fachrichtung Krankenversicherung. Der Ausbildungsvertrag bestimmt auszugsweise:
„§ 1 |
Art, sachliche und zeitliche Gliederung sowie Ziel der Berufsausbildung |
… |
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(2) |
Der Auszubildende wird mit Wirkung vom 1. Januar 1972 der Dienstordnung für die Angestellten der Allg. Ortskrankenkasse E unterstellt und in den Vorbereitungsdienst (§§ 8 bis 10 der Dienstordnung) übernommen. Die Dienstordnung ist diesem Vertrag als Anlage beigefügt. |
… |
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§ 2 |
Ausbildungszeit |
(1) |
Die Ausbildungszeit beträgt nach der Ausbildungsordnung 36 Monate. Hierauf wird die bereits zurückgelegte Ausbildungszeit mit 5 Monaten angerechnet. Die Berufsausbildung beginnt am 1. Januar 1972 und endet am 31. Juli 1974. |
… „ |
|
Nach Abschluss der Ausbildung wurde die Klägerin mit Wirkung vom 19. Juli 1974 in ein Anstellungsverhältnis mit der AOK E als Verwaltungssekretärin übernommen und der Dienstordnung für die Angestellten der AOK E unterstellt.
Die AOK E wurde auf der Grundlage der Verordnung über die Vereinigung der Ortskrankenkassen in Nordrhein-Westfalen zu zwei Ortskrankenkassen vom 19. Oktober 1993 (GVBl. NRW S. 835) zum 1. April 1994 mit anderen Allgemeinen Ortskrankenkassen zur AOK Rheinland vereinigt. Mit Wirkung zum
1. Juli 2006 schlossen sich die AOK Rheinland und die AOK Hamburg zur jetzigen Beklagten zusammen, die der Aufsicht des Landes Nordrhein-Westfalen unterliegt. Nach § 22 Abs. 1 der Dienstordnung der Beklagten vom 1. April 2012 (im Folgenden DO 2012) gelten für die Versorgung der Dienstordnungs-Angestellten die Vorschriften für Landesbeamte des Landes NRW entsprechend.
Die Klägerin wurde mit Ablauf des 31. Juli 2013 in den Ruhestand versetzt und bezieht seit dem 1. August 2013 ein Ruhegehalt von der Beklagten.
Das zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung der Klägerin geltende Beamtenversorgungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtenversorgungsgesetz – LBeamtVG NRW) vom 16. Mai 2013 (GVBl. NRW S. 234; im Folgenden LBeamtVG NRW 2013) bestimmt ua.:
„§ 6 |
Regelmäßige ruhegehaltfähige Dienstzeit |
(1) |
Ruhegehaltfähig ist die Dienstzeit, die der Beamte vom Tage seiner ersten Berufung in das Beamtenverhältnis an im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn im Beamtenverhältnis zurückgelegt hat. Dies gilt nicht für die Zeit |
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1. |
vor Vollendung des 17. Lebensjahres, |
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… |
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Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung sind nur zu dem Teil ruhegehaltfähig, der dem Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Arbeitszeit entspricht; … |
… |
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§ 12 |
Ausbildungszeiten |
(1) |
Die nach Vollendung des siebzehnten Lebensjahres verbrachte Mindestzeit |
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1. |
der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung (Fachschul-, Hochschul- und praktische Ausbildung, Vorbereitungsdienst, übliche Prüfungszeit), |
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… |
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kann als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden, … |
… |
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§ 14 |
Höhe des Ruhegehaltes |
(1) |
Das Ruhegehalt beträgt für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Dienstzeit 1,79375 vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge (§ 5), insgesamt jedoch höchstens 71,75 vom Hundert. …” |
Zeiten im Arbeitsverhältnis, während derer keine Arbeitsleistung erbracht wird – etwa wegen Beurlaubung ohne Bezüge – werden nicht als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt. Nach § 50a bzw. § 50b LBeamtVG NRW 2013 werden Nachteile, die durch Zeiten der Kindererziehung entstehen, durch Zuschläge bei der Versorgung abgemildert, soweit dadurch die Höchstgrenze der Versorgung nicht überschritten wird.
Durch Art. 3 des Dienstrechtsmodernisierungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Dienstrechtsmodernisierungsgesetz – DRModG NRW) vom 14. Juni 2016 (GVBl. NRW S. 309, 387) wurde ua. mit Wirkung zum 1. Juli 2016 das LBeamtVG NRW neu gefasst (im Folgenden LBeamtVG NRW 2016). Diese Regelung sieht einen Ausschluss der Anrechnung von Dienstzeiten vor der Vollendung des 17. Lebensjahres nicht mehr vor. Daneben bestimmt § 85 LBeamtVG NRW 2016 ua.:
„§ 85 |
Besondere Bestandskraft für vorhandene Versorgungsberechtigte |
(1) 1Der Versorgung der am 1. Juli 2016 vorhandenen Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten sind der Ruhegehaltssatz, die ruhegehaltfähige Dienstzeit, die prozentuale Verminderung des Ruhegehalts auf Grund vorzeitiger Ruhestandsversetzung und die Besoldungsgruppe, aus der sich das Ruhegehalt berechnet, wie sie sich aus der letzten bestandskräftigen Festsetzung vor dem 1. Juli 2016 unter Berücksichtigung der seither vorgenommenen Anpassungen der Versorgungsbezüge ergeben, zugrunde zu legen. […] 4Soweit noch keine Festsetzung erfolgt oder die letzte Festsetzung vor dem 1. Juli 2016 noch nicht bestandskräftig ist, ist bis zur Bestandskraft der Festsetzung oder bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Festsetzung das am 30. Juni 2016 geltende Recht anzuwenden. 5Nach Eintritt der Bestandskraft oder Rechtskraft gilt Satz 1 entsprechend. 6§ 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 16 Absatz 3 bleiben unberührt. … „
Die Beklagte ermittelte für die Klägerin – unter Berücksichtigung von Übergangsregelungen – einen Ruhegehaltsatz von 53,81 vH. Bei ruhegehaltfähigen Dienstbezügen iHv. 3.117,87 Euro brutto ergab sich zuzüglich eines Kindererziehungsergänzungszuschlags iHv. 27,94 Euro brutto und eines Abschlags von 10,80 vH wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Versorgung ein monatliches Ruhegehalt iHv. 1.524,48 Euro brutto. Bei der Ermittlung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit berücksichtigte die Beklagte die Beschäftigungszeiten der Klägerin vor der Vollendung des 17. Lebensjahres nicht. Sie bezog hingegen in die Ruhegehaltberechnung ein, dass die Klägerin ab dem 14. Oktober 1985 bis zum Eintritt in den Ruhestand durchgängig in Teilzeit arbeitete und teilweise ohne Bezüge beurlaubt war.
Mit der Klage erstrebt die Klägerin die Berücksichtigung ihrer vor der Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegten Beschäftigungszeiten bei der Berechnung des Ruhegehalts. Dies entspreche der Rechtslage nach dem Dienstrechtsmodernisierungsgesetz NRW. Zudem verstoße § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBeamtVG NRW 2013 gegen das unionsrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters. Die Regelung bewirke zudem eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts. Durch die Nichtberücksichtigung der vor der Vollendung des 17. Lebensjahres erbrachten Dienstjahre würden im Wesentlichen Frauen benachteiligt. Männer erreichten meist den höchstmöglichen Ruhegehaltsatz von 71,75 vH nach § 14 LBeamtVG NRW 2013, sodass sich der Ausschluss der Zeiten vor der Vollendung des 17. Lebensjahres nicht auswirke.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass die Beklagte ab August 2013 bei der Festsetzung ihrer monatlichen Versorgungsbezüge auch den Zeitraum 1. August 1971 bis 19. Juli 1973 zugrunde zu legen hat.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage auf die Berufung der Klägerin stattgegeben. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des klageabweisenden arbeitsgerichtlichen Urteils. Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die zulässige Klage ist nicht begründet.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Der Klageantrag ist auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO gerichtet. Zwar können nach dieser Bestimmung nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 18. Februar 2014 – 3 AZR 568/12 – Rn. 18 mwN). So verhält es sich hier. Die Klägerin begehrt – bei zutreffendem Antragsverständnis – die Feststellung, dass die Beklagte ihr ab dem 1. August 2013 ein Ruhegehalt zu gewähren hat, bei dessen Berechnung auch ihre vor der Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegten Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen sind. Die von ihr erstrebte Feststellung betrifft daher den Umfang der Leistungspflicht der Beklagten.
2. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO notwendige Feststellungsinteresse liegt vor. Die Beklagte bestreitet die von der Klägerin geltend gemachte Verpflichtung. Der Vorrang der Leistungsklage greift nicht, da die Feststellungsklage eine sachgemäße, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte ermöglicht und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. etwa BAG 17. September 2013 – 3 AZR 686/11 – Rn. 11; 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – Rn. 13 mwN, BAGE 144, 231).
II. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin kann die Berücksichtigung ihrer vor der Vollendung des 17. Lebensjahres bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten zurückgelegten Beschäftigungszeiten nicht auf die für ihr Arbeits- und Versorgungsverhältnis geltenden Versorgungsregelungen stützen. Die für das Versorgungsverhältnis der Klägerin aufgrund der in § 22 Abs. 1 DO 2012 in Bezug genommenen Bestimmungen der § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBeamtVG NRW 2013 schließen die Berücksichtigung von Zeiten, die vor dem 20. Juli 1973 liegen, als ruhegehaltfähige Dienstzeit aus. Dieser Ausschluss verstößt weder gegen §§ 1, 3 AGG noch gegen die im Unionsrecht und im nationalen Verfassungsrecht geltenden Verbote der Diskriminierung wegen des Alters oder des Geschlechts.
1. Entgegen der Ansicht der Klägerin richtet sich ihr Versorgungsverhältnis nicht nach den Vorschriften des LBeamtVG NRW 2016, sondern nach den Vorschriften des LBeamtVG NRW 2013. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBeamtVG NRW 2013 schließen die Berücksichtigung von Dienst- und Ausbildungszeiten, die vor der Vollendung des 17. Lebensjahres liegen, als ruhegehaltfähige Dienstzeit aus.
a) Durch § 1 Abs. 2 des Berufsausbildungsvertrags vom 12. März 1973 und den späteren Arbeitsvertrag wurde die Klägerin der Dienstordnung der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der AOK E, unterstellt und ihr Arbeits- und Versorgungsverhältnis somit durch die jeweilige Dienstordnung normativ geregelt (§§ 351, 352, 358 RVO). Dienstordnungs-Angestellte der Sozialversicherungsträger sind zwar weder Beamte noch haben sie einen öffentlich-rechtlichen Status. Dies ändert aber nichts daran, dass ihr Angestelltenverhältnis weitgehend öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist. Die Dienstordnungen der Sozialversicherungsträger sind dem öffentlichen Recht angehöriges, aufgrund gesetzlicher Ermächtigung erlassenes autonomes Satzungsrecht. Es gestaltet normativ und zwingend die Arbeitsverhältnisse der Angestellten, die der Dienstordnung unterworfen sind. Der nach § 354 Abs. 1 RVO abzuschließende schriftliche Arbeitsvertrag unterstellt die Angestellten der Dienstordnung. Sobald der Vertrag geschlossen ist, wirkt die Dienstordnung in ihrer jeweiligen Fassung gesetzesgleich auf das Dienstverhältnis ein (BAG 21. Januar 2014 – 3 AZR 829/11 – Rn. 20 mwN).
b) Die – wie die Beklagte – unter Aufsicht des Landes Nordrhein-Westfalen stehenden Körperschaften des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung haben nach § 83 Abs. 1 Nr. 2 LBesG NRW (GVBl. NRW 2016 S. 309, 339) bei der Aufstellung ihrer Dienstordnungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ua. nach den §§ 351 bis 357 RVO in der jeweils gültigen Fassung auch die Versorgung im Rahmen und nach den Grundsätzen der für die Beamtinnen und Beamten des Landes geltenden Bestimmungen zu regeln. Dies entspricht den inhaltsgleichen bundesgesetzlichen Regelungen in Art. VIII § 2 Abs. 1 Nr. 1 iVm. Art. VIII § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Zweiten Gesetzes zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern (2. BesVNG) vom 23. Mai 1975 (BGBl. I S. 1173) zuletzt geändert durch Art. 14 des Gesetzes zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze (BUK-Neuorganisationsgesetz – BUK-NOG) vom 19. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3836). Diese Bestimmungen ordnen die Geltung des für die jeweiligen Landesbeamten maßgeblichen Versorgungsrechts für die ehemaligen Dienstordnungs-Angestellten nicht unmittelbar an. Sie folgt vielmehr ausschließlich aus der in der Dienstordnung und damit vorliegend in § 22 Abs. 1 DO 2012 enthaltenen Verweisung auf die versorgungsrechtlichen Regelungen für die Beamtinnen und Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen.
aa) Hierfür spricht bereits der Wortlaut der gesetzlichen Regelungen. Diese betreffen lediglich die Verpflichtung der landesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung, bei der Aufstellung der Dienstordnungen die Versorgung im Rahmen und nach den Grundsätzen der für die Beamtinnen und Beamten des Landes geltenden Bestimmungen zu regeln. Eine unmittelbare Geltung des Versorgungsrechts der Beamtinnen und Beamten des Landes ist damit nicht angeordnet.
bb) Auch die Gesetzgebungsgeschichte bestätigt dies. In der Begründung des Gesetzesentwurfs (BT-Drs. 7/1906 S. 130) ist zu Art. VIII § 2 Abs. 1 Nr. 1, Art. VIII § 1 Abs. 1 Nr. 2 2. BesVNG ausgeführt:
„Die bundesgesetzliche Regelung für die landesunmittelbaren Träger und Verbände muß sich allerdings auf Rahmenvorschriften gemäß Artikel 75 Nr. 1 GG beschränken, da die dienstordnungsmäßig Angestellten nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, wie Artikel 74a GG es für eine Vollregelung durch den Bund voraussetzt.”
Dieser Regelungswille zeigt, dass der Bundesgesetzgeber die Rechtsverhältnisse der Dienstordnungs-Angestellten nicht unmittelbar gestalten wollte. Für § 83 Abs. 1 Nr. 2 LBesG NRW gilt nichts anderes. Wie der insoweit inhaltsgleiche Wortlaut der Norm zeigt, sollte lediglich die der bundesgesetzlichen Bestimmung zugrunde liegende Systematik in das Landesrecht übertragen werden.
c) Anders als von der Klägerin angenommen, ist für ihre Versorgung das LBeamtVG NRW 2013 maßgebend. Zwar ist mit Wirkung zum 1. Juli 2016 – während des bereits laufenden Revisionsverfahrens – die Neuregelung des Versorgungsrechts in Nordrhein-Westfalen durch das Beamtenversorgungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtenversorgungsgesetz – LBeamtVG NRW) vom 14. Juni 2016 (GVBl. S. 309) in Kraft getreten. Dessen Bestimmungen sind aber jedenfalls für die Ermittlung der ruhegehaltfähigen Dienstzeiten nicht auf das Versorgungsverhältnis der Klägerin anzuwenden. Nach § 85 Abs. 1 Satz 1, Satz 4 und Satz 5 LBeamtVG NRW 2016 ist für die Versorgung der am 1. Juli 2016 im Ruhestand befindlichen Beamtinnen und Beamten – und damit auch für die als Dienstordnungs-Angestellte mit Ablauf des 31. Juli 2013 in den Ruhestand versetzte Klägerin – vielmehr das bis zum 30. Juni 2016 geltende LBeamtVG NRW 2013 anzuwenden. Mit dieser Regelung sollte gewährleistet werden, dass für bereits im Ruhestand befindliche Beamtinnen und Beamte das zum Zeitpunkt ihrer Zurruhesetzung geltende Recht weiter anwendbar bleibt (vgl. LT-Drs. NRW 16/10380 S. 421 f.).
2. Der in § 22 Abs. 1 DO 2012 iVm. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBeamtVG NRW 2013 geregelte Anrechnungsausschluss ist nicht nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Er bewirkt keine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters oder des Geschlechts.
a) Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist anwendbar.
aa) Seiner Anwendung steht nicht entgegen, dass der Inhalt des Versorgungsverhältnisses der Parteien durch Dienstordnung geregelt ist. Bei Dienstordnungen handelt es sich um von der Beklagten aufgrund gesetzlicher Ermächtigung nach den Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung erlassenes autonomes Satzungsrecht (st. Rspr., vgl. nur BAG 22. Juli 2010 – 6 AZR 82/09 – Rn. 11). Als unter dem formellen Gesetz stehendes Recht ist es an den Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu messen. Das durch § 22 Abs. 1 DO 2012 in Bezug genommene LBeamtVG NRW 2013 ist insoweit lediglich inkorporiertes Satzungsrecht und hat damit vorliegend keine formelle Gesetzesqualität. Aufgrund der Bezugnahme teilt es vielmehr die Rechtsqualität der Dienstordnung.
Die Anwendung zwingenden Gesetzesrechts und damit des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil nach Art. VIII § 2 Abs. 1 Nr. 1 iVm. Art. VIII § 1 Abs. 1 Nr. 2 2. BesVNG und § 83 Abs. 1 Nr. 2 LBesG NRW die Versorgung im Rahmen und nach den Grundsätzen der für die Beamtinnen und Beamten landesrechtlich geltenden Bestimmungen zu regeln ist; ein derart weitreichender Regelungsinhalt ist den Vorschriften nicht zu entnehmen.
bb) Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gilt trotz der in § 2 Abs. 2 Satz 2 AGG enthaltenen Verweisung auf das Betriebsrentengesetz auch für die betriebliche Altersversorgung, soweit das Betriebsrentenrecht nicht vorrangige Sonderregelungen enthält (BAG 18. März 2014 – 3 AZR 69/12 – Rn. 14 mwN, BAGE 147, 279). Letzteres ist vorliegend nicht der Fall.
cc) Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist auch in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Nach Art. 4 des Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897), das am 17. August 2006 verkündet wurde, trat das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz am 18. August 2006 in Kraft. Zu diesem Zeitpunkt stand die Klägerin noch in einem Arbeitsverhältnis und damit in einem Rechtsverhältnis mit der Beklagten; das ist für die zeitliche Anwendbarkeit des Gesetzes ausreichend (vgl. BAG 17. April 2012 – 3 AZR 481/10 – Rn. 25 mwN).
dd) Der persönliche Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist eröffnet. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG gilt das Gesetz nicht nur für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie für andere Beschäftigte, sondern auch für Personen wie die Klägerin, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist (vgl. BAG 17. April 2012 – 3 AZR 481/10 – Rn. 25 mwN).
b) § 22 Abs. 1 DO 2012 iVm. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBeamtVG NRW 2013 bewirkt keine Diskriminierung wegen des Alters.
aa) Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen der in § 1 AGG genannten Gründe, ua. wegen des Alters, benachteiligt werden. Unzulässig sind unmittelbare und mittelbare Benachteiligungen. Eine unmittelbare Benachteiligung ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG gegeben, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam (vgl. BAG 4. August 2015 – 3 AZR 137/13 – Rn. 40, BAGE 152, 164; 18. März 2014 – 3 AZR 69/12 – Rn. 17, BAGE 147, 279).
bb) Es kann vorliegend dahinstehen, ob der Ausschluss von Beschäftigungszeiten, die vor der Vollendung des 17. Lebensjahres liegen, die Klägerin unmittelbar wegen des Alters benachteiligt.
Zwar knüpfen § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBeamtVG NRW 2013 unmittelbar an die Vollendung des 17. Lebensjahres an und schließen eine Berücksichtigung von Zeiten, die vor diesem Zeitpunkt liegen, bei der Berechnung des Ruhegehalts aus. Jedoch erreichen die hiervon erfassten Dienstordnungs-Angestellten ihre Höchstversorgung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVG NRW 2013 bei Vollzeitbeschäftigung bereits nach vierzig Dienstjahren (40 Dienstjahre × 1,79375 vH / Dienstjahr = 71,75 vH), und somit spätestens mit der Vollendung des 57. Lebensjahres. Der Anrechnungsausschluss von vor der Vollendung des 17. Lebensjahres erbrachten Beschäftigungszeiten kann sich aber nachteilig auswirken, wenn, wie bei der Klägerin, Erwerbsbiographien vorliegen, die beispielsweise eine langjährige Teilzeittätigkeit – die nach § 6 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 LBeamtVG NRW 2013 nur zu einer anteiligen Anrechnung der Beschäftigungszeit führt – oder Zeiten aufweisen, die bei der ruhegehaltfähigen Dienstzeit nicht zu berücksichtigen sind, weil das Arbeitsverhältnis ruht.
cc) Selbst wenn man zugunsten der Klägerin annähme, sie würde durch die Regelungen wegen ihres Alters unmittelbar benachteiligt, wäre dies nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt.
(1) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 AGG enthält eine Aufzählung von Tatbeständen, wonach derartige unterschiedliche Behandlungen insbesondere gerechtfertigt sein können. Nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG ist dies der Fall bei der Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen. Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Gesetzgeber, indem er den in Nr. 4 geregelten Tatbestand in die Rechtfertigungsgründe des § 10 Satz 3 AGG eingeordnet hat, zum Ausdruck gebracht, dass die Festsetzung von Altersgrenzen für den Anspruch auf Leistungen aus den dort aufgeführten betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit grundsätzlich objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist. Da eine solche Altersgrenze in der jeweiligen Versorgungsregelung festzusetzen ist, muss die konkret gewählte Altersgrenze allerdings iSv. § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein (st. Rspr. vgl. etwa BAG 4. August 2015 – 3 AZR 137/13 – Rn. 43, BAGE 152, 164; 9. Dezember 2014 – 1 AZR 102/13 – Rn. 25, BAGE 150, 136; 18. März 2014 – 3 AZR 69/12 – Rn. 20, BAGE 147, 279; 12. November 2013 – 3 AZR 356/12 – Rn. 22 mwN). Soweit die Voraussetzungen von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG erfüllt sind, ist eine unterschiedliche Behandlung danach zwar grundsätzlich, aber nicht immer zulässig.
(2) Hieran hält der Senat auch nach den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 24. November 2016 (– C-443/15 – [Parris]) und vom 16. Juni 2016 (– C-159/15 – [Lesar]) fest.
(a) Nach Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16, im Folgenden Richtlinie 2000/78/EG) können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit die Festsetzung von Altersgrenzen als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen bzw. Kategorien von Beschäftigten und die Verwendung im Rahmen dieser Systeme von Alterskriterien für versicherungsmathematische Berechnungen keine Diskriminierung wegen des Alters darstellt, solange dies nicht zu einer Diskriminierung wegen des Geschlechts führt. Wie die Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 24. November 2016 (– C-443/15 – [Parris]) und vom 16. Juni 2016 (– C-159/15 – [Lesar]) zeigen, verlangen die von dieser Bestimmung erfassten Ungleichbehandlungen wegen des Alters, anders als Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG, zu ihrer Rechtfertigung nicht, dass sie objektiv und angemessen und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel – worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind – gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Da § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG nach seinen tatbestandlichen Voraussetzungen Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2000/78/EG entspricht, ist das bisherige Verständnis dieser gesetzlichen Regelung zur Rechtfertigung einer unterschiedlichen Behandlung wegen des Alters in betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit unionsrechtlich nicht geboten.
(b) Allerdings ergibt sich dieses Verständnis der Regelungen in § 10 AGG aus dem nationalen Recht. Die Einordnung der in Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2000/78/EG geregelten Tatbestände in § 10 AGG zeigt, dass der Gesetzgeber an die von dieser Norm erfassten Ungleichbehandlungen weiter gehende Anforderungen als nach Unionsrecht erforderlich stellen wollte.
(aa) Dafür sprechen bereits der Wortlaut und die Systematik der Norm. § 10 Satz 3 AGG knüpft an § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG an. Dies folgt aus dem Wort „derartige”. Mit dieser Wendung wird ein Zusammenhang zu den als Generalklauseln formulierten Rechtfertigungsgründen hergestellt. Die Voraussetzungen dieser Generalklausel „können” nach der weiteren Formulierung der Vorschrift „insbesondere” die in den Nr. 1 bis 6 aufgeführten Fallgestaltungen erfüllen. Dies zeigt, dass § 10 Satz 3 AGG nur eine beispielhafte Aufzählung nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG möglicherweise gerechtfertigter unterschiedlicher Behandlungen wegen des Alters enthält.
(bb) Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes stützt dieses Ergebnis. Nach der Gesetzesbegründung sollte § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG klarstellen, „dass die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit – insbesondere der betrieblichen Altersversorgung – regelmäßig keine Benachteiligung wegen des Alters darstellt” (BT-Drs. 16/1780 S. 36). Dies zeigt, dass nach dem Willen des Gesetzgebers solche Altersgrenzen lediglich grundsätzlich und nicht immer zulässig sein sollen.
(c) Soweit das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz damit in seinen Anforderungen an die Zulässigkeit von Altersgrenzen in betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit über das nach Unionsrecht Erforderliche hinausgeht, ist dies unionsrechtlich ohne Weiteres zulässig. Nach Art. 8 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG dürfen die Mitgliedstaaten Vorschriften einführen oder beibehalten, die im Hinblick auf die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes günstiger als die in der Richtlinie 2000/78/EG vorgesehenen Vorschriften sind.
(3) Gemessen an diesen Voraussetzungen wäre eine durch § 22 Abs. 1 DO 2012 iVm. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBeamtVG NRW 2013 bewirkte unmittelbare Benachteiligung der Klägerin wegen des Alters gerechtfertigt.
(a) Eine durch diese Bestimmungen bewirkte Ungleichbehandlung wegen des Alters unterfällt § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG. § 22 Abs. 1 DO 2012 iVm. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBeamtVG NRW 2013 legt mit dem Ausschluss der Anrechnung von Beschäftigungszeiten vor der Vollendung des 17. Lebensjahres eine Altersgrenze für die Mitgliedschaft in dem Versorgungssystem der Beklagten iSv. § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG fest (vgl. zu Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2000/78/EG EuGH 16. Juni 2016 – C-159/15 – [Lesar] Rn. 30). Diese Altersgrenze bewirkt, dass Beschäftigte erst nach der Vollendung des 17. Lebensjahres unter das Versorgungssystem der Beklagten fallen.
Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich bei dem für die Dienstordnungs-Angestellten geltenden Versorgungssystem der Beklagten auch um ein betriebliches System der sozialen Sicherheit iSd. § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG und Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2000/78/EG. Unerheblich ist, dass es sich gemäß § 22 Abs. 1 DO 2012 nach den für die Landesbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen geltenden Vorschriften richtet. Das LBeamtVG NRW 2013 gilt vorliegend nicht unmittelbar als Gesetz, sondern aufgrund der Inbezugnahme durch die DO 2012 als inkorporiertes Satzungsrecht.
(b) Mit der in § 22 Abs. 1 DO 2012 iVm. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBeamtVG NRW 2013 enthaltenen Altersgrenze wird ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG verfolgt.
(aa) Legitime Ziele iSv. § 10 Satz 1 AGG sind wegen der in Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG genannten Beispielsfälle „Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung” sozialpolitische Ziele wie solche aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung (vgl. EuGH 13. September 2011 – C-447/09 – [Prigge] Rn. 81 mwN; vgl. auch BVerfG 24. Oktober 2011 – 1 BvR 1103/11 – Rn. 15). Auch Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik, die ein Arbeitgeber mit einer im Arbeitsvertrag vorgesehenen betrieblichen Altersversorgung anstrebt, können legitime Ziele im Sinne der europäischen Vorgaben sein (vgl. EuGH 26. September 2013 – C-476/11 – [HK Danmark] Rn. 60 ff.). Dementsprechend sind Ziele, die im Rahmen von Anliegen der Beschäftigungspolitik und des Sozialschutzes einen Ausgleich zwischen verschiedenen beteiligten Interessen schaffen sollen, um damit der Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung zu dienen, als legitim iSv. § 10 Satz 1 AGG anzusehen. Dazu gehört auch, den unternehmerischen Belangen einer begrenz- und kalkulierbaren Belastung Rechnung zu tragen (vgl. EuGH 13. Juli 2017 – C-354/16 – [Kleinsteuber] Rn. 62 ff.). Indem § 10 AGG erlaubt, in Versorgungsordnungen die Leistungspflichten des Versorgungsschuldners zu begrenzen und damit für diesen eine verlässliche und überschaubare Kalkulationsgrundlage zu schaffen, verfolgt die gesetzliche Bestimmung das Ziel, die betriebliche Altersversorgung zu verbreiten. Es hält sich demnach im Rahmen dieses legitimen Ziels, wenn in einer Versorgungsordnung von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird.
(bb) Das mit einer Regelung verfolgte Ziel muss dabei nicht ausdrücklich benannt werden. Auch aus dem allgemeinen Kontext der Regelung können sich Anhaltspunkte ergeben, die es ermöglichen, den Zweck der Regelung festzustellen und dadurch Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Bestimmung zu überprüfen (vgl. EuGH 5. März 2009 – C-388/07 – [Age Concern England] Rn. 45 mwN, Slg. 2009, I-1569; BAG 19. Juli 2011 – 3 AZR 434/09 – Rn. 38, BAGE 138, 346; 30. November 2010 – 3 AZR 754/08 – Rn. 31 mwN).
(cc) Es kann dahinstehen, ob – wie vom Landesarbeitsgericht angenommen – das vorrangige Ziel von § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBeamtVG NRW 2013 nach den Gesetzesmaterialien eine möglichst einheitliche Behandlung der Beamten mit unterschiedlich langen Vorbildungsgängen ist. Denn diese Regelungen dienen jedenfalls auch dem Interesse der Beklagten an einer überschaubaren und kalkulierbaren Versorgungslast. Dass daneben § 22 Abs. 1 DO 2012 iVm. § 14 LBeamtVG NRW 2013 noch eine weitere Höchstgrenze für den Ruhegehaltsatz von 71,75 vH vorsieht, lässt das Interesse der Beklagten an einer weiteren Begrenzung nicht entfallen.
(c) Die in § 22 Abs. 1 DO 2012 iVm. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBeamtVG NRW 2013 enthaltene Altersgrenze ist auch angemessen und erforderlich iSv. § 10 Satz 2 AGG.
(aa) Eine Altersgrenze iSv. § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG ist nach § 10 Satz 2 AGG grundsätzlich angemessen, wenn sie erlaubt, das mit ihr verfolgte Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG zu erreichen, ohne zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen derjenigen Arbeitnehmer zu führen, die aufgrund der Klausel benachteiligt werden (vgl. EuGH 26. Februar 2015 – C-515/13 – [Ingeniørforengingen i Danmark] Rn. 25). Sie ist erforderlich iSd. § 10 Satz 2 AGG, wenn sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist (vgl. EuGH 26. September 2013 – C-546/11 – [Dansk Jurist] Rn. 59).
(bb) Vor diesem Hintergrund ist die vorliegend streitbefangene Altersgrenze angemessen und erforderlich.
(aaa) Die Regelung ist aufgrund der Nichtberücksichtigung von Beschäftigungszeiten vor der Vollendung des 17. Lebensjahres geeignet, das mit ihr verfolgte Ziel einer Risikobegrenzung zu erreichen. Der Ausschluss der Anrechnung dieser Zeiten führt auch nicht zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der Arbeitnehmer an der vollständigen Berücksichtigung sämtlicher erbrachter Beschäftigungszeiten. Denn diese Kappung der erbrachten Beschäftigungszeit belastet einen Arbeitnehmer – gemessen an der ihm bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze verbleibenden Zeit zum Aufbau einer Altersversorgung von mindestens 48 Jahren – nur unwesentlich. Die vorliegende Altersgrenze führt nicht zu einer Entwertung eines wesentlichen Teils eines typischen Erwerbslebens (vgl. BAG 18. März 2014 – 3 AZR 69/12 – Rn. 26, BAGE 147, 279). Dies gilt umso mehr, als die Auswirkungen der typischerweise durch Mutterschafts- und Erziehungszeiten bedingten Ausfälle ruhegehaltfähiger Dienstzeiten durch einen Kindererziehungszuschlag bzw. einen Kindererziehungsergänzungszuschlag nach § 50a bzw. § 50b LBeamtVG NRW 2013 abgemildert werden.
(bbb) Die Altersgrenze ist schließlich auch erforderlich iSv. § 10 Satz 2 AGG. Sie geht nicht über das hinaus, was zur Erreichung des angestrebten Ziels, der Begrenzung der Versorgungslast, notwendig ist. Nur durch die Einführung eines Mindestalters für den Erwerb von Versorgungsanwartschaften sind die von der Beklagten zu erbringenden Versorgungsleistungen hinreichend sicher kalkulierbar begrenzt.
Unerheblich ist, dass der Beginn des Arbeitsverhältnisses bekannt und somit eine versicherungsmathematische Berechnung des Versorgungsrisikos ohne Weiteres möglich ist. Dies führt lediglich zu einer Berechenbarkeit der späteren Versorgungsleistung, nicht jedoch zu einer – mit der Altersgrenze bezweckten – Begrenzung der Höchstversorgungslast der Beklagten.
c) § 22 Abs. 1 DO 2012 iVm. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBeamtVG NRW 2013 bewirkt auch keine unzulässige Benachteiligung wegen des Geschlechts nach § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG. Da die Versorgungsregelungen nicht an das Geschlecht anknüpfen, liegt keine unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG vor. Eine mittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 2 AGG ist ebenfalls nicht gegeben.
aa) Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Dabei ist für die Annahme einer solchen Benachteiligung kein statistischer Nachweis dafür erforderlich, dass eine bestimmte Gruppe durch die infrage stehenden Kriterien tatsächlich wegen eines Merkmals nach § 1 AGG benachteiligt wird. Es ist ausreichend, wenn das Kriterium hierzu typischerweise geeignet ist (vgl. BAG 18. August 2009 – 1 ABR 47/08 – Rn. 29, BAGE 131, 342).
bb) Der Ausschluss der Anrechnung von Beschäftigungszeiten vor der Vollendung des 17. Lebensjahres führt unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze zu keiner mittelbaren Benachteiligung wegen des Geschlechts iSd. §§ 1, 3 Abs. 2 Satz 1 und § 7 AGG.
(1) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts folgt eine mittelbare Benachteiligung nicht daraus, dass bei der Beklagten mehr Frauen als Männer in Teilzeit arbeiten und Elternzeit sowie längerfristige Beurlaubungen – wie sie im öffentlichen Dienst aus familienpolitischen Gründen möglich sind – in Anspruch genommen haben. Hieraus kann nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass von der Begrenzung der anrechenbaren Dienstzeiten auf die Beschäftigungszeiten ab der Vollendung des 17. Lebensjahres deutlich mehr Frauen als Männer nachteilig betroffen sind. Dies ergibt sich bereits daraus, dass vorliegend nicht auf die Gesamtzahl der zurzeit etwa 8.000 bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer abzustellen ist, sondern lediglich auf die Dienstordnungs-Angestellten. Es ist nicht ersichtlich, dass sich in dieser Gruppe von Arbeitnehmern deutlich mehr Personen eines Geschlechts befinden.
(2) Es ist auch nicht ersichtlich, dass eine mögliche stärkere nachteilige Betroffenheit von Frauen durch die Regelung in § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBeamtVG NRW 2013 nicht nur zufällig wäre (vgl. EuGH 27. Oktober 1993 – C-127/92 – [Enderby] Rn. 17; 13. Juli 2017 – C-354/16 – [Kleinsteuber] Rn. 59). Die genannten Bestimmungen sind nach der Neuregelung des Landesbeamtenrechts Nordrhein-Westfalen nach § 85 LBeamtVG NRW 2016 nur noch auf Übergangsfälle anwendbar; auf Versorgungsfälle ab dem 1. Juli 2016 findet der Anrechnungsausschluss keine Anwendung mehr. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die gesetzlichen Krankenkassen – und damit auch die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerin – bereits seit dem 1. Januar 1993 nach § 358 RVO keine Dienstordnungs-Angestellten mehr neu einstellen durften. Selbst die Landesregierung konnte die durch die Streichung von § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBeamtVG NRW 2013 zu erwartenden Kosten anlässlich der angestrebten Neuregelung des Beamtenversorgungsrechts Nordrhein-Westfalen nicht sicher abschätzen, ging aber von einer nur geringen Anzahl von Fällen aus, in denen die Neuregelung Ansprüche auf höhere Versorgungsbezüge begründen werde (vgl. LT-Drs. NRW 16/10380 S. 7). Zudem tritt die begrenzende Wirkung nur dann ein, wenn auch unter Berücksichtigung der Teilzeitbeschäftigung der Höchstversorgungssatz nicht erreicht wird.
3. Ein Verstoß gegen Art. 157 AEUV und gegen das in Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegte primärrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters und des Geschlechts sowie die Richtlinie 2000/78/EG und die Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. EU L 204 vom 26. Juli 2006 S. 23), die durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in das nationale Recht umgesetzt wurden, liegt nicht vor. Die Prüfungsmaßstäbe nach den §§ 7, 3 und § 1 AGG sind die gleichen wie bei den unionsrechtlichen Vorgaben (vgl. BAG 10. Dezember 2013 – 3 AZR 796/11 – Rn. 38, BAGE 147, 1; 20. April 2010 – 3 AZR 509/08 – Rn. 82, BAGE 134, 89). Ebenso scheidet ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG sowie Art. 3 Abs. 2 iVm. Abs. 3 GG, der nach Art. 4 Abs. 1 der Landesverfassung unmittelbares Landesrecht in Nordrhein-Westfalen ist, aus. Auch diese Normen stellen keine weiter gehenden Anforderungen hinsichtlich des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters und des Geschlechts als das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.
4. Der Anrechnungsausschluss nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBeamtVG NRW 2013 verstößt aus den vorgenannten Gründen auch in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich für Beamtinnen und Beamte des Landes Nordrhein-Westfalen nicht gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters oder des Geschlechts nach nationalem Recht und nach Unionsrecht.
5. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV bedarf es nicht. Die unionsrechtliche Rechtslage ist ua. durch die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Lesar (EuGH 16. Juni 2016 – C-159/15 –) hinreichend klar (vgl. zu den Vorlagevoraussetzungen EuGH 6. Oktober 1982 – C-283/81 – [C.I.L.F.I.T.] Slg. 1982, 3415).
6. Ansprüche wegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Benachteiligung wegen Teilzeitarbeit (vgl. etwa BAG 10. Februar 2015 – 9 AZR 53/14 (F) – Rn. 17 mwN, BAGE 150, 345) sind nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens.
III. Die Klägerin hat die Kosten von Berufung und Revision zu tragen.
Unterschriften
Zwanziger, Spinner, Wemheuer, Becker, S. Hopfner
Fundstellen
Haufe-Index 11444238 |
BAGE 2018, 255 |
BB 2018, 244 |
DStR 2018, 12 |