Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsausgabenabzug für Aufwendungen, die auf eine in der Wohnung eingerichtete PC-Ecke entfallen
Leitsatz (NV)
Eine Revisionszulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung kann nicht mit dem Vortrag erreicht werden, wonach das FG in der vorgeblichen Divergenzentscheidung bei einem in einem Wohnraum eingerichteten Arbeitsbereich eine hälftige Zuordnung der Aufwendungen zum privaten und betrieblichen Bereich für zulässig erachtet habe, wenn dem die Überzeugung des FG zugrunde lag, dass diese Aufteilung den tatsächlichen Verhältnissen entsprach, während das FG in der angegriffenen Entscheidung den Umfang der betrieblichen Nutzung des Wohnzimmers weder in räumlicher noch in zeitlicher Hinsicht zu seiner Überzeugung feststellen konnte.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Rz. 1
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erzielte in den Streitjahren u.a. Einkünfte aus einer freiberuflichen Tätigkeit als Unternehmensberater. Bei seiner Gewinnermittlung berücksichtigte er u.a. anteilige Mietaufwendungen als Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer. Nach zunächst erklärungsgemäßer Veranlagung führte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) eine Betriebsprüfung durch. In deren Verlauf besichtigte der Prüfer die Wohnung des Klägers und traf nähere Feststellungen zur teilweisen betrieblichen Nutzung des Wohnzimmers. Mit geänderten Bescheiden lehnte das FA die Anerkennung der insoweit geltend gemachten Betriebsausgaben ab.
Rz. 2
Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) mit der in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 2131 veröffentlichten Entscheidung als unbegründet ab.
Rz. 3
Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Entscheidungsgründe
Rz. 4
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg und wird durch Beschluss verworfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) liegt nicht vor.
Rz. 5
a) Die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung setzt voraus, dass das FG in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und dass eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (z.B. BFH-Beschluss vom 31. März 2010 IV B 131/08, BFH/NV 2010, 1487). Ein Abweichen in der Würdigung von Tatsachen oder eine fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls oder bloße Subsumtionsfehler des FG geltend zu machen, genügt nicht (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2004 III B 131/03, BFH/NV 2005, 339).
Rz. 6
b) Soweit sich der Kläger auf das Urteil des FG Köln vom 19. Mai 2011 10 K 4126/09 (EFG 2011, 1410) als Divergenzentscheidung beruft, fehlt es bereits an einem vergleichbaren Sachverhalt. Denn in der vorgeblichen Divergenzentscheidung ist das FG Köln zu folgender Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) gelangt:
Rz. 7
"Dabei wurde festgestellt, dass der große, im Erdgeschoss genutzte Raum in einer Ecke mit einem Schreibtisch und Büroregalen ausgestattet war. Dieser Teil des Raumes war durch ein Regal von dem anderen Teil des Raumes abgetrennt … . Nach der Auffassung des Senats erscheint im zu entscheidenden Fall eine hälftige Aufteilung sachgerecht. Nach dem ‐ im Anschluss an die mündliche Verhandlung unstreitigen ‐ Vortrag des Klägers im Hinblick auf die konkrete Nutzung des Arbeitszimmers entspricht eine hälftige betriebliche Nutzung den tatsächlichen Gegebenheiten."
Rz. 8
Insoweit hat das FG Köln zwar zunächst aus dem zu den Kosten eines Auslandsprachkurses ergangenen Urteil des BFH vom 24. Februar 2011 VI R 12/10 (BFHE 233, 123, BStBl II 2011, 796 Rz 22) den Passus wiedergegeben, dass keine Bedenken bestünden, von einer hälftigen Aufteilung sämtlicher mit der Reise verbundenen Kosten auszugehen, wenn kein anderer Aufteilungsmaßstab erkennbar sei. Tatsächlich ist das FG Köln dann aber zu der Überzeugung gelangt, dass eine hälftige betriebliche Nutzung den tatsächlichen Gegebenheiten entsprochen habe.
Rz. 9
Hingegen konnte das FG in der angegriffenen Entscheidung den Umfang der betrieblichen Nutzung des Wohnzimmers weder in räumlicher noch in zeitlicher Hinsicht zu seiner Überzeugung feststellen. Vielmehr hat es darauf abgestellt, dass es im Falle des Zutreffens der Feststellungen der Betriebsprüfung zum räumlichen Umfang der betrieblichen Nutzung an verwertbaren Angaben des Klägers zum zeitlichen Umfang der Nutzung des Esstischbereichs fehle und der verbleibende "PC-Ecken"-Bereich für sich genommen keine wesentliche betriebliche Nutzung des Raumes begründe. Des Weiteren hat das FG --nachdem die Feststellungen des Betriebsprüfers in der mündlichen Verhandlung bestritten wurden-- für den Fall der nur privaten Nutzung des Essbereichs und der "PC-Ecke" keine Trennung zwischen privat und betrieblich genutztem Bereich und keine flächenmäßige Begrenzung des betrieblich genutzten Bereiches mehr feststellen können. Anders als in der Divergenzentscheidung kam das FG somit nicht zur Überzeugung, dass eine hälftige betriebliche Nutzung des Raumes den tatsächlichen Gegebenheiten entsprochen habe.
Rz. 10
c) Eine Divergenz in dem vorbezeichneten Sinne besteht auch nicht zu der von dem Kläger genannten Entscheidung des FG Baden-Württemberg vom 2. Februar 2011 7 K 2005/08 (EFG 2011, 1055). Denn das FG Baden-Württemberg ging davon aus, dass ein Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen war, weil es sich nicht die Überzeugung bilden konnte, dass der streitbefangene Raum nahezu ausschließlich beruflich genutzt wurde. Hingegen hat das FG im Streitfall diese Rechtsfrage nicht abweichend entschieden, sondern offen gelassen, da es auch für den Fall, dass man eine Abzugsmöglichkeit bei nicht nahezu ausschließlicher betrieblicher Nutzung des Raumes zulässt, den Abzug mangels Quantifizierbarkeit des betrieblichen Nutzungsumfangs ausschließen konnte.
Rz. 11
d) Schließlich ist auch eine Divergenz zur Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06 (BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672) nicht gegeben.
Rz. 12
Wie der Kläger zu Recht darlegt, hat der Große Senat des BFH zwar Folgendes ausgeführt: "Bestehen hingegen keine Zweifel daran, dass ein abgrenzbarer Teil der Aufwendungen beruflich veranlasst ist, bereitet seine Quantifizierung aber Schwierigkeiten, so ist dieser Anteil unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu schätzen (§ 162 der Abgabenordnung, § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO)." (Rz 115 der Entscheidungsgründe). Unmittelbar davor führte der Große Senat des BFH jedoch auch aus: "Bestehen nach Ausschöpfung der im Einzelfall angezeigten Ermittlungsmaßnahmen des FA (oder im Gerichtsverfahren des FG) und der gebotenen Mitwirkung des Steuerpflichtigen weiterhin gewichtige Zweifel, dass den als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen eine berufliche Veranlassung zugrunde liegt, so kommt für die strittigen Aufwendungen schon aus diesem Grund ein Abzug insgesamt nicht in Betracht." (Rz 114 der Entscheidungsgründe).
Rz. 13
Im vorliegenden Fall ist das FG aber gerade davon ausgegangen, dass es trotz Ortsbegehung durch das FA wegen widersprüchlicher Angaben und mangelnder Mitwirkung des Klägers den räumlichen und zeitlichen Umfang der betrieblichen Nutzung des Wohnraums nicht feststellen konnte und sich die geltend gemachten Aufwendungen daher gerade nicht als abgrenzbarer Teil der gesamten Aufwendungen feststellen ließen.
Fundstellen
Haufe-Index 3222083 |
BFH/NV 2012, 1597 |