Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegung grundsätzlicher Bedeutung
Leitsatz (NV)
1. Hält der Beschwerdeführer die Frage für klärungsbedürftig, ob eine von dem mandatierten Steuerberater mit der Fachbearbeitung einer fristgebundenen Steuersache betraute Fachkraft bei Kenntnis einer -- nach Beendigung der Sachbearbeitung eingetretenen - Fristversäumnis selbständig die notwendigen Schritte zur Vermeidung des Rechtsverlustes für den Mandanten in die Wege leiten muß, so muß er sich mit den in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen zu diesem Problemkreis auseinandersetzen (vgl. BFH-Beschluß vom 9. Februar 1996 VIII B 2/95 BFH/NV 1996, 618).
2. Der Vortrag, die Rechtsfrage habe grundsätzliche Bedeutung, weil sie in der Praxis vieler Beratungskanzleien akut werden könne, genügt den Darlegungserfordernissen des § 115 Abs. 3 S. 3 FGO nicht.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht dargelegt.
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Gesamtheit an der Fortentwicklung und der einheitlichen Handhabung des Rechts berührt (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625, ständige Rechtsprechung; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Rdnr. 7, m. w. N.). Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO ist die grundsätzliche Bedeutung der vom Beschwerdeführer zuvor formulierten Rechtsfrage in der Beschwerdeschrift darzulegen. Nicht ausreichend ist die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung. Erforderlich sind vielmehr schlüssige, substantiierte und konkrete Angaben des Beschwerdeführers darüber, aus welchen Gründen und inwieweit die Klärung der Rechtsfrage durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und der Rechtsfortentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (BFH- Beschluß vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605, m. w. N.). Dazu gehört auch, daß der Beschwerdeführer sich mit den zu dieser Frage in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertretenen Auffassungen auseinandersetzt (BFH-Beschluß vom 19. Februar 1996 VIII B 3/95, BFH/NV 1996, 685, m. w. N.).
2. Diesen Anforderungen an eine substantiierte Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage genügt die Beschwerde der Klägerin nicht.
Wird grundsätzliche Bedeutung geltend gemacht, ist die Rechtsfrage konkret zu bezeichnen. Nach der Beschwerdeschrift hält die Klägerin die Frage des "zeitlichen und tatsächlichen Umfangs des Stadiums der Fachbearbeitung" für grundsätzlich bedeutsam. Aus dem Zusammenhang der Beschwerdebegründung ergibt sich, daß sie konkret die Frage für klärungsbedürftig hält, ob es noch zu den Aufgaben einer zuvor mit der Fachbearbeitung einer fristgebundenen Steuersache betrauten Fachkraft gehört, bei Kenntnis von einer -- nach Beendigung der sachlichen Bearbeitung der Steuersache -- durch sie selbst verursachten Fristversäumnis die notwendigen Schritte zur Vermeidung eines Rechtsverlustes für den Mandanten (hier: Antragstellung auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. Information des verantwortlichen Steuerberaters) in die Wege zu leiten.
Die Klägerin stellt lediglich die Behauptung auf, die Frage habe grundsätzliche Bedeutung, ohne darauf einzugehen, ob und aus welchen Gründen diese Rechtsfrage in der Rechtsprechung und Literatur umstritten (vgl. Kühn/Hofmann, Abgabenordnung- Finanzgerichtsordnung, 17. Aufl., Anm. 7a zu § 115 FGO) und warum sie im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedürftig sei (vgl. dazu Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß, Rdnr. 151, 153; vgl. auch BFH-Beschluß vom 12. März 1996 VIII B 134/95, BFH/NV 1996, 691). Zur schlüssigen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung hätte sich die Beschwerdeschrift mit den in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertretenen Auffassungen zu dem im Zusammenhang mit der aufgeworfenen Rechtsfrage stehenden Problemkreis der Verpflichtungen und Verantwortlichkeit einer mit der Fachbearbeitung betrauten Hilfsperson des mandatierten Steuerberaters auseinandersetzen müssen (vgl. BFH- Beschluß vom 9. Februar 1996 VIII B 2/95, BFH/NV 1996, 618). Dazu bestand ins besondere deshalb Anlaß, als das Finanz gericht (FG) die Verantwortung des Fachbearbeiters und dessen Rechtspflicht zum selbständigen Handeln aus seinem vorangegangenen Tun abgeleitet hat. Mit dem Einwand, das FG habe zu Unrecht die vom BFH aufgestellten Rechtsgrundsätze zur anläßlich der Fachbearbeitung unterlaufenen Fristversäumnis (vgl. BFH-Urteil vom 19. Juni 1991 I R 77/89, BFHE 165, 5, BStBl II 1991, 826, 828) auf den in ihrem Fall anders gelagerten Sachverhalt ausgedehnt, wendet sich die Klägerin gegen die Rechtsauslegung und Rechtsanwendung durch das FG, womit, selbst wenn diese fehlerhaft wäre, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargetan werden kann (vgl. BFH-Beschluß in BFH/NV 1996, 691).
Der Vortrag der Klägerin, die Rechtsfrage habe grundsätzliche Bedeutung, weil der BFH über einen vergleichbaren Sachverhalt noch nicht entschieden habe, dieser aber gleichwohl in der Praxis vieler Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzleien Bedeutung erlangen könnte, genügt in dieser Allgemeinheit weder zur Darlegung, daß es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und für die einheitliche Rechtsentwicklung gewichtige Frage handelt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 22. November 1995 VIII B 13/95, BFH/NV 1996, 348, und vom 30. August 1995 II B 23/95, BFH/NV 1996, 162), noch läßt sich daraus entnehmen, warum die Klärung der von der Klägerin aufgeworfenen speziellen Frage über den Einzelfall hinaus für eine Vielzahl gleichgelagerter Rechtsfälle wesentlich sein könnte.
3. Sonstige Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 FGO hat die Klägerin nicht vorgetragen.
Im übrigen wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs von einer Begründung abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 421815 |
BFH/NV 1997, 354 |