Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuererstattungsanspruch bei zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Eheleuten
Leitsatz (NV)
Die Frage, ob ein auf Einkommensteuervorauszahlungen beruhender Erstattungsanspruch zwischen Eheleuten hälftig aufzuteilen ist, auch wenn die Vorauszahlungen auf Einkünften nur eines der Eheleute beruhten und allein aus dessen Vermögen gezahlt worden sind, ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; AO 1977 § 37 Abs. 2; EStG §§ 26, 26b
Verfahrensgang
FG Köln (Urteil vom 20.10.2005; Aktenzeichen 14 K 2280/05) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurde für das Jahr 2000 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt; der Einkommensteuerbescheid erging am 11. März 2002. Mit Bescheiden vom selben Tag wurden gegen den Kläger und seine Ehefrau für das Jahr 2001 nachträglich eine Einkommensteuer-Vorauszahlung und für das Jahr 2002 ebenfalls Einkommensteuer-Vorauszahlungen festgesetzt. Diese wurden --ebenso wie die bereits zuvor gegen den Kläger festgesetzten Vorauszahlungen-- von seinem Konto geleistet. Mit den im Jahr 2003 beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) eingegangenen Einkommensteuererklärungen des Klägers für 2001 und 2002 wurde jeweils die getrennte Veranlagung beantragt. Außerdem erhielt das FA durch ein Schreiben der Ehefrau des Klägers im Februar 2003 Kenntnis, dass die Ehegatten seit November 2002 getrennt lebten. Bei den Veranlagungen des Klägers zur Einkommensteuer rechnete das FA die geleisteten Vorauszahlungen auf die Einkommensteuerschuld des Klägers an. Nachdem die Ehefrau des Klägers in ihrem Veranlagungsverfahren geltend gemacht hatte, dass die Vorauszahlungen zur Hälfte auf ihre Einkommensteuerschuld anzurechnen seien, erließ das FA gegenüber dem Kläger einen Rückforderungsbescheid, mit dem es die Hälfte der ihm angerechneten Einkommensteuer-Vorauszahlungen für die Jahre 2001 und 2002 zurückforderte.
Der hiergegen erhobene Einspruch des Klägers und die Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass die vollumfängliche Anrechnung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen auf die Steuerschuld des Klägers ohne rechtlichen Grund erfolgt sei, da die Vorauszahlungen bei beiden Ehegatten jeweils zur Hälfte anzurechnen seien. Durch die Leistungen eines Ehegatten an das FA solle im Allgemeinen auch die Einkommensteuerschuld des anderen mit ihm zusammen veranlagten Ehepartners beglichen werden, sofern nicht hiervon abweichende Tilgungsabsichten ausdrücklich bekundet würden. Im Streitfall seien die auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheides 2000 ergangenen Vorauszahlungsbescheide für 2001 und 2002 an beide Ehegatten gerichtet gewesen. Für das FA als Zahlungsempfänger sei nicht erkennbar gewesen, dass der im Zeitpunkt der Zahlung nicht dauernd von seiner Ehefrau getrennt lebende Kläger die Vorauszahlungen nur auf eigene Rechnung habe leisten wollen. Soweit sich der Kläger insoweit auf ein Schreiben an das FA vom 28. Dezember 2000 stütze, enthalte dieses keine ausdrückliche Erklärung über die Zurechnung der Vorauszahlungen, so dass es nicht darauf ankomme, ob dieses Schreiben dem FA zugegangen sei. Auch komme es für die Tilgungsabsicht nicht darauf an, dass die Vorauszahlungen vom Konto des Klägers geleistet worden seien und dass seine Ehefrau nur Lohneinkünfte bezogen habe.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Zweifelhaft ist bereits, ob die Beschwerde den für den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) geltenden Darlegungserfordernissen gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt, da sie schon keine konkrete klärungsbedürftige Rechtsfrage formuliert, deren Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtsklarheit oder der Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 10. Oktober 2002 I B 147/01, BFH/NV 2003, 197). Jedenfalls liegt aber der geltend gemachte Zulassungsgrund nicht vor. Die im Streitfall maßgeblichen Rechtsfragen sind nicht grundsätzlich klärungsbedürftig, weil sie durch die Rechtsprechung des beschließenden Senats bereits geklärt sind.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass das FA als Zahlungsempfänger, solange die Ehe besteht und die Eheleute nicht dauernd getrennt leben, in Ermangelung entgegenstehender ausdrücklicher Absichtsbekundungen davon ausgehen kann, dass derjenige Ehegatte, der die Zahlung auf die gemeinsame Steuerschuld bewirkt, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen mit ihm zusammen veranlagten Ehegatten begleichen will. Soweit also im Zeitpunkt der Zahlung Anhaltspunkte für eine bestimmte andere Tilgungsabsicht des zahlenden Ehegatten fehlen, ist davon auszugehen, dass die Zahlung der Einkommensteuer für Rechnung beider Ehegatten als Gesamtschuldner bewirkt worden ist. Das hat zur Folge, dass beide Ehegatten nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) erstattungsberechtigt sind. Der Erstattungsbetrag ist dann zwischen ihnen nach Köpfen aufzuteilen. Insoweit ist es unerheblich, von wessen Konto die Steuervorauszahlungen geleistet wurden, weil es im Rahmen einer bestehenden Ehe als Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft oft von Zufälligkeiten wie der Aufgabenverteilung und Zeiteinteilung der Ehegatten abhängt, welcher von ihnen die Zahlung der Einkommensteuer durch Bareinzahlung oder Überweisung vom eigenen oder gemeinsamen Bankkonto tatsächlich besorgt. Ebenso wenig spielt es hinsichtlich der Tilgungsabsicht eine Rolle, welcher der Ehegatten in seiner Person Tatbestände verwirklicht hat, die zum Entstehen der die Eheleute als Gesamtschuldner treffenden Steuerschuld geführt haben (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt Senatsurteil vom 15. November 2005 VII R 16/05, zur Veröffentlichung in BFHE bestimmt, BFH/NV 2006, 648, m.w.N.).
Da somit die Rechtsfrage als durch die Rechtsprechung des Senats geklärt anzusehen ist, hätte die Beschwerde zur Begründung einer gleichwohl vorliegenden grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache eingehend begründen müssen, warum sie eine erneute Entscheidung des BFH zu der betreffenden Frage im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsentwicklung für erforderlich hält, und hätte hierfür substantiiert darlegen müssen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die bereits höchstrichterlich beantwortete Frage umstritten ist, insbesondere welche neuen gewichtigen, vom BFH bislang nicht geprüften Einwände in der Literatur und/oder in der Rechtsprechung der Instanzgerichte gegen die höchstrichterliche Auffassung erhoben werden (vgl. BFH-Beschluss vom 3. April 2000 VIII B 99/99, BFH/NV 2000, 985, m.w.N.). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde jedoch nicht gerecht.
Die Beschwerde macht geltend, dass der Kläger die Einkommensteuer-Vorauszahlungen auf eigene Rechnung geleistet habe, dass das FA dies nicht zuletzt in Anbetracht des Schreibens vom 28. Dezember 2000 auch habe erkennen können --womit sich die Beschwerde lediglich gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung wendet, aber keinen Zulassungsgrund darlegt-- und dass der Rechtsauffassung des beschließenden Senats zur vermuteten Tilgungsabsicht bei Vorauszahlungen für zusammen veranlagte Ehegatten nicht gefolgt werden könne, weil sie Ehegatten gegenüber anderen Gesamtschuldnern benachteilige und im Widerspruch zur wirtschaftlichen Interessenlage des zahlenden Ehegatten stehe, wenn ein Steuererstattungsanspruch auf Vorauszahlungen beruhe, die ausschließlich auf die Einkünfte nur des zahlenden Ehegatten entfielen, während der andere keine oder nur geringe Einkünfte erzielt habe. Mit all diesen Einwendungen hat sich der beschließende Senat in seiner Rechtsprechung bereits auseinander gesetzt. Neue grundsätzlich klärungsbedürftige Gesichtspunkte, die eine erneute Befassung des BFH mit den für den Streitfall relevanten Rechtsfragen erforderlich erscheinen lassen, zeigt die Beschwerde nicht auf.
Soweit die Beschwerde geltend macht, dass der Rückforderungsbescheid die Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 AO 1977 nicht erfülle und dass das FA entgegen der Vorschrift des § 130 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 den Rückforderungsbescheid auch nicht innerhalb eines Jahres ab dem Zeitpunkt der Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen erlassen habe, wendet sie sich wiederum nur gegen die materielle Richtigkeit der Entscheidung des FG, was jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen kann, weil damit kein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO dargetan wird (BFH-Beschluss vom 4. Juli 2002 IX B 169/01, BFH/NV 2002, 1476, m.w.N.).
2. Zum Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO enthält die Beschwerdebegründung keinerlei Darlegungen.
Fundstellen
Haufe-Index 1534872 |
BFH/NV 2006, 1445 |