Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit eines Antrages nach § 19 Abs. 2 EigZulG
Leitsatz (NV)
- Eine Nichtzulassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche Bedeutung , wenn die gesetzliche Regelung eindeutig ist und offensichtlich nur so ausgelegt werden kann, wie es das FG getan hat.
- Ein Antrag auf Eigenheimzulage im Anschluß an einen bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid 1995, in dem der Antragsteller Vorkosten gemäß § 10e Abs. 6 EStG abgezogen hat, ist nicht mehr zulässig und vermag daher auch keine Rechtsfolgen auszulösen. Insbesondere stellt er kein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 dar.
Normenkette
EigZulG § 19 Abs. 2; EStG § 10e Abs. 6, § 10h S. 3; AO 1977 § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; FGO § 115
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist seit September 1995 von seiner früheren Ehefrau geschieden. Mit seiner beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt ―FA―) am 19. April 1996 eingereichten Steuererklärung für das Streitjahr 1995 machte er für eine im November 1995 angeschaffte, ab Februar 1996 eigengenutzte Wohnung in X vor Bezug entstandene Aufwendungen nach § 10e Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. Wohnungseigentumsförderung hatte er bereits für ein Objekt in Anspruch genommen. Das FA berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 1995 vom 28. Juni 1996 die beantragten Aufwendungen für die eigengenutzte Wohnung gemäß § 10e Abs. 6 EStG. Der Einkommensteuerbescheid wurde bestandskräftig.
Der Kläger heiratete im September 1996 wieder. Seine jetzige Ehefrau hatte noch keine Förderung für ein eigengenutztes Objekt in Anspruch genommen. Am 21. März 1997 reichte er beim FA einen Antrag auf Eigenheimzulage für die 1995 erworbene Wohnung ein. Das FA lehnte die Festsetzung einer Eigenheimzulage für 1996 für das Objekt ab. Dagegen legte der Kläger unter Bezugnahme auf seinen gleichzeitig eingereichten Änderungsantrag zur Einkommensteuerfestsetzung 1995 Einspruch ein. Um ab 1996 die Eigenheimzulage in Anspruch nehmen zu können, beantragte er, den Einkommensteuerbescheid 1995 zu seinen Ungunsten dahin zu ändern, daß die förderungsabhängig gewährten Vorkosten gemäß § 10e Abs. 6 EStG nicht mehr angesetzt werden. Das FA lehnte den Änderungsantrag ab. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein.
Das FA wies die Einsprüche gegen die Ablehnung der Festsetzung einer Eigenheimzulage und die Ablehnung der Änderung des Einkommensteuerbescheids 1995 als unbegründet zurück.
Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg.
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger u.a. geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Es müsse geklärt werden, ob dem Antrag auf Eigenheimzulage Rückwirkung i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) trotz § 19 Abs. 2 Satz 4 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) zukomme. In diesem Fall sei Eigenheimzulage zu gewähren und § 10e EStG finde keine Anwendung. In der Literatur werde vertreten, daß bei bestandskräftiger Einkommensteuerveranlagung 1995 in dem Antrag nach § 19 Abs. 2 EigZulG ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 liege. Der Antrag auf Eigenheimzulage schließe durch seine Rückwirkung gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 EigZulG den Vorkostenansatz gemäß § 10e Abs. 6 EStG im Jahr 1995 aus, nicht umgekehrt.
Der Kläger beantragt, die Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Nürnberg vom 26. November 1998 V 897/97 zuzulassen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zurückzuweisen. Sie ist unbegründet.
1. Der Kläger hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht für alle von ihm aufgeworfenen Fragen dargelegt (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache muß schlüssig dargelegt werden. Dies erfordert ein konkretes Eingehen des Beschwerdeführers darauf, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist. Außerdem muß der Beschwerdeführer nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) substantiiert darlegen, daß die streitige Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, d.h. in einem Revisionsverfahren voraussichtlich geklärt werden kann (sog. Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage; vgl. z.B. Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß, Rdnr. 150, m.w.N.; vgl. ferner die Nachweise aus der Rechtsprechung bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Anm. 61).
a) Soweit der Kläger die Zulassung im Hinblick auf die Frage begehrt, ob ein Steuerbescheid zuungunsten eines Beteiligten gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 geändert werden könne, auch wenn der Bescheid rechtswidrig sei, genügt die Nichtzulassungsbeschwerde diesen Anforderungen nicht. Die Beschwerdebegründung enthält keinerlei Ausführungen dazu, daß diese Rechtsfrage für eine Vielzahl von Steuerpflichtigen von erheblicher Bedeutung sei und deshalb eine höchstrichterliche Entscheidung notwendig erscheine. Der Kläger geht insbesondere nicht darauf ein, ob diese Frage im Streitfall überhaupt klärungsfähig ist. Hierzu bestand im Hinblick darauf Veranlassung, daß das FG die Anwendung des § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 mit der Begründung abgelehnt hat, daß der bestandskräftige Steuerbescheid nicht zur anderen Ausübung eines Wahlrechts geändert werden könne. Aus der Sicht des FG kam es damit nicht darauf an, ob der ursprüngliche Steuerbescheid rechtswidrig war oder nicht.
b) Soweit der Kläger geltend macht, der Einkommensteuerbescheid 1995 sei rechtswidrig, weil in den Vordrucken zur Einkommensteuererklärung 1995 (Anlage FW) nur ein Vorkostenabzug nach § 10e EStG vorgesehen sei, genügt die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Mit der Behauptung, das Urteil des FG sei rechtsfehlerhaft, wird die grundsätzliche Bedeutung nicht dargelegt (vgl. BFH-Beschluß vom 18. Mai 1994 II B 29/94, BFH/NV 1995, 125). Den Ausführungen des Klägers läßt sich im übrigen nicht entnehmen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung in diesem Zusammenhang geklärt werden sollte.
c) Keinen Erfolg hat der Kläger ferner mit seinem Vorbringen, ein Steuerpflichtiger, bei dem 1995 Objektverbrauch eingetreten sei und bei dem sich später die Möglichkeit zur Förderung eines Zweitobjektes wieder öffne, dürfe bei Vorliegen der anderen Voraussetzungen für die Eigenheimzulage nicht schlechter gestellt werden als ein Steuerpflichtiger, bei dem 1995 kein Objektverbrauch eingetreten sei. Der Kläger legt weder dar, aus welchen Rechtsnormen sich dieser Anspruch ergeben könnte, noch enthält die Beschwerdebegründung insoweit Ausführungen, daß eine solche Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist.
Zwar trägt der Kläger in seinem Schriftsatz vom 16. März 1999 vor, daß die Anwendung des § 19 Abs. 2 Satz 4 EigZulG nach den Motiven des Gesetzgebers und nach allgemeinem Verständnis der Norm zwingend ein steuerliches Wahlrecht des Anspruchstellers voraussetze, zu dessen Ausübung er tatsächlich und rechtlich in der Lage gewesen sein müsse. Ob dieses Vorbringen geeignet wäre, die Zulassung der Revision zu begründen, braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Zulassungsgründe, die ―wie hier― erst nach Ablauf der Beschwerdefrist vorgetragen werden, darf der BFH nämlich nicht berücksichtigen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Anm. 55, m.w.N.). Bei einer auf grundsätzliche Bedeutung gestützten Nichtzulassungsbeschwerde sind nur die innerhalb der Beschwerdefrist ordnungsgemäß dargelegten Rechtsfragen zu prüfen (BFH-Beschluß vom 6. August 1986 II B 53/86, BFHE 147, 219, BStBl II 1986, 858).
Die Nichtzulassungsbeschwerde dürfte jedoch insoweit unbegründet sein, da die gesetzliche Regelung des § 19 Abs. 2 Satz 4 EigZulG eindeutig ist und offensichtlich nur so ausgelegt werden kann, wie es das FG getan hat (vgl. dazu unter 2.). Aus dem Gesetz ergeben sich keine Anhaltspunkte, daß § 19 Abs. 2 Satz 4 EigZulG keine Anwendung findet, wenn im Veranlagungszeitraum 1995 nicht die Voraussetzungen für die Gewährung der Eigenheimzulage vorgelegen haben. Unabhängig davon steht es in diesen Fällen dem Antragsteller frei, sich die Option für die Eigenheimzulage in späteren Veranlagungszeiträumen dadurch offenzuhalten, daß er von der Steuerbegünstigung nach § 10e EStG keinen Gebrauch macht.
2. Auch im übrigen ist die Nichtzulassungsbeschwerde unbegründet. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH fehlt es an der Zulassungsvoraussetzung der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage dann, wenn sich diese ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten läßt (z.B. BFH-Beschluß vom 5. April 1995 I B 126/94, BFHE 177, 231, BStBl II 1995, 496) oder offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat (z.B. BFH-Beschluß vom 15. Dezember 1989 VI B 78/88, BFHE 159, 196, BStBl II 1990, 344).
Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob es sich bei einem Antrag nach § 19 Abs. 2 EigZulG bei bestandskräftiger Einkommensteuerveranlagung 1995 um ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 handelt, ist vom FG zutreffend verneint worden. Diese Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig; denn nach der eindeutigen Regelung des § 19 Abs. 2 Satz 4 EigZulG läßt sich die Frage nur so beantworten, wie dies in der angefochtenen Entscheidung geschehen ist.
Nach § 19 Abs. 2 Satz 4 EigZulG ist ein Antrag, das Eigenheimzulagengesetz nach Satz 1 dieser Regelung anzuwenden, u.a. ausgeschlossen, wenn der Anspruchsberechtigte für Veranlagungszeiträume nach dem Veranlagungszeitraum 1994 Aufwendungen nach § 10e Abs. 6 oder § 10h Satz 3 EStG abgezogen hat. Das Wahlrecht ist danach jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn die Einkommensteuerveranlagung für den Veranlagungszeitraum 1995 bestandskräftig ist (so auch Wacker, Eigenheimzulagengesetz, 2. Aufl., § 19 Rz. 42; Greger, Die neue Eigenheimförderung, S. 25 Rdnr. 8; Hausen/ Kohlrust-Schulz, Die Eigenheimzulage, 2. Aufl. Rdnr. 648). Der Ausschluß des Wahlrechts nach § 19 Abs. 2 Satz 4 EigZulG bewirkt, daß der Antragsteller die Anwendung des Eigenheimzulagengesetzes nicht mehr beantragen kann. Ein dennoch gestellter Antrag ist im Anschluß an einen bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid 1995, in dem der Antragsteller Vorkosten gemäß § 10e Abs. 6 EStG abgezogen hat, nicht mehr zulässig und vermag daher auch keine Rechtsfolgen auszulösen. Insbesondere stellt er kein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 dar; denn die Rechtsfolgen des § 19 Abs. 2 Satz 2 EigZulG können erst eintreten, wenn der Anspruchsberechtigte von seinem Wahlrecht auf Anwendung des Eigenheimzulagengesetzes Gebrauch machen kann.
3. Im übrigen ergeht der Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Geseztes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne weitere Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 302471 |
BFH/NV 1999, 1335 |