Entscheidungsstichwort (Thema)
Unklarheit der Rechtsmittelbelehrung des FG
Leitsatz (NV)
Die Rechtsmittelbelehrung "Gegen diesen Beschluß kann innerhalb von zwei Wochen nach der Bekanntgabe die Beschwerde beim Finanzgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt werden. Über sie entscheidet der Bundesfinanzhof, wenn das beschließende Gericht ihr nicht abhilft. Vor dem Bundesfinanzhof muß sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Das gilt auch für die Einlegung der Beschwerde…" erlaubt nicht den Schluß, es gebe innerhalb des Beschwerdeverfahrens ein Abhilfeverfahren vor dem FG, bei dem der Vertretungszwang nicht gilt.
Normenkette
FGO § 56 Abs. 2, § 129 Abs. 1
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat den Antrag des Antragstellers und Beschwerdeführers (Antragsteller) auf Prozeßkostenhilfe (PKH) mit Beschluß vom 17. März 1998 (zugestellt am 18. Mai 1998) abgelehnt. Der Beschluß hatte folgende Rechtsmittelbelehrung:
"Gegen diesen Beschluß kann innerhalb von zwei Wochen nach der Bekanntgabe die Beschwerde beim Finanzgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt werden. Über sie entscheidet der Bundesfinanzhof, wenn das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.
Vor dem Bundesfinanzhof muß sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Das gilt auch für die Einlegung der Beschwerde. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte, welche die Befähigung zum Richteramt besitzen, vertreten lassen.
Schriftsätzen im Verfahren über die Beschwerde sollen so viele Abschriften beigefügt werden, wie Beteiligte vorhanden sind."
Der Antragsteller hat gegen den Beschluß des FG am 2. Juni 1998 persönlich Beschwerde eingelegt, die der erkennende Senat am 2. September 1998 als unzulässig verworfen hat. Bevor der Beschluß dem Antragsteller nachweislich bekanntgegeben wurde, hat er seine Beschwerde zurückgenommen. Der Senat hat darauf mit Beschluß vom 14. Januar 1999 (an den Antragsteller abgesandt am 26. Januar 1999) das Verfahren eingestellt.
Am 8. Oktober 1998 hat der Antragsteller, vertreten durch die Prozeßbevollmächtigte, erneut Beschwerde eingelegt und wegen der Versäumnis der Beschwerdefrist (§ 129 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung führt er an, die Rechtsmittelbelehrung sei in bezug auf das Erfordernis der Postulationsfähigkeit ungenau. Zwar sei im zweiten Absatz der Belehrung auf den Vertretungszwang vor dem Bundesfinanzhof (BFH) hingewiesen. In Absatz eins der Belehrung werde aber auf die Abhilfemöglichkeit durch das FG hingewiesen und dies ohne Hinweis auf einen Vertretungszwang in diesem Teil des Verfahrens. Der Antragsteller habe daraus den Schluß gezogen, daß innerhalb der Beschwerdefrist ein Abhilfeverfahren vor dem FG ohne Vertretungszwang durchgeführt werde und erst wenn dies erfolglos sein sollte, für die Vorlage zum BFH eine postulationsfähige Person hinzugezogen werden müsse. Aus der Sicht des Antragstellers sei diese Auslegung logisch. In diesem Verfahren gehe es darum, daß der Antragsteller die Kosten einer Vertretung nicht tragen müsse. Es gehe daher darum, diese Kosten solange wie möglich zu vermeiden, nämlich bis zur Vorlage der Beschwerde zum BFH nach Verweigerung einer Abhilfe durch das FG.
Der Antragsteller sei in seinem Rechtsirrtum von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des FG bei der Einlegung seiner Beschwerde bestärkt worden. Der Rechtsirrtum sei erst durch den Hinweis des BFH im Schreiben vom 24. September 1998 im Verfahren … entfallen.
Der Antragsteller beantragt, den Beschluß des FG Baden-Württemberg vom 17. März 1998 aufzuheben und ihm die beantragte PKH zu gewähren.
Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluß vom 22. Oktober 1998).
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie ist nicht innerhalb der Frist gemäß § 129 Abs. 1 FGO eingelegt worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann dem Antragsteller nicht gewährt werden, weil er die gesetzliche Frist nicht ohne Verschulden versäumt hat (§ 56 FGO).
Es kann offen bleiben, ob der Antragsteller den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb der Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO gestellt hat. Die Belehrungen über den Vertretungszwang sind in der Rechtsbehelfsbelehrung des FG nicht so unklar, daß sie die Auslegung erlauben, es gebe innerhalb des Beschwerdeverfahrens ein Abhilfeverfahren vor dem FG, für das der Vertretungszwang nicht gelte. Voraussetzung wäre, daß die Beschwerde selbst ohne Prozeßvertreter eingelegt werden könnte. In Absatz 2 der Rechtsbehelfsbelehrung ist aber ausdrücklich gesagt, daß der Vertretungszwang auch "für die Einlegung der Beschwerde" gilt. Abgesehen davon ist die Auslegung des Antragstellers auch weder logisch noch sinnvoll, weil die Entscheidung, ob überhaupt ein Rechtsmittel eingelegt werden soll und in der Regel auch dessen Begründung damit dem möglicherweise rechtsunkundigen Beschwerdeführer überlassen bliebe (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 16. Januar 1984 GrS 5/82, BFHE 140, 408, BStBl II 1984, 439, zu III.).
Inwiefern die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle den Antragsteller in seiner Auffassung bestärkt habe, hat der Antragsteller nicht näher dargetan.
Fundstellen
Haufe-Index 302361 |
BFH/NV 1999, 1368 |