Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei angegriffenem Steuerbescheid
Leitsatz (NV)
Wird die Aufhebung eines Steuerbescheids oder die Feststellung seiner Unwirksamkeit beantragt, bestimmt sich der Streitwert nach der festgesetzten Steuerschuld. Einen symbolischen Streitwert wegen Klärung einer abstrakten Rechtsfrage in einem gerichtlichen Verfahren kennt das Kostenrecht nicht.
Normenkette
GKG § 13 Abs. 1-2
Tatbestand
Die Kostenschuldner X machten im Wege der finanzgerichtlichen Klage Erstattungsansprüche wegen vermeintlicher Nichtigkeit der geänderten Einkommensteuerbescheide ... geltend. Sie waren der Ansicht, daß die Steuerbescheide wegen Verwechslungsgefahr unwirksam gewesen wären, da sie an Herrn und Frau X adressiert waren. Die in der Adresse benannte Frau wäre nicht eindeutig bezeichnet gewesen. Es wären drei Frauen in Betracht gekommen: die erste Ehefrau des Kostenschuldners zu 1, seine Mutter oder seine zweite Ehefrau, die Kostenschuldnerin zu 2.
Gegen das klageabweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) legten die Kostenschuldner Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ein. Sie machten grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Divergenz geltend. Der beschließende Senat wies die Beschwerde kostenpflichtig durch Beschluß als unbegründet zurück. Der Beschluß wurde unter Hinweis auf Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs nicht begründet.
Mit Kostenrechnung setzte die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) für das Beschwerdeverfahren Gerichtskosten in Höhe von ... DM an. Dabei legte die Kostenstelle einen Streitwert von ... DM zugrunde. Diese Summe entspricht den von den Kostenschuldnern im finanzgerichtlichen Verfahren beantragten Erstattungsbeträgen unter Berücksichtigung der vom Finanzamt (FA) anerkannten Erstattungsbeträge. Mit der Erinnerung machen die Kostenschuldner geltend, daß der Nichtzulassungsbeschwerde nur ein symbolischer Streitwert zugrundegelegt werden könnte. Selbst bei Unwirksamkeit der streitbefangenen Steuerbescheide wäre es, wie im finanzgerichtlichen Urteil ausgeführt, nicht zu einer Erstattung gekommen, da die usprünglichen Bescheide mit einer höheren Steuerschuld wieder aufgelebt wären. Im übrigen verstoße es gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz, für eine nicht begründete Entscheidung dieselbe Gebühr wie für eine begründete zu erheben.
Die Kostenschuldner beantragen sinngemäß, die Kosten nach einem symbolischen Streitwert anzusetzen.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung ist statthaft, aber nicht begründet.
Mit der Erinnerung können Einwendungen erhoben werden, die sich gegen den Kostenansatz selbst richten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG -), also gegen die einzelnen Kostenansätze oder gegen den zugrunde gelegten Streitwert. Die Kostenschuldner wenden sich mit ihrer Erinnerung gegen den der Kostenrechnung zugrunde gelegten Streitwert. Der Streitwert ist jedoch zutreffend mit ... DM angenommen worden.
1. In Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG). Nur wenn der bisherige Sach- und Streitstand hierfür keine Anhaltspunkte bietet, ist ein Streitwert von 6000 DM anzunehmen (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG). Betrifft der Antrag des Klägers einen auf eine bezifferte Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt, so ist deren Höhe maßgebend (vgl. § 13 Abs. 2 GKG).
Die Kostenschuldner hatten im Klageverfahren einen genau bezifferten Erstattungsantrag gestellt. Insofern bestimmt sich ihr Interesse bereits nach diesem Betrag und war der Streitwert entsprechend anzunehmen.
Aber auch wenn die Kostenschuldner meinen, es hätte nur ein symbolischer Streitwert der Kostenrechnung zugrunde gelegt werden dürfen, weil es wegen des Wiederauflebens der ursprünglichen Steuerbescheide zu keiner Erstattung kommen konnte, ist der Kostenansatz richtig. Wird die Aufhebung eines Steuerbescheids oder die Feststellung seiner Unwirksamkeit beantragt, bestimmt sich der Streitwert nach der festgesetzten Steuerschuld (BFH-Beschlüsse vom 8. Juni 1988 IX E 4/87, BFH/NV 1989, 43; vom 10. September 1986 II E 2/86, BFH/NV 1987, 802; vom 2. November 1977 I E 2/77, BFHE 123, 410, BStBl II 1978, 58). Wenn die Kostenschuldner davon ausgegangen sein sollten, selbst im Falle des Obsiegens keine Erstattung erlangen zu können, so ging doch ihr Interesse dahin, daß mit der Erstattungentscheidung die vermeintliche Nichtigkeit der Einkommensteuerbescheide gerichtlich festgestellt werde. Es stand somit die Feststellung der Unwirksamkeit der Einkommensteuerbescheide im Mittelpunkt ihres Interesses. Daher ist der Streitwert auch nach den Steuerbeträgen in diesen Bescheiden zu bemessen. Ob die Kostenschuldner nur eine abstrakte Rechtsfrage im Rahmen des Verfahrens klären lassen wollten, ist unerheblich.
Der Streitwert des finanzgerichtlichen Verfahrens ist auch für das Beschwerdeverfahren maßgeblich. Der Streitwert einer Nichtzulassungsbeschwerde entspricht dem Streitwert des Klageverfahrens, sofern der Beschwerdeführer nicht erkennbar macht, daß er im Revisionsverfahren das Klagebegehren nur noch eingeschränkt weiterverfolgen will (BFH-Beschluß vom 12. Januar 1978 IV E 1/77, BFHE 124, 144, BStBl II 1978, 198). Ausweislich der Beschwerdeschrift war dies bei den Kostenschuldnern nicht der Fall. Sie haben in ihrer Divergenzrüge sogar ausdrücklich hervorgehoben, daß sie von einem Erstattungsbetrag ausgingen. So verwiesen sie darauf, daß im Falle des Wiederauflebens der ursprünglichen Steuerbescheide geklärt werden müßte, ob die Steueransprüche nicht verjährt seien. Daraus wird deutlich, daß sie mit dem Revisionsverfahren die Ziele des Klageverfahrens weiter verfolgen wollten. Dann richtet sich auch der Streitwert der Nichtzulassungsbeschwerde nach diesem klägerischen Interesse.
2. Die von den Kostenschuldnern geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken überzeugen nicht, da im Falle einer Entscheidung ohne Begründung keine Ungleichbehandlung vorliegt. Die Verfahrensgebühr fällt mit dem Betreiben des Verfahrens, also der ersten Prozeßhandlung an (Hartmann, Kostengesetze, 24. Aufl., KV 1010 Anm. 2). Bei der Beschwerde erwächst die Gebühr also bereits mit der Einreichung der Beschwerdeschrift, unabhängig davon, ob eine mit Gründen versehene Entscheidung oder eine Entscheidung ohne Begründung ergeht.
Auch im übrigen läßt der Kostenansatz keinen Rechtsfehler erkennen.
Fundstellen
Haufe-Index 419252 |
BFH/NV 1994, 255 |