Entscheidungsstichwort (Thema)
Bedeutung der Nichtvorlage schriftlicher Unterlagen und erfolgsabhängiger Vergütung für die Abgrenzung zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit
Leitsatz (NV)
Läßt sich die Tätigkeit eines Steuerpflichtigen, die ohne schriftliche Unterlagen kaum vorstellbar ist, nicht anhand schriftlicher Ausarbeitungen dokumentieren, kann das zusammen mit der Erfolgsabhängigkeit der Honorierung dafür sprechen, daß die Vergütung in Wirklichkeit für die Anknüpfung von Geschäftsbeziehungen, Klimapflege u. ä. gezahlt worden ist.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; EStG §§ 15, 18
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist nicht begründet.
1. Grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --)
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) macht geltend, daß höchstrichterlich geklärt werden müsse, ob für das Vorliegen einer freiberuflichen betriebswirtschaftlichen Beratung i. S. des § 18 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Voraussetzung sei, daß
a) konkrete Unterlagen wie Problem- und Beratungskonzepte, Lösungsbeschreibungen, Analysen, Gutachten usw. vorgelegt werden könnten,
b) die konkrete Honorargestaltung deutlich von einer mitunternehmerischen Beteiligung des Beratenden abgrenzbar sei und sich nicht an der wirtschaftlichen Entwicklung des beratenden Unternehmens orientiere.
Beide Fragen sind im vorliegenden Rechtsstreit nicht klärungsfähig. Das Finanzgericht (FG) ist davon ausgegangen, daß in der Art der Bezahlung des Klägers, die vom Unternehmenserfolg abhing und keinerlei Bezug zum Umfang der geleisteten "Beratung" aufwies, ein Indiz für die Gewerblichkeit der Tätigkeit des Klägers zu sehen sei. Diesem Indiz hat es deswegen besondere Bedeutung zugemessen, weil der Kläger keinerlei schriftliche Beispiele für seine angebliche Tätigkeit als beratender Betriebswirt vorweisen konnte. Daß die Vereinbarung eines Erfolgshonorars auf die Gewerblichkeit der honorierten Tätigkeit hindeutet, entspricht der ständigen Rechtsprechung (vgl. Senatsurteil vom 4. Juni 1992 IV R 86--88/91, BFH/NV 1992, 811, m. w. N.). Welches Gewicht diesem Indiz zukommt, richtet sich -- auch das folgt aus der genannten Rechtsprechung -- nach den Umständen des jeweiligen Falles. Läßt sich die Tätigkeit des Steuerpflichtigen nicht anhand schriftlicher Aus arbeitungen dokumentieren, kann das zusammen mit der Erfolgsabhängigkeit der Honorierung dafür sprechen, daß die Vergütung in Wirklichkeit für die Anknüpfung von Geschäftsbeziehungen, Klimapflege bei Behörden, die Vermittlung von Aufträgen o. ä. gezahlt wurde. Das gilt insbesondere dann, wenn die angebliche Beratungstätigkeit ohne schriftliche Unterlagen kaum vorstellbar ist. So verhielt es sich im Streitfall, in dem der Kläger -- ohne jede weitere Erklärung -- behauptet hat, seine Beratungstätigkeit habe sich erstreckt auf die Beurteilung von Buchhaltungs- und Bilanzfragen, Abschlußprüfungen, Ertrags-, Rentabilitäts- und Kostenrechnungen, Liquiditätkontrollen, Unternehmensstrategien, -konzepte und -ziele, organisatorische Fragen, Rechts- und Steuerfragen sowie im Bereich des Umweltschutzes auf Analysenbewertungen, Gefahrstoffbeurteilungen, Umweltverträglichkeitsuntersuchungen, Beurteilung von Projekten und Verfahren, Beratung in umweltrechtlichen Fragen, Verwertungsgrundsätze, politische Grundsatzfragen.
2. Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO)
Die zulässige Rüge einer Divergenz i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO erfordert, daß abstrakten Rechtssätzen aus dem angefochtenen Urteil des FG abstrakte Rechtssätze aus dem angeblichen Divergenzurteil gegenübergestellt werden (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 115 Rdnr. 63, m. w. N. aus der Rechtsprechung). Hieran fehlt es im Streitfall.
a) Wenn der Kläger geltend macht, aus keinem der sieben von ihm zitierten Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) ergebe sich, daß der Nachweis einer freiberuflichen Beratungstätigkeit nur anhand von schriftlichen Dokumenten erbracht werden könne, so folgt hieraus allenfalls, daß ein solcher Rechtssatz nicht auf diese Urteile gestützt werden kann, nicht jedoch, daß die BFH- Urteile einen gegenteiligen Rechtssatz enthalten. Abgesehen davon beruht das FG- Urteil nicht auf der Auffassung, daß eine schriftliche Dokumentation zu den Voraussetzungen für die Anerkennung einer freiberuflichen Beratungstätigkeit gehöre.
b) Auch eine Divergenz zum BFH-Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751) ist weder in zulässiger Weise gerügt, noch liegt sie vor.
Das FG hat erkennbar nicht angenommen, daß zwischen der ... und dem Kläger eine Mitunternehmerschaft im Sinne dieses Beschlusses bestanden habe. Das FG hat vielmehr lediglich festgestellt, daß der Kläger eine "fortlaufende Betätigung ... , wie sie gleichsam auch bei einer erfolgsabhängigen mitunternehmerischen Betriebsführung anfällt", ausgeübt habe. Das FG hat den Vergleich zur verdeckten Mitunternehmerschaft nur herangezogen, um die im "Beratungsvertrag" vom ... vereinbarte Vergütung als "unternehmerische Erfolgsbeteiligung" zu kennzeichnen.
3. Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO)
Wird -- wie im Streitfall -- mangelnde Sachaufklärung gerügt, so ist die Angabe des übergangenen Beweismittels ebenso erforderlich wie Ausführungen dazu, was das Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme gewesen wäre (vgl. Gräber/Ruban, a. a. O., § 120 Rdnr. 40, m. w. N. aus der Rechtsprechung). An beiden Voraussetzungen fehlt es im Streitfall. Der Kläger hat im Beschwerdeverfahren -- ebensowenig wie im Verfahren vor dem FG -- weder einen Zeugen benannt, noch hat er konkretisiert, welche Aussage dieser Zeuge gemacht hätte. Abgesehen davon hat er, obwohl er in der mündlichen Verhandlung durch einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe vertreten war, das Unterlassen der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung nicht -- wie es erforderlich gewesen wäre -- gerügt (Senats urteil vom 27. Februar 1992 IV R 131/90, BFH/NV 1992, 664).
Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 421490 |
BFH/NV 1996, 882 |