Leitsatz (amtlich)
Der Streitwert für gleichzeitig erhobene Anfechtungsklagen desselben Klägers gegen mehrere getrennt erlassene Steuerbescheide ist, solange eine Verbindung der Klagen durch Gerichtsbeschluß noch nicht stattgefunden hat, für jedes einzelne Verfahren getrennt, für die Zeit nach der Verbindung in einer Summe festzusetzen.
Normenkette
FGO § 73 Abs. 1, § 140 Abs. 3, § 146 Abs. 1; RAGebO § 7 Abs. 2
Tatbestand
Der angefochtene Beschluß betrifft die für jeden Veranlagungszeitraum getrennt eingelegten Anfechtungsklagen gegen die Umsatzsteuerbescheide 1961 bis 1964. Er enthält eine isolierte Kostenentscheidung gemäß § 138 Abs. 2 FGO, die nach Erledigung der Hauptsache ergangen ist und das Finanzamt mit den Kosten belastet. Außerdem wird in der Entscheidung der Streitwert unter Zusammenrechnung der einzelnen Klagesummen auf ... DM festgesetzt. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit vier im wesentlichen gleichlautenden Beschwerden, mit denen sie die Festsetzung des Streitwerts getrennt für jede einzelne Klage erstrebt. Zur Begründung führt sie aus: Durch den angefochtenen Beschluß seien ihre Interessen beeinträchtigt, da sich ihr Prozeßbevollmächtigter im Falle der Gebührenberechnung nach dem Streitwert eines jeden einzelnen Falles besser stelle, als im Falle der Berechnung aus der Gesamtsumme. Sie sei ihrem Rechtsanwalt erstattungspflichtig nach Maßgabe der Gebühren, die in jedem Einzelfall entstanden seien. Das FG hat den Beschwerden nicht abgeholfen.
Die vier Beschwerden sind als Einheit aufzufassen, da gegen einen einheitlichen Beschluß nur ein einheitliches Rechtsmittel zulässig ist.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Das Rechtsmittel ist begründet. Das FG konnte die vier Anfechtungsklagen nur durch einen Beschluß verbinden (§ 73 Abs. 1 FGO). Ob eine solche Maßnahme, da sie lediglich prozeßleitende Natur hat, von einem Kollegialgericht auch stillschweigend getroffen werden kann (vgl. Baumbach-Lauterbach, Zivilprozeßordnung, Anm. 2 zu § 147), braucht hier nicht entschieden zu werden. Nach dem Akteninhalt, insbesondere nach dem Nichtabhilfebeschluß des FG vom 24. Juni 1968, steht nämlich fest, daß das FG die Verbindung der Verfahren (intern) jedenfalls erst beschlossen hat, nachdem die Parteien die Hauptsache für erledigt erklärt hatten.
Die Verbindung der Verfahren kann sich nach herrschender Auffassung gebührenrechtlich nicht für die Vergangenheit auswirken. Die vor der Verbindung entstandenen Gebühren bleiben bestehen (vgl. Baumbach-Lauterbach, Zivilprozeßordnung, Anm. B zu § 147, mit weiteren Nachweisen). Die Klägerin schuldet also insbesondere dem Prozeßbevollmächtigten - soweit nicht § 7 Abs. 2 der Gebührenordnung für Rechtsanwälte (RAGebO) eingreift (Zusammenrechnung der Werte mehrerer Gegenstände, wenn es sich um "dieselbe Angelegenheit" handelt) - die Prozeß- und Erledigungsgebühren, wie sie sich aus der Berechnung nach den Streitwerten der einzelnen Klagen ergeben. Da der Streitwert nur zum Zwecke der Gebührenberechnung (§ 146 Abs. 1 Satz 2 FGO) festgesetzt wurde, mußte das FG - unabhängig von der Frage der Zulässigkeit der Prozeßverbindung nach Erledigung der Hauptsache - die Streitwertfestetzung so gestalten, daß sie für das Kostenfestsetzungsverfahren tauglich ist. Dabei war aber die Frage, ob § 7 Abs. 2 RAGebO anwendbar sei, nicht zu prüfen, da immerhin die Gerichts kosten nach getrennten Streitwerten zu berechnen sind. Die angefochtene Entscheidung war deshalb hinsichtlich der Streitwertfestsetzung zu ändern wie geschehen.
Da die Vorentscheidung zu Auseinandersetzungen im Kostenfestsetzungsverfahren oder zum Streit zwischen der Klägerin und ihrem Prozeßbevollmächtigten führen könnte, hat der Senat das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin für die Beschwerde anerkannt, obwohl die Vorentscheidung eine finanzielle Beschwer für diese Partei nicht enthält.
Fundstellen
BStBl II 1968, 778 |
BFHE 1968, 266 |