Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassungsfreie Revision
Leitsatz (NV)
Zu den Voraussetzungen einer zulassungsfreien Revision nach § 116 FGO.
Normenkette
FGO § 116
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war Geschäftsführer einer GmbH, über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) nahm ihn wegen einbehaltener, aber nicht abgeführter
Lohnsteuer der GmbH für den Zeitraum April/Mai 1984 als Haftungsschuldner gemäß §§ 34, 69 der Abgabenordnung (AO 1977) in Anspruch. Einspruch und Klage des Klägers gegen den Haftungsbescheid blieben im Ergebnis ohne Erfolg.
Der Kläger legte gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Revision und zugleich vorsorglich Nichtzulassungsbeschwerde ein. Die Zulässigkeit der Revision begründet er mit dem Vorliegen von Verfahrensmängeln i.S. des § 116 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Insoweit macht er geltend, das FG habe eine mangelnde Sachaufklärung betrieben, indem es seinen Beweisantrag, daß die streitbefangenen Steuern gestundet gewesen seien, nicht nachgekommen sei und die hierzu benannten Zeugen nicht vernommen habe. Ferner beruhe das Urteil auf einer in den Erlaß- und Stundungsakten enthaltenen Gesprächsnotiz des FA vom 5. Juli 1984, die nicht ordnungsgemäß - nämlich durch Verlesung in der mündlichen Verhandlung - in den Prozeß eingeführt worden sei. Dadurch sei ihm (dem Kläger) das rechtliche Gehör versagt worden.
Der Kläger hält die Vorentscheidung auch materiell-rechtlich für fehlerhaft, weil seine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner ermessensfehlerhaft sei. Er beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, sie als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist gemäß §§ 124, 126 Abs. 1 FGO durch Beschluß zu verwerfen, weil sie unzulässig ist. Nach Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) i.d.F. des Gesetzes zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher und finanzgerichtlicher Verfahren vom 4. Juli 1985 (BGBl I, 1274) findet abweichend von § 115 Abs. 1 FGO die Revision nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen hat. Das FG hat die Revision im Streitfall nicht zugelassen; der BFH hat die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers durch Beschluß des Senats vom heutigen Tage VII B 164/87 als unbegründet zurückgewiesen. Ein Fall der zulassungsfreien Revision gemäß § 116 FGO liegt entgegen der Auffassung des Klägers nicht vor.
Die vom Kläger gerügten Verfahrensmängel - mangelnde Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) und Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO, § 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) - gehören nicht zu den in § 116 Abs. 1 FGO aufgeführten wesentlichen Mängeln des Verfahrens, bei deren Vorliegen es einer Zulassung der Revision nicht bedarf. Der Senat braucht deshalb für die Statthaftigkeit der Revision die Begründetheit der geltend gemachten Verfahrensrügen nicht zu prüfen. Das gilt auch für die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs. Dieser Verfahrensmangel ist zwar in § 119 Nr. 3 FGO als absoluter Revisionsgrund aufgeführt; er zählt aber nicht zu den besonders schweren Verfahrensverstößen i.S. des § 116 FGO (BFH-Beschluß vom 11. April 1978 VIII R 215/77, BFHE 125, 28, BStBl II 1978, 401; Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 116 FGO Tz. 8). Insbesondere ist in den Fällen der Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht der Zulassungsgrund des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO (nicht ordnungsgemäße Vertretung eines Beteiligten) gegeben (vgl. Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 116 Rz. 1). Die Revision ist demnach nicht statthaft.
Fundstellen
Haufe-Index 415606 |
BFH/NV 1988, 650 |