Entscheidungsstichwort (Thema)
Betrieb eines Fitneß-Studios
Leitsatz (NV)
Die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen der Betrieb eines Fitneß-Studios eine unterrichtende Tätigkeit darstellt, bedarf keiner weiteren Klärung.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2; GewStG § 2 Abs. 1; EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Gesellschafter der Antragstellerin, Klägerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) führen ein in drei Gemeinschaften unterteiltes Fitneß-Zentrum. Die GbR betreibt eine Sportschule für Judo und Karate. Die Arbeitsgemeinschaft A ist auf gewerbliche Bereiche (wie z. B. Sportartikelverkauf; Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft) ausgerichtet. Der eine der Gesellschafter ist Inhaber eines Trainer-Diploms, die beiden anderen sind staatlich geprüfte Sportlehrer. Die Antragstellerin selbst betreibt ein Fitneß-Studio. Deren Kunden wurden an den Geräten (zum 31. Dezember 1984 47 Trainingsgeräte) eingewiesen. Darüber hinaus wurden individuelle Trainingsprogramme erstellt und jedem Kunden ein Trainingsbuch ausgehändigt. Die Übungseinheiten sollten mit gymnastischen Übungen eingeleitet werden; anschließend sollten die Teilnehmer Geräteübungen nach Art eines Zirkeltrainings ausführen. Die Verträge über Fitneß-Training umfaßten einen Zeitraum von 24 Monaten; bestimmte Anfangstermine waren nicht vorgesehen. Neben Probeverträgen für 6 und 12 Monate konnten auch Einzelstunden gebucht werden.
Im Anschluß an eine Außenprüfung beurteilte der Antragsgegner, Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) die Tätigkeit der Antragstellerin als gewerblich. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) verneinte eine unterrichtende Tätigkeit. Die Betreuung der Kunden habe partiell auch unterrichtende Komponenten enthalten. Die Möglichkeit der Raum- und Gerätenutzung habe jedoch im Vordergrund gestanden. Diese Beurteilung ergebe sich aus dem Vortrag der Antragstellerin, den von ihr vor gelegten Unterlagen und den Zeugenaus sagen.
Die Antragstellerin hält die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheide für ernstlich zweifelhaft.
1. Ihrer Nichtzulassungsbeschwerde sei stattzugeben. Die Sache habe grundsätzliche Bedeutung. Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13. Januar 1994 IV R 79/92 (BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362) sei nicht als hinreichende Klärung der Einkünftequalifizierung von Fitneß-Studios anzusehen. Der BFH sage selbst, daß sich die Frage, ob das Betreiben eines Fitneß-Studios als freiberuflich oder als gewerblich anzusehen sei, nicht für alle in Betracht kommenden Unternehmen einheitlich beantworten lasse. Nur wenn mehrere höchstrichterliche Entscheidungen zu unterschiedlichen Formen von Fitneß-Studios vorlägen, könne die BFH-Rechtsprechung eine hinreichende Rechtssicherheit vermitteln. Die Nichtzulassungsbeschwerde werde auch auf Divergenz gestützt. Die Abweichung des angefochtenen Urteils von der BFH-Entscheidung bestehe darin, daß das FG andere Kriterien zur Abgrenzung der gewerblichen von der unterrichtenden Tätigkeit herangezogen habe. Während das FG eine lehrgangsmäßige (institutionalisierte) Unterrichtung verlange, können nach der BFH-Rechtsprechung bereits eine individuelle Betreuung und Überwachung genügen.
2. Auf der Grundlage der vom FG festgestellten Tatsachen ergebe sich, daß das von der Antragstellerin betriebene Fitneß-Studio nach den Kriterien des BFH-Urteils in BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362 als nicht gewerbliche Tätigkeit zu qualifizieren sei.
Die Antragstellerin beantragt, die Vollziehung der Gewerbesteuermeßbescheide 1981 bis 1984 auszusetzen.
Das FA beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Die Nichtzulassungsbeschwerde könne keinen Erfolg haben. Im übrigen seien die Gesellschafter aufgrund ihrer anderweitigen beruflichen Aktivitäten nicht in der Lage gewesen, den einzelnen Kunden nach Maßgabe der BFH-Rechtsprechung zu betreuen und zu unterrichten. Auch hätten die Kunden keine Lehrgangsverträge, sondern zweijährige Mitgliedschaften abgeschlossen. In jedem Trainingsraum sei nur ein Trainer anwesend gewesen, dem es bereits aus zeitlichen Gründen nicht möglich gewesen sei, jeden Kunden zu unterrichten. Auch seien diese Trainer mangels einer entsprechenden Ausbildung nicht in der Lage gewesen, den Kunden während der gesamten Vertragsdauer zu unterrichten. Schließlich sei zu beachten, daß das Studio auch von Kunden besucht worden sei, die lediglich die Geräte hätten nutzen wollen und in keiner Weise betreut und unterrichtet worden seien.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist unbegründet. An der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen keine ernstlichen Zweifel i. S. des § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO -- (dazu vgl. Gräber/Koch, Finanz gerichtsordnung, 3. Aufl., 1993, § 69, Rz. 77). Die Bescheide sind rechtmäßig. Die Nichtzulassungsbeschwerde kann keinen Erfolg haben.
1. Nach ständiger Rechtsprechung hat eine Sache grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung des Rechts berührt (BFH-Beschlüsse vom 16. Oktober 1986 V B 64/86, BFHE 148, 10, BStBl II 1987, 95, und vom 26. September 1991 VIII B 41/91, BFHE 165, 287, BStBl II 1991, 924). Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (BFH-Beschluß vom 27. Februar 1991 II B 27/90, BFHE 163, 495, BStBl II 1991, 465). Die Rechtsfrage muß klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig sein.
Die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen der Betrieb eines Fitneß-Studios eine unterrichtende Tätigkeit darstellt, bedarf keiner weiteren Klärung. Das Urteil in BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362 enthält die maßgeblichen Grundsätze, die zur Beurteilung und Abgrenzung der einzelnen Fallgestaltungen notwendig sind. Der BFH vertritt in diesem Urteil die Auffassung, daß sich die Frage, ob das Betreiben eines Fitneß-Studios als freiberuflich oder als gewerblich anzusehen sei, nicht für alle in Betracht kommenden Fälle einheitlich beantworten lasse. Beschränke sich die individuelle Betreuung durch den Studioinhaber auf die Einweisung in die Benutzung der Geräte, so präge der gewerbliche Teil der Betätigung das Gesamtbild der Tätigkeit. Auf der anderen Seite seien Fälle denkbar, in denen die persönliche Begleitung des Trainings durch den Studioinhaber einen Umfang annehme, der die Geräte lediglich als Mittel zum Erteilen von Sportunterricht erscheinen lasse. Die dazu erforderlichen Feststellungen oblägen dem FG als Tatsachengericht und seien vom BFH als Revisionsgericht nur in beschränktem Umfang nachprüfbar. Die Würdigung des FG sei auch maßgeblich für die Beurteilung von Fällen, die sich im Grenzbereich bewegten.
2. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin weicht das FG nicht von der Rechtsprechung des BFH ab. Divergenz i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegt vor, wenn das FG in einer (entscheidungserheblichen) Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH. Das FG muß seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden rechtlichen Erwägungen einer Entscheidung des BFH nicht übereinstimmt (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115, Rz. 17). Ebenso wie das FG definiert auch der BFH Unterricht als die Vermittlung eines Lehrstoffs in organisierter und institutionalisierter Form (vgl. Urteil in BFHE 173, 331, BStBl II 1994, 362 unter 1.). Indem das FG eine mangelnde Institutionalisierung der Beratung und Überwachung hervorhebt, bringt es zum Ausdruck, daß -- wie es an späterer Stelle zusammenfassend ausführt -- unterrichtende Elemente zwar vorhanden waren, diese jedoch bedingt durch die Organisation und das Gesamtkonzept des Studios Hilfsmittel blieben, weil sie nur die Voraussetzungen einer sinnvollen Betätigung und Nutzung der Geräte schafften. Diese Ausführungen decken sich mit der Auffassung des BFH, der entscheidend darauf abstellt, ob die Gerätenutzung oder die persönliche Begleitung des Trainings im Vordergrund steht.
Fundstellen
Haufe-Index 420567 |
BFH/NV 1995, 676 |