Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblicher Grundstückshandel bei zeitlich versetzter Veräußerung eines parzellierten Grundstücks
Leitsatz (NV)
- Nur diejenigen Grundstücksverkäufe sind als gewerblich zu beurteilen, die in einem solchen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den gewerblichen Grundstücksgeschäften stehen, daß von einem einheitlichen Betätigungswillen ausgegangen werden kann. Der erforderliche sachliche Zusammenhang zwischen den einzelnen Grundstücksgesellschaften wird durch die einen Gewerbebetrieb kennzeichnenden Merkmale hergestellt.
- Zur Frage des sachlichen Zusammenhangs zwischen Grundstücksverkäufen, wenn nur ein Teil eines Grundstücksareals baureif gemacht wird, sodann dessen Teilflächen im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels veräußert werden und zu einem späteren Zeitpunkt der übrige Teil des Areals veräußert wird.
- Tritt ein Eigentümer den zur Anlegung von Straßen erforderlichen Grund und Boden an die Gemeinde ab, macht dies allein vermögensverwaltende Grundstücksverkäufe nicht zu gewerblichen.
- Divergenz i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO setzt voraus, daß das FG seinem Urteil einen Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit den ebenfalls rechtlich tragenden Erwägungen einer Entscheidung des BFH nicht übereinstimmt.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Das Finanzgericht (FG) hat sich zur Stützung seiner Rechtsauffassung (Verneinung gewerblichen Grundstückshandels) u.a. auf das Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 25. Juni 1985 VIII R 14/84 (BFH/NV 1985, 73) bezogen. Diese Entscheidung betraf den Fall, daß von mehreren erworbenen Parzellen nur eine nach Aufteilung baureif gemacht wurde und sodann deren Teilflächen im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels an verschiedene Erwerber veräußert wurden. Nach Auffassung des VIII. Senats des BFH kann der spätere Verkauf der übrigen Parzellen nur dann in die (ursprüngliche) gewerbliche Betätigung einbezogen werden, wenn sich entweder die Aktivitäten des Steuerpflichtigen auch auf die Baureifmachung dieser Parzellen erstreckt haben oder wenn diese Parzellen zwar ohne seine Betätigung Bauland geworden waren, aber ein sich auch auf diese Flächen erstreckender einheitlicher Betätigungswille vorgelegen hat. Diese Entscheidung beruht auf der rechtlichen Erwägung, daß diejenigen Verkäufe als gewerbliche Veräußerungsgeschäfte zu werten sind, bei denen der Eigentümer selbst in einer die Gewerblichkeit begründenden Weise zum Zwecke des Verkaufs auf die Baureifmachung der Grundfläche hingewirkt hat oder wenn die Grundstücke ohne seine Aktivitäten Bauland geworden waren, ihre Veräußerung aber in einem solchen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den (früheren) gewerblichen Verkäufen standen, daß bezüglich aller verkauften Grundstücke ein einheitlicher Betätigungswille anzunehmen ist. Das Urteil in BFH/NV 1985, 73 trifft mithin eine differenzierende Aussage zur sachlichen Erstreckung des Gewerbebetriebs in Fällen, in denen Grundstücksteile zeitlich versetzt bzw. in unterschiedlichem Umfang Gegenstand werterhöhender Aktivitäten sind. Es befaßt sich mit einem Anwendungsfall des Grundsatzes, daß nur diejenigen Grundstücksverkäufe als gewerblich zu beurteilen sind, die in einem solchen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den gewerblichen Geschäften stehen, daß von einem einheitlichen Betätigungswillen ausgegangen werden kann (vgl. BFH-Beschluß vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, unter C. II. 2.). Der erforderliche sachliche Zusammenhang (vgl. BFH-Urteil vom 22. Mai 1987 III R 212/83, BFH/NV 1987, 717, 719) zwischen einzelnen Grundstücksgeschäften wird durch die einen Gewerbebetrieb kennzeichnenden Merkmale hergestellt (BFH-Urteil vom 15. Dezember 1992 VIII R 9/90, BFH/NV 1993, 656, unter 2. a).
Hat die gewerbliche Tätigkeit im Hinblick auf den engen sachlichen Zusammenhang der Erwerbsvorgänge untereinander mit dem Erwerb des ersten Grundstücks begonnen, gehören die Grundstücke seit diesem Zeitpunkt zum Betriebsvermögen (BFH-Urteil vom 26. Juli 1995 X R 60/93, BFH/NV 1996, 202). Hierauf beruht das vom Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt ―FA―) angezogene Urteil vom 28. September 1995 IV R 39/94 (BFHE 179, 75, BStBl II 1996, 276), welches von der ausdrücklichen Feststellung ausgeht, "daß sämtliche Grundstücke der Klägerin zunächst zu ihrem Betriebsvermögen gehörten". Diese Entscheidung läßt auch nicht die Tendenz einer Abweichung von dem Urteil in BFH/NV 1985, 73 erkennen. Ob im Einzelfall der rechtlich erforderliche sachliche Zusammenhang zwischen einzelnen Grundstücksgeschäften vorliegt, ist keine klärungsbedürftige Rechtsfrage, sondern eine Tatfrage. Zu den diesbezüglichen Feststellungen des FG hat das FA keine Verfahrensrüge erhoben. Soweit es beanstandet, das FG habe nicht eindeutig festgestellt, ob die Erblasserin "den gewerblichen Grundstückshandel lediglich ―aus welchen Gründen auch immer― unterbrechen wollte", übersieht es, daß das ab dem Jahre 1973 veräußerte Areal nach den vom FG getroffenen Feststellungen bis zu diesem Zeitpunkt nicht zum Betriebsvermögen der Erblasserin gehörte, weil sie "von 1969 bis 1972 nicht gewillt war, weitere Grundstücke zu veräußern". Entgegen der Auffassung des FA sind die Fragen, wie lange ein Gewerbebetrieb unterbrochen werden kann und ob Grundstücksgeschäfte in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang zueinander stehen, nicht identisch. Das Vorbringen des FA zum räumlichen Zusammenhang der veräußerten Parzellen, aus welchem es einen sachlichen Zusammenhang und für die Zeit zwischen 1969 und 1972 eine Betriebsunterbrechung herleitet, zum zeitlichen Konnex der Grundstücksveräußerungen und zur Überlassung von Grundstücken zum Ausbau der D Straße bezieht sich letztlich auf die Tatsachenwürdigung des FG und damit auf die sachliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Dieses Vorbringen ist zur Begründung einer auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO gestützten Beschwerde nicht geeignet (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 58 und 62, m.w.N.).
2. Die gerügte Abweichung vom BFH-Urteil vom 13. Oktober 1983 I R 55/79 (nicht veröffentlicht ―NV―) liegt nicht vor. Eine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO setzt voraus, daß das FG seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit den ebenfalls rechtlich tragenden Erwägungen ("Rechtssatz") einer Entscheidung des BFH nicht übereinstimmt (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH-Beschluß vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 17, m.w.N.). Zwar ist dem FA darin Recht zu geben, daß der auf S. 5 der Beschwerdeschrift zitierten Textpassage dieses Urteils für sich betrachtet entnommen werden könnte, es reiche für eine gewerbliche Erschließungstätigkeit aus, daß der Grundstückseigentümer "der Gemeinde Erschließungsflächen kostenlos überträgt". Ein solcher Rechtssatz war indes für die Entscheidung nicht tragend. Der BFH hat im Rahmen einer Gesamtwürdigung darauf abgehoben, daß in jenem Streitfall die Steuerpflichtigen durch die Einschaltung eines Bauträgers, der seinerseits zwei Architekten beauftragte, die Aufstellung eines Bebauungsplans betrieben, eine große Anzahl von Bauparzellen mit Architekten und Betreuungsbindung verkauft und der Gemeinde Grundstücke unentgeltlich für die Anlegung von Straßen und Wegen und eines Spielplatzes übertragen hatten. "Weiterhin" hatten die Kläger jenes Verfahrens "aktiv dadurch an der Erschließung (mitgewirkt), daß mit ihrer Hilfe die Aufbringung der Erschließungskosten gesichert wurde". Das Urteil vom 13. Oktober 1983 resümiert: "Die Summe dieser Aktivitäten, von denen unter Umständen bereits ein Teil ausgereicht hätte, um eine gewerbliche Tätigkeit anzunehmen, geht über eine private Vermögensverwaltung weit hinaus." Daß allein die Abtretung von Straßenland an die Gemeinde für die Annahme einer Gewerblichkeit ausgereicht hätte, ergibt sich weder aus dem Urteil selbst noch aus den Entscheidungen, die als Beleg für den o.g. Rechtssatz zitiert werden: Das BFH-Urteil vom 29. August 1973 I R 214/71 (BFHE 110, 348, BStBl II 1974, 6, unter 2. b) sah in der Abtretung von Straßengrund an die Gemeinde eines von mehreren Anzeichen für eine aktive Mitwirkung des Steuerpflichtigen an der Erschließung; im Falle der BFH-Urteile vom 7. Februar 1973 I R 210/71 (BFHE 109, 308, BStBl II 1973, 642) und vom 17. Januar 1973 I R 191/72 (BFHE 108, 190, BStBl II 1973, 260) ging es nicht um die Abtretung von Straßenland.
Diese Auslegung des Urteils vom 13. Oktober 1983 I R 55/79 wird durch die zeitlich nachfolgende Rechtsprechung bestätigt. Nach dem BFH-Urteil vom 28. Juni 1984 IV R 156/81 (BFHE 141, 513, BStBl II 1984, 798) ist die Veräußerung land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke dann noch Teil der landwirtschaftlichen Betätigung, wenn der Landwirt eine über die Parzellierung und Veräußerung hinausgehende Aktivität nicht entfaltet; tritt der Landwirt den zur Anlegung von Straßen erforderlichen Grund und Boden unentgeltlich an die Gemeinde ab, macht diese zusätzliche Betätigung die Grundstücksverkäufe noch nicht zum gewerblichen Grundstückshandel. Mit Urteil vom 28. September 1987 VIII R 306/84 (BFH/NV 1988, 301) hat der BFH entschieden, daß ein Grundstückstausch mit Nachbarn zur Bereitstellung einer als Straßenzufahrt benötigten Fläche an die Gemeinde für sich allein noch nicht Gewerblichkeit begründet.
3. Im übrigen ergeht der Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 424776 |
BFH/NV 2000, 557 |