Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegung bei Verstoß gegen § 96 FGO; Vorsteuerabzug: Beweislast; guter Glaube an Unternehmereigenschaft des leistenden Unternehmers
Leitsatz (NV)
1. Bei der Rüge, das FG habe gegen § 96 FGO verstoßen, muß der Beschwerdeführer die übergangenen, nicht herangezogenen Akten, Aktenteile, Schriftsätze, Belege oder das entscheidungserhebliche Vorbringen unter Benennung der Schriftsätze (Datum, Blattzahl) genau angeben, ferner die Schlußfolgerungen, die das FG daraus hätte ziehen müssen, und die Erheblichkeit des Fehlers darlegen.
2. Die Fragen der objektiven Beweislast des Vorsteuerabzugsbegehrenden sind durch die Rechtsprechung geklärt.
3. Die Rechtsfrage, ob der gute Glaube des Leistungsempfängers an die Unternehmereigenschaft des leistenden Unternehmers bzw. an eine Leistung im Rahmen seines Unternehmens in der Weise geschützt werden kann, daß dem Leistungsempfänger der nach materiellem Recht nicht gegebene Vorsteuerabzug gewährt wird, ist in einem Revisionsverfahren gegen einen angefochtenen Umsatzsteuerbescheid nicht klärbar. Der Vorsteuerabzug wäre nur als Billigkeitsmaßnahme i. S. des § 163 AO 1977 denkbar.
Normenkette
FGO §§ 96, 115 Abs. 3 S. 3; AO 1977 § 163; UStG 1980 § 15 Abs. 1
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Soweit die Klägerin mit der Behauptung, das Finanzgericht (FG) habe im Rahmen der Urteilsfindung die schriftliche Klagebegründung außer acht gelassen, einen Verstoß gegen § 96 der Finanzgerichtsordnung (FGO) rügen will, entspricht die Beschwerde nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Denn bei der Rüge, das FG habe gegen § 96 FGO verstoßen, muß der Be schwerdeführer die übergangenen, nicht herangezogenen Akten, Aktenteile, Schriftsätze, Belege oder das entscheidungserhebliche Vorbringen unter Benennung der Schriftsätze (Datum, Blattzahl) genau angeben, ferner die Schlußfolgerungen, die das FG daraus hätte ziehen müssen, und muß die Erheblichkeit des Fehlers darlegen.
2. Soweit die Klägerin vorbringt, das FG habe die Zeugenaussage unzutreffend gewürdigt, macht sie keinen Verfahrensmangel geltend. Die Prinzipien der Beweiswürdigung werden revisionsrechtlich grundsätzlich nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zugeordnet (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 23. April 1992 VIII B 49/90, BFHE 167, 488, BStBl II 1992, 671).
3. Die von der Klägerin gerügte Divergenz liegt nicht vor.
Das FG ging von seiner Überzeugung aus, der Zeuge A habe als Nichtunternehmer (d. h. in seiner nichtunternehmerischen Sphäre) den Pkw an die Klägerin geliefert. Daran knüpft das FG die Auffassung, die private Veräußerung des Pkw könne nicht deshalb zu einer unternehmerischen Leistung umqualifiziert werden, weil aufgrund einer Fiktion angenommen werden müsse, der Pkw sei zuvor aus der nichtunternehmerischen Sphäre des Zeugen A in dessen unternehmerische Sphäre überführt worden. Mit der Ablehnung einer solchen Fiktion weicht das FG nicht von dem BFH- Urteil vom 20. Dezember 1984 V R 25/76 (BFHE 142, 524, BStBl II 1985, 176) ab.
4. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BFH-Beschluß vom 20. April 1977 I B 65/76, BFHE 122, 119, BStBl II 1977, 608). Die Rechtsfrage muß klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein.
a) Die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen, wie weit die objektive Beweislast des Vorsteuerabzugsbegehrenden reicht, welche Nachweise durch ihn stattfinden müssen und welche Aufklärungspflicht die Finanzverwaltung hat, sind durch die Rechtsprechung geklärt (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 19. Oktober 1978 V R 39/75, BFHE 127, 71, BStBl II 1979, 345; vom 24. April 1986 V R 110/76, BFH/NV 1987, 745, Umsatzsteuer- Rundschau 1988, 188; vom 8. Dezember 1988 V R 28/84, BFHE 155, 427, BStBl II 1989, 250).
b) Die Rechtsfrage, ob der gute Glaube des Leistungsempfängers an die Unternehmereigenschaft des leistenden Unternehmers bzw. an eine Leistung im Rahmen seines Unternehmens in der Weise geschützt werden kann, daß dem Leistungsempfänger der nach materiellem Recht nicht gegebene Vorsteuerabzug gewährt wird, ist in einem Revisionsverfahren nicht klärbar. Der Vorsteuerabzug wäre nur als Billigkeitsmaßnahme i. S. des § 163 der Abgabenordnung (AO 1977) denkbar (vgl. BFH in BFHE 127, 71, BStBl II 1979, 345). Die Voraussetzungen einer Billigkeitsmaßnahme können im vorliegenden Rechtsstreit, bei dem es um die materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs geht, nicht geklärt werden.
5. Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Angabe von Gründen.
Fundstellen