Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berechtigung des vollmachtlosen Vertreters zur Einlegung einer NZB
Leitsatz (NV)
1. Ein trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zur mündlichen Verhandlung erschienener Beteiligter kann anschließend regelmäßig nicht die Verletzung des § 76 Abs. 2 FGO rügen.
2. Ein vollmachtloser Vertreter, dem die Kosten des Klageverfahrens auferlegt worden sind, ist nicht zur Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde befugt.
3. In Streitigkeiten über Kosten ist gemäß § 128 Abs. 4 Satz 1 FGO die Beschwerde auch dann nicht gegeben, wenn die Kosten mangels Nachweises einer Vollmacht dem Prozessvertreter auferlegt worden sind.
Normenkette
FGO § 57 Nr. 1, § 76 Abs. 2, § 115 Abs. 1, 2 Nr. 3, § 128 Abs. 4 S. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Mit einer beim Finanzgericht (FG) am 14. Februar 2005 eingegangenen Klage erhob die im Briefkopf namentlich bezeichnete Klägerin und Beschwerdeführerin zu 1. (Klägerin) Klage gegen einen Schenkungsteuerbescheid und den dazu ergangenen Einspruchsbescheid des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--). Die Klageschrift hatte der Beschwerdeführer zu 2. mit dem Namen "…" unterzeichnet.
Das FG wies die Klage mangels Wahrung der Schriftform als unzulässig ab, da der Beschwerdeführer zu 2. die Klage in unzulässiger verdeckter Stellvertretung erhoben habe. Ferner legte das FG dem Beschwerdeführer zu 2. die Kosten des Verfahrens auf, da dieser als verdeckter Stellvertreter aufgetreten und eine Genehmigung der Klageerhebung durch die Klägerin nicht feststellbar sei.
Die Beschwerdeführer machen mit ihrer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision Verfahrensmängel geltend.
Entscheidungsgründe
II. 1. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Der gerügte Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) ist nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) genügenden Weise dargelegt.
a) Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die schlüssige Rüge eines Verfahrensmangels verlangt, dass diejenigen Tatsachen --ihre Richtigkeit unterstellt-- genau und schlüssig bezeichnet werden, aus denen sich ergeben soll, dass der behauptete Verfahrensmangel vorliegt und das angefochtene Urteil auf ihm beruhen kann (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1. September 2006 VIII B 81/05, BFH/NV 2006, 2297; vom 29. Februar 2008 IV B 21/07, BFH/NV 2008, 974). Diesen Anforderungen genügt das Beschwerdevorbringen nicht.
b) Die Klägerin hat unter Berücksichtigung des Umstands, dass sie trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zur mündlichen Verhandlung vor dem FG erschienen ist, keine Tatsachen bezeichnet, aus denen sich der gerügte Verstoß des FG gegen § 76 Abs. 2 FGO schlüssig ergibt. Die Hinweis- und Fürsorgepflicht des Gerichts aus § 76 Abs. 2 FGO wird durch die prozessuale Mitwirkungspflicht der Beteiligten begrenzt. Ein trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zur mündlichen Verhandlung erschienener Beteiligter kann anschließend regelmäßig nicht die Verletzung des § 76 Abs. 2 FGO rügen (BFH-Beschlüsse vom 29. Oktober 1999 III B 32/99, BFH/NV 2000, 580; vom 23. Februar 2005 VII B 133/04, BFH/NV 2005, 1325; Thürmer in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 76 FGO Rz 167, m.w.N.). Dem Vorbringen der Klägerin lassen sich keine Umstände entnehmen, die für den Streitfall eine davon abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten. Das FG hat den Beschwerdeführer zu 2. bereits in der mündlichen Verhandlung vom 30. Januar 2008, in der die Sache vertagt wurde, auf die gegen die Zulässigkeit der Klage bestehenden Bedenken hingewiesen. Ein Anlass, sich zusätzlich schriftlich an die Klägerin persönlich zu wenden, bestand danach nicht (BFH-Beschlüsse vom 17. Juni 1993 VI S 3/93, BFH/NV 1993, 618, und vom 20. Juli 2000 III B 33/00, BFH/NV 2001, 55).
2. Die vom Beschwerdeführer zu 2. im eigenen Namen eingelegte Beschwerde, die ausdrücklich als Nichtzulassungsbeschwerde bezeichnet ist, ist ebenfalls unzulässig.
a) Zur Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde ist nur befugt, wer berechtigt ist, gegen das finanzgerichtliche Urteil Revision einzulegen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. November 1985 IX B 31/85, BFH/NV 1986, 346; vom 17. Juni 1993 VIII R 55/92, VIII B 110/92, BFH/NV 1994, 334; vom 13. März 2000 XI B 61/99, BFH/NV 2000, 1121). Dies ist nach § 115 Abs. 1 i.V.m. § 57 Nr. 1 FGO ausschließlich die Klägerin als Beteiligte, nicht aber der Beschwerdeführer zu 2. als deren angeblicher Prozessbevollmächtigter (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1994, 334). Der Beschwerdeführer zu 2. kann daher mangels Beteiligteneigenschaft nicht rügen, dass das FG die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen habe.
b) Sollte das Begehren des Beschwerdeführers zu 2. --auch-- dahin zu verstehen sein, dass er sich gegen die Entscheidung des FG wendet, wonach er die Kosten des Klageverfahrens zu tragen hat, so wäre die Beschwerde auch insoweit unzulässig. Dabei kann offenbleiben, ob die gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde in eine Beschwerde gegen die Kostenentscheidung umgedeutet werden kann. Jedenfalls ist gemäß § 128 Abs. 4 Satz 1 FGO in Streitigkeiten über Kosten die Beschwerde nicht gegeben. Dies gilt auch für den Fall, dass --wie hier-- die Kosten mangels Nachweises einer Vollmacht dem Prozessvertreter auferlegt worden sind (BFH-Beschluss in BFH/NV 2000, 1121, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 2196774 |
BFH/NV 2009, 1655 |