Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Betriebsaufgabe trotz langjähriger Betriebsverpachtung
Leitsatz (NV)
1. Für die schlüssige Rüge einer Abweichung reicht es auch aus, wenn die Entscheidung eines FG benannt wird, die zu einem vergleichbaren Sachverhalt ergangen ist und diesem Sachverhalt eine andere Rechtsfolge beigemessen hat, als sie das FG im angefochtenen Urteil angenommen hat.
2. Für die Frage, ob ein Wirtschaftsgut eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellt, ist auf die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalles unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des jeweiligen Betriebes abzustellen; die Situation kann daher im Falle einer Bauunternehmung anders zu beurteilen sein, als im Falle eines Kfz-Handels mit angeschlossener Werkstatt.
3. Von einer bloßen Betriebsunterbrechung ist so lange auszugehen, wie eine Betriebsaufgabe nicht erklärt worden ist und die Möglichkeit der Wiederaufnahme oder Fortführung des Betriebes besteht.
Normenkette
FGO §§ 56, 115 Abs. 2 Nrn. 1-2; EStG §§ 15-16
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 13.01.2006; Aktenzeichen 1 K 1058/04) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist zwar wegen des verspäteten Eingangs der Beschwerdebegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) zu gewähren. Er hat jedoch die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt.
1. Der Kläger hat nicht schlüssig dargetan, dass die Vorentscheidung von dem Urteil des Finanzgerichts (FG) Rheinland-Pfalz vom 21. Mai 2004 (gemeint: 25. Januar 2002) 4 K 1194/01 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2002, 677) abweicht und daher eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Für eine schlüssige Darlegung wäre es erforderlich gewesen, jeweils einen abstrakten Rechtssatz des angefochtenen Urteils und der (angeblichen) Divergenzentscheidung so genau zu bezeichnen und einander gegenüberzustellen, dass eine Abweichung erkennbar wird (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 21. März 2005 XI B 219/03, BFH/NV 2005, 1344). Dies ist nicht geschehen.
Zwar reicht es für die schlüssige Bezeichnung einer Divergenz auch aus, wenn eine FG-Entscheidung benannt wird, die zu einem vergleichbaren Sachverhalt ergangen ist und diesem Sachverhalt eine andere Rechtsfolge beigemessen hat, als sie das FG in dem angefochtenen Urteil angenommen hat (vgl. BFH-Beschluss vom 24. Oktober 1990 II B 31/90, BFHE 162, 483, BStBl II 1991, 106). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall aber nicht erfüllt. Der Kläger hat vielmehr selbst vorgetragen, dass die Entscheidung in EFG 2002, 677 eine Bauunternehmung und nicht wie das angefochtene Urteil einen Kfz-Handel mit Werkstatt betrifft. Im Zusammenhang mit der hier entscheidungserheblichen Frage, ob eine Betriebsverpachtung oder eine Betriebsaufgabe vorliegt, handelt es sich um nicht miteinander vergleichbare Sachverhalte. Denn bei der Entscheidung, ob ein Wirtschaftsgut eine wesentliche Betriebsgrundlage ist, ist auf die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalles unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des jeweiligen Betriebes abzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 17. April 1997 VIII R 2/95, BFHE 183, 385, BStBl II 1998, 388, unter II.2.b der Gründe). Hinzu kommt im Streitfall, dass sich der Kläger anlässlich der Außenprüfung offenbar mit dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) über seine Absicht, den Betrieb wieder aufzunehmen, verständigt hatte.
2. Auch eine Abweichung der Vorentscheidung von dem BFH-Urteil in BFHE 183, 385, BStBl II 1998, 388 ist nicht schlüssig dargelegt worden. Weder hat der Kläger vorgetragen, dass das angefochtene Urteil in einer abstrakten Rechtsfrage von diesem Urteil abweicht noch sind die Sachverhalte vergleichbar. Denn das BFH-Urteil betrifft keinen Autohandel mit Reparaturwerkstatt, sondern eine Schreinerwerkstatt.
3. Der Kläger hat auch nicht schlüssig dargelegt, dass die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage, welche Wirtschaftsgüter bei einem Kfz-Handelsbetrieb mit Werkstatt wesentliche Betriebsgrundlagen darstellen, von grundsätzlicher Bedeutung ist (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Dass es zahlreiche derartige Betriebe gibt, belegt angesichts dessen, dass die Beurteilung, ob im Einzelfall eine wesentliche Betriebsgrundlage oder lediglich ein Wirtschaftsgut von untergeordneter Bedeutung gegeben ist, weitgehend auf tatsächlichem Gebiet liegt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 385, BStBl II 1998, 388, unter II.2.b der Gründe, m.w.N.), nicht die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage.
4. Auch hinsichtlich der Frage, nach welcher Dauer selbst bei Annahme der Verpachtung sämtlicher wesentlicher Betriebsgrundlagen nicht mehr von einer bloßen Betriebsunterbrechung ausgegangen werden könne, ist eine grundsätzliche Bedeutung nicht schlüssig dargelegt worden. Dem Vorbringen des Klägers ist nicht zu entnehmen, dass es sich dabei um eine Frage handelt, die in Rechtsprechung oder Literatur umstritten ist und deren Klärung daher in ihrer Bedeutung über den Streitfall hinausginge. Im Übrigen lässt sich diese Frage auch anhand der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantworten. Denn danach muss dem Verpächter objektiv die Möglichkeit verbleiben, den "vorübergehend" eingestellten Betrieb als solchen wieder aufzunehmen und fortzuführen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 385, BStBl II 1998, 388, unter II.2.a der Gründe, m.w.N.). Danach kann nicht eine für alle Fälle gleichermaßen gültige Höchstdauer der Verpachtung benannt werden (vgl. BFH-Beschluss vom 24. März 2006 VIII B 98/01, BFH/NV 2006, 1287). Vielmehr ist so lange von einer bloßen Betriebsunterbrechung auszugehen, wie eine Betriebsaufgabe nicht erklärt worden ist und die Möglichkeit der Wiederaufnahme oder Fortführung des Betriebes besteht.
Fundstellen
Haufe-Index 1697691 |
BFH/NV 2007, 710 |